Protocol of the Session on April 18, 2002

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Lindner von der FDP-Fraktion?

Ich komme gleich zum Schluss. Vielleicht habe ich dann noch Zeit, Herr Dr. Lindner!

Der CDU-Antrag geht in diese Richtung.

[Rabbach (CDU): Richtige Richtung!]

Die CDU hat sich bemüht, sehr schnell und – ich will sagen – hastig zur Lösung beizutragen. Wenn man hastig ist, verstolpert man sich auch leicht. Wenn wir jetzt das Problem Privatschulen und ihre Rahmenbedingungen anders und besser regeln, dann aber bitte auch die anderen anstehenden Fragen, die der Antrag nicht berührt. Hier stimme ich Frau Senftleben zu. Der Antrag wird an den Fachausschuss überwiesen werden. Dort werden wir ihn ergänzen können, so dass wir ein rundes Paket bekommen, ein Privatschulgesetz, das dann hoffentlich auch einen anderen Namen trägt und solche Regelungen beinhaltet, die über die ganze Legislaturperiode auskömmliche Bedingungen für die Schulen in freier Trägerschaft sichern. – So, jetzt habe ich noch Zeit für Herrn Lindner!

Herr Dr. Lindner, dann bekommen Sie das Wort!

Herzlichen Dank! – Wollen Sie mir bitte erklären, warum Sie Bildungselite einerseits und Geldbeutel der Eltern auf der anderen Seite vermischen bzw. wo da ein zwingender Zusammenhang besteht? – Das wäre auch eine Frage an Frau Tesch.

Ich frage Sie zurück, woraus Sie diesen Schluss gezogen haben. Oder anders formuliert: Ich verstehe Ihre Frage nicht.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Wenn Sie – –

Herr Dr. Lindner, ich habe Ihnen das Wort jetzt nicht zum zweiten Mal erteilt. Zwischenfragen sind nicht dazu da, dass man zum Zwiegespräch übergeht. Frau Schaub hat noch eine Minute. Sie müsste jetzt sagen, ob sie das als zweite Zwischenfrage versteht. – Das ist Ihre Entscheidung, Frau Schaub!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich weiß nicht, ob das zur Qualitätserhöhung des Parlaments beiträgt, wenn wir in einen Dialog eintreten. Das wage ich zu bezweifeln.

[Doering (PDS): Nein, ganz bestimmt nicht! – Zurufe von der CDU und der FDP]

Deswegen unterlasse ich das. – Danke schön!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön! – Nunmehr hat der Abgeordnete Mutlu das Wort für die Fraktion der Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Tesch! Es wird Sie vielleicht überraschen, aber meine Kinder gehen in eine öffentliche Schule. Ich kümmere mich um sie, und sie gehen auch noch in Kreuzberg zur Schule.

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Die Intention und das Ziel des vorliegenden Antrags dürften jetzt bekannt sein. Die antragstellende Fraktion hat die Begründung gegeben, und ich brauche das nicht zu wiederholen. Wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben dieses Problem bereits bei den Gesprächen zur Ampelkoalition angesprochen, weil wir es nicht akzeptieren können und wollen, dass die Schulen fünf, sechs oder sieben Jahre an der langen Leine gehalten werden, bis sie dann eingehen. Das ist ein Unding und unserer Auffassung nach auch nicht verfassungskonform.

Es gehört in Berlin zur politischen Tradition, Vergleiche zwischen den Bundesländern anzustellen. Ich rate dieser rot-roten Regierung, das auch an dieser Stelle zu tun. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Hamburg, das anteilmäßig ungefähr doppelt so viele Schüler an freien Schulen hat wie Berlin! Sie brauchen aber gar nicht so weit zu gehen und können sich ein Beispiel an Brandenburg nehmen: In Brandenburg ist eine Wartezeit von zwei Jahren üblich, in Berlin beträgt sie hingegen sieben, acht und teilweise noch mehr Jahre, bis sich die Schulen das irgendwann nicht mehr leisten können.

Aus diesem Grund möchte ich noch einmal zu einem anderen Aspekt, der bereits angeklungen ist, etwas sagen, und wir werden das ja auch im Ausschuss ausführlich erörtern: Die rot-rote Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag etwas Wegweisendes festgehalten – ich zitiere:

Schulen brauchen für ihre Arbeit verlässliche Rahmenbedingungen, um ihren pädagogischen Auftrag leisten zu können.

