Protocol of the Session on May 22, 2003

Ich habe eine Frage an Herrn Senator Strieder. Herr Senator! Welche „letzten Informationen“ fehlten Ihnen zu Beginn dieser Woche noch – ich beziehe mich auf die Mitteilung einer Ihrer Mitarbeiterinnen in der Presse –, um die Mittel für das Stadtumbau-OstProjekt der WBG Marzahn endlich freizugeben? Wann ist mit Ihrer Entscheidung zu rechnen?

Herr Senator Strieder – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren zurzeit hinsichtlich des Stadtumbaus Ost, wie viele leerstehende Wohnungen in den Jahren bis 2010 hinzukommen werden. Nach unserer gegenwärtigen Bevölkerungsprognose ergibt sich folgendes Bild: Wenn wir 3 000 Wohnungen abreißen, würde 2010 weiterhin der gleiche Leerstand herrschen wie heute.

Auf der anderen Seite ist es aber sehr schwer, verlässlich einzuschätzen, ob es sinnvoll und richtig ist, bestehenden Wohnraum – und wenn ja, in welchem Umfang –

Auch wenn Sie nicht gestellt wurde! – Herr Brauer! Es geht um die Frage, ob es richtig ist, 1 700 Wohnungen abzureißen, oder ob es richtig ist, 1 200 Wohnungen abzureißen und 500 Wohnungen zu sanieren. Das Vorhaben der WBG Marzahn besteht darin, 11-geschossige Gebäu

de auf vier Geschosse zurückzubauen. Man könnte auch auf Null zurückbauen und alles abreißen. Das macht aber nur einen Sinn, wenn man weiß, dass die Wohnungen nicht mehr gebraucht werden. Umgekehrt macht es auch nur dann einen Sinn, Wohnungen zu sanieren, wenn man weiß, dass man sie brauchen wird.

Die Bevölkerungsentwicklung in diesem Teil ist ausgesprochen schwer einzuschätzen. Das hängt damit zusammen, dass wir das Image dieses Raumes heute nicht im Einzelnen mit Sicherheit einschätzen können. Wir wissen aber, dass es ausgehend von der gegenwärtigen Bevölkerung insbesondere im Bereich HellersdorfMarzahn einen weiteren erheblichen Einwohnerrückgang geben wird. Der Rückgang der Haushalte wird nicht gleich sein wie der Rückgang der Einwohner, weil es sehr viele junge Leute geben wird, die sich früher einen eigenen Haushalt zulegen. Das ist aber auch eine Frage des Mietpreises in diesen Wohnungen.

Darüber zu entscheiden, ob man vorhandenen, volkswirtschaftlich wertvollen Wohnraum abreißen soll, fällt mir schwer. Aber mir fällt es auch schwer, einfach zu sagen: „Ist doch egal, was es kostet. Große Teile davon sind Bundesmittel. Wir sanieren jetzt erst einmal.“, um dann in vier Jahren festzustellen, dass wir diese Wohnungen auch nicht mehr brauchen können. Jede leere Wohnung wird von den anderen Mietern mitbezahlt. Jede leere Wohnung reißt ein Loch in die Kasse des Wohnungsunternehmens.

abzureißen. Wenn wir aber abreißen müssen, macht es wenig Sinn, die wenigen noch nicht sanierten Wohnungen jetzt zu sanieren, um andere, sanierte Wohnungen abzureißen. Denn auf jeder sanierten Wohnung liegen Kredite, die bedient werden müssen, und wenn es diese Wohnungen nicht mehr gibt, gibt es auch keine Einnahmen, um diese Kredite zu bedienen. Man kann jetzt schon prognostizieren, dass wir dann, wenn die Bedingungen so anhalten, wie sie gegenwärtig eingeschätzt werden, in Berlin dazu kommen werden, Plattenbauten abzureißen, die erst vor kurzem saniert worden sind. Das ist betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich unsinnig.

