Protocol of the Session on April 10, 2019

(Genilke [CDU]: Wikipedia!)

Der eine hat den Faustkeil produziert, der andere hat damit ein Fell gegerbt, das dann gewärmt hat.

(Frau Schade [AfD]: Aber nur, wenn sie Feuer hatten!)

Wenn man damit aber einander die Köpfe einschlug, funktio nierte das plötzlich nicht mehr. Ich benutze dieses Beispiel, um

Sie darauf aufmerksam zu machen, dass dieses Grundprinzip, dass Handel auf ein friedliches Miteinander abzielt, das grund legende Prinzip des europäischen Friedensprojektes ist. Ich bin der Meinung, dass, wenn wir eine Aktuelle Stunde zum Thema Wirtschaft machen, dann als Allererstes ein Bekenntnis zu die sem Europa, zu dieser Europäischen Union dazugehört. Sie be schert uns seit 70 Jahren - in den 50er-Jahren ist die EWG ge gründet worden - Frieden sowie Wohlstand, wie wir ihn in die ser Region noch nie hatten.

(Beifall SPD, CDU und DIE LINKE sowie des fraktions losen Abgeordneten Hein)

Auch nicht vergessen sollte man, dass Brandenburg auf dieser Welt nicht allein ist.

(Genilke [CDU]: Aha!)

Es kann sich wirtschaftlich in diesem System auch nicht selbst genug sein. Vielmehr leben und handeln wir in einem globali sierten Gesamtnetzwerk. Das hat zur Folge, dass globale Wirt schaftsentwicklungen Wechselwirkungen auf viele Bereiche der Brandenburger Wirtschaft haben. Wir leben in einer Zeit, in der zum Beispiel das chinesische Großprojekt „Neue Seiden straße“ nicht nur optimierte Transportmöglichkeiten für euro päische und damit auch für Brandenburger Güter nach Asien bietet; mit diesem Projekt ist auch ein staatlich gesteuertes Wirtschaftssystem sozusagen direkt an unsere Grenze gerückt und stellt unser Prinzip der sozialen Marktwirtschaft auf eine harte Probe.

(Zuruf der Abgeordneten Schade [AfD])

Denn die staatliche Steuerung macht sich unter anderem in staatlichen Preissubventionen bemerkbar. Diese Preisstruktu ren unterlaufen die Preisstrukturen für unsere Unternehmen. Damit hat das, was hier passiert, eine direkte Wirkung auf die Brandenburger Wirtschaft. Wenn man schädigende Wirkungen verhindern will, bedarf es einer Wirtschaftspolitik, die von der europäischen Ebene aus betrieben wird, eines geschlossen agierenden Europas, das die Spielregeln mit einem völlig ande ren Wirtschaftssystem vernünftig - auf Augenhöhe - aushandelt und unsere Wirtschaft beschützt.

(Beifall SPD sowie der Abgeordneten Vogel [B90/GRÜ NE], Domres und Christoffers [DIE LINKE])

Die USA, angeführt von Präsident Donald Trump, halten sich im Handelskrieg mit China bewusst nicht an die Spielregeln der Welthandelsorganisation, der WTO. Aber genau diese Spielregeln garantieren einen geregelten Handel. Sind diese Spielregeln nichts mehr wert, bekommen das auch unsere Fir men in Brandenburg zu spüren. Auch in diesem Fall kann Brandenburg das Problem nicht allein lösen; wir brauchen ein geschlossen agierendes, starkes Europa als Antwort darauf.

(Beifall SPD sowie des Abgeordneten Bretz [CDU])

Wenden wir uns nach der Verdeutlichung der wirtschaftlichen Großwetterlage nun konkret der Brandenburger Wirtschaft zu: Ja, die Brandenburger Wirtschaft steht so gut da wie nie zuvor. Die Zahlen zum Wachstum haben Sie mehrfach gehört; ich wiederhole sie nicht. Was ich traurig finde, ist, dass wir dieses Ergebnis so darstellen, als wäre es uns nicht genug. Wie sollen

wir den Handelskammern heute Abend eine ordentliche Wür digung für das zuteilwerden lassen, was sie an Arbeit leisten sowie an Bruttoinlandsprodukt und Steuern erwirtschaften, wenn wir hier mit unserer Kritik den Eindruck erwecken, uns wäre all das nicht gut genug, und es wieder negativ darstellen?