Das hört sich sehr gut an, steht an prominenter Stelle und hat meine volle Unterstützung. Das Problem ist aber, dass das offenbar für die Schulen in freier Trägerschaft nicht gilt. Wenn es für die Schulen in freier Trägerschaft gelten würde, müsste man auch den korrekten Schluss ziehen und von diesen Kürzungen, die der Senat jetzt beabsichtigt, Abstand nehmen. Es ist nicht so, dass die 7 % Kürzung vom Tisch sind. Wir diskutieren nur über den Doppelhaushalt für die Jahre 2002 und 2003. Es war von vornherein vorgesehen, dass man in diesen beiden Jahren jeweils um 2 % kürzt. Niemand hat sich aber hingestellt und gesagt, dass es dabei bleibt. Ob wir in 2004 noch einmal über Kürzungen diskutieren, werden wir sehen. Ich gehe davon aus, dass es dazu kommen wird, denn jetzt ist der Druck erst einmal weg, und in zwei Jahren wird er definitiv geringer sein. Dann wird sich diese Regierung noch einmal daran machen, an dieser Stelle zu kürzen.

Die geplanten Kürzungen bei den Schulen in freier Trägerschaft sind nicht nur in jeder Hinsicht unverständlich, sondern auch haushaltspolitisch kontraproduktiv, pädagogisch völlig unsinnig und unter dem Gesichtspunkt sozialer Ausgewogenheit geradezu fatal. Schülerinnen und Schüler, die eine Schule in freier Trägerschaft besuchen, kosten das Land erheblich weniger als Schülerinnen und Schüler an einer staatlichen Regelschule. Die geplanten Kürzungen würden für viele dieser Schulen das Aus bedeuten – mit dem Effekt: Mehr Schülerinnen und Schüler an den für das Land teureren staatlichen Schulen!

Schulen in freier Trägerschaft sind in Berlin jedenfalls bisher keine Schulen für Besserverdienende.

[Dr. Lindner (FDP): So ist es!]

Die geplanten Kürzungen würden dieses aber schnell ändern, weil sie – wenn überhaupt – nur durch eine Erhöhung des Schulgeldes aufgefangen werden können. Das Resultat wären am Ende Schulen nur für Reiche. Ich gehe davon aus, dass keiner in diesem Hause dieses wirklich will. Das widerspricht auch dem Gleichheitsgedanken, und das sollte wiederum insbesondere für die PDS und die SPD ein Signal sein, die sich diesem Gedanken besonders verpflichtet fühlen.

Die Arbeit der Schulen in freier Trägerschaft ist für uns eine wertvolle und notwendige Ergänzung der Berliner Schullandschaft. Wenn wir es mit der Reform des Bildungswesens ernst meinen und schulische Autonomie und pädagogische Vielfalt tatsächlich wollen, können wir es uns nicht leisten, bürgerschaftliches Engagement vorsätzlich und gezielt auszubremsen, was aber jetzt mit dieser Kürzung passiert. Bei den Schulen in freier Trägerschaft handelt es sich nicht um eine Privatveranstaltung von reichen Eltern, die ihre Kinder in Eliteinstituten fernab vom gemeinen Volk beschulen lassen wollen. Im Gegenteil: Die Schulen in freier Trägerschaft zeichnen sich in vielen Fällen durch ein überdurchschnittlich hohes Maß an ehrenamtlichem und sozialem Engagement aus. Sie werden von Kindern aus allen Bevölkerungsschichten und aus allen Stadtteilen besucht und nehmen zum Teil gezielt auch jene Kinder auf, die in der staatlichen Schule durch alle Raster fallen. Aus diesem Grund sollte dieser Antrag sehr bald im zuständigen Fachausschuss abschließend beraten werden und schon vor dem Schulgesetz, auf das wir vermutlich weitere zwei Jahre warten werden, umgesetzt werden, damit wir mehr Schulen in freier Trägerschaft bekommen und dieses ehrenamtliche Engagement von Eltern nicht bestraft wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages an den Schulausschuss sowie an den Hauptausschuss. Hierzu verweise ich noch einmal auf meine Eingangsbemerkung: Es handelt sich jetzt um den Ersetzungs- bzw. Änderungsantrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 15/362-1. – Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir dies so überwiesen.

