Protocol of the Session on November 13, 2003

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hoff! Streiks von Studierenden haben in Berlin eine lange Tradition. Sie sind eine bekannte Form der politischen Meinungsbildung und Willensbekundung und geben Anstöße für notwendige politische – auch stadtweite – Diskussionen. Streiks sind darüber hinaus auch eine Schule des politischen Lebens. Wer von den Älteren kann sich nicht daran erinnern, auch an einem solchen Streik beteiligt gewesen zu sein? – Insofern sind solche Erlebnisse auch Formen von aktiver, sekundärer politischer Sozialisierung.

Inhaltlich finde ich die Forderungen der Streikenden nach einer viertelparitätischen Besetzung der satzungsgebenden Gremien an den Hochschulen berechtigt. Wir wollen dies entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung im neuen Berliner Hochschulgesetz verankern. Allerdings scheint mir die Forderung nach Ausfinanzierung von 135 000 Studienplätzen in Berlin ebenso wünschenswert wie realitätsfern. Deswegen halten wir an den mit den Hochschulleitungen verabredeten Plafonds fest. Wir bemühen uns, mit den Plafonds, die bis zum Jahr 2009 um 75 Millionen € abgesenkt werden sollen, die bisher ausfinanzierte Studienplatzzahl zu erhalten. Insofern hoffe ich auf eine Lösung im Rahmen der laufenden Hochschulvertragsverhandlungen.

Die notwendige Dialogbereitschaft habe ich bei jeder Gelegenheit bekundet, sowohl gegenüber den Hochschulleitungen als auch gegenüber den Hochschulen und den Studierenden. Ich bin gerne bereit, den Studierenden die Hochschulpolitik des Senats zu erläutern.

Danke schön, Herr Senator! – Herr Hoff hat eine Nachfrage!

Wie so oft wird bei Hochschulstreiks die Frage der Konsequenzen für die Studierenden thematisiert. Es geht um die Auswirkungen auf Scheine usw. Setzen Sie sich, wie Sie es an anderer Stelle getan haben, auch bezüglich der Arbeitsniederlegungen an der Freien Universität für einen liberalen Umgang mit solchen Fragen ein?

Bitte, Herr Senator Dr. Flierl!

Sie sprechen dienstrechtliche Fragen an, die in der Zuständigkeit der Hochschulleitungen liegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Präsident der Technischen Universität, der sich zunächst einer Rücktrittsforderung

der Studierendenvertretung gegenübersah und nun selbst zu Streiks aufruft, disziplinarrechtlich gegen Studierende oder Lehrende vorgehen wird.

Bitte, Herr Senator!

Sie haben mich völlig falsch interpretiert, wenn Sie meinen, dass Hochschullehrer eine Schule zu durchleben hätten. Ich wollte mit dieser Äußerung zum Ausdruck bringen, dass ich grundsätzlich keine negativen Emotionen oder repressive Ambitionen gegenüber Streikenden hege.

Eine weitere Nachfrage des Kollegen Over – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Flierl! Halten Sie es für richtig, dass die Studenten, die den Streik dazu nutzten wollen, die öffentliche Sitzung des Abgeordnetenhauses zu besuchen, nicht an der Sitzung teilnehmen dürfen, weil sie nicht in das Haus gelassen werden, und die Öffentlichkeit hier im Haus dadurch nicht mehr hergestellt ist?

Herr Senator Dr. Flierl!

Sie wissen, dass es das Hausrecht gebietet, dafür Sorge zu tragen, dass wir unsere parlamentarische Arbeit wahrnehmen können. Ich glaube, dass die Präsenz der Studierenden ausreichend deutlich macht, dass wir ein

Sen Dr. Flierl

Im Übrigen bleibt es dabei – darum bemühen sich die Bäder-Betriebe in Zusammenarbeit mit den regionalen Beiräten und meinem Haus –, dass der Schwimmunterricht der Schulen in Klasse 3 gesichert bleibt und dass darüber hinaus die Schwimmvereine ihre Zeiten in den Hallenbädern konzentrieren. Die entsprechenden Gesprä

che laufen gegenwärtig. Ich sehe deshalb keinen Anlass für die Sorge, dass niemand mehr im Sommer in den Hallenbädern schwimmen kann.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Abgeordneter Senftleben – bitte!

