Protocol of the Session on December 13, 2017

(Senftleben [CDU]: Es kommt nicht, es ist!)

Daher ist es gut, dass der Lenkungskreis für das Projekt „i2030“ seine Arbeit aufgenommen hat. Zwar wird es noch mehr als zehn Jahre dauern, bis tatsächlich gebaut werden kann, aber schneller geht es nicht.

(Lachen der Abgeordneten Senftleben und Genilke [CDU])

Hinzu kommt, dass gegenwärtig nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung stehen; daher sind auch längere Züge leider nicht von heute auf morgen realisierbar.

Die Landesregierung bekennt sich mit dem neuen Landesnah verkehrsplan dazu, die Verkehrsleistung in den Jahren bis 2030 deutlich zu steigern. Sie zeigt die Bereitschaft, hierfür auch deutlich mehr finanzielle Mittel einzusetzen.

(Zurufe der Abgeordneten Senftleben [CDU] und Kalbitz [AfD])

Hinsichtlich der Regionalisierungsmittel sichert die bestehende Einigung mit dem Bund nur den Status quo zu. Dabei sind An gebotserweiterungen - da haben Sie völlig Recht - dringend notwendig; bislang fehlen aber leider die finanziellen Mittel dazu.

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

Wir werden in den Haushaltsberatungen die gegenwärtig im ÖPNV eingesetzten Regionalisierungsmittel schrittweise in das System zurückführen. Hierbei handelt es sich um 20 % der Mit tel.

Die größte Baustelle für Brandenburg sehe ich aktuell nicht im Regionalverkehr. Wie wir der Antwort der Landesregierung entnehmen können, stagniert der Güterverkehr auf der Schiene. Die Autobahn zieht beständig Marktanteile von der Eisenbahn ab. Hier gilt es, gegebenenfalls mit einem intelligenten Maut system gegenzusteuern.

Eine weitere große Baustelle ist der Schienenpersonenfernver kehr. Hier ist ein einst gut ausgebautes Netz über Jahre hinweg vernachlässigt worden. Brandenburgs größte Städte, die Lan deshauptstadt Potsdam und die Lausitzmetropole Cottbus, sind bis auf einen Intercity am Tag nach Ostfriesland komplett vom Fernverkehr abgehängt. An wichtigen Knotenbahnhöfen wie Berlin, Leipzig oder Dresden fahren ICEs den Regionalzubrin gern aus Brandenburg vor der Nase weg.

Im Bundestagswahlkampf wurden für den Strukturwandel in der Lausitz Milliardenbeträge in Aussicht gestellt. Wenn jedoch wichtige Projekte wie die notwendige Zweigleisigkeit Lübbe nau-Cottbus und die Elektrifizierung Cottbus-Görlitz-Zittau im Bundesverkehrswegeplan nicht berücksichtigt werden, dann war das wohl nur heiße Luft. Hier sollte sich der Bund endlich deutlich bekennen.

Verkehrsexperten meinen, dass schon 300 Millionen Euro rei chen würden, um die Metropolregion Berlin-Brandenburg bahntechnisch mit entsprechenden Ausbaumaßnahmen in Rich tung Osten dorthin zu rücken, wo sie traditionell hingehört, nämlich in das Herz Europas. Hierzu brauchen wir eine natio nale Kraftanstrengung aller Abgeordneten, und zwar partei übergreifend. Wer Brandenburg im Herzen trägt, der muss ge meinsam für die Erreichbarkeit unserer Heimat auf der Schiene aus allen Richtungen kämpfen.

Ganz kurz zu Ihrem Entschließungsantrag: Wir stecken noch mitten in der Erarbeitung des Landesnahverkehrsplans. Hierzu wird eine zweite Anhörung stattfinden. Noch läuft die Beteili gung. Herr Jungclaus, lassen Sie uns doch erst mal schauen, was am Ende dabei herumkommt. Daher können wir diesen Antrag mit ruhigem Gewissen ablehnen. - Danke.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Genilke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kircheis, das ist genau der Unterschied bei der Herangehensweise an das Thema Schienenpersonennahver kehr. Sie sprechen davon, bis 2022 keine Haltepunkte mehr ab zubestellen; wir hingegen sprechen über die Zukunft. Das ist eindeutig eine andere Richtung.

