Herr Senator! Sie haben das Stichwort „Eltern“ genannt. Meine Frage lautet: Sehen Sie in diesem Zusammenhang Möglichkeiten, um das Zusammenwirken von Schule und Familie zu intensivieren, um gegenseitig und frühzeitig auf Probleme junger Menschen aufmerksam zu machen, um Hilfe anzubieten und gemeinsam mit den Eltern nach wirksamen Lösungen zu suchen?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Barth! Sicherlich gibt es dort vielfältige Möglichkeiten. Eine davon müssen wir konzeptioneller angehen. Das ist die bei uns vorhandene administrative und auch gesetzgeberische Unterscheidung zwischen dem Bereich Bildung und dem Bereich Jugendbildung oder Jugendhilfe. Das heißt, wir arbeiten daran, beide Bereiche zu integrieren, weil sich gerade die Jugendhilfe stark darum kümmert und meistens dann einsetzt, wenn es zu Defiziten im Elternhaus gekommen ist. Hier ist es sicherlich notwendig, eine stärkere Verbindung von Schule und Jugendhilfe herzustellen.
Des Weiteren gibt es bereits gegenwärtig – ich betone das ausdrücklich, Sie wissen das auch alle – im Mitwirken im schulischen Bereich genügend Möglichkeiten des Austausches zwischen Eltern und Lehrern. Meistens gelingt das auch sehr gut, aber insbesondere in manchen Konfliktfällen, in denen ein gestörtes Schüler-Eltern-Verhältnis besteht, gibt es sehr häufig auch ein gestörtes Verhältnis der Eltern zur Schule. Ich bestreite überhaupt nicht, dass man den Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern, den ich hoch respektiere und anerkenne, auch nicht insofern auslegen kann, dass jeder Lehrer und jede Lehrerin sich zu jedem Zeitpunkt zu den Eltern direkt bemühen kann. Das würde die Arbeitsfähigkeit glatt übersteigen, das geht nicht. Man kann nur darauf hoffen, dass solche Signale der Nichtkommunikation, das Nichterkennens, was da abläuft, bei den von Staatsseite Beteiligten frühzeitig aufgenommen werden.
Danke schön, Herr Senator! – Eine weitere Nachfrage von der Frau Abgeordneten Senftleben von der Fraktion der FDP – bitte sehr!
Ich frage den Senat, ob ihm bekannt ist, dass insbesondere ehrenamtliche Initiativen hier in Berlin erfolgreich bei der Konfliktlösung an Schulen arbeiten – vor allem auch an Hauptschulen in sozialen Brennpunkten –, und ich frage den Senat, ob er mit mir darin übereinstimmt, dass es sinnvoll ist, auch diese ehrenamtlichen Initiativen zu fördern und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Senftleben! Für diese Frage bin ich außerordentlich dankbar. Bei der Komplexität des Themas habe ich diesen Aspekt in meiner Antwort vergessen. Ich nutze gern die Gelegenheit, auch an dieser Stelle und wiederholt das ehrenamtliche Engagement, das es vielfältig und vielseitig in Vereinen und Projekten gibt, zu loben. Beispielsweise gibt es das Engagement eines Vereins bei Schulschwänzern, der sehr aktiv ist. Wir sind außerordentlich dankbar für diese Engagement, begrüßen es und unterstützen es auf allen Ebenen.
Zugleich sage ich auch: Die ehrenamtliche Arbeit in diesem Bereich kann immer nur zusätzlich geleistet werden. Der Staat kann sich nicht entlasten und darauf verweisen, die Aufgabe werde von Ehrenamtlichen erledigt. Das wird nicht gehen. Aber es ist eine zusätzliche Arbeit, die sehr erwünscht ist, für die wir dankbar sind. Wenn es sich um zusätzliche Initiativen handelt, werden wir das unterstützen.
