1. Wie bewertet der Senat die Ablehnung der IHK, des Einzelhandelsverbandes, benachbarter Bezirke, Vorhabensträger und der Umweltverbände gegen den Bau eines Mega-Einkaufszentrums, das mit 119 000 Quadratmetern Verkaufsfläche um ein Viertel größer ist als die größten Einkaufstempel in der Region Berlin-Brandenburg?
2. Welche Beweggründe gab es, ein Raumordnungsverfahren für ein Projekt durchzuführen, das planerisch und arbeitsmarktpolitisch unerwünscht ist und zudem die Risiken für die der Risikoabschirmung unterliegende Entwicklung der Immobilien im Entwicklungsgebiet „Alter Schlachthof“ erhöht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bauen keine Tempel! Das ist eine Attitüde, die wir abgelegt haben.
Wir freuen uns über einen lebhaften Konsum, weil das ein Ausdruck von wirtschaftlicher Entwicklung ist. Wir ha
Man kann nicht behaupten, wenn man ein „Billy“Regal an der Landsberger Allee kauft, dass man damit den Joghurt-Händler an der Eldenaer Straße schädigt. Beides kann man nicht miteinander vergleichen. Trotz dieser Entwicklung haben wir die Zusage der Investition an der Marzahner Promenade – Sie meinen wahrscheinlich die und nicht das Marzahner Tor. Dort geht es um eine neue Shopping Mall, die von ECE entwickelt werden wird. Es geht bei den Projekten, die wir im Raumordnungsverfahren beurteilt haben, nicht um eine Konkurrenz zu den Zentren, sondern um eine Ergänzung. Der zentrenrelevante Einzelhandel ist auf die genannten 14 800 Quadratmeter reduziert worden. Großflächige Märkte müssen an solchen Orten sein. Ich halte es nach wie vor für richtig, dass Berlin solche Ansiedlungen nicht wehrlos nach Brandenburg gehen lässt.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt geht die erste Nachfrage an den Kollegen Tromp. – Sie haben das Wort, bitte!
An der Landsberger Allee hat sich eine Planungsänderung vollzogen. Die Lagerflächen, die dort gewesen sind, haben ihre Funktion verloren, sie sind aufgegeben worden. Die ursprüngliche Planung eines Ortsteilzentrums mit Wohnen erübrigt sich dort, denn diese Wohnungen werden derzeit in Berlin nicht gebraucht.
Im Zusammenhang mit dem Vorhaben „Weiße Taube“ ging es um die Frage, welche ergänzenden Nutzungen zu diesem Ortsteilzentrum hinzukommen sollen. Es gab immer schon, es gibt auch jetzt Einzelhandel. Wir haben uns deshalb die Frage gestellt, wie man diese Flächen sinnvoll nutzen könnte. Wir glauben, dass wir im Beteiligungsverfahren der öffentlichen Träger, auch der IHK, auch der Verbände eine Qualifizierung der Pläne erreicht haben. Die Fragestellung für uns lautete: Können wir an diesen Stellen großflächige Fachmärkte integrieren? Gibt es einen Bedarf für Möbelmärkte, Elektrogeräte und dergleichen mehr? – Wir haben in der Tat bei der Untersuchung festgestellt – auch im Rahmen des von Ihnen angesprochenen Raumordnungsverfahren –, dass es in diesem Teil Ostberlins mit mehr als einer Million Einwohner nach wie vor einen Bedarf für Einzelhandel gibt. [Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]
Auf der anderen Seite können wir das gerade auf diesem Areal an der Landsberger Allee, wo die bisherige Funktion als Lagerfläche aufgegeben worden ist, ökologisch vernünftig einordnen. Der Ansatzpunkt lautet: Wollen wir, dass die Investitionsentscheidungen, beispielsweise von Ikea am Stadtrand, gerade außerhalb Berlins realisiert werden, oder wollen wir nicht lieber, wenn wir solche Funktionsflächen haben, die Menschen in der Stadt dazu bringen, auf der Fahrt nach draußen anzuhalten und die Kaufkraft in Berlin zu lassen? Auf der anderen Seite geht es auch darum, die Wege zu verkürzen, also eine Einschränkung von Verkehrswegen zu erreichen. Unter dieser Prämisse haben wir das Raumordnungsverfahren begonnen. Das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens kennt man immer erst hinterher. Man leitet solch ein Verfahren ein, um festzustellen, ob eine bestimmte Planung verträglich ist.
Ergebnis dieser Planung ist, dass von den 119 000 Quadratmetern Verkaufsfläche, die dort entstehen werden, gerade einmal 14 800 Quadratmeter zentrenrelevant sind. Der Rest sind Fachmärkte, die wir gerade außerhalb der Stadtzentren haben wollen, die nicht in die polyzentralen Strukturen unserer Stadt gehören. Gerade Möbelhäuser, Elektrogeschäfte und Bädereinrichtungen haben keinen Platz in der Innenstadt, sondern eher in Stadtrandlagen.
