Frau Abgeordnete Jantzen! Ich weiß nicht, wie viele Senatsmitglieder bereit sind, sich diesen Lebensumständen auszusetzen. Ich weiß auch nicht, ob alle Abgeordnete dazu bereit wären. Deshalb bin ich hier ganz vorsichtig. Aber wir sind uns einig, dass es in der Tat nicht einfach ist, sein Leben unter sol
chen Umständen zu bewältigen. Das gilt nicht nur für Familien, sondern auch besonders für alleinerziehende Frauen, aber auch für Migrantinnen und Migrantenfamilien. Das ist problematisch.
Können wir in Zukunft damit rechnen, dass Vorschläge aus den Senatsverwaltungen besser abgestimmt sind und wir, wie auch die Bevölkerung, nicht immer abwechselnd unterschiedliches Datenmaterial auf den Tisch bekommen? Das bezieht sich auf die Angaben zu den Ausgaben für die Sozialhilfe, den Stadtstaatenvergleich, Behindertenhilfe und Kitakosten. Das wäre sehr hilfreich.
Das können wir nicht garantieren, Frau Abgeordnete. Wir können im Vorfeld – so gut es geht – im Senat Abstimmungen vornehmen. Ich finde, dass es erlaubt sein muss, unterschiedliche Meinungen zu bestimmten Fragen zu haben. Die Diskussion belebt die Debatte. Sie bringt auch Denkanstösse, das will ich nicht einfach abtun. Es kommt durchaus Bewegung in die Diskussionen, und es gibt eine Reihe an Überlegungen, auf die man möglicherweise nicht gekommen wäre, wenn nicht auch einige Anstöße von Mitgliedern des Senats geliefert worden wären, die eine andere Sichtweise haben. Man muss da offen sein, das belebt das Geschäft. Es kommt darauf an, dass wir eine vernünftige Lösung dabei finden. Da müssen wir uns allerdings einigen.
Sie sind, was die Anpassung an die steigenden Lebenshaltungskosten angeht, an die Rentenerhöhung geknüpft. Wir werden zum 1. Juli 2003 entsprechend der Rentenerhöhung eine Anpassung der Regelsätze vornehmen – in der Höhe von 1,04 %, das mache 3 € mehr monatlich –. Ab dem 1. Juli 2003 wird es 296 € Regelsatz für den Haushaltungsvorstand geben.
Ich möchte die erste Zusatzfrage dazu nutzen, genauer nach der zweiten Frage zu fragen, weil Sie sie nicht beantwortet haben. – Machen Sie es freiwillig?
Entschuldigung! Das habe ich einfach unterschlagen, das räume ich sofort ein. – Ihre Frage war, ob der Senat besonders die Familien im Regen stehen lässt, die von Sozialhilfe leben. Der Senat unternimmt alle Anstrengungen, um vor allem Familien mit Kindern, die von Sozialhilfe leben müssen, zu unterstützen und ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dass dies auf Sozialhilfeniveau nur eingeschränkt möglich ist, das brauchen wir uns nicht gegenseitig zu erzählen, das ist tatsächlich ausgesprochen schwierig. Wir unterstützen gerade Familien durch Sonder- und Einmalzahlungen und auch durch Mobilitätshilfe.
Ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass in Berlin besonders Familien mit Kindern weniger laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten als in anderen Städten. Aber mal unabhängig vom Vergleich: Sind Sie der Ansicht und teilen Sie meine Meinung, dass die Familien oder die Alleinstehenden, die von Sozialhilfe leben, nicht sehr viel Geld haben und bereits ausgeschlossen genug sind, so dass deshalb eigentlich eine weitere Absenkung nicht in Frage kommt? Wäre ein Senatsmitglied, vielleicht auch alle, bereit, einen Monat lang in eine Ein-Zimmer-Wohnung zu ziehen und von dem Sozialhilferegelsatz auf dem Niveau Brandenburgs, das immer der Vergleichsmaßstab des Finanzsenators ist, zu leben und dabei selbstverständlich auch auf sämtliche Empfänge und Essen, die es für Senatsmitglieder gibt, zu verzichten?
Frau Senatorin! Ich muss eine Frage stellen und darf nicht sagen, dass es auch Ängste auslöst und nicht nur die Debatte belebt. Also sage ich das nicht, sondern frage Sie: Lese ich richtig in der Zeitung, dass Sie als Sozialsenatorin zwar sehr wohl gegen die Absenkung der Sozialhilfesätze auf Brandenburger Niveau sind, aber auf der anderen Seite im Bereich der Bekleidungspauschale und vor allem der Sozialkarte Einsparungen anbieten? Ist das nicht sehr schwierig, da gerade Mobilität ein sehr wichtiges Recht für Menschen mit wenig Einkommen ist?
