Zweitens: Falls die Pauschale nicht ausreicht und die Kommu ne die Spitzabrechnung, also die 1:1-Erstattung der Kosten, be antragt, soll auf Grundlage der bis zur Abschaffung der Stra ßenbaubeiträge gültigen kommunalen Satzung die Abrechnung erfolgen. Damit wird auch hier die Abrechnungsmodalität zwi schen Land und Kommunen noch einmal klargestellt.
Drittens: Der Städte- und Gemeindebund fürchtete, dass die freiwillige Übernahme von Straßenbaukosten durch Anwohne rinnen und Anwohner künftig nicht mehr möglich wäre. Dieser Befürchtung sind wir nun auch mit einer Änderung am Gesetz in einer klaren Formulierung entgegengetreten, dass dies wei terhin möglich bleibt.
In den nächsten Monaten wird es also darum gehen, das Geset zeswerk in die Praxis umzusetzen. Die Kommunen werden sich umgewöhnen müssen: von der Erhebung der Straßenbau beiträge hin zur Abrechnung der Kosten mit dem Land. Wäh rend in den Kommunen wegen des Wegfalls der Bescheidung vermutlich eher Bürokratie wegfällt, wird diese beim Land na türlich neu entstehen. Deshalb haben wir auch zur heutigen Debatte noch einen Entschließungsantrag vorgelegt, der die notwendigen personellen Ressourcen im Ministerium für Infra struktur und Landesplanung vorhält.
Erstens: Ich hoffe, dass es zu einer Befriedung vor Ort kommt - eine häufig geäußerte Hoffnung - und dass künftig Gemein destraßen wirklich nur nach Prioritätensetzung der Kommunal vertretungen gebaut werden können. Den Widerstand der An liegerinnen und Anlieger gegen den Straßenausbau und den ju ristischen Streit zwischen Bürgerinnen und Bürgern und ihren Gemeinden sollte es damit künftig nicht mehr geben.
Zweitens: Ich hoffe, dass sich die verlässliche Pauschalzahlung des Landes für die Kommunen positiv auswirkt, dass mehr Pla nungssicherheit Einzug hält. Laut Berechnung der Landesre gierung werden einige Gemeinden mit der Pauschale sogar deutlich mehr Einnahmen haben, als sie bisher durch die Bei träge hatten. Ich hoffe, dass die Städte und Gemeinden dies nutzen, um den kommunalen Straßenbau voranzubringen.
Drittens: Ich hoffe, dass wir es uns alle miteinander hier in die sem Hause leisten können, nun eine weitere kommunale Ange legenheit in die Landesfinanzierung zu überführen. Der Lan deshaushalt wird durch die Abschaffung der Straßenausbaubei träge absehbar um bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr mehr be lastet werden. Da wir in den letzten Jahren starke Mehreinnah men bei der Grunderwerbsteuer hatten, lassen sich diese Kos ten jetzt auffangen. Aber das muss ja nicht so bleiben.
Wenn sich diese Hoffnungen erfüllen, haben wir mit der Ab schaffung der Straßenbaubeiträge im Land Brandenburg alles richtig gemacht. Wissen werden wir das erst in ein paar Jahren. Wir haben eine Evaluation im Jahr 2023 im Gesetz verankert. Ich bitte nun um Zustimmung zum Gesetz und dem dazugehö rigen Entschließungsantrag. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat: Die Abschaffung der Straßenbaubeiträge wird zu einer deutlichen Entlastung der Bürger Brandenburgs führen. Das ist gut so. Ich glaube, wir können das auch gut argumentieren, weil die Straßen nicht den Bürgern, sondern der öffentlichen Hand gehören.
Auch die Kommunen werden von der Abschaffung profitieren. Statt sich mit den Bürgern über die Beitragserhebung zu strei ten, erhalten sie eine verlässliche und, wie ich meine, auch kal kulierbare Zahlung durch das Land. Damit werden das beste hende, erhebliche Defizit bei den Investitionen und die Erhal tung der Gemeindestraßen in Brandenburg anders angegangen - wie ich meine, auch besser angegangen -, und wir werden ei ne bessere Infrastruktur haben. Das glaube ich schon.
