Das Zweite - sehen Sie es mir nach -: Die vorletzte Plenarsit zung ist, glaube ich, der falsche Zeitpunkt, über eine Bundesra tsinitiative nachzudenken. Das müssen wir in der nächsten Runde in Angriff nehmen. - Danke schön.
Vielen Dank. - Ich beende die Aussprache. Damit ist der Be richt der Landesregierung zur Kenntnis genommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Denkmäler sind Zeugnisse der Entwicklung unserer Kultur und unserer Geschichte. Sie sind ein verbindendes Element zwischen Vergangenheit und Gegenwart, und sie dienen der Selbstvergewisserung einer Gesellschaft - kurzum: Sie sind identitätsstiftend. Weil das so ist, findet sich die wichtige Auf gabe des Denkmalschutzes auch als Staatsaufgabe in der brandenburgischen Landesverfassung wieder. Dort steht in Artikel 34 folgender Satz:
„Kunstwerke und Denkmale der Kultur stehen unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeinde verbände.“
Wir würden keinen Antrag zum Denkmalschutz einreichen, wenn die Landesregierung dieser Staatsaufgabe mit Verfas sungsrang vollumfänglich nachkäme. Wenn wir uns in Bran denburg umschauen, sehen wir vielerorts den Verfall von be deutendem Kulturgut. Denken Sie an das über dreieinhalbtau send Jahre alte Bodendenkmal in Schmölln. Wenn Sie sich erinnern: Diese Kult- und Begräbnisstätte wurde vom Landes denkmalamt als überregional bedeutend und einmalig in seiner Bedeutung für Brandenburg bezeichnet. Das half alles nichts, das wissen Sie so gut wie ich - auch weil unserem Antrag auf Rettung der Überreste des Bodendenkmals nicht entsprochen wurde. Es fand sein klägliches Ende in einer Kiesgrube.
Nun haben wir einen weiteren Fall, bei dem ein Stück branden burgische Geschichte sehenden Auges verfallen gelassen wird. Das Gut Gentzrode bei Neuruppin ist zwar keine dreieinhalb tausend Jahre alt, wird aber schon in Fontanes „Wanderung durch die Mark Brandenburg“ als bedeutsamer Teil der Kultur geschichte Brandenburgs beschrieben, dies gerade wegen sei ner Architektur im Stil des orientalischen Historismus. Damit sowie mit seiner Geschichte und der großzügigen Anlage kann das Gut Gentzrode als einer der außergewöhnlichsten Gutshöfe in Brandenburg gelten.
In unserem Antrag fordern wir eine Frist von zwei Monaten, innerhalb derer das Gut gesichert werden sollte. Dies fordern wir nicht ohne Grund, denn wir beziehen uns auf einen Bericht des Landeskonservators Dr. Drachenberg. Im Denkmalreport 2015/16 hat das Landesdenkmalamt eindeutig festgehalten, in welch miserablem Zustand sich das Gut Gentzrode befindet. Schon damals wurde unverzügliches Handeln angemahnt.
Das Tragische an der ganzen Angelegenheit ist, dass das Gut bei Übergabe der baulichen Anlagen durch die Sowjetarmee
1993 in einem Zustand war, der deutlich weniger Sanierungen bedurft hätte. Heute dagegen gilt ein Teil der Gebäudeanlage nach Einschätzung von Fachleuten als Totalverlust. Seit den 90ern gab es große Pläne mit dem Gut Gentzrode, aus denen nie etwas wurde. Stattdessen wurde es von seinen wechselnden Eigentümern verfallen gelassen. 2018 sprach der Bürgermeis ter von Neuruppin, auf den baulichen Zustand angesprochen, von einem Point of no Return, der erreicht worden sei.
Diese Fakten sollten uns bewegen, rasch zu handeln. Die Diagnose der landeseigenen Experten, der gesetzliche Rang des Denkmalschutzes und die Geschichte des Gutes sprechen für das sofortige Handeln der Landesregierung in der Causa Gut Gentzrode.