Sie könnten es ruhig sagen, weil ich auch der Meinung bin. Natürlich führen solche Debatten immer zu Verunsicherungen und Ängsten, weil es um Bereiche geht, die einen selbst betreffen und bei denen man nicht genau weiß, wie es in der Zukunft aussieht. Da sind wir gar nicht so weit auseinander. Ich habe relativ deutlich in der Öffentlichkeit gesagt, dass
2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, bei strafunmündigen Kindern mit erkennbarer Tendenz zum Serienstraftäter frühzeitig zu intervenieren?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Nolte! Ihre erste Frage möchte ich wie folgt beantworten: Bereits Anfang März 2003 wurde in Folge des Falls Mahmut, der damals durch die Presse ging – auch wenn Mahmut nicht Mahmut hieß –, auf Veranlassung der Justiz- und Innenverwaltung eine Arbeitsgruppe Intensivtäter eingesetzt, der je zwei Vertreter der Berliner Polizei und der Berliner Staatsanwaltschaft angehören. Diese Arbeitsgruppe hat entsprechend ihrem Auftrag am 9. Mai 2003 einen ersten schriftlichen Entwurf einer gemeinsamen Richtlinie von Polizei und Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung von Intensivtätern vorgelegt. In dieser Richtlinie wird der Begriff Intensivtäter zunächst definiert. Straftäter sollen in Berlin als Intensivtäter angesehen werden, wenn sie verdächtig sind, besonders störende Straftaten wie Raub-, Rohheits- oder Eigentumsdelikte begangen zu haben oder innerhalb eines Jahres in mindestens zehn Fällen Straftaten von einigem Gewicht begangen haben, bei denen die Gefahr einer sich verfestigenden kriminellen Karriere besteht. Der Entwurf dieser Richtlinie sieht ferner eine Effektivierung der Strafverfolgung durch eine deliktübergreifende, täterorientierte Sachbearbeitung vor, die durch Schaffung spezieller Zuständigkeiten bei der Polizei in Berlin und bei der Berliner Staatsanwaltschaft gewährleistet werden soll. Sowohl bei der Polizei als auch bei der Staatsanwaltschaft sind dafür Koordinatoren eingesetzt worden. Der jeweilige Koordinator soll die erforderlichen Abstimmungen zwischen den beiden Behörden vornehmen.
Es ist eine andere Frage, wie man mit künftigen Regelsatzanpassungen umgeht. Dazu habe ich bereits etwas gesagt. Gleichzeitig bin ich gefordert, darüber nachzudenken, in welchen anderen Bereichen sich Möglichkeiten eröffnen im Sozialhaushalt zu Einsparungen und zur Absenkung von Sozialhilfekosten zu kommen. Es ist eher normal, dass auch Vorschläge gemacht werden, die es erst zu diskutieren gilt. Wie wir letztendlich entscheiden, wird auf der Senatsklausur klar sein. Ich finde, das sollte abgewartet werden.
Frau Senatorin! Sie haben in Ihrer ersten Antwort gesagt, alles müsse auf den Prüfstand, abgewogen und entschieden werde dann in der Senatsklausur. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass augenscheinlich eine Sache in Berlin nicht mehr auf dem Prüfstand steht, sondern schon abgewogen ist, das ist der Antrag, das Landesbeamtengesetz und das Gesetz über die Senatsmitglieder so zu verändern, dass die Senatsmitglieder auf ihr Weihnachtsgeld verzichten? Da haben Sie den Abwägungsprozess beendet und gesagt, das komme für den Senat nicht in Frage. Das war das Ergebnis gestern im Hauptausschuss.
Aber ich beantworte die Frage gerne. Sie haben, glaube ich, nicht zugehört, weil der Senat klar gesagt hat, dass es richtig sei, dass auch das Weihnachtsgeld und andere Leistungen, die Senatsmitglieder bekommen, in das Paket der Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften gehört. Wir haben nichts abgeschlossen, sondern gesagt: Selbstverständlich beziehen wir das in die ausstehenden Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften ein. Das war eindeutig.
1. Welche Konsequenzen zieht der Senat aus dem Fall Sawis J. im Sinne eines raschen Handelns von Polizei und Justiz bei jugendlichen strafmündigen Serienstraftätern?
Danke schön! – Ich gehe davon aus, dass Herr Senator Körting die Frage beantwortet? – Nein. – Bitte schön, Herr Staatssekretär Flügge!
Am 1. Juni dieses Jahres, also vor 12 Tagen, wurde bei der Staatsanwaltschaft Berlin eine Sonderabteilung zur Verfolgung von Intensivtätern – das ist die Abteilung 47 in der Hauptabteilung E – eingerichtet, die mit einem Oberstaatsanwalt als Abteilungsleiter und mehreren Dezernenten besetzt ist. Bei der Polizei werden ab 1. Juli dieses Jahres die benannten Intensivtäter grundsätzlich von Sondersachbearbeitern bearbeitet.