Ich rufe die vierte Mündliche Anfrage auf, des Abgeordneten Schmidt von der Fraktion der FDP zum Thema:
1. Wie positioniert sich der Kultursenator zu der Presseverlautbarung aus dem Hause Strieder vom 29. April, in der das Gebäude der Philharmonie mit einem „russischen Kreiskulturhaus“ gleichgestellt wird? Wie würde der Kultursenator einen entsprechenden Vergleich in Bezug auf „Erichs Lampenladen“ beurteilen?
2. Wie steht der Senat zu der Forderung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Müller nach einer baulichen Vollendung des Kulturforums am Kemperplatz im Geiste Scharouns in Anbetracht der Tatsache, dass der Stadtentwicklungssenator Strieder diese Forderung seit Jahren ablehnt und die Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS eine klare Aussage hierzu nicht enthält?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Schmidt! Ein solcher Vergleich ist natürlich völlig abwegig und falsch. Er wird weder dem Scharoun-Bau gerecht, noch verrät er tiefere Kenntnisse über Architektur und Funktion russischer, gar vielleicht Kreiskulturhäuser.
Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Äußerung bereits von der sie verursachenden Pressesprecherin des Kollegen Strieder aufwändig dementiert und um Entschuldigung gebeten wurde. Übrigens ist auch der Vergleich mit Erichs Lampenladen hier völlig abwegig. Sie werden verstehen, dass ich meine Aufgabe nicht darin sehe, volksmundartliche Wortprägungen zu bewerten. Aber immerhin sei darauf verwiesen, dass die Bezeichnung des Palasts der Republik als Erichs Lampenladen schon zu DDR-Zeiten eine sowohl abschätzige als auch liebevoll-ironische Konnotation hatte und damit genau die widersprüchliche Funktion des Palasts der Republik als Statussymbol der Partei- und Staatsführung der ehemaligen DDR und als ein von der Bevölkerung angenommenes öffentliches Kultur- und Veranstaltungsgebäude widerspiegelte.
Hinsichtlich der 2. Frage zur Zukunft des Kulturforums möchte ich Ihnen sagen, dass der Senat der Auffassung ist, dass sich im Kulturforum mehrere hochrangige Werke der Architektur befinden. Besonders die Philharmonie von Hans Scharoun wie auch die Neue Nationalgalerie von Ludwig Mies van der Rohe sind Ikonen der modernen Architektur, die internationale Anerkennung genießen und Vorbildcharakter für nachfolgende Kulturbauten hatten. Denken Sie nur zuletzt an die Philharmonie in ihrer Vorbildfunktion für das Auditorium von Renzo Piano in Rom.
Bezüglich des Städtebaus im Kulturforum ist der Senat bereits seit 1983 der Auffassung, dass die Prämissen, die dem damaligen städtebaulichen Wettbewerb von 1963/64 zugrunde lagen, sich entscheidend verändert haben. Ich erinnere nur an den Wegfall der Westtangente,
das vom Scharoun-Konzept abweichende Raumkonzept im Bereich der staatlichen Museen. Und dies gilt natürlich um so mehr nach dem Mauerfall und der Entwicklung am Potsdamer und Leipziger Platz. Die städtebaulichen Auffassungen für diesen Raum beruhen auf grundverschiedenen Prämissen. Die Vorstellung von der Vollendung des Kulturforums, im Sinne des Entwurfs von Scharoun und der Idee der Stadtlandschaft ver
pflichtet, wird von der einen Seite nur in Form einer weiteren Bebauung – Stichwort Gästehaus – für möglich gehalten, diese Idee der Vollendung eines unvollendet gebliebenen Gesamtkonzepts klammert jedoch die grundlegend geänderte stadträumliche Lage und Funktion des Kulturforums im Zusammenwirken mit der Neubebauung am Potsdamer Platz und der dort entstandenen kulturellen Angebote eher aus. Das Kulturforum ist eben heute nicht mehr kultureller Brückenkopf Westberlins an der Mauer, sondern vielmehr Bestandteil eines wiedergewonnenen zusammenhängenden Stadtraums, der die City-West mit der Mitte von Berlin verbindet.
