Protocol of the Session on December 13, 2017

Ich will kurz einmal festhalten: Wir haben in Brandenburg über 2 000 Autoren, 55 Buchverlage und 135 Buchhandlungen -

selbst in kleineren Städten gehören sie also Gott sei Dank zum öffentlichen Leben. Und trotz iPhone, iPad und all den neuen Medien lesen immer noch sehr viele - auch junge - Brandenbur gerinnen und Brandenburger gerne Bücher. Das ist gut so, und das sollten wir gemeinsam fördern - auch im Bereich der Bil dungspolitik und der Schule.

(Beifall CDU)

Sie schlagen in Ihrem Antrag einen Maßnahmenkatalog vor, wie die Förderung und Unterstützung der brandenburgischen Autorinnen und Autoren verbessert werden soll. Als Erstes ist dort aufgelistet, dass ab dem Jahr 2019 ein Literaturpreis des Landes Brandenburg ausgelobt werden soll. Das können wir als CDU-Fraktion nur begrüßen und unterstützen; das ist eine sehr gute Sache. Daher fahre ich mit den folgenden Punkten fort. Insgesamt werden wir Ihren Antrag unterstützen; aber ich möchte Ihnen noch zwei, drei Dinge sagen, wo wir gerne Er gänzungen oder Erweiterungen vornehmen würden. Deshalb ist vielleicht auch die Beratung im Fachausschuss sinnvoll.

Es soll des Weiteren darauf hingewirkt werden, dass Literatin nen und Literaten als Botschafter des Landes Brandenburg stär ker in kulturelle Veranstaltungen des Landes einbezogen wer den. Es ist eigentlich traurig, dass wir das beschließen müssen, dass unsere Landesregierung das in der Vergangenheit nicht schon längst von sich aus berücksichtigt hat.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Gemäß Punkt c sollen die bestehenden Instrumente der Litera turförderung überprüft und, wo notwendig, angepasst und durch zusätzliche Instrumente weiterentwickelt werden.

Punkt d besagt: Geprüft wird, wie die Zusammenarbeit zwi schen Schulen und öffentlichen Bibliotheken weiter verstetigt und ausgebaut werden kann. - Da hätte ich mir den Mut ge wünscht, dies einfach zu fordern und nicht nur eine Prüfung zu empfehlen. Diese Prüfaufträge - das erlebe ich immer wieder - und dass man alles im Konjunktiv formuliert, all das dient der Landesregierung dazu, sich Hintertüren offenzuhalten, um all das, was wir hier als Abgeordnete beschließen, doch nicht zu machen. Ich wünschte mir da manchmal eine etwas klarere For mulierung unserer Anträge hier im Plenum. Wir sind der Ge setzgeber und haben durchaus die Möglichkeit und das Recht, der Landesregierung Empfehlungen und Vorgaben zu machen, die verbindlich sind und nicht nur Prüfcharakter haben.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Geprüft werden soll weiterhin ein Stipendienprogramm für Nachwuchsliteratinnen und -literaten. Ich weiß nicht, warum wir das prüfen müssen. Wir sind uns, denke ich, einig, dass wir ein solches Stipendienprogramm brauchen. Daher sollten wir es beschließen, und die Landesregierung sollte es umsetzen.

Punkt f: Literarisch bedeutsame Orte sollen stärker mit dem Kulturtourismus verknüpft werden, entsprechende Projekte sol len unterstützt werden. - Das ist so allgemein formuliert erst einmal richtig, aber auch da kommt es darauf an, konkrete Punkte zu benennen, an welchen Orten und in welcher Form dieser Kulturtourismus ausgebaut werden soll.

Unter Punkt g steht: Geprüft wird, wie die im Bereich Literatur aktiven Verbände strukturell besser unterstützt werden können. -

Auch da hätte ich mir gewünscht - wir kennen unsere Verbände; ich muss sie nicht noch einmal alle auflisten; wir wissen auch, wie sie bisher im Landeshaushalt gefördert wurden -, dass man die Forderung etwas konkreter formuliert hätte, wie wir dort zu einer Verbesserung, Verstetigung und Stärkung der Unterstüt zung kommen können.