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsidentin Michels

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6, Drucksache 15/336:

Wahl von zwei Personen zur Vertretung der Interessen von Frauen und der Umweltbelange – sowie deren Stellvertreter/innen – zu Mitgliedern des Kuratoriums der Technischen Universität Berlin

Wir kommen zur einfachen Wahl durch Handaufheben. Die Kandidaten entnehmen Sie bitte der Anlage der Drucksache, die Sie bereits erhalten haben. Wer die dort genannten Damen und Herren zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit sind die Genannten einstimmig gewählt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7, Drucksache 15/242:

Große Anfrage der Fraktion der CDU über Experten in der Konzeptkommission für die Universitätsmedizin

Die Große Anfrage wurde in der Sitzung vom 7. März bereits einmal vertagt. Eine schriftliche Beantwortung liegt Ihnen dankenswerterweise seit diesem Tag bereits vor. – Zur zusätzlichen mündlichen Beantwortung hat Herr Senator Dr. Flierl das Wort. – Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 12. Februar 2002 hat der Senat die Einrichtung einer Expertenkommission „Strukturreform in der Berliner Hochschulmedizin“ beschlossen. Darauf hatten sich beim Regierenden Bürgermeister auf Vorschlag des Senators für Wissenschaft, Forschung und Kultur die Vertreter der Freien Universität und der Humboldt-Universität zu Berlin sowie der Vorsitzende des Wissenschaftsrates verständigt. Die Berufung dieser Expertenkommission ist zweifellos ein politischer Erfolg des Senats, denn sie weist einen Weg, wie dieser Senat mit den haushaltspolitischen Zwängen umzugehen gedenkt, die wir im Übrigen nicht verschuldet, sondern als Erblast übernommen haben. Wir stellen uns der Realität des Berliner Haushalts, und wir setzen alles daran, innerhalb dieses Rahmens die bestmögliche Alternative für eine starke und zukunftsfähige Hochschulmedizin in Berlin zu finden.

Die Kommission besteht aus fünf ausgewiesenen, unabhängigen Experten, die auf Vorschlag des Wissenschaftsrates berufen wurden. Ihre Aufgabe ist es, ein übergreifendes und mittelfristig umsetzbares Gesamtkonzept für die Universitätsmedizin in Berlin zu erarbeiten. Der Senat hält dabei an seiner Vorgabe fest, nach Auslaufen der Hochschulverträge ab 2006 die Landeszuschüsse für die Universitätsmedizin um ca. 98 Millionen $ abzusenken. Dabei werden die schon nach den Hochschulverträgen vorgesehenen Kürzungen berücksichtigt. Um diese Einsparung zu erreichen, soll die Kommission neben der Schließung der Medizinischen Fakultät der Freien Universität gleichrangig Alternativen prüfen. Die Kommission wird die von den Universitäten einzubringenden Strukturvorschläge in ihre Beratungen einbeziehen.

Ergebnisse werden im Juni dieses Jahres erwartet. Die Empfehlungen der Expertenkommission werden dann vom Wissenschaftsrat begutachtet und sollen in das folgende Gesetzgebungsverfahren hier im Abgeordnetenhaus im Herbst mit Festlegungen zur künftigen Struktur der Berliner Hochschulmedizin eingebracht werden.

Dies alles hat der Senat am 21. Februar bekannt gegeben. Ich verstehe, dass die Opposition Regierungshandeln kritisch hinterfragt – das ist ihre Aufgabe –, und ich kann auch verstehen, wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU, diesem Senat Erfolge abspenstig machen wollen oder vielleicht missgönnen.

Ich habe aber kein Verständnis dafür, wenn dabei die Mitglieder der Expertenkommission durch unqualifizierte Angriffe, die sich auch in Fragen kleiden können, Fragen, die sich gegen ihre Kompetenz richten, herabgewürdigt werden, und ich verbitte mir seitens des Senats diese Herabwürdigung in aller Form.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Ganz offensichtlich ist es nötig, Ihnen die Stellung und Funktion des Wissenschaftsrats in der deutschen Hochschullandschaft in Erinnerung zu rufen: Der Wissenschaftsrat ist das höchste bundesweit anerkannte Gremium der Wissenschaft, das im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau von Bund und Ländern die Struktur und sämtliche größeren Investitionsprojekte aller Hochschulen begutachtet und zur Realisierung empfiehlt. Er hat sich durch eine jahrzehntelange Arbeit hohe Kompetenz und bundesweite Anerkennung erworben. Ich bin daher höchst zufrieden, dass es gelungen ist, dass der Wissenschaftsrat für diese schwierige Aufgabe in Berlin gewonnen werden konnte.