Fahren Sie einmal nach Waltersdorf und schauen sich an, welche Entwicklung das genommen hat, wie groß das geworden ist und welche Kaufkraft dorthin fließt. Diese Kaufkraft in Berlin zu halten, ist auch eine Chance für Arbeitsplätze in Berlin.
Herr Senator Strieder! Ist Ihnen bekannt, dass der Berliner Einzelhandelsverband ein Gegengutachten in Auftrag gegeben hat, das zu dem Schluss kommt, dass Ihre Ansiedlungs- und gesamte Politik, die Sie gerade erläutert haben, vom Grundsatz her falsch ist und dass Sie genau das Gegenteil erreichen werden, dass nämlich der Einzelhandel gerade in Lichtenberg und Marzahn in großem Maß verlieren wird?
Der Einzelhandelsverband hat doch ein Interesse daran, dass seine bisherigen Mitglieder nicht einer weiteren Konkurrenz ausgesetzt sind. Das ist doch keine objektive Institution. Sie werden sehen, wenn das dort gebaut ist, werden die Mitglieder des Berliner Einzelhandelsverbands dort anmieten. Das ist das Ergebnis.
Herr Strieder! Zu dem Punkt „Alter Schlachthof“, auf den Sie gar nicht eingegangen sind: Wird in Ihrer Politik Rücksicht genommen auf die Immobilien, die der Risikoabschirmung unterliegen?
Schönen Dank, Herr Präsident! – In der Tat wird sich das Mobilitätsverhalten angesichts der 10 000 Parkplätze, die dort geplant sind, sehr verändern.
Ja! Ich bin bei der Formulierung der Frage, Herr Präsident! – Vor dem Hintergrund, dass durch großflächigen Einzelhandel in den letzten 3 Jahren 10 000 Arbeitsplätze vernichtet worden sind und im letzten Jahr 1 000 Geschäfte schließen mussten, frage ich Sie, weshalb planen Sie das bundesweit zweitgrößte Einkaufszentrum in dieser Stadt, obwohl wir einen Verkaufsflächenüberhang haben, größer als es die Kaufkraft je hergibt?
Frau Hämmerling! Ich hätte größte Bedenken, wenn Sie und ich definierten, welche Verkaufsflächen die Berlinerinnen und Berliner benötigen. Zur Freiheit gehört auch dieses: Die wirtschaftliche Entscheidung muss von jenen getragen werden, die sie treffen, und das Einkaufsverhalten hat sich doch dramatisch verändert. Das sieht doch jeder.
Nein, Herr Tromp! Die Stadtplanung kann sich nicht daran orientieren, Grundstücke wertvoll zu machen, nur weil sie dem Land Berlin gehören. Das ist keine Stadtentwicklungspolitik. Wir müssen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den Grundstücken eine Stadtstruktur entwickeln, die auf Dauer tragfähig und wirtschaftlich vernünftig ist.
Jetzt ist Frau Abgeordnete Hämmerling mit ihren Nachfragen an der Reihe. – Bitte schön, Frau Hämmerling!
Die 14 000 zentrenunverträglichen Sortimente kommen zu denen hinzu, die bereits vorhanden sind. Dann sind es 25 000, und damit sind sie in der Größenordnung eines mittleren Einkaufszentrums. So viel zur Korrektur. Sie haben hier ganz bewusst ein paar Fakten weggelassen.
Nun zu meiner ersten Frage: Mir sind, Herr Senator Strieder, nur Kritiker des Projekts bekannt. Wer außer Ihnen, den Projektentwicklern und den Investoren will dieses Projekt überhaupt?
Wir haben das Projekt in engem Kontakt mit dem Bezirk geplant. Der Bezirk hat die Planung vorangetrieben, und wir haben sie begleitet. Es ist nicht so, dass wir das Projekt an uns gezogen hätten.
Ich sage es noch einmal: Mit der Haltung, alles so bewahren zu wollen, wie es gegenwärtig ist, und als Land Berlin nicht bereit zu sein, Zeichen zu setzen, dass wir selbst an die Weiterentwicklung unserer Stadt glauben –
nach dem Motto: Der Letzte macht das Licht aus! –, kommen wir nicht weiter. Wir müssen akzeptieren, dass sich das Freizeit- und Mobilitätsverhalten in den letzten Jahren dramatisch verändert hat, mit dramatischen Konsequenzen für die Struktur des Einzelhandels.
Ich bedauere auch, dass es den „Tante-Emma-Laden“ um die Ecke nur noch in ganz wenigen Kiezen in Berlin gibt, aber die Entwicklung ist doch von der Wirtschaft und nicht von der Stadtentwicklung ausgegangen. Wir versuchen nur, die wirtschaftliche Entwicklung nachzuvollziehen und ihr Räume zu geben. Wenn wir ihr diese Räume in der Stadt nicht geben, werden diese Räume im Brandenburger Umland gefunden werden. Das kann nicht unser Interesse sein.