Zur Geschichte noch eines: Das Gut ist nicht nur aufgrund sei ner einzigartigen Architektur, sondern auch durch seine spätere Nutzung Teil unserer Geschichte. Ab den 1950ern wurde es von der sowjetischen Besatzungsarmee genutzt und ist dadurch auch Teil der Geschichte der DDR, die wir nicht ausradieren dürfen und wollen. Deswegen: Lassen Sie uns unsere Gesetze anwenden und die wohl letzte Gelegenheit ergreifen, die es zur Rettung des Gutes gibt. - Vielen Dank.
Werter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Ich finde, man muss schon ganz schön suchen, um in Brandenburg etwas zu finden, was so verfallen ist. Ganz im Gegenteil: Die Denkmalpflege funktioniert bei uns hervorragend.
Stellen Sie sich vor, Sie haben im Tempelgarten Neuruppin eine Abendveranstaltung, und am nächsten Morgen fahren Sie mit dem Kremser nach nebenan in das Gut Gentzrode - man muss ja noch ein paar Ideen für die Zeit nach dem Fontanejahr haben. Der Tempelgarten und das Gut Gentzrode gehören zu sammen, beides maurisch-orientalischer Historismus von 1876/77. Die Entwürfe für das Gut schufen Heino Schmieden und Martin Gropius, ein Großonkel des Bauhausgründers.
Es ist aber nicht so einfach mit dem Gut Gentzrode, deswegen muss man ein bisschen in die Geschichte blicken: 1934 kam das Gelände in den Besitz der Wehrmacht und wurde als Schießplatz und Munitionslager genutzt. 1945 übernahm es die Rote Armee, bis zum Sommer Ende 91 waren hier Soldaten der Roten Armee stationiert. Die Rote Armee fügte dem histori schen Gelände diverse Gebäude hinzu. Zwischen den Häusern entstanden ein Kino, zwei Plattenbauten, zwei Kasernen, ein Heizhaus, eine Kindertagesstätte, eine Sauna und ein riesiger Lebensmittelladen. Unzählige neue Konzepte gab es, bis hin zu einem atemberaubenden, in Mitteleuropa einzigartigen
Seit 1990 hat der Eigentümer des Gutes mehrfach gewechselt. Der jetzige Eigentümer beauftragte 2010 ein Architekturbüro
mit der Schadenserfassung und der Vorbereitung auf Siche rungsmaßnahmen am Gutshaus und am Kornspeicher. In Ab stimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde wurde auf wendig restauriert und eine Befunddokumentation erarbeitet. Nach Abschluss der Planungen erfolgte die Sicherung des Gutshauses: die Entfernung der maroden Wellasbestdächer und die Erstellung einer temporären neuen Dacheindeckung, Siche rung der Fensteröffnungen, Einbau einer verschließbaren Bau tür. Allerdings legt der Eigentümer notwendige Planungs grundlagen nicht oder nur zögerlich vor.
Verschiedene Projektentwicklungsbüros haben Vorschläge un terbreitet, viele Gespräche gab es zwischen MWFK, unterer Denkmalschutzbehörde und der Stadt Neuruppin. Es muss etwas passieren, es muss auch schnell etwas passieren - da sind wir uns ganz bestimmt einig. Aber die Maßnahmen, die die AfD-Fraktion vorschlägt, halte ich nicht für geeignet.
Das Gut Gentzrode kann genauso schön werden wie der Tem pelgarten in Neuruppin. Insofern: Werbung für Gentzrode und Unterstützung all der engagierten Menschen, die bereits an die sem Projekt arbeiten!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es sehr kurz. So viel vorab: Sowohl aus formalen als auch inhalt lichen Gründen werden wir den Antrag der AfD-Fraktion ab lehnen.
