Protocol of the Session on June 28, 2017

„Es zeichnet sich jedoch ab, dass die wichtigen Verkehrs korridore von und nach Berlin an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.“

Na, Glückwunsch, liebe SPD, dass Sie das nach zehn Jahren schon gemerkt haben!

(Beifall CDU)

Sie sind anscheinend nicht oft mit der Bahn unterwegs.

Es wird noch besser:

„Die Aktuelle Stunde dient dazu, erste Ergebnisse der Re gionaldialoge zu diskutieren.“

Ich bin seit 2009 Mitglied dieses Landtags. Seitdem gab es 32 Regionaldialoge des VBB im Land Brandenburg. Aber wir reden das erste Mal in einer Aktuellen Stunde darüber, dass Sie angeblich etwas besser machen wollen.

Dann kommen Sie zu Ihren tollen Aussagen und sprechen da von, dass Sie Ergebnisse diskutieren wollen. Sie sind auf gar kein Ergebnis eingegangen, Frau Lieske. Es gibt ja auch keins. Ein guter Beleg dafür, dass es keine Ergebnisse gibt, ist, dass der Kollege Stohn - dort hinten sitzt er -, der sich gefreut hat, dass es eine neue RB32-Linie geben soll, vom Sprecher des Infrastukturministeriums, Herrn Streu, bei seinen Lobeshym nen gleich ausgebremst wurde, weil das Vorhaben, eine Direkt verbindung von Ludwigsfelde zum BER - wann immer von dort geflogen wird; dazu haben wir nachher eine Dringliche Anfrage - zu schaffen, mit der Bahn und Berlin abgestimmt werden müsse, und außerdem wisse man nicht, ob Streckenka pazitäten und Geld vorhanden seien. Mein Gott! So sieht doch keine Strategie für dieses Land aus: Dinge verbreiten und sa gen: In sieben oder acht Jahren kümmern wir uns darum und schauen, ob alles, was wir vorhaben, klappt. Jetzt sollen sich alle erst einmal darüber freuen. - Das ist keine Landesentwick lung. Das ist gar nichts!

(Beifall CDU)

Wenn Sie sagen, Frau Lieske, die Entwicklung der letzten zehn Jahre sei nicht absehbar gewesen, so mag das zutreffen. Aber eine Erklärung, was sich in den letzten 85 Tagen, seit wir unser Konzept „Zug um Zug besser“ vorgestellt haben und an den Ausschuss überweisen wollten, an der Situation geändert ha ben soll, sind Sie heute schuldig geblieben. Sie haben diesen Antrag und unsere Konzeption nicht im Geringsten so bewer tet, dass man sie im Ausschuss diskutiert - übrigens genauso das Bus-Konzept der Grünen.

Jetzt kommen Sie hierher und stellen einen Antrag auf Aktuelle Stunde. Ich hatte ehrlich gesagt die Hoffnung, dass Sie irgend etwas zur Verbesserung beitragen. Sie haben es gerade gesagt: Sie wollen das gesamte Land erschließen. - Das war auch unse re Maxime, das können Sie gern nachlesen: Jede Maßnahme, infrastukturell wie auch hinsichtlich der Bestellung, muss sich daran messen lassen, dass damit keine punktuelle Verbesserung herbeigeführt wird, sondern sie muss Auswirkungen auf die Peripherie des gesamten Landes haben. - Diese Maßnahmen bleiben Sie schuldig.

(Beifall CDU)

Noch etwas: Wir haben klargemacht, was wir brauchen. Wir brauchen eine andere Linienkonzeption. Wir brauchen in den Vororten von Berlin, die stark wachsen - durch den jährlichen Bevölkerungszuwachs von 30 bis 40 000 Menschen erhöht sich der Druck auf die Vorortverkehre -, einen Metropolexpress, und für die schnelle Erschließung des Landes, nämlich in 90 Minuten aus jedem Mittelzentrum ins Berliner Zentrum, brauchen wir schnelle Regioverbindungen. Das haben Sie heu

te nicht gesagt. Es geht nicht darum, dass wir, wie Sie gerade sagten, eine „ausreichende“ Versorgung des ländlichen Rau mes mit Schienenpersonennahverkehr ermöglichen, sondern es geht darum, schnelle und ausreichende Verbindungen in die Metropole zu schaffen. Darauf sind Sie nicht eingegangen.

