Protocol of the Session on November 15, 2017

Aber wir haben erkennen müssen, dass wir es nicht geschafft ha ben, die Menschen für die Reform zu gewinnen. Und ganz si cher haben wir auch nicht immer ganz glücklich agiert, haben selbst auch kommunikative und handwerkliche Fehler gemacht.

Zu Recht wird jetzt erwartet, dass wir sagen, wie es weiterge hen soll. Wer die denkwürdigen Anhörungen verfolgt hat, konnte hören, dass der Reformbedarf nicht bestritten wird, konnte auch hören, dass freiwillige Kooperationen als echte Chance angesehen werden. Weil Stillstand keine Lösung ist und weil es gilt, Distanz und Vertrauensverlust abzubauen, muss jetzt die Umsetzung der freiwilligen Kooperationen be fördert werden. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfrakti onen enthält dazu ebenso Aussagen wie zur Verbesserung der Finanzbeziehungen, zu Entschuldungshilfen sowie zum Aus bau von Digitalisierung und Bürgerbeteiligung. Unser Ziel bleibt es, die kommunalen Verwaltungen zu modernisieren und landesweit dauerhaft leistungsfähig aufzustellen - als professi onelle Dienstleister für die Bürgerschaft und für die Wirtschaft. Wir wollen starke und leistungsfähige Kommunen. Wir wollen Kommunen, in denen die Menschen gerne leben und sich mit Freude und Kompetenz kommunalpolitisch einbringen. Wir wollen eine moderne Heimat Brandenburg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Die Debatte um die Verwaltungsstrukturreform hat das Land zunehmend zerrissen. Es ist gut, dass dies ein Ende ge funden hat. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zeigt auf, wie es jetzt weitergehen kann. Dafür bitte ich um Zu stimmung.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Es ist eine Kurzintervention angezeigt worden. Herr Abgeordneter Wichmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Zwischenfrage wurde vom Kollegen Kurth ja leider nicht zugelassen. Deshalb nutze ich die Möglichkeit, mir doch etwas Gehör zu verschaffen; denn es ist schon erstaunlich, was Sie, Herr Kollege Kurth, hier vorn zum Besten gegeben haben. Ich fand schon die Begründung des Ministerpräsidenten - jetzt ist er nicht im Saal - für die Absage der Kreisreform - er wolle verhindern, dass wir eine Spaltung im Land bewirkten - ziem lich schräg. Sie haben dem jetzt noch etwas obendrauf gesetzt. Sie, Herr Kurth, haben eben ausgeführt, dass die Kreisstruktur reform auf den Weg gebracht werden sollte, um eine Spaltung des Landes zu vermeiden. Da kann ich nur sagen, dass Sie mit Ihrer gesamten Diskussion um die Kreisreform drei Jahre lang das ganze Land gespalten haben.

(Zurufe: Genau! - Lebhafter Beifall CDU, AfD sowie der fraktionslosen Abgeordneten Schülzke, Vida und Hein)

Sie haben nämlich die berlinfernen Regionen gegen die berlin nahen Regionen ausgespielt. Sie haben Landkreise gegen kreisfreie Städte ausgespielt. Sie haben die Menschen auf dem Lande auf die Palme gebracht - im wahrsten Sinne des Wortes - und uns auch oft genug.

(Unruhe und Widerspruch bei der SPD)

Ihr Minister Schröter hat bei den 18 Veranstaltungen die Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltungen gespal ten.

Das kann man Ihnen so nicht durchgehen lassen. Wir haben mit unserer Volksinitiative dafür gesorgt, dass diese Reform gestoppt wird, und wir haben dafür gesorgt, dass dieses Land nicht weiter gespalten wird. Sie können sich dieses Verdienst nicht an Ihr Revers heften. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und der fraktionslosen Abgeordneten Schülzke)

Herr Abgeordneter Kurth, möchten Sie auf diese Kurzinterven tion reagieren? - Das ist nicht der Fall. Dann setzen wir die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Königer für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge ordnetenkollegen! Sehr geehrte Besucher! Sehr geehrte Landes regierung! Ja, Herr Kurth, an Sie als Vorredner: Ich habe mich jetzt gewundert, dass Sie nicht Ihren Nachrücker und Starredner, Herrn Stohn, ans Rednerpult geschickt haben, aber seis drum.