Der Senat strebt an, für das Kulturforum im Dialog mit den Anliegern und dem Bezirk ein Konzept zu entwickeln, sehr verehrter Herr Cramer, das eine schrittweise Verbesserung des öffentlichen Raums, eine Ergänzung besucherorientierter Nutzung erlaubt. Zur Umsetzung dieses Ziels wird ein kooperativer Planungsprozess für das Kulturforum mit den Anliegern, dem Bezirk, den Senatsverwaltungen und der engagierten Fachöffentlichkeit vorgeschlagen. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage sind zur Qualifizierung der hier befindlichen kulturellen Institutionen und Einrichtungen sinnvolle Handlungsspielräume zu eröffnen. Ob die Verwirklichung nicht verwirklichter Utopien der Vergangenheit dazu gehört, würden wir eher bezweifeln.
Ich wollte noch mal auf die Frage 1 zurückkommen. Uns hat das Dementi aus dem Hause Strieder auch erreicht. Nichtsdestotrotz stellt sich mir die Frage, ob nicht solche Äußerungen, auch wenn sie nur die Privatmeinung der Pressesprecherin widerspiegeln, nicht ein besonders schädliches Anzeichen sind, wie mit den Kultureinrichtungen der Stadt umgegangen wird. Und ich frage mich in dem Bezug auch – es ist ja durchaus bekannt, dass der Staatssekretär Stimmann auch nicht ganz unkompliziert mit Herrn Scharoun umgehen kann –, ob Sie nicht, Herr Flierl auch urteilen, dass solche Meinungsäußerungen – wir sind ja vom Senat schon viele Dementis gewohnt, zu vielen Politikfeldern – nicht besonders schädlich sind, wenn klar wird, dass eine Pressesprecherin, die in der Öffentlichkeit steht, selbst eine solche Privatmeinung dann auch nur hinter vorgehaltener Hand äußern darf – das darf sie natürlich –, aber dass es halt ein besonders schlechtes Zeichen dafür ist, wie in Berlin mit Kultur umgegangen wird?
Herr Kollege, lassen Sie mich Ihre Frage zum Anlass nehmen, das Haus darauf hinzuweisen, dass nach der Geschäftsordnung eine Nachfrage gestellt werden darf. Selbst wenn drei reingepackt werden, beanstande ich das noch nicht. Wenn wie in Ihrem Fall sieben darin enthalten sind, dann muss ich es anmerken – oder siebeneinhalb, in Nebensätzen. – Herr Senator Strieder hat das Wort!
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schmidt! Meine Damen und Herren! Ich finde, man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen und die Philharmonie auf dem Kulturforum. Meine Pressesprecherin hat gesagt, dass sie sich für diese Äußerung entschuldigt. Damit, finde ich, ist die Sache auch erledigt. Ich habe die Äußerung inhaltlich zurückgewiesen, auch in einem Schreiben an Ihren Fraktionsvorsitzenden. Ich will aber darauf hinweisen, dass die Pressesprecherin seit 10 Jahren in der Baubehörde arbeitet, unter verschiedenen Senatoren, die unterschiedlichen Parteien angehören. Die Pressesprecherin der Senatsbauverwaltung hat bei den Journalistenkolleginnen und -kollegen einen ausgesprochen guten Ruf, weil sie sehr kooperativ ist, in der Größe dieses Hauses auch wirklich Auskünfte geben kann. Und wenn dann einmal ein Fehler passiert, finde ich, sollte man dann nicht – schon gleich gar nicht
in der Öffentlichkeit – einen solchen Stab über sie brechen. Ich finde, das gehört sich nicht, so mit Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes umzugehen.