Schließlich profitieren auch die Gerichte im Land Branden burg, die sich nun nicht mehr mit jahrelangen Verfahren auf
Straßenausbaubeiträge waren ungerecht, weil die kommunalen Straßen nicht nur von den Grundeigentümern, sondern auch von der Allgemeinheit genutzt werden. Straßen sind öffentliche Güter und daher mit Steuermitteln zu finanzieren.
Die Erhebung der Beiträge war auch unsozial, weil die Bürger in unterschiedlichem Umfang belastet wurden - übrigens ab hängig davon, in welcher Kommune man lebt und an welcher Straße man zufällig wohnt. Junge Familien, aber auch Senioren mit geringerem Einkommen oder geringerer Rente waren von diesen Beiträgen sehr schnell existenziell bedroht.
Der Personal- und Verwaltungsaufwand in den Kommunen für die Erhebung der Beiträge war unverhältnismäßig hoch und vielfach auch unwirtschaftlich. Hinzu kommen regelmäßig weitere Kosten für Gutachten, Rechtsberatung, Widerspruchs- und auch Klageverfahren.
Die Wohneigentumsquote in Deutschland liegt weiter unter der anderer vergleichbarer europäischer Länder. Straßenausbaubei träge haben die Grundeigentümer zusätzlich belastet und ste hen den Maßnahmen zur Förderung des Wohneigentums entge gen.
Der Gesetzentwurf ist daher ein großer Schritt in die richtige Richtung. Sowohl SPD und Linke als auch Herr Vida - das muss man an dieser Stelle sagen; er ist ja Miteinreicher - haben sich damit dem erheblichen Druck, letztlich auch der Volksini tiative gebeugt und dieses Gesetz heute so vorgelegt. Deshalb gibt es dafür auch unsere Zustimmung.
Es besteht aber meines Erachtens noch großer Handlungsbe darf; denn jeder, der glaubt, ab sofort keinen Beitragsbescheid für den Bau seiner Straße mehr zu bekommen, irrt. Dem wird nicht so sein. Wir waren die einzige Fraktion, die das Thema Erschließung überhaupt noch einmal in das Gesetzgebungsver fahren einbezogen hat. Warum?
Weil man bei Straßen, die wir heute als Sandpisten bezeichnen, wenn sie erstmalig gebaut und ausgebaut werden, weiterhin ei nen nicht unerheblichen Anteil, nämlich in der Regel 90 %, selbst zahlen muss. Das hätten wir in diesem Kontext lösen müssen; denn die Menschen werden ernüchtert sein, sie wer den überrascht sein. Den Leuten vor Ort ist es ziemlich egal, ob wir zwischen KAG und Erschließungsrecht unterscheiden. Aber die Möglichkeit hätte bestanden, hier die Dinge gleich mit zu regeln. Das hätten die drei Einreicher einbeziehen müs sen. Wir haben den Vorschlag gemacht, dass alle Straßen, die am 3. Oktober 1990 schon als Straßen gewidmet waren und tatsächlich zur Erschließung des Ortes genutzt wurden, auch beitragsfrei gestellt werden.
Ich glaube, dass wir mit den vielen Dingen, um die wir uns hier an diesem Ort bezüglich der Straßen Gedanken gemacht ha ben, nun einen Schritt gehen, der mit anderen Bundesländern zusammen jetzt Neuland ist, der sich aber - da bin ich mir ganz sicher - in einer besseren Infrastruktur des Landes auswirken wird - auch der ländlichen Räume, wo das oftmals nicht mehr
möglich war, wenn man versucht hat, das dann im Einverneh men mit allen zu lösen. Das war nie möglich.