(Unruhe bei der SPD-Fraktion)

Es ist für mich an der Zeit, Ihnen allen im Namen vieler Bran denburger Bürger und auch im Namen meiner Fraktion unse ren herzlichen Dank auszusprechen. Ich bedanke mich bei Ih nen, dass Sie schon nach der „kurzen Zeit“…

Liebe Kollegen, ich bitte den Lärmpegel etwas zu senken. Es ist ein begeisterndes Thema, aber …

Es ist etwas Unruhe im Saal. - Noch mal: Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen, dass Sie schon nach der „kurzen Zeit“ von 36 Monaten Einsicht gezeigt und diese unsinnige Reform endlich begraben haben. Ich danke Ihnen, dass Sie offensicht lich endlich begriffen haben, dass demokratisch gewählte Re gierungen eines demokratischen Bundeslandes nicht absolutis tisch funktionieren - und das selbst in einem preußischen Schloss nicht.

Vielen Dank auch dafür, dass man sich im Dienste des Landes aufopferungsvoll die Nächte um die Ohren geschlagen hat. Üb rigens auch mein ehrlichster Dank an den Stenografischen Dienst, der in einer Rekordsitzung von 13 Stunden am Stück mitmeißeln durfte.

(Beifall AfD)

Eigentlich hätten die Beiträge der Landräte und der kommuna len Spitzenverbände nur kopiert und eingefügt werden müssen. Sie haben ja eh dasselbe gesagt, sich nämlich rundum gegen Ihre Reform ausgesprochen - sodass selbst dem Kollegen Petke nach Mitternacht keine Frage mehr einfallen wollte.

Dankbar bin ich auch für die Lehrstunden, wie man als Minis ter renitente Oberbürgermeister auf ihre Plätze verweist, indem man einfach mal ganze Einwohnerschaften beschimpft. Mei nen großen Dank auch an einen Ministerpräsidenten, der sich mit politischer Führung so weit zurückhielt, dass man bis vor kurzem nicht wusste, ob er nicht eigentlich auf der Seite der Kreisgebietsreformgegner steht.

Nicht vergessen möchte ich, mich auch bei dem langjährigen Landtagsabgeordneten aus der Stadt Brandenburg an der Havel zu bedanken, der wahrhaft standhaft seine eigene Stadt bis zur endgültigen Bedeutungslosigkeit einkreisen wollte. Übrigens: Toi, toi, toi für Ihre Wiederwahl, Herr Kollege Holzschuher!

Ein besonderer Dank geht auch an den Kollegen Lüttmann und den Kollegen Kurth, der eben auch betonte, die CDU habe mit der Bekämpfung der Reform das Land gespalten; Herr Wich

mann hat es eben ausgeführt. Sie haben selbst gespalten, liebe Koalitionäre, und da ergehen mein Lob und mein Dank an So zialdemokraten und Linke gleichermaßen. So gut, wie Sie Ihre eigenen Landesverbände gespalten haben, hat es in den letzten 27 Jahren keine Oppositionsfraktion in diesem Hause hinbe kommen. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall AfD)

Als Abgeordneter der AfD darf ich diesbezüglich natürlich auch im Namen aller AfD-Mitglieder meines Landesverbandes danken, dass Sie uns immer wieder völlig selbstlos jede Menge Wahlkampfkosten ersparen.

(Beifall AfD)

Vielleicht wären wir nach einer Reform noch stärker gewesen. Nun gibt es keine Zwangsfusionen und Einkreisungen, und die Umfragewerte - siehe da - purzeln, Ihre natürlich! Das nenne ich doch nun wirklich einmal Selbstlosigkeit. Ich bedanke mich für die visionäre Strategie der SPD, die offensichtlich die Sozialdemokratisierung Brandenburgs für abgeschlossen hält und sich deshalb konsequent selbst abschafft.

Vielen Dank auch an den Kollegen Scharfenberg, der mich im mer wieder daran erinnert, warum ich am 9. November jährlich ein gutes Gefühl habe und am 7. Oktober etwas malade bin.

Sehr dankbar bin ich auch einer ehemaligen Finanzstaatssekre tärin, die im Rahmen der Dialoge mit dem genialen Prinzip der erfundenen Infrastruktur einen Weg gefunden hat, den Landes haushalt dauerhaft zu entlasten.