Ich habe folgende Nachfrage: Begrüßt der Senat die Äußerungen und das unternehmerische Selbstverständnis des Herrn Löhnitz, dem Chef der Poseidon GmbH, die unter massiver Fürsprache von Rot-Rot den Zuschlag für die Übernahme des SEZ für schlicht und ergreifend einen Euro bekommen hat und nun aber die Beamtenmentalität und offensichtlich auch den Betriebsrat aus dem SEZ verbannen will?

finanz- und hochschulpolitisches Problem haben und dass das Haus insgesamt – insbesondere die Regierung – gehalten sind, Lösungen dafür zu finden. Ich will meinen Beitrag dazu leisten. Ich glaube, dass die unmittelbare Präsenz der Studierenden für den Ablauf unserer Tagesordnung, da ein solcher Punkt nicht vorgesehen ist, keinen unmittelbaren Beitrag leisten könnte.

Danke schön, Herr Senator Dr. Flierl! – Er gibt keine weiteren Nachfragen.

Damit erhält Frau Abgeordnete Senftleben von der Fraktion der FDP das Wort zu einer Mündlichen Anfrage zum Thema

BBB auf dem richtigen Dampfer?

Bitte, Frau Senftleben!

Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Ich frage den Senat: Wie stellt sich der Senat zu Äußerungen des BBB-Vorsitzenden Lipinsky, dass Schul- und Kitaschwimmen primär saisonal, d. h. nach Möglichkeit in Sommer- und Freibädern, durchgeführt werden soll und dass ein flexibleres Personalkonzept gewünscht wird?

Zur Beantwortung der Bildungssenator – Herr Böger, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Senftleben! Gestatten Sie mir, dass ich mich nicht zu in der Presse wiedergegebenen Äußerungen des Vorstandvorsitzenden äußere. Ich nehme den Kern Ihrer Frage auf – ich glaube, darauf zielen Sie ab –: Es ist richtig, dass der Aufsichtsrat der Bäder-Betriebe den Wirtschaftsplan gebilligt und in diesem Zusammenhang auch zur Kenntnis genommen hat, dass die Bäder-Betriebe sich mit der Absicht tragen, in der Sommersaison 2004 von den insgesamt 37 Hallenbädern 27 zu schließen, das heißt, nur 10 weiter offen zu halten. Dies machen die Bäder-Betriebe nicht mit Freude, sondern wegen der mehrfachen Kürzung der Zuschüsse des Landes Berlin. Jetzt müssen die BäderBetriebe überlegen, wie man mit den finanziellen Mitteln auskommt. Dafür gibt es verschiedene Wege, einer davon sind Einnahmeerhöhungen. Wie Sie wissen, liegen die Eintrittspreise für die Berliner Bäder bundesweit schon an der Spitze. Die Rationalisierungsüberlegungen sind weitgehend ausgeschöpft. Wir können – und wollen – beim Personal nicht kündigen. Deshalb ist die Überlegung, in den Sommermonaten das vorhandene Personal in den Freibädern einzusetzen – sofern die Hallenbäder geschlossen sind – um für die Freibäder kein zusätzliches Personal mehr finanzieren zu müssen.

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Senftleben! Der Senat hatte noch keine Gelegenheit, sich mit den Äußerungen eines Geschäftsführers intensiv zu befassen. Ich glaube, das ist auch nicht die Aufgabe des Senats. Richtig ist, dass der Senat und am Ende Sie, das Abgeordnetenhaus, entschieden haben, dass das SEZ für einen Euro an einen neuen Betreiber gegeben wird. Der Betreiber bemüht sich, zunächst die Nicht-Schwimmbereiche sukzessive zu eröffnen, mit dem Ziel, in einigen Jahren auch das Schwimmbad wieder zu öffnen. Richtig ist auch – ohne dass ich mich auf Einzelheiten der Äußerungen beziehen kann –: Ein privater Betreiber, der sein Personal privat gewinnt und nicht nach Tarifen des öffentlichen Dienstes bezahlt, kann wesentlich kostengünstiger kalkulieren.

Eine weitere Nachfrage von Frau Senftleben – bitte!

Sie sprachen eben davon, dass es Zielstellung sei, in einigen Jahren das Schwimmbad im SEZ wieder zu eröffnen. Wie können Sie es rechtfertigen, das SEZ für einen Euro verkauft zu haben?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Senftleben! Wenn ich richtig informiert bin, ist das eine Entscheidung, die das Abgeordnetenhaus getroffen hat, das heißt, die Mehrheit dieses Parlaments hat das so entschieden. Ich weise darauf hin, dass wir ein Interessenbekundungsverfahren für das SEZ durchgeführt und keine Anbieter gefunden haben. Danach ist diese Lösung von den Gremien ins Auge gefasst worden. Man muss nun abwarten, was dieser Betreiber bringt. Ich kann neben den markigen Aussagen, die ich jetzt nicht kommentieren will, feststellen, dass er sich bislang an das vorgesehene Verfahren hält. Das finde ich angesichts der Sachlage durchaus begrüßenswert.