Diese Entscheidung, ob Mittel bereitgestellt werden, um 500 weitere Wohnungen zu sanieren, muss sorgfältig geprüft werden. Die verantwortliche Wohnungsbaugesellschaft hat jetzt noch einmal ein Gutachten in Auftrag gegeben, um dieses einschätzen zu können. Aufgrund dieses Gutachtens werde ich mir dann meine Meinung darüber bilden, ob es sinnvoll ist, diesen Abriss anzugehen, ob er in diesem Umfang notwendig ist und ob auf der anderen Seite weitere Sanierungen verträglich sind. Wenn also diese Informationen insgesamt vorliegen und bewertet werden können, kann es auch eine Freigabe der Mittel geben. Aber es kann nicht so sein, dass es, weil man sich einmal darauf eingestellt hat, es werde saniert werden, dann einfach bei der Sanierung bleibt – egal, ob es neue Erkenntnisse gibt oder nicht.

Herr Kollege Brauer hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator! Sie haben meine Frage nur teilweise beantwortet. Ich möchte Sie bitten, konkreter auf das vorliegende Problem zu reagieren. Es geht nicht um den Abriss von saniertem Wohnungsbestand, sondern um eine Modellprojekt, hinter dem Ihre Verwaltung auch stand, welches mit dem Verdrängungsprozess der Mieterinnen und Mieter schon sehr weit fortgeschritten ist. Meine Frage lautet: Bleibt die Senatsverwaltung zusammen mit der WBG Marzahn bei diesem Modellprojekt, oder werden Sie es aufgeben?

Herr Brauer, wenn Sie das alles als Frage formulieren, hätte der Präsident nichts zu beanstanden. So muss ich aber auch zu Ihnen das sagen, was ich bereits zum Kollegen Dr. Lindner gesagt habe: Es müssen Fragen gestellt werden. – Das ist nur eine Frage der Übung und des richtigen Ansatzes. – Bitte schön, Herr Strieder!

Ich habe die Frage verstanden.

[Heiterkeit – Hahn (FDP): Er hat doch keine gestellt!]

Das, was wir unter dem Stichwort „Stadtumbau Ost“ zurzeit diskutieren, besteht zum einen aus Abriss und zum anderen aus der Neuanlage von Grünmaßnahmen oder anderen Dingen. Wir können in Berlin – weil wir eine Sonderbedingung haben – Schulen und Kindertagesstätten, die wir nicht mehr brauchen, mit diesen Mitteln abreißen. Das hat uns sehr geholfen und hilft uns auch in diesem Jahr sehr. Aber ich bitte herzlich um Verständnis: Für die Entscheidung, 500 Wohnungen zu sanieren, müssen wir auch sicher sein, dass wir diese 500 Wohnungen brauchen und sie nicht übermorgen auch noch abreißen müssen, nachdem sie saniert worden sind.

[Beifall des Abg. Buchholz (SPD)]

Nun hat Kollege Lehmann das Wort zu einer Anfrage. – Bitte schön, Herr Lehmann!

Danke, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister. Die Frage lautet: Warum hält der Regierende Bürgermeister aus seiner fachspezifischen Perspektive den Vorschlag der Senatorin für Gesundheit und Soziales bezüglich der geplanten grünen Hundeplakette und damit die Einführung einer gezielten Maulkorbpflicht für falsch?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich finde es im

Nicht die Hunde, keine Angst! – Ich habe eine Frage an den Innensenator. Herr Körting, wieso bekommen eigentlich die Fahrer des Fuhrparks unter einer rot-roten Regierung ihre Überstunden nicht mehr wie früher üblich in Freizeit ausgeglichen, sondern in Geld? Und wie verhält sich das eigentlich zu dem Angebot eines Solidarpakts an die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, in dem diese auf einen Teil ihres Einkommens und auch ihre Arbeitszeit verzichten sollen?

Frau Kollegin Klotz! Grundsätzlich ist es so, dass die Fahrer des Fuhrparks nach den tarifvertraglichen Bedingungen Überstunden innerhalb von drei Monaten auszugleichen haben. Wenn sie die innerhalb von drei Monaten nicht ausgleichen, werden ihnen weitere Überstunden nicht aufs Überstundenkonto zum Ausgleich gutgeschrieben; das heißt, dann werden sie entgolten, bezahlt. Das hat auch seinen grundsätzlichen Sinn darin, dass man sagt: Wenn man Überstunden gemacht hat, dann muss das aus gesundheitlichen Gründen innerhalb einer bestimmten Zeit ausgeglichen werden, sonst macht es keinen Sinn mehr, die nach einem Jahr oder zwei Jahren auszugleichen. Wenn es denn im Ausnahmefall vorkommt, dass Überstunden stehen bleiben und über drei Monate stehen, dann werden sie in Entgelt ausbezahlt. Mit den Solidarpaktgesprächen hat dies unmittelbar nichts zu tun, weil es sich nicht um Umfänge handelt, die in den Solidarpaktgesprächen eine Rolle spielen.