Jetzt will ich Ihnen - ich habe noch eine Minute - noch drei Punkte nennen, die uns wichtig sind und die uns bei dem Antrag aufgefallen sind, die man vielleicht auch im Ausschuss noch einmal diskutieren könnte.

Zum einen rekurrieren Sie immer sehr stark auf das Literatur festival hier in Potsdam. Das ist eine hochkarätige Veranstal tung - keine Frage. Man muss aber schon sagen, dass dort re gelmäßig Gäste wie Günter Grass und Herta Müller als Nichtbrandenburger zu hohen Kosten eingeflogen wurden bzw. werden und das mit den Brandenburger Autorinnen und Autoren eigentlich relativ wenig zu tun hat. Lokale Schriftsteller sollten dort aus unserer Sicht mehr Berücksichtigung finden.

(Beifall CDU sowie vereinzelt AfD)

Ein zweiter Punkt - ich denke, das ist in der zurückliegenden Zeit auch deutlich geworden -: Bei der Erarbeitung dieses An trags wurden nicht alle Verbände gehört; nicht alle konnten sich mit ihren Anliegen einbringen. Vielleicht nutzen wir die Gele genheit im Ausschuss, auch den Verbänden, die bisher noch nicht die Möglichkeit hatten, dazu etwas zu sagen, sie bei die sem Antrag und der künftigen Ausgestaltung unserer Förderin strumente zu berücksichtigen.

Mein letzter Punkt - meine Redezeit ist dann auch um -: Es be steht schon die Sorge, dass die echten gemeinnützigen Schrift stellervereine durch die angesprochenen Maßnahmen nicht aus reichend gefördert werden. Das Literaturkollegium hat beispielsweise einen eignen, mit ungefähr 600 Euro dotierten Literaturpreis, den es aus eigenen Mitteln vergibt. Hier könnte man als Land mit wenig Geld viel Entlastung schaffen. - Herz lichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abge ordnete Große.

Herr Präsident! Ich lese einmal ein kleines Stück aus dem Ro man „Unterleuten“ von Juli Zeh vor. Ich sage gleich: Die Figur ist eine Negativfigur; so sieht diese Negativfigur, die nach Brandenburg gekommen ist, Brandenburg.

„Schwer zu glauben, wie dünn besiedelt die Gegend war. Die Anzeichen menschlicher Zivilisation waren so selten, dass jeder Strommast auffiel. Ein paar Schilder am Stra ßenrand: Ferienwohnungen, Kleintransporte, Fußpflege, Hundetraining. Ein Sportflughafen, ein paar Kühe, Mais felder, in einiger Entfernung die Förderbänder eines Kieswerks. Nirgendwo eine Menschenseele. Hin und

wieder drängten sich am Straßenrand ein paar Häuser zu sammen, die von Ortsschildern zu Dörfern erhoben wur den. Die Namen klangen wie aus einem surrealen Film, Wassersuppe, Regenmantel, Seelenheil.“

(Heiterkeit der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

„Auf dem Dach einer Scheune thronte ein Storchennest, groß wie ein Traktorreifen. Meiler bremste für eine Katze und fuhr Schrittgeschwindigkeit hinter drei Ponys, die mit ihren jugendlichen Reiterinnen mitten auf der Straße trotteten. Ihm kam das alles wie ein Paralleluniversum vor. Ein No-man’s-Disneyland. Ein Freilichtmuseum preußischen Versagens beim Versuch der Wiederaufsied lung wüst gefallener Ländereien. Friedrich der Große würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, wie das Ergebnis seiner aufwändigen Siedlungspolitik aussah, samt Sumpftrockenlegung und Dorfneubau: drei zwölf jährige Mädchen auf Ponys in einer ansonsten völlig aus gestorbenen Landschaft.“

Damit die AfD das hier nicht wieder für sich einheimst:

(Lachen des Abgeordneten Kalbitz [AfD])

Das ist, wie gesagt, die Sicht einer Negativfigur aus einem gro ßen Gesellschaftsroman von Juli Zeh, von der ich nicht wusste, dass sie in die SPD eingetreten ist.