Sie diskutieren über die zweite Reihe. Das ist eindeutig zu we nig, denn das, was Sie als zweite Reihe mit einer besonderen Siedlungsoption versehen haben - an den Bahnlinien entlang -, entspricht nicht der Lebenswirklichkeit. Es gibt schließlich auch andere Regionen, die davon profitieren. Ich habe Ihnen schon im Ausschuss berichtet, dass ich unser Schienenperso nennahverkehrskonzept in Ortrand vorgestellt habe. Dort wur de mir gesagt: Ja, alles, was im Landesentwicklungsplan steht, trifft auf uns zu. Nur: Unsere Metropole heißt nicht Berlin, sondern Dresden. - Die Ortrander stehen in 20 Minuten auf der Augustusbrücke. Dem Ganzen bzw. den eigentlichen Proble men in diesem Land sind Sie heute mit keiner Silbe näherge kommen.

(Beifall CDU)

Stattdessen schreiben wir jetzt - wie angekündigt - den zweiten Regionallinienvertrag aus. Wir schreiben also einen Großteil, nämlich über die Hälfte der Regionalbahnstrecken, aus und ha ben noch nicht mal eine Ahnung davon, was gefahren werden soll. In unserem Konzept steht „Kuppeln und Flügeln“ - das wird gar nicht berücksichtigt, Hybridverkehre werden nicht be rücksichtigt, wir wissen nicht, wie lang die Züge sein sollen und wie die Linienkonzeption gestaltet ist. Und Sie kommen auf die kluge Idee und diskutieren hier Ihre Korridoruntersu chung. Ich habe in die Korridoruntersuchung Akteneinsicht ge nommen und kam zu dem Ergebnis, dass bei den zwei Institu ten, bei denen die Landesregierung, das Infrastrukturministeri um, eine Studie in Auftrag gegeben hat, ausdrücklich eine Bahnverbindung von Senftenberg über Großräschen, Finster walde direkt nach Berlin vorgesehen ist. Beide kamen in ihrer Studie zu dem Schluss: Das müsste möglich sein und sollte unbedingt forciert werden. - Warum? Weil wir beim RE 2 so wieso schon Kapazitätsprobleme haben. Viele Senftenberger fahren nach Cottbus und von dort aus nach Berlin.

Aber davon höre ich nichts mehr. Das heißt, Sie kommen mit Ihren Studien zu einem Ergebnis, und anschließend spielt das schlichtweg keine Rolle mehr. Und das nennen Sie einen ad äquaten Anschluss des ländlichen Raumes?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie schon durch Ihre eigenen Studien und die Korridoruntersuchungen auf die Ideen kommen, so ist die dringende Bitte, diese auch umzusetzen und nicht erst zu diskutieren, wo weitere Verbesse rungen ermöglicht werden können, die im Ungefähren bleiben.

Ein weiteres Beispiel für das Ungefähre ist die Frechheit, anzu kündigen, dass zwischen den Oberzentren Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) - Herr Holzschuher und Herr Wil ke - ab Fürstenwalde der RE 1 nach Werder verstärkt werden soll. Was bleibt von Ihrer Landesentwicklungskommission ei gentlich noch übrig, wenn wir die Oberzentren dieses Landes von einem schnelleren Takt, von mehr Verkehr auf der Schiene abkoppeln? So werden Sie dieses Land nicht weiter-, sondern eindeutig „zurückentwickeln“. So funktioniert das nicht.

(Beifall CDU)

Vor 85 Tagen, in der April-Sitzung, haben wir es besprochen, und Sie haben gesagt: Es ist alles Unfug, was die CDU hier er zählt. Wir befinden uns ja auf einem guten Weg, und es ist alles nicht so wichtig. - Und jetzt kommen Sie mit „tollen Dingen“.