mer bewundernswert, wie das Thema emotionalisiert wird. Ich wundere mich allerdings, dass eine Partei, die meint, liberal zu sein, Liberalität mit Nachlässigkeit verwechselt. Ich sage ganz deutlich: Ich möchte nicht, dass Kinder oder andere Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Stadt durch Kampfhunde gefährdet werden.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Und es ist auch zumutbar, dass sie an die Leine genommen werden und einen Maulkorb tragen, wenn sie in die Öffentlichkeit treten. Das ist meine dezidierte Auffassung. Da bin ich auch gar nicht im Dissens mit meiner Senatorin. Die hat ihre Aufgabe zu erfüllen und das in ein Gesetz umzusetzen, was in einer Verordnung schon von uns nach langer Diskussion beschlossen worden ist. Das hat ja alles einen Vorlauf. Ich sehe nicht ein, warum man auf dem Weg von einer Verordnung zum Gesetz die damals mühsam ausgearbeiteten Vorschriften verändern muss. Es geht um – ich glaube, da sollten wir uns alle einig sein – einen weitestgehenden Schutz. Wir haben gesehen, welche fürchterlichen Verletzungen bis hin zur Todesfolge entstehen können. Ich möchte Ihre Darstellung einmal hören, wenn wieder mal etwas passiert ist. Ich glaube, dann würden Sie wieder ganz anders reden.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Eine Zusatzfrage des Kollegen Lehmann. – Bitte schön, Herr Lehmann!

Wenn aber die zurzeit noch gültige grundsätzliche Maulkorbpflicht für gefährliche Hunde bewiesenermaßen nicht ausreichend vor Übergriffen geschützt hat, warum fordern Sie dann als neuer Hundefachmann der Regierung, wenn ich es mal so bezeichnen darf, diese grundsätzliche Maulkorbpflicht erneut und konterkarieren die ausnahmsweise fortschrittlichen und konstruktiven Vorschläge der Frau Senatorin?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich habe gar nicht die Absicht, zum Experten für Kampfhunde zu werden. Darum können andere sich kümmern. Aber ich nehme mir das Recht heraus, eine dezidierte Meinung zu äußern. Ich kann nicht erkennen, dass nachdem die Verordnung in Kraft und der Zwang da war, sich bewiesen hat, dass der Zwang überflüssig ist und dass dadurch, dass er aufgehoben würde, alles besser würde. Das kann ich überhaupt nicht erkennen und würde von Ihnen gern einmal hören, woraus Sie Ihre Erkenntnisse ziehen. Ich sage nach wie vor klipp und klar: Es geht darum, die Bevölkerung weitestgehend zu schützen. Dass es einen absoluten Schutz nie geben wird, weder durch ein Gesetz noch durch eine Verordnung, das wissen wir auch – aber einen weitestgehenden Schutz. Und ich halte es für zumutbar, dass die Hunde an die Leine genommen werden. Und ich halte es für zumutbar, dass sie einen Maulkorb bekommen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Dr. Klotz hat nunmehr das Wort zu einer Frage. – Bitte!

[Zuruf von der CDU: Sehr gute Frage!]

Herr Senator Dr. Körting!

Eine Nachfrage von Frau Dr. Klotz. – Bitte schön!

Vor dem Hintergrund, dass Ihre Antwort eben den Eindruck erweckt hat, als sei dies nur im Einzelfall passiert, frage ich Sie: Trifft es denn zu, dass diese finanzielle Entgeltung von Überstunden gegen den Willen des Personalrats stattgefunden hat? Gibt es denn noch andere Bereiche in der Berliner Verwaltung, von denen wir hier nicht wissen, wo es möglicherweise neuerdings so gehandhabt wird, dass Überstunden eben nicht mehr in Freizeit ausgeglichen werden?

[RBm Wowereit: Das war schon bei Rot-Grün so!]

Und werden Sie denn sicherstellen, dass künftig diese Entgeltung in Freizeit wieder in allen Bereiche Einzug hält, wie das schon einmal üblich war?

