Frau Senatorin, Integration hat allerdings auch zwei wichtige Komponenten, die einander bedingen: eine soziale und eine kulturelle. Die soziale Integration bezieht sich vor allem auf Chancengleichheit in Bildung, Beruf und Wohnangeboten. Chancengleichheit heißt aber nicht nur, Chancen zu ermöglichen, sondern die Betroffenen müssen in den Quartieren ihre Chancen auch nutzen. Kulturelle Integration bedeutet am gesellschaftlichen und kulturellen Prozessen teilzuhaben. Sie bewirkt eine zunehmende Hinwendung zur Aufnahmegesellschaft.
Präsidentin, erlauben Sie mir, ein Zitat aus der „Berliner Morgenpost“ vom 21. August 2000 vorzutragen: –
Herr Abgeordneter! Falls Sie es nicht gemerkt haben, es gibt auch Frauen, die das Präsidentenamt ausüben, eine sitzt hinter Ihnen.
leben Ende 2002 in Kreuzberg, das damit den höchsten Ausländeranteil aller Berliner Altbezirke hat. Darunter waren allein 23 845 türkische Staatsbürger.
Und wo der heutige Stadtteil mit 24 Prozent Arbeitslosen ohnehin in der Berliner Statistik mitganz vorne liegt, da sind sogar 42 Prozent der Türken arbeitslos. 41,5 Prozent der unter 18-jährigen Ausländer leben in Kreuzberg von Sozialhilfe.
Allein das ist doch ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Sie können doch nicht immer nur weitere Zuwanderung fordern. Wohin wollen Sie die? Welche Chancen wollen Sie denn den Menschen in diesem Land, in dieser Stadt geben?
die Ghettoisierung, sagte Ulrike Ehrlichmann, Ausländerbeauftragte von Friedrichshain-Kreuzberg. Die Türken bleiben unter sich in ihren Familien und im Dunstkreis ihrer Landsleute. Wie sollen wir Integrationsarbeit leisten, wenn alle unsere Initiativen am mangelnden Interesse verpuffen? Wenn mit Geld des Quartiersmanagements ein Spielplatz hergerichtet wird, wird er dankbar in Benutzung genommen, aber von Eigeninitiative kann keine Rede mehr sein. Bereits in den Kitas sind oft 60 bis 70 Prozent Türken. Da wird dann allen Einwirkungen zum Trotz Türkisch gesprochen.
Realistischer kann eine Zustandsbeschreibung nicht ausfallen. Wir fordern endlich eine Neuorientierung der Berliner Integrationspolitik durch eine Verstärkung und Neuorientierung der Integrationsarbeit. Durch einen erweiterten Dialog der Kulturen wollen wir die negativen
Auswirkungen der derzeitigen Integrationsarbeit entgegenwirken. Frau Senatorin, effektiver als alle Antidiskriminierungsprogramme ist die Förderung von rechtlicher und sozialer Chancengleichheit für Menschen.
Verstärken wir daher endlich unsere Sprach- und Integrationskurse, denn die gemeinsame Sprache ist der Schlüssel für eine Teilhabe an der Gesellschaft! Die Beherrschung der deutschen Sprache ist eine wesentliche Voraussetzung für die berufliche Qualifikation und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Gute Deutschkenntnisse ermöglichen den Zugang zu den politischen Informationen und erleichtern das Verständnis der deutschen Gesellschaft.
Verstärken wir Chancengleichheit in Schule und Ausbildung und stärken wir die Integration in den Stadtteilen. Frau Senatorin, Integration beginnt immer zuerst im Lebensumfeld: im Wohnhaus, in der Nachbarschaft, in den Kindergärten, in den Schulen und am Arbeitsplatz. Hier haben Sie mit Ihrer Politik in den letzten Jahren – das muss ich Ihnen sagen – jämmerlich versagt.
Herr Mutlu, wir haben uns oft in den Ausschüssen gestritten über diese multikulturelle Gesellschaft. Sie findet in den Quartieren, in den Wohnbereichen zwischenzeitlich nicht mehr statt. Es gibt in dieser Stadt, in den Bezirken klare Parallelgesellschaften. Es findet hier
Auch das rot-grüne Zuwanderungsgesetz – wenn es so kommt, wie es nach den Änderungsanträgen von CDU/CSU aussehen würde – ist kein gutes Gesetz. Vielmehr wird es ein schlechtes Gesetz sein, denn wenigen
Verbesserungen stehen viele erhebliche Verschlechterungen gegenüber. Die Ausweitung des Asylbewerberleistungsgesetzes auf noch mehr Flüchtlingsgruppen, die Residenzpflicht, die Begrenzung des Kindernachzugs, die Verschärfung des Asylverfahrensrechts – das sind einige Beispiele für Verschlechterungen durch dieses Zuwanderungsgesetz.
Ein entscheidendes Manko ist für uns, dass es mit dem Zuwanderungsgesetz keine Altfallregelung geben wird. Nicht nur in Berlin bedeutet dies, dass geduldeten Flüchtlingen mit Verweis auf die Arbeitsmarktlage die Möglichkeit, den Unterhalt für sich und ihre Familien durch Erwerbsarbeit zu bestreiten, für die Dauer ihre Aufenthaltes verwehrt wird. Damit sind sie gezwungen, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Nebeneffekt dieses würdelosen Umgangs mit geduldeten Flüchtlingen ist es, dass die Sozialämter für den Lebensunterhalt aufkommen müssen. Dies verursacht höhere Sozialhilfekosten und zusätzliche Verwaltungskosten. Zudem werden Flüchtlinge dadurch unnötigerweise der Stigmatisierung und dem Rassismus ausgesetzt.