(Beifall CDU sowie vereinzelt B90/GRÜNE)

Lassen Sie mich ein paar Worte zum Status quo verlieren - Sie haben das gerade angesprochen -, bevor ich zu meiner eigentli chen Rede komme.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Sie haben auf den Bund abgestellt. Klar, wenn man selber nichts hat, dann ist immer der Bund schuld.

(Frau Kircheis [SPD]: Das ist nicht wahr!)

Das ist beim Flughafen so, das ist auch bei der Gesundheitspo litik so. Natürlich ist das auch beim SPNV so.

(Frau Kircheis [SPD]: Nein!)

Wir haben unsere Probleme im Regionalverkehr, aber ganz si cher nicht bei den ICEs. Wir unterhalten uns über den Regional verkehr, weil wir hier eine gesetzgeberische Kompetenz haben.

(Zuruf des Abgeordneten Günther [SPD])

Ich will Ihnen einmal die Mittel aufzählen: 2014 - das ergab die Große Anfrage, um die es ja geht - haben wir knapp 417 Milli onen Euro Regionalisierungsmittel des Bundes erhalten. Davon wurden 324 Millionen Euro ausgegeben - das heißt, 87 Millio nen Euro wurden eben nicht für die Bestellung ausgegeben.

Das zog sich über das Jahr 2015 so weiter, und jetzt kommt der Hammer: 2016 - und ebenso 2017 - haben wir 481 Millionen Euro bekommen und 324 Millionen Euro ausgegeben. 152,8 Mil lionen Euro wurden nicht in den Regionalverkehr investiert - mehr als 30 % dieser Mittel wurden den Menschen vorenthalten! Das ist das Geld, das Sie zurückhalten und ein Grund dafür, dass die Leute in den Zügen stehen müssen und keine Sitzplätze haben.

Genau darüber unterhalten wir uns im Zusammenhang mit der Großen Anfrage der Grünen. Es geht darum, wie wir die Situa tion verbessern können. Ihre Reaktion ist nicht etwa: „Wir sind bemüht, den Verkehr zu verbessern“, sondern, wie wir bei ein oder zwei Tagesordnungspunkten zuvor feststellen konnten, geht in die Richtung, wie man aus diesen Regionalisierungsmit teln das Geld herausziehen und dafür barrierefreie Straßenbah nen bestellen kann. Das geht in Zukunft so nicht mehr!

(Beifall CDU und B90/GRÜNE sowie des fraktionslosen Abgeordneten Hein)

Brandenburg ist ein Pendlerland. 953 000 sozialversicherungs pflichtig Beschäftigte haben ihren Wohnsitz in Brandenburg. Sie leben hier, aber sie arbeiten nicht zwingend in dem Land kreis oder der kreisfreien Stadt, in der sie wohnen. Sie sind also Pendler. Wenn in der Anhörung eines hervorgehoben wurde - Herr Leister wurde schon genannt -, dann der Fakt, dass Bran denburg Pendlerweltmeister ist. In keinem anderen Bundesland pendeln - gemessen an den Einwohnerzahlen - so viele Men schen wie in Brandenburg.

Wir transportieren in Brandenburg die Menschen nicht nur ein fach zwischen A und B hin und her, sondern wir transportieren Einkommen. Wir transportieren Steuereinnahmen. Wir trans portieren Innovation und Lebenswirklichkeit.

(Beifall CDU sowie des fraktionslosen Abgeordneten Hein - Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Dieser Lebenswirklichkeit müssen Sie sich stellen. Hier aber versagen Sie. Sie geben auch keine Antwort. Es ist doch keine Antwort, wenn Sie sagen: Ich weiß gar nicht, was Sie wollen; bis 2022 bleiben die Bahnhalte alle so, wie sie sind. - Das ist doch mal eine Option. Ich kann aber auch nicht einfach sagen: Wir machen mal „i2030“, und in etwa zehn Jahren wissen wir, was wir bauen wollen. - Erzählen Sie das mal einem 50-Jähri gen, der am Bahnhof steht. Das ist doch keine Antwort! Wenn Sie der Meinung sind, dass wir 2030 eine andere Verkehrspoli tik brauchen, dann hätten Sie vor zehn Jahren damit anfangen müssen, entsprechende Infrastrukturplanungen vorzunehmen.