(Vereinzelt Beifall SPD - Heiterkeit der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Ein guter Tipp für Weihnachten: „Unterleuten“.

Dieses Stück Erde, auf dem wir hier leben, war offensichtlich zu allen Zeiten eine Inspiration für Künstler aller Genres, so auch für die des Wortes, die also das Wort als Ausdrucksmittel nutzen. Diese sind uns hier in diesem Parlament - „parlare“, reden - ganz besonders nah. Sie helfen uns, die Welt zu erken nen, auch uns selbst zu erkennen - Ulrike Liedtke hat dazu eini ges gesagt. Der Impuls zu diesem Antrag ging von ihr aus. Wir haben ihn dann gemeinsam - und übrigens nicht, wie es in der Presseerklärung stand, „geführt von der SPD“ - auf den Weg gebracht.

Danke für den Antrag. Es ist kein Antrag gegen die Digitalisie rung, aber schon einer, der sich auf die grundlegend andere Li teraturproduktion und den grundlegend anderen Literaturkon sum einstellen soll. Mir als Deutschlehrerin liegen die Worte „Literaturproduktion“ und „Literaturkonsum“ wirklich quer im Magen. Aber es ist so, wie es ist. Wir müssen uns darauf vorbe reiten und einem zunehmend dem Markt unterliegenden Litera turbetrieb begegnen. Wir haben einige Möglichkeiten zu finden versucht. Unsere Möglichkeiten als Land sind ein bisschen be grenzt, aber angesichts der Fülle an Literatur, die in Branden burg entsteht, ist es dringend notwendig, dass wir uns dem wid men. Auch Literatur entsteht nicht im Selbstlauf.

Wir fordern daher in unserem Maßnahmenkatalog die Dinge, die auch Herr Wichmann genannt hat. Zu dem Literaturpreis möchte ich sagen: Den hat es schon einmal gegeben, von 1991 bis zum Jahr 2000; er war mit 20 000 DM dotiert. Das von Frau Prof. Wanka geführte Kulturministerium hat den Preis damals

abgeschafft. Wir sind immer noch am Beräumen der Baustel len, die die CDU hinterlassen hat.

(Wichmann [CDU]: Damals hatten wir aber auch noch nicht so viel Geld!)

- Damals hatten wir sogar sehr viel mehr Geld.

Das Brandenburgische Literaturbüro hat diesen Preis von 2006 bis 2015 dann ehrenamtlich - mit 500 Euro dotiert - vergeben. Ich bin froh, dass wir weitermachen und überlegen, wie wir als Land einen solchen renommierten Literaturpreis vergeben wer den.

(Beifall der Abgeordneten Johlige, Büchel [DIE LINKE] und Lieske [SPD])

Zum anderen umfasst unser Katalog eine strategisch andere Sicht auf das Thema Literatur. Wir wollen den Fokus bei unse rer kulturpolitischen Strategie stärker auf das geschriebene, ge sprochene und gespielte Wort legen und es stärker einbeziehen. Die Bibliotheken gehören mit ihrer wunderbaren Leistung - sie haben uns immer wieder ihren Plan geschickt - auf alle Fälle mit aufgeführt.

Es gibt auch kleine Dinge wie den Schriftstellerverband, der schon den zweiten oder dritten Band mit Brandenburg-Ge schichten - dieses Mal zusammen mit Schleswig-Holstein - ver öffentlicht hat. Carmen Winter gehört diesem Verband an - sie produziert darüber auch - genauso wie ein ehemaliger Land tagskollege, Herr Körner, der unserer Fraktion angehörte. Es gibt da sehr schöne Geschichten. Dieses kleine Werk könnten wir bei Veranstaltungen, die wir miteinander durchführen, aus legen. Da kann man sehr schöne Brandenburg-Literatur lesen. Der letzte Band war zum schwierigen Thema Grenzfälle.

Lassen Sie mich mit Heinrich Heine schließen:

„Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die gewaltigste.“

Das ist ganz schön groß, aber drunter wollen wir’s auch nicht machen. - Stimmen Sie unserem Antrag zu!