Die PDS hat dem Zuwanderungsgesetz im Bundesrat nur wegen der darin enthaltenen Regelung für geschlechtsspezifisch und nicht staatlich verfolgte Flüchtlinge zugestimmt. Diese Zustimmung haben wir auch dazu benutzt, Verbesserungen im Rahmen der Landesgesetze zu erreichen – z. B. für die Heraufsetzung des Zuzugsalters von Kindern. Bei den zu erwartenden weiteren Verschlechterungen im Vermittlungsausschuss ist eine Zustimmung der PDS auf Landesebene meiner Meinung nach nicht möglich.
kein Zusammenleben zwischen den Gesellschaftsformen mehr statt. Damit müssen wir uns beschäftigen, denn sonst habe ich Probleme mit dem weiteren Zusammenleben hier, denn sonst wird es noch weiter gehen mit der Arbeitslosigkeit, mit den Menschen, die in der Sozialhilfe sind. Frau Senatorin, wenn Sie hören, dass fast 50 Prozent jugendliche Ausländer in dieser Stadt von Sozialhilfe leben, dann möchte ich nur wissen, welche Perspektiven Sie diesen Menschen hier in Deutschland, hier in dieser Stadt geben. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Einwanderungsland ist das Thema Migration ein Dauerphänomen. Es wird bei den anhaltenden Globalisierungsprozessen weiter an Bedeutung gewinnen. Wir werden uns in der Bundesrepublik Deutschland und vor allem in Berlin immer wieder mit der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund befassen. Immer neu wird es durch Familiennachzug sowie durch Flüchtlinge neue „erste Generationen“ von Familien nichtdeutscher Herkunft geben.
Die Folgen der über 40 Jahre fehlenden Integrationspolitik sind für alle Bürgerinnen und Bürger gravierend. Trotz langjährigem Aufenthalt machen Migrantinnen und Migranten in der Regel keine Karriere. Ein beruflicher und sozialer Aufstieg ist eher selten. Die Kinder der Migrantinnen und Migranten bewegen sich mehrheitlich am unteren Ende beruflicher und sozialer Hierarchien. Sozialer Aufstieg ist also zwischen den Generationen eher die Ausnahme als die Regel.
Ähnliches gilt bekanntlich für die Wohn- und Gesundheitssituation. Mangelnde Sprachkenntnisse und fehlende Schulabschlüsse führen zu großen Problemen bei der Berufswahl und Ausbildung.
Viele rechtlichen Vorgaben liegen außerhalb der Länderkompetenz, so etwa die Voraussetzungen für die vollständige rechtliche Gleichstellung und für eine Form der politischen Partizipation. Sie beeinflussen die Integrationsarbeit vor Ort in erheblichem Maße. Was bundespolitischen Rahmenbedingungen angeht, kann man nun wahrlich nicht behaupten, dass es bis zum heutigen Tage grundsätzliche Verbesserungen gegeben hätte.
Hier wie auf anderen Baustellen der gegenwärtigen Bundespolitik ist nicht Gleichheit der leitende Gedanke. Es werden immer mehr Ungleichheiten eingebaut. Zur besonderen Belastung von Migrantinnen und Migranten gehört es, dass ihre Alltagsorganisation stets durch Veränderungen der ausländerpolitischen Rahmenbedingungen gefährdet und belastet wird.
Permanente Diskussionen über weitere rechtliche und in deren Folge soziale Einschränkungen haben eine entsprechende negative Wirkung. So wird bei vielen die anfängliche Motivation zur Integration zerstört.
Integration beinhaltet für uns die Einbeziehung aller hier lebenden Personen in die Gesellschaft. Dies kann nur durch eine rechtliche Gleichstellung geschehen. Damit wird die Teilhabe und Teilnahme an den institutionellen Angeboten und materiellen Ressourcen gewährleistet. Der rechtliche Status von Migrantinnen und Migranten – d. h. an erster Stelle die Frage der staatsbürgerlichen Rechte – stellt einen wesentlichen Indikator für die Stellung der Zuwanderer im Aufnahmeland dar. Aber auch in dieser Frage ist Rot-Grün den versprochenen großen Wurf schuldig geblieben. In dieser Hinsicht hat die Politik der letzten Jahrzehnte insgesamt versagt. Damit meine ich die Bundes- und auch die Landespolitik.
Die Ära der repressiven Migrationspolitik à la Lummer, Schönbohm oder Werthebach in Berlin ist zu Ende. Wir haben die Wende zu einer besseren Integrationspolitik eingeleitet. Um sie umzusetzen, brauchen wir alle Kräfte. Dazu möchte ich auch die Grünen einladen. Reden Sie unsere Erfolge nicht klein, nur um von Ihrer gescheiterten Bundespolitik abzulenken!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die ersten ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unser Land kamen, ging man davon aus, dass sie nach einigen Jahren in ihre Heimatländer zurückkehren würden. Sie hießen damals dementsprechend „Gastarbeiter“. Wie wir heute wissen, erwies sich diese Annahme als Trugschluss. Die überwiegende Mehrheit ist in Deutschland geblieben. Sie holten ihre Familienangehörigen ins Land. Viele dieser Menschen sind in Deutschland geboren worden und haben inzwischen den deutschen Pass.