Danke schön, Herr Senator! – Nunmehr hat Herr Schruoffeneger das Wort zu einer Nachfrage!

Ich glaube, ich richte mich eher an Herrn Wolf als an Herrn Böger, aber das muss der Senat entscheiden, wer antwortet. – Da Frau Senftleben das in die Debatte gebracht hat: Wie bewerten Sie denn die Tatsache, dass nicht nur der von der PDS hauptsächlich favorisierte Bewerber für das SEZ, diese Sprüche von Abschaffung der Betriebsräte und Mitbestimmung und der dämlichen Demokratie gemacht hat, sondern dass auch noch eine große Berliner Zeitung, die der PDS als Regierungspartei nahe steht und von ihr geführt wird, dies erläutert und kommentiert hat mit den Worten, dass er gar nicht so falsch liege und sich nicht stören lassen solle, sondern ein Vordenker für die Stadt sei? – Sind das Aussagen, die wir auch in Bezug auf das Personal und andere Arbeitnehmerrechte von diesem Senat zu befürchten haben? Oder haben Sie hier Ihre Zeitung nicht mehr im Griff?

Danke schön, Herr Senator! Es erhält Frau Kubala das Wort zu einer Frage – bitte!

Herr Senator Böger! Fast täglich hören wir von den Bäder-Betrieben neue Hiobsbotschaften, seien es Bäderschließungen, Verkürzung von Öffnungszeiten oder Personalabbau. Können Sie uns sagen, wann endlich das Gesamtkonzept zur Konsolidierung vorgelegt wird, das wir seit vielen Monaten von den Bäder-Betrieben einfordern?

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Kubala! Ich will nicht Ihren täglichen Hörkonsum kontrollieren. Ich höre nicht täglich diese Botschaften, da muss man schon eine sehr eingeengte Wahrnehmung haben.

[Wieland (Grüne): Oder die Mohrrüben aus den Ohren nehmen, Herr arroganter Senator!]

Was meinen Sie, Herr Senator a. D.? Ich verstehe Sie nicht richtig.

[Wieland (Grüne): Die Mohrrüben aus den Ohren nehmen!]

Ich sitze hier immer ohne Ohrenstöpsel. Ich höre ausgezeichnet, vor allem das, was ich nicht hören soll, Herr Kollege Wieland, da können Sie sicher sein. Ich höre und lese sehr bewusst. Die Wahrnehmung der Kollegin Kubala nehme ich zur Kenntnis.

Der Aufsichtsrat und die Bäder-Betriebe bemühen sich und haben ihr Konsolidierungskonzept so weit fertig. Nur, verehrte Frau Kollegin, hier reden wir über Konsolidierung, wir reden über Zahlen und nicht Blabla. Was mich allmählich in diesem Haus aufregt, ist der Umstand, dass auf der einen Seite Zuschüsse abgesenkt werden, gleichzeitig festgeschrieben wird, dass nichts verändert werden darf und anschließend gefordert wird, die entstandenen Probleme zu lösen. Quadraturen des Kreises sind in der Ökonomie nicht lösbar, allenfalls im Parlament, wo der eine Hü und der andere Hott sagt.

[Mutlu (Grüne): Wer hat denn die Regierungsverantwortung?]

Darum bemühen wir uns, wir werden Ihnen etwas vorlegen.

[Frau Paus (Grüne): Wann denn?]

Darüber können Sie dann reden.

Im Übrigen sehe ich nicht, dass das Land Berlin im Vergleich mit anderen Städten mit Bädern unterausgestattet ist. Manche Fragen, die wir diskutieren, können Sie beispielsweise in der Großstadt Potsdam gar nicht diskutieren, weil es da weniger Bäder gibt, da brauchen sie sie auch nicht zu schließen.

[Beifall der Abgn. Frau Seidel-Kalmutzki (SPD) und Frau Freundl (PDS) – Frau Paus (Grüne): Das war keine Antwort auf die Frage!]

[Heiterkeit bei den Grünen, der CDU und der FDP]