Der Entwurf der Richtlinie ist am 10. Juli, also vorgestern, auf meine Einladung hin mit den Staatssekretären der Senatsverwaltung für Inneres und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, dem Generalstaatsanwalt in Berlin, der Berliner Polizeiführung, dem Berli
Ich sagte schon, dass wir vorgestern im Kreis der Staatssekretäre mit anderen Behörden zusammengesessen haben. Wir haben die ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Kind- und Jugenddelinquenz beauftragt, über weitere Verbesserungen des Informationsflusses und Möglichkeiten der frühzeitigen Prävention und Intervention zwischen den beteiligten Behörden und Institutionen, insbesondere Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendämter und Schulen auf der Basis des Richtlinienentwurfs zu beraten.
Herr Staatssekretär! Können Sie uns mitteilen, wie viele strafmündige Intensivtäter nach dieser neuen Richtlinie künftig stärker in das Visier von Polizei und Justiz geraten werden?
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Nolte! Meine Damen und Herren! Die erste Liste, die die Polizei nach dieser Definition erstellt hat, umfasst 101 strafverdächtige Intensivtäter. Derzeit wird mit der Staatsanwaltschaft abgeglichen, ob es sich auch nach deren Erkenntnissen um die richtigen Täter und Strafverdächtigen handelt und ob aus Sicht der Staatsanwaltschaft möglicherweise noch weitere hinzukommen.
ner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, dem Beauftragten für Integration und Migration des Senats von Berlin sowie mit dem Leiter der Jugendstrafanstalt Berlin erörtert worden. Der Entwurf dieser Richtlinie ist von den Beteiligten grundsätzlich positiv aufgenommen worden. Die Arbeitsgruppe Intensivtäter wird – darauf haben wir uns verständigt –, kurzfristig noch einmal zusammen mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten und dem Leiter der Jugendstrafanstalt zusammentreten, um die Richtlinie zum Abschluss zu bringen, insbesondere die Voraussetzungen für den Informationsfluss – und darin stecken datenschutzrechtliche Probleme – sowie dessen Inhalt für die beteiligten Behörden klar zu benennen.
Ihre zweite Frage möchte ich wie folgt beantworten: Auf der Basis von § 18 Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz erhalten die Jugendämter der Bezirke polizeiliche Meldungen über Delikte strafunmündiger Kinder. Vom Allgemeinen Sozialpädagogischen Dienst des jeweiligen Jugendamtes wird erwartet, dass dort die Delinquenzgefährdung eines Jugendlichen, das heißt, auch die durch Art und Zahl der Straftaten erkennbare Tendenz einer zunehmenden kriminellen Entwicklung sozialpädagogisch bewertet wird. In diesen Fällen sollen die Jugendämter aktiv mit Beratungs- und Hilfeangeboten auf die Eltern zugehen. Dabei kann selbstverständlich nicht garantiert werden, dass die betreffenden Eltern die Gefährdung ihres Kindes wirklich ernst genug nehmen und die angebotene Hilfe tatsächlich in Anspruch nehmen. In Fällen gravierender Gefährdung und Kooperationsunfähigkeit oder -unwilligkeit der Eltern kann das Jugendamt gegebenenfalls auch eine familiengerichtliche Entscheidung etwa hinsichtlich einer notwendig werdenden Heimunterbringung herbeiführen. Im Vordergrund der Hilfeangebote der Jugendhilfe steht die Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern.
Neben den in solchen Fällen bewährten ambulanten Hilfen zur Erziehung – etwa die sozialpädagogische Erziehungshilfe – gibt es für delinquente kindliche Intensivtäter das spezifische ambulante Betreuungsprojekt „Fallschirm“, das sehr gut angenommen wird. Hier werden diese Kinder – vorrangig übrigens Kinder ausländischer Herkunft – eng in eine Gruppenbetreuung eingebunden, die ihren Alltag strukturiert. Sie werden in die Schule zurückgeführt, mit den Eltern werden familiäre und soziale Konflikte besprochen und zu lösen versucht.
Soweit ambulante Angebote nicht ausreichend erscheinen, um die Erziehungsfähigkeit der Eltern wiederherzustellen und eine kriminelle Karriere aufzuhalten, kommt eine Fremdunterbringung des Kindes in der Heimerziehung in Frage. Hier haben sich die Heimeinrichtungen des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks in der Uckermark für Berliner Kinder sehr bewährt. Die geographische Distanz zum Herkunftsmilieu in Berlin und die „verbindliche Betreuung“, wie es dort genannt wird, bei gleichzeitiger Eröffnung von Schul- und Ausbil
dungsmöglichkeiten bieten gute Voraussetzungen für die erfolgreiche Reintegration delinquenter Kinder.