Ich möchte noch auf die Entschließungsanträge zurückkom men, vor allem auf das Thema Personal - Herr Lüttmann ist darauf eingegangen. Das findet unsere Zustimmung; denn na türlich brauchen wir Mitarbeiter in den Verwaltungen, insbe sondere im MIL, die sich mit diesen Themen beschäftigen, die das abwickeln. Ich denke, dass die 17 Stellen, die dafür vorge sehen sind, durchaus ausreichend sind. Auch das wird ja evalu iert. Aber die Finanzierung durch Personalverstärkungsmittel - so sagen es mir meine Haushälter - ist schlichtweg nicht mög lich; denn diese Mittel werden bereits vollständig durch die Besoldungsanpassung für Beamte - das steht ja heute auch noch auf der Tagesordnung - aufgebraucht.
Ihr Entschließungsantrag zu dem Härtefallfonds, Herr Vida: Es sind 30 Millionen Euro, die Sie da einmalig zur Verfügung stellen wollen. Was machen wir, wenn es 40 Millionen Euro werden? Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Zur Be wertungsmatrix für Härtefälle: Wie soll das aussehen, wenn der Betrag gedeckelt ist? Das scheint mit einer Zahl von 30 Millionen Euro ziemlich aus der Hüfte geschossen zu sein. Was wir mit den 30 Millionen Euro hätten regeln sollen, sind die Erschließungsbeiträge. Dann hätte ich ein besseres Gefühl gehabt, dass wir das ordentlicher und vor allem nachvollzieh barer für die Bürger gestaltet hätten.
Insofern freue ich mich auf dieses Gesetz. Wir werden zustim men. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg für die Frak tion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor einem Jahr haben wir in diesem Saal über den Umgang mit Straßenaus baubeiträgen diskutiert. Wir haben einen Beschluss gefasst, mit dem wir die Landesregierung beauftragt haben, bundesweite Vergleiche anzustellen und Vorschläge für eine bürgerfreundli che Ausgestaltung der Straßenausbaubeiträge zu machen. Ich erinnere noch einmal daran, weil es zu diesem Zeitpunkt noch keine Volksinitiative gegeben hat.
Die Koalition hat sich mit dem Thema beschäftigt und diesen Vorschlag gemacht, um eine bürgerfreundliche Lösung im Land Brandenburg zu erreichen. Ich hätte es vor einem Jahr nicht für möglich gehalten, dass wir im Juni 2019 die Abschaf fung der Straßenausbaubeiträge beschließen.
Insofern wagt das Land Brandenburg mit dem vorliegenden Gesetz einen mutigen Schritt, der nicht alternativlos ist, wie entsprechende Diskussionen in anderen Bundesländern zeigen. Nach einer Grundsatzentscheidung der Koalitionsfraktionen im Februar zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge haben wir ein klares Konzept entwickelt und in einer Rekordzeit von nicht einmal einem halben Jahr umgesetzt.
Dabei hat die Volksinitiative - das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich betonen - , die in kurzer Zeit ein Rekordergebnis erreichte, eine große Rolle gespielt. Sie hat die Entwicklung wesentlich beeinflusst. Wir haben zügig, aber überlegt agiert, da die Erfahrungen aus anderen Bundesländern genutzt werden konnten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns für ein bürger freundliches Herangehen entschieden, trotz aller Bedenken von Experten. Wir schaffen die Straßenausbaubeiträge ab und sichern den notwendigen finanziellen Ausgleich für die Kom munen. Das vorliegende Konzept ist ambitioniert, aber es ist auch überschaubar und realisierbar. Es wird von den kommu nalen Spitzenverbänden grundsätzlich mitgetragen.
Allerdings hat die Anhörung im Innenausschuss auch gezeigt, dass eher die Beibehaltung von Straßenausbaubeiträgen als ju ristisch weit ausgeurteilte und kalkulierbare Finanzierungs quelle für den gemeindlichen Straßenbau gewünscht wird.
Wir wissen, dass mit unserem Vorschlag, mit unserem Be schluss nicht alle Wünsche erfüllt werden. Das zeigt die Ausei nandersetzung um den Stichtag für die Abschaffung dieser Bei träge. Wir haben mit dem 01.01.2019 ein Datum gewählt, das mit dem Diskussionsprozess in Brandenburg gut zu vereinba ren ist. Eine verlängerte Rückwirkung - etwa um ein Jahr - würde zu erheblichen Mehrbelastungen für den Landeshaus halt führen, zugleich aber gespürte Ungerechtigkeiten nicht verhindern. Mit dem Gesetz beabsichtigen wir eine Regelung, die in die Zukunft gerichtet ist - das kann man hier auch aus drücklich so betonen.