Herr Innensenator Dr. Körting!

Dass die Regelung, diese Überstunden nicht für längere Zeit vor sich her

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Das Areal ist ausgeschrieben, wir sind in der Phase, wo Angebote abgegeben werden; dann werden sie gesichtet und beurteilt. Die Geschichte des Metropols ist eine lange Geschichte. Wir haben in früheren Zeiten versucht, das Metropol zu erhalten, auch als Musiktheater. Es gab einen Erwerber, der viel notwendiges Geld investieren wollte. Leider ist dieses Projekt gescheitert, nachdem das Theater des Westens frei wurde und derselbe Investor vom Metropol zum Theater des Wesens übergeschwenkt ist. Ob es möglich ist. ohne erhebliche Investitionen dort ein Musiktheater weiterzuführen, das wage ich zu bezweifeln. Auf jeden Fall ist klar, dass das Land Berlin keine Subventionen für den Betrieb eines entsprechenden Musiktheaters aufwenden wird. – Herr Wieland, ich finde es immer so schön, weil ein Investor, den Sie sonst vielleicht auch nicht immer so goutieren, in der Zeitung irgendeine Idee verbreitet, dass man dann schon weiß, das Metropol-Theater ist gerettet. Ich wundere mich immer ein bisschen darüber, weil es nicht so leicht ist und alle, die sich damit beschäftigt haben, wissen, dass die bauliche Instandsetzung des Gebäudes wichtig ist, Bühnentechnik usw., dass dazu erhebliche Investitionsmittel notwendig sind und dass auch im rein kommerziellen Spielbetrieb eines Musicaltheaters oder eines ähnlichen Theaters die Erfolgsstorys in Berlin nun auch nicht so reichlich sind. Insofern werden wir bei der Abgabe von Angeboten sehen müssen, wer in der Lage ist, dieses Haus zu bespielen und zu welchen Kosten, welchen Bedingungen, oder ob der Traum von einigen, dass dort weiterhin Musikveranstaltungen stattfinden, nicht erfüllt werden kann. Das wird der Senat zu gegebener Zeit prüfen.

schieben zu können, teilweise mit dem Willen des Personals und sicher auch des Personalrats nicht übereinstimmte, das will ich Ihnen gern zugeben. Aber die Tarifvertragslage ist so, wie ich Sie Ihnen geschildert habe. Die Behörde macht nichts anderes, als sich an die tarifvertragliche Lage zu halten. Ich halte es auch für sinnvoll, dass man nicht Überstunden in einer Art und Weise ansammelt, dass man wochenlange zusätzliche Urlaube hat. Das kann nicht der Sinn von Überstundenregelungen sein, sondern entweder wird innerhalb kürzester Zeit ausgeglichen, oder es wird entgolten.

Es gibt auch in anderen Bereichen der Berliner Verwaltung mit Überstunden Probleme, und zwar vielfältiger Art. Es gibt Probleme, dass die Mitarbeiter Wert darauf legen, dass die Überstunden nicht bezahlt, sondern über lange Zeit angesammelt werden, weil die Überstundenvergütung für die Mitarbeiter nach deren Auffassung nicht allzu viel bringt, weil dann Sozialabgaben, Steuern usw. zu zahlen sind und es häufig sogar dazu kommt, dass Mitarbeiter, wenn sie zu viele Überstunden haben, in bestimmte Kategorien kommen, wo sie auch für öffentliche Leistungen mehr zahlen müssen. Das ist aber die Automatik der Tarifverträge, die von den Beschäftigtenvertretern, von den Gewerkschaften vor vielen Jahren mit uns vereinbart worden sind. Und bisher habe ich Sie immer so verstanden, verehrte Frau Dr. Klotz, dass Sie großen Wert darauf legen, dass wir die Tarifverträge so einhalten, wie sie auch vereinbart worden sind.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Bloß gut, dass wir keinen Über- hang haben in Berlin!]

Die erste Runde der spontanen Fragestunde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Ich eröffne diese Runde wie üblich mit einem Gongzeichen. Schon mit Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden gelöscht.

[Gongzeichen]

Nun geht es los mit dem fraktionslosen Abgeordneten Dr. Jungnickel.

[Beifall bei der PDS]