In den nächsten Haushaltsberatungen, Herr Wichmann, können wir uns verständigen, welche der Dinge, die Sie als haushaltsre levant betrachten, im Haushalt dargestellt werden. Noch befin den wir uns innerhalb eines festgezurrten Haushaltes. Da brau chen wir uns gar nicht katholisch zu reden. Wir müssen erst einmal prüfen, was wir dann darstellen können.

(Wichmann [CDU]: Aber nicht nur prüfen! - Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Kalbitz. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Vorab, liebe Frau Große: Ich bin schon überrascht,

dass Teile Ihrer Argumentation auf der Angst aufbauen, dass die AfD irgendwas „einheimst“. - Das brauchen wir nicht.

Zur Sache! Ein tieferes Selbst- und Weltverständnis zu entwi ckeln und die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlich keit und der Gesellschaft als Ganzes voranzutreiben ist ein heh res Ziel. Wenn das gelingt, kann durchaus die Demokratie von innen heraus durch jeden Einzelnen gestärkt werden, und dazu kann die Literatur einen bedeutenden Beitrag leisten; denn Bleistift und Papier waren schon immer das Schießpulver des Geistes. Und der Gebildete weiß Bücher so zu lesen, dass sie ihn verändern. Natürlich kommt es dabei maßgeblich auf die Qualität des Geschriebenen an, und dies ist maßgeblich davon abhängig, wie die Rahmenbedingungen ausgestaltet sind, unter denen sich Literatur entwickelt. Aus der Literaturgeschichte wissen wir, dass auch spärlichste Bedingungen einem außerge wöhnlichen geistigen Werk zuträglich sind. Aber natürlich ist das nicht der Idealzustand.

Eine strukturelle Förderung zum Erhalt und zur Erweiterung des literarischen und kulturellen Werks der brandenburgischen Literaten ist unbenommen ein guter Ansatz. Der Erhalt der ei genen Kultur ist bekanntlich eines unserer zentralen Anliegen: das Eigene wieder in den Vordergrund zu stellen, überhaupt wieder ein Bewusstsein für das Eigene zu schaffen, anstelle ei ner Kultur der Selbstaufgabe und der Beliebigkeit, die vielen Facetten eigener Potenziale und eigener Herkunft zu entdecken, sie in einer tiefgründigen, auch selbstkritischen Auseinander setzung herauszuarbeiten, positiv zu besetzen und selbstbe wusst in den Alltag zu integrieren und auch das Fremde zu erle ben. Es gilt das Wort Alexander von Humboldts: Nichts ist gefährlicher als die Weltanschauung von Menschen, die die Welt nie angeschaut haben. - Das stärkt die Identität, die regio nale Bindung, das positive Bild vom eigenen Ich, von der eige nen Heimat. Es stärkt auch den gesellschaftlichen Zusammen halt und damit im Endeffekt die Demokratie. Das haben Sie in Ihrem Antrag richtig erkannt.

Als Anlass für Ihren Antrag benennen Sie die zunehmende Digi talisierung und die damit einhergehende Monopolisierung von Anbietern im Geschäft der Publizistik. Durch diese Monopoli sierung sehen Sie die Gefahr, dass die literarische Vielfalt verlo rengehen könnte. Dieses Problem sehen wir durchaus auch. Das potenzielle Marktversagen, welches sich hier abzeichnet, muss genau unter die Lupe genommen werden. Leider versäumen Sie aber in dem vorliegenden Antrag, konkrete Maßnahmen zur Lö sung dieses Problems zu entwickeln oder auch nur anzuspre chen. Die drei von Ihnen beantragten Punkte greifen viel zu kurz. Es macht letztlich wenig Sinn, den Marktentwicklungen ausschließlich mit Maßnahmen entgegenzutreten, die diese Ent wicklungen selbst nicht im Ansatz berühren. Was hilft zum Bei spiel ein Literaturpreis des Landes Brandenburg - dem wir nicht negativ gegenüberstehen - gegen Monopolstrukturen in den Ver triebskanälen? Gar nichts! Es hilft dem Gewinner des Literatur preises, im Jahr der Preisverleihung ein paar Bücher mehr über Amazon zu verkaufen. Strukturell verändert dies nichts.