Und ich danke den Linken, dass sie in den Kreistagen gegen und im Landtag für die Reform gestimmt haben. Dank Ihnen habe ich jetzt endlich verstanden, was Dialektik ist.

Dem Finanzminister gebührt mein größter Dank für das fast drei Jahre lang fertiggebrachte Kunststück, eine grundlegende Reform, die ja eigentlich mit vielen Kosten verbunden sein müsste, hier in diesem Hause mit nicht einer Zahl zu belegen. Herzlichen Dank!

Wie könnte ich nicht auch einen tausendfachen Dank an die überparteiliche Volksinitiative von CDU und FDP richten, die mit uns zusammen die Tausenden Stimmen gesammelt haben, und das ganz ohne uns für sich zu vereinnahmen.

Und ich danke Ihnen natürlich dafür, dass Sie der AfD die Möglichkeit gegeben haben, einen Beitrag dazu zu leisten, dass der einfache Bürger hier im Landtag Gehör findet. Ohne die von Ihnen vielzitierte Überparteilichkeit hätten wir doch glatt noch mitmachen müssen und wäre unser Entschließungsantrag nicht möglich gewesen, der nochmals mit Nachdruck auf die zukünftigen Probleme der Bürger in Lebus hinweist.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Haben Sie noch Inhalte oder sind Sie fertig?)

Und wenn die Bürgerinitiative unsere Hilfe nicht annehmen wollte, so ist auch dafür zu danken. Ja, wir wären als Teil des überparteilichen Vereins doch gar nicht in der Lage gewe sen …

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Ja!)

- ich komme zum Schluss - … einen Widerspruch zu erkennen. Die CDU gibt sich hier im Landtag einen heimatverbundenen Anstrich und sammelt für einen Volksentscheid ganz konse quent Unterschriften, während ihre Gottkanzlerin im Bundes tag Volksentscheide ganz konsequent ablehnt. Also auch hier ein Dankeschön für diesen Augenöffner.

Wenn Sie jetzt einfach zurücktreten würden …

Herr Abgeordneter, Sie haben die Redezeit wirklich überstra paziert. Schlusspunkt!

Mein letzter Satz: Wenn Sie jetzt einfach zurücktreten würden, Herr Ministerpräsident, wäre Ihnen mein ewiger Dank ge wiss. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Frau Lehmann [SPD]: Wir danken - abtreten! - Domres [DIE LINKE]: Danke, dass Sie fertig sind!)

Wir danken Ihnen. - Bevor ich Herrn Dr. Scharfenberg als nächsten Redner aufrufe, möchte ich noch Besucher begrüßen, und zwar eine große Gruppe von Mitgliedern des Seniorenver eins Märkisch-Oderland sowie Mitglieder des AfD-Kreisver bandes Teltow-Fläming.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Ach, deshalb!)

Ihnen allen ein herzliches Willkommen!

(Beifall AfD sowie vereinzelt CDU und B90/GRÜNE)

Zu uns spricht Herr Dr. Scharfenberg für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die lange disku tierte und vorbereitete Kreisgebietsreform ist vom Tisch. Wir haben zu diesem Thema in den vergangenen sieben Jahren in tensive und zum Teil sehr harte Diskussionen geführt. Ziel war es, auf diesem Wege eine zukunftsfeste Verwaltungsstruktur zu schaffen. Ziel war es aber auch, diese Reform gemeinsam mit den Betroffenen auf den Weg zu bringen. Genau das ist uns nicht gelungen. Der von uns gewollte Dialog hat nicht zum er hofften Erfolg geführt. Vor diesem Hintergrund haben der Mi nisterpräsident und die Landesregierung eine klare und weitrei chende Entscheidung getroffen: Die Gesetzentwürfe zur Kreis neugliederung und zur Funktionalreform sind zurückgenom men worden.

Mit diesem tiefen Einschnitt wird die Möglichkeit geschaffen, sich neu zu sortieren und neue Ansätze zur Lösung der nach wie vor bestehenden Probleme in unserem Land zu formulie ren. Es ist auch eine Chance für ein gemeinsames Vorgehen. Denn es ist unstrittig: Der Reformbedarf besteht nach wie vor - Reformbedarf, dem wir uns stellen müssen und auch stellen wollen, möglichst in einem breiten Konsens. Dabei scheidet der bisher geplante Weg über eine Kreisgebietsreform als Instrument aus.