(Beifall SPD)

Das ist natürlich nicht vorrangig ein Erfolg der Politik,

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU] - Frau Schade [AfD]: Da kommen wir der Sache schon näher!)

sondern aller im Handwerk, in der Industrie und in anderen Gewerken Tätigen - zum Beispiel auch im Tourismus. Ihnen gilt es an dieser Stelle öffentlich Dank zu sagen. Sie erwirt schaften die Steuern, die uns als Gesellschaft heute in diesem Sozialstaat leben lassen, wie wir es jeden Tag erleben.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Bernig [DIE LINKE])

Aber einen Anteil hat die Politik auch daran. Sie hat mit der Förderung Rahmenbedingungen bereitgestellt, die eine Viel zahl von getätigten Investitionen erst ermöglicht haben. Diese Investitionen waren ihrerseits die Voraussetzung für den ge schilderten Erfolg. Er ist mit der niedrigsten Arbeitslosenquote in Brandenburg seit der Wiedervereinigung einhergegangen. Auch das hätte sich vor einigen Jahren niemand vorherzusagen getraut.

Wie sieht nun der Blick in die Zukunft aus? Lassen Sie uns dazu zunächst noch einmal die Struktur der Brandenburger Wirtschaft vor Augen führen. Es gibt in Brandenburg ca. 38 000 Handwerksbetriebe, eine noch größere Zahl an kleine ren Mittelstandsbetrieben und eine vergleichsweise kleine Zahl an größeren Mittelständlern sowie wenige Betriebsstätten von DAX-notierten Unternehmen. Während die Handwerksbetrie be und kleineren Unternehmen sich einer vergleichsweise sta bilen Binnenmarktsituation gegenübersehen, stehen die größe ren vor den vorhin geschilderten globalen Herausforderungen. Aber allen gemein ist die Herausforderung, ausreichend Fach kräfte zu gewinnen. Alle demografischen Prognosen für Bran denburg machen deutlich: Der Fachkräftebedarf wird ohne Zu zug - sei es national oder international - nicht zu decken sein.

(Frau Schade [AfD]: Peinlich!)

Wir müssen - unterstützt von entsprechenden Kampagnen - junge Menschen davon überzeugen, dass bei uns in Branden burg die beste Balance zwischen Arbeits- und Lebensqualität zu erreichen ist. Das muss Menschen überzeugen, zu uns zu kommen.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE und B90/ GRÜNE)

Wir brauchen dazu gesetzliche Rahmenbedingungen wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz inklusive der Spurwechselmög lichkeit für bereits hier lebende Flüchtlinge.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und DIE LINKE)

Je größer die Reichweite für den Verkauf der Dienstleistung oder des Produktes, desto größer wird der Preiskampf auf dem

Markt. In diesem Bereich spielen Digitalisierung, Automatisie rung und künstliche Intelligenz eine entscheidende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit. Diese technischen Systeme hängen ihrerseits vom Transport enormer Datenmengen innerhalb kür zester Zeit ab, und damit sind wir - das betone ich hier - bei der industriellen Anwendung von 5G angekommen. Wir dürfen den Anschluss an die Entwicklung nicht verlieren, sondern im Gegenteil: Wir müssen die wirtschaftliche Entwicklung zum „Vorsprung Ost“ durch die Implementierung dieser Techniken vorantreiben. Das wird die große Herausforderung für die nächste Legislaturperiode sein.

(Beifall SPD sowie des Abgeordneten Christoffers [DIE LINKE])

Um unsere Unternehmen in Brandenburg darin zu unterstüt zen, für diese Entwicklung fit zu sein, muss die Förderpolitik auch in der kommenden Legislaturperiode weiterentwickelt werden. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass die europäi sche Strukturförderung aufgrund verschiedener Faktoren in den nächsten Jahren deutlich niedriger ausfallen wird. Ein Grund - in Klammern - ist übrigens die gute wirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg. Ein Ausgleich ist über andere eu ropäische Programme möglich, wenn man sich der Herausfor derung stellt, in entsprechenden Projekten mit Partnern in zwei oder mehr europäischen Ländern zusammenzuarbeiten. Das macht es aber auch notwendig, in den europäischen Wirt schaftsnetzwerken deutlich stärker Präsenz zu zeigen, um diese Partner zu finden.