(Beifall CDU)

Sie hinken immer nur den Entwicklungen hinterher.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Deshalb - das ist jetzt an die Grünen gerichtet - haben wir ja auch gefordert, die Ausschreibung über zwei Drittel des Bahn netzes zu verschieben. Jetzt sagen die Grünen: Wir müssen dort Entwicklungsoptionen einbringen. - Das ist ja richtig, aber eine solche Option vertraglich zu verhandeln bedeutet erstens, dass wir dem Gutdünken ausgeliefert sind, dass das Ganze tatsäch lich realisiert wird und dass das Material mitspielt, und zwei tens, dass die Sache teuer wird.

Aus diesem Grund haben wir gefordert, die Ausschreibung noch zurückzustellen; denn man muss zunächst wissen, was man überhaupt fahren will. Wir müssen zunächst wissen, wohin die Entwicklung gehen soll, und dann kann man bestellen. Wenn wir die 152 Millionen Euro aus den Regionalisierungs mitteln nicht einsetzen, dann sieht das auch der Bund. Dann kann man doch nicht zum Bund gehen und mehr Geld verlan gen! Mit welcher Rechtfertigung gehen wir dann zum Bund? Dort schaut man doch auch auf die Zahlen.

Es gab im Bundestag eine Kleine Anfrage - ich glaube, die war sogar von den Linken -, die vom Bundesverkehrsministerium beantwortet wurde. Die fragen sich doch auch: Wenn die 30 % übrig haben und diese Mittel nicht zur Bestellung des Schienen personennahverkehrs nehmen - warum kommen die eigentlich zu uns? Ich habe es damals schon gesagt: Wenn einem nicht klar ist, was man in Zukunft in diesem Land fahren will, dann kann man keine Investitionen rechtfertigen.

Man kann doch nicht sagen: „Macht mal was zwischen Cottbus und Görlitz, macht doch mal hier was, macht doch mal da was“, wenn einem anschließend nicht klar ist, was man überhaupt be stellt. Deshalb sind wir gut beraten - wir befinden uns im Grun de schon wieder vor der Neuaufteilung der Regionalisierungs mittel -, uns vorher darüber im Klaren zu sein, dass wir diese Mittel komplett verwenden müssen. Denn mit welcher Recht fertigung wollen wir in den Jahren, in denen wir dann in Ver handlungen stehen, rechtfertigen, mehr Mittel für den Regio nalverkehr haben zu wollen? So wird das am Ende nicht funktionieren.

Wir müssen auch dringend die ICs sehr viel stärker ins Be wusstsein bringen. Denken wir an Wittenberge, aber auch an Fürstenberg/Havel - da wäre ein Halt auch mehr als angebracht. In Wittenberge brauchen wir unbedingt auch die Nutzung des VBB-Verbundsystems, also eine Anerkennung der Tarife. Ich glaube, das würde gerade den berlinfernen Regionen enorm helfen. Da sind wir vereinzelt schon auf einem guten Weg, müs

sen aber noch nachsteuern. Die Überschriften, die wir gestern in der Zeitung lesen konnten - „Pendler müssen noch Jahre lei den“, „Keiner geht noch rein“ -, sind das hausgemachte Ergeb nis Ihrer Verkehrspolitik. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abge ordnete Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Liebe Kollegen Genilke und Jungclaus, Sie hätten heute besser argu mentieren können, wenn Sie am Montag mit uns gemeinsam zur Mobilitätskonferenz Berlin-Brandenburg gegangen wären. Sie hätten viele Erfahrungen mitnehmen und hier besser argu mentieren können, warum die Situation ist, wie sie ist, und wie man sie verändern kann.

(Beifall der Abgeordneten Lieske [SPD])

Herr Genilke, da Sie immer darauf abheben - und zwar ziemlich lautstark; das können Sie natürlich tun -, was unter welcher Re gierung geschehen ist, will ich Sie daran erinnern: Unter RotSchwarz - das waren immerhin zehn Jahre - gab es die meisten, die allermeisten Streckenabbestellungen. Es waren nicht gleich Stilllegungen, aber Abbestellungen.

(Beifall der Abgeordneten Lieske [SPD] und Domres [DIE LINKE])

Diese Verantwortung kann man auch einfach einmal benennen. Es waren nicht immer nur die anderen.

(Petke [CDU]: Aber wer war denn damals Minister?)