Wir haben im Innenausschuss noch einige Änderungen vorge legt, die heute mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses zur Abstimmung stehen. Sie beziehen sich auf die Verzinsungs regelung bei Rückzahlungen, die nicht - wie das Gesetz insge samt - rückwirkend, sondern mit Beschluss des Gesetzes, mit seiner Veröffentlichung in Kraft treten soll. Wir wollen eine flexible Regelung zur Länge der Gemeindestraßen, die jährlich aktualisiert werden soll. In einer weiteren Änderung stellen wir klar, dass es auch künftig möglich ist, auf freiwilliger Grundla ge den Ausbau von Straßen mit Beiträgen zu finanzieren.
Meine Damen und Herren, der Erfolg der Umsetzung dieses Gesetzes hängt wesentlich von der Verordnung ab, die die Lan desregierung noch erarbeiten muss. Darin sollen die Details der Erfassung der Gemeindestraßen, der Festlegung der Pauschale, der Prüfung besonderer Aufwendungen beim Straßenausbau und auch der Rückzahlung von Beiträgen für noch laufende Straßenbaumaßnahmen geregelt werden. Das ist keine einfache Aufgabe, die hier noch ansteht, aber die Bauministerin hat im Innenausschuss erklärt, dass die Verordnung im September vorliegen wird. Das muss auch so sein, damit die Auszahlung der ersten Pauschale an die Gemeinden - wie zugesagt - noch in diesem Jahr erfolgen kann. Ich verweise auch auf den Ent schließungsantrag der Koalitionsfraktionen, mit dem die Um setzung der neuen Regelung personell abgesichert wird. Wir richten damit 17 neue Planstellen ein, die im Geschäftsbereich des MIL angesiedelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu den Erschließungsbeiträgen. Die CDU konnte der Verlockung nicht widerstehen und fordert mit ihrem Ände rungsantrag, dass auch gleich noch die Erschließungsbeiträge
in Landesrecht überführt und faktisch abgeschafft werden. Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass die Länder Bayern und Baden-Württemberg die Erschlie ßungsbeiträge zwar in Landesrecht überführt haben, aber die ses Landesrecht inhaltlich weiter auf die entsprechenden Rege lungen des Baugesetzbuches stützen. Das heißt, dass dort nach wie vor Erschließungsbeiträge erhoben werden. Ich erinnere auch an die kommunalen Spitzenverbände, die entschieden für die Beibehaltung der Erschließungsbeiträge geworben haben, insbesondere der Städte- und Gemeindebund hat das getan.
Ich komme zum Schluss. Ob wir uns im Land Brandenburg entscheiden, auch die Erschließungsbeiträge abzuschaffen, sollte deshalb künftigen Prüfungen vorbehalten sein. Nicht zu letzt aus diesem Grund wird das gesamte Verfahren bis 2023 evaluiert. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her ren! Liebe Gäste! Die heute zu beschließende Abschaffung der Straßenausbaubeiträge war auch in dieser Legislaturperiode Gegenstand diverser Plenardebatten. Bis zur Volksinitiative hat sich Rot-Rot da weggeduckt und nichts unternommen. Wir als AfD haben seit 2014 schon mehrfach, sowohl in unserem Wahlprogramm als auch hier im Plenum, die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gefordert,
Die SPD hat seit fast 30 Jahren Regierungsverantwortung und als Partei damit auch diese Zwangsabgabe für die Bürger zu vertreten. Es ist begrüßenswert, dass es die Volksinitiative - der unser uneingeschränkter Dank gilt - geschafft hat, mit einem Mittel der direkten Demokratie die Regierungsparteien so zu beeinflussen, dass sie endlich den Weg zur Abschaffung gegan gen sind. Wie gesagt: Der Volksinitiative gilt unser ausdrückli cher Dank.