Was bedeutet das für den Ausblick? Die Wirtschaft in Branden burg, begleitet von der Wirtschaftspolitik des Landes, darf sich keine Minute auf dem Erreichten ausruhen.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Die Wirtschaftspolitik und -förderung müssen zukünftig noch differenzierter agieren, um den teilweise sehr unterschiedli chen Anforderungen hinsichtlich Größe und Reichweite der Unternehmen gerecht zu werden. Das Fachkräftethema muss im Zentrum aller Bemühungen von Bund und Land stehen. Und schließlich: Ohne ein starkes Europa werden alle erreich ten Erfolge in Brandenburg schnell gefährdet sein. - Danke sehr.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Loehr für die Fraktion DIE LINKE.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn wir die wirtschaftliche Ent wicklung im Land weiter voranbringen wollen, brauchen wir auch ein deutlich investitions- und industriefreundlicheres Kli ma.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen den „Spiegel“-Artikel am ver gangenen Samstag gelesen hat. Da geht es unter der Über schrift „Streit in der Provinz: Endlich Handy-Empfang? Nicht mit uns!“ um den Handyempfang in Lindenau in Oberspree wald-Lausitz. Aus meiner Sicht ist es kein Einzelfall, über den

dort geschrieben wird, sondern: Windkraft, Erdöl, Erdgas, klassische oder digitale Infrastruktur - gegen jedes Vorhaben haben Sie vor Ort sofort eine Bürgerinitiative. LDS, OSL, LOS, Spree-Neiße, Uckermark - ich könnte diese Liste fortset zen, und ich könnte Ihnen aus nahezu jedem Landkreis Bei spiele nennen. Ich empfehle Ihnen das Buch „Neinsagerland“ von Rainer Knauber; es hat nach meinem Dafürhalten nichts an Aktualität verloren.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Und welche Rolle spielt die Politik? Sie ist sehr oft geneigt, dem tatsächlichen oder vermeintlichen Bürgerwillen nachzu geben. Im Kern verstecken sich dahinter aber Einzelinteressen, und da kann ich keine Partei ausnehmen, auch die meine nicht. So werden wir weder die Energiewende meistern noch die di gitale Infrastruktur in die Fläche des Landes bringen. Letztere ist aber die Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnis se im gesamten Land. Politik hat die Aufgabe, die Gesamtinte ressen eines Landes zu vertreten und nicht Einzelinteressen. Und wenn wir die Energiewende wollen, wenn wir unabhängi ger werden wollen von Rohstoffen aus dem Ausland, wenn die Digitalisierung gelingen soll, wird das nicht spurlos und kon fliktfrei an der Bevölkerung vorübergehen. So ehrlich müssen wir alle sein, nicht nur im Parlament, sondern vor allem im Wahlkreis. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort erhält noch einmal die SPD-Fraktion. Zu uns spricht der Abgeordnete Bischoff.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Ab geordneten! Ein sehr bekannter Politiker hat einmal sehr tref fend beschrieben, worauf es eigentlich ankommt: Wirtschaft braucht ein gesundes Klima, Einsatzfreude, Risikobereitschaft und nicht zuletzt Solidarität. - Mit dem gesunden Klima meinte er damals wohl gute Rahmenbedingungen und allgemein auch Optimismus. Für das Erste sorgt, wie ich fest überzeugt bin, die Landesregierung, und die positive Stimmung lassen wir uns, lassen sich auch die Menschen - nicht nur wir hier im Par lament - zum Glück weder von der CDU noch von der AfD verderben.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Für Einsatzfreude sind alle zuständig: die Beschäftigten genau so wie die Unternehmerinnen und Unternehmer, die natürlich auch Risiken nicht scheuen dürfen. Damit das Ganze aber funktioniert, braucht es noch etwas anderes: Es braucht auch Solidarität. Das hat Ludwig Erhard damals schon richtig er kannt. Wenn der Vater der sozialen Marktwirtschaft den Wert der Solidarität unterstreicht, dann gilt das heute umso mehr. Ei ne erfolgreiche Wirtschaft braucht gut ausgebildete, einsatz freudige und engagierte Menschen, die auch anständig bezahlt und behandelt werden.

Das Land Brandenburg unter sozialdemokratischer Verantwor tung sieht hier eine klare Mitverantwortung, gerade weil wir uns unter den ostdeutschen Flächenländern inzwischen als

stärkster Motor für eine moderne Wirtschaft darstellen dürfen. Dieser Verantwortung sind wir bis jetzt gerecht geworden - ich will drei Punkte nennen -: erstens durch eine Wirtschaftsförde rung, die aktiv und flexibel in allen Regionen Brandenburgs vorgeht, auch und besonders in den Regionalen Wachstumsker nen - für diese Entscheidung bin ich sehr dankbar -; zweitens durch die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge in allen Teilen des Landes, sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum; drittens meine ich auch Initiativen wie den Bran denburger Vergabemindestlohn, der ein Signal für den bundes weiten Mindestlohn war.

Liebe CDU Brandenburg: Ihr letzter Wirtschaftsminister hat versucht, Investoren mit miesen Löhnen nach Brandenburg zu locken.

(Oh! bei der CDU - Frau Lieske [SPD]: So ist es!)