Und das Zweite, was ich Ihnen sagen will, ist: Auch die Unterstellung, der Senatsbaudirektor Dr. Stimmann schätze Scharoun nicht, weise ich zurück. Herr Dr. Stimmann ist nun einer der wirklich ausgewiesenen Kenner der Baugeschichte dieser Stadt. Und der weiß mehr über Scharoun, als Sie darüber in Ihrem Leben noch lesen können. Und er schätzt natürlich Scharoun, und er schätzt Ludwig Mies van der Rohe. Aber das bedeutet doch nicht, dass ein Konzept aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu Beginn dieses Jahrtausends bruchlos weitergeführt werden kann, wenn sich die stadträumliche Situation geändert hat. Der Potsdamer Platz ist Gott sei Dank wieder entstanden, weil Gott sei Dank die Mauer niedergerissen worden ist. Es ist nicht mehr das Kulturforum am Rande Westberlins, am Rande des Tiergartens, nur mit dem Bus zu erreichen; sondern jetzt kann über die U-Bahn-Station und über die S-Bahn-Station am Potsdamer Platz das Kulturforum erreicht werden. Es hat eine völlig neue Bedeutung erhalten. Das, finde ich, sollen wir würdigen. Seien wir doch dankbar und froh, dass wir diese Schatzkästlein auf dem Kulturforum in Berlin haben. Reden wir es nicht herab, sondern würdigen wir es!
Herr Strieder! Sie hatten gerade angesprochen, dass das Kulturforum nicht mehr am Rande Westberlins liegt. Das ist in der Tat wahr. Und da stellt sich mir die Frage, ob nicht gerade dieses Liegen in der neuen Mitte Berlins am Potsdamer Platz einer Aufwertung des Kulturforums bedarf, wie es durch das Künstlergästehaus geschehen könnte? Neben dem Potsdamer Platz der belebten Innenstadt würde sich dort ein Zentrum der Kultur in Berlin dann neu mit neuen Qualitäten entwickeln lassen.
Herr Schmidt! Ich bin sehr mit Ihnen einverstanden, wenn wir fragen: Was muss auf dem Kulturforum noch geschehen? – Ich finde, es muss dort eine Gastronomie hin, man muss dort verweilen können, wenn man in den Museen war, nach dem Konzert in der Philharmonie dort noch ein Glas Wein trinken können. Ich finde, eine solche Funktion fehlt dort. Ein Gästehaus in den 60er Jahren war die Idee, junge Künstlerinnen und Künstler nach Berlin einzuladen, ein Gästehaus des Senats für die Philharmonie zu bauen, um die Internationalisierung der Stadt und der Künste der Stadt voranzutreiben.
Heutzutage geht es um einen profanen Bau eines Hotels. Es soll ein neues Hotel entstehen an dieser Stelle. Und da frage ich mich, ob das Kulturforum wirklich ein Hotel braucht. Ich glaube, das Kulturforum braucht diese nutzerorientierten Einrichtungen, und das hat Herr Dr. Flierl in seiner Antwort auch deutlich gemacht, das wollen wir mit der Philharmonie und den anderen Nutzern der Stiftung Preußischer Kulturbesitz entwickeln. Wir glauben nur nicht, dass es richtig ist, das genau in die Mitte des Kulturforums zu setzen, so dass Sie von der Staatsbibliothek zur Gemäldegalerie nicht mehr durchblicken können und damit eben nicht die Stadtlandschaft noch erkennen können. Aber dass es dort Ergänzungen geben muss, ist meines Erachtens völlig unstrittig, und wir sind dabei, Lösungen zu suchen, die privat finanziert werden.
Ich möchte gern nachfragen, ob bekannt ist, dass es einen Beschluss des Abgeordnetenhauses gibt, der sich eindeutig für die Vollendung des Kulturforums nicht durch Götterbäume, sondern durch die städtebauliche Ergänzung im Sinne Scharouns ausspricht. In welcher Verpflichtung sieht sich der Senat dieser Beschlusslage des Parlaments gegenüber?