Ich beginne mit dem Inhalt, auch wenn Juristen dazu neigen - allerdings bin ich keiner, deswegen darf ich es andersherum machen -, mit dem formalen Teil zu beginnen und sich, wenn schon das Formale scheitert, gar nicht erst der Mühsal auszu setzen, ins Materielle einzusteigen. Kollegin Liedtke hat die Bedeutung dieses Objektes sowohl für den Landkreis Ostprig nitz-Ruppin als auch darüber hinaus wunderbar vorgetragen. Darauf brauche ich aber gar nicht einzugehen. Auch zum Lite rarischen und der Erwähnung bei Fontane braucht man nicht mehr viel zu sagen.
Ja, Sie haben vollkommen recht: Im Denkmalreport 2015/16 wird auf die akute Bedrohung des Guts Gentzrode hingewie sen. Aber in diesem Fall - meine Fraktion ist immer dabei, wenn es darum geht, deutlich zu benennen, wenn etwas schief gelaufen ist - muss man ganz deutlich sagen, dass nicht das Be hördenhandeln mangelhaft war, sondern die Besitzverhältnisse dieses Objektes sind äußerst schwierig. Inzwischen sind die Verhältnisse geklärt, auch auf der richtigen, der passenden Ebene, nämlich der unteren Denkmalschutzbehörde, die auch die Gespräche mit dem jeweiligen Eigentümer führt.
Jetzt komme ich zum formalen Teil: Wir sitzen im Landtag Brandenburg und nicht im Kreistag Ostprignitz-Ruppin, und nicht einmal der wäre dafür zuständig, denn das Brandenbur gische Denkmalschutzgesetz weist diese Aufgabe der unteren
Denkmalschutzbehörde den Landkreisen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung zu. Das fällt in die einzige Organkom petenz des jeweiligen Landrats. Da würde auch der Landkreis Ostprignitz-Ruppin nichts ausrichten können. Die Kollegin Nonnemacher hatte das einmal an einem anderen Punkt deut lich gemacht, was das Thema Gewaltenteilung angeht, und zwar bezüglich Volksentscheiden auf Bundesebene. Dies hier ist das Gleiche in Grün: Es ist schlicht und einfach so, dass der Landtag hier einen Rahmen für Denkmalschutzgesetzgebung setzt und sich nicht mit Einzelfällen befasst. Dafür gibt es näm lich laut der wunderbaren Verfassung unseres Landes Branden burg die Verwaltung, die sich dann entsprechend damit befasst. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Es wäre übrigens ein einmaliger Akt, wenn wir die Ministerin anwiesen, eine Weisung zu erlassen; das ist schon rechtlich nicht möglich. Wir hatten das Thema vorhin bei den Charter booten - von daher bin ich sehr froh über diesen Vergleich -, da gab es auch in meiner Fraktion einen konkreten Einzelfall. Den haben wir hier auch, aber dort haben wir die Notwendigkeit gesehen, eine Gesetzesänderung - das ist unsere Aufgabe - vor zuschlagen. Das machen Sie ja noch nicht einmal.
Daher zum Schluss ein Tipp - wir wissen ja alle, wer Ihnen bei diesem Antrag die Feder geführt hat -: Man muss nicht alle Zu schriften, die man erhält, eins zu eins als Antrag in den Landtag einbringen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abge ordneten! Ich mache jetzt etwas, was ich in 19 Jahren Parla mentsarbeit nicht getan habe - ich sage: Es ist schon alles ge sagt worden, nur noch nicht von mir. - Wir lehnen diesen Antrag selbstverständlich ab. Wir sollten niemals der Ver suchung erliegen, einem von uns bevorzugten Projekt per Landtagsbeschluss auf die Beine zu helfen. Das geht nicht.
Auch wir werden den Antrag ablehnen, und zwar nicht etwa, weil es uns nicht behagen würde, dieses Denkmal zu retten, sondern weil der Antrag uns aus technisch-formalen Gründen widerstrebt.