Deshalb habe ich mir mal die Mühe gemacht, das Protokoll he rauszusuchen. Das sollten Sie unbedingt einmal nachlesen; ich fand es sehr interessant. Frau Kircheis sagte damals:

„Aber in meinen Augen ist es“

- also unser Konzept

„zu kurz gesprungen. Es behandelt ausschließlich ein Segment in der Verkehrspolitik, und das ist die Schiene.“

Heute bringen Sie ausschließlich einen Antrag zur Schiene.

„Ihren Antrag für ein Mobilitätskonzept aber halten wir für nicht zustimmungsfähig.“

Sie haben gar keins. - Und ich darf noch einmal Frau Tack zi tieren:

„Ihre Reden haben mir gezeigt, dass Ihnen das Verständ nis, was Mobilität eigentlich ist, noch ein bisschen fehlt.“

- Da kommt offensichtlich die Lehrerin durch.

„Das unterstreicht auch der Antrag der CDU hinsichtlich ihrer Bahnstrategie.“

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

- Moment, es kommt noch besser:

„Das lässt also noch zu wünschen übrig. Es wird immer nur punktuell geschaut, aber Mobilität in Gänze wird nicht neu erfasst […].“

Genau das haben Sie heute wieder einmal eindrücklich bewie sen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten Jungclaus [B90/ GRÜNE] und Schülzke [BVB/FREIE WÄHLER Grup pe])

Vielen Dank. - Es ist eine Kurzintervention angezeigt. Bevor ich diese zulasse, möchte ich herzlich Schülerinnen und Schü ler des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder hier bei uns im Plenarsaal begrüßen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Holzschuher.

Frau Präsidentin! Herr Genilke, zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich das, was die CDU als Verkehrskonzept vor gelegt hat, durchaus für diskussionswürdig halte.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

Selbstverständlich - da gibt es gar keinen Dissens - halte ich es für unabdingbar, dass sowohl Frankfurt (Oder) als auch Bran denburg an der Havel perspektivisch im 20-Minuten-Takt an die Metropole Berlin angeschlossen werden. Ich sehe da auch keinen Unterschied zur Auffassung der Ministerin, die viel leicht nachher noch Stellung dazu nehmen wird. Es gab eine Diskussion, die aber - davon bin ich überzeugt - nicht die Grundlage der zukünftigen Gestaltung des Regionalverkehrs bilden wird.

Eine Bitte habe ich an der Stelle aber: Sie sind wie ich für den Wiederaufbau der Stammbahn und auch für die Regionalbahn, weil das eine deutliche Erleichterung für den Regionalverkehr zwischen Brandenburg an der Havel, Werder und auf dem Teil stück Potsdam–Berlin wäre. Ihre Parteifreunde in Brandenburg an der Havel sind aus für mich unverständlichen Gründen da gegen. Vielleicht könnten Sie sich dafür einsetzen - das meine ich wirklich ernst -, dass man das dort noch einmal überdenkt. Potsdam und Werder - das ja auch von einer Bürgermeisterin Ihrer Partei regiert wird - haben die Zeichen der Zeit erkannt, und das sollte Brandenburg an der Havel auch. Es nützt der gesamten Region. - Vielen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Herr Genilke, möchten Sie auf diese Kurzinter vention reagieren? - Bitte.

Sehr geehrter Herr Holzschuher, dass Sie jetzt für den Wieder aufbau der Potsdamer Stammbahn sind, wundert mich ein Stück weit; denn die CDU hatte auch dazu schon einen Antrag in den Landtag eingebracht, den die SPD abgelehnt hat. Jetzt beschweren Sie sich nicht bei den kommunalen Vertretern in Brandenburg, die das weder zu verantworten noch zu bezahlen und schon gar nicht zu entscheiden haben. Sie haben zu ent scheiden, und Sie haben entschieden: Sie haben hier im Land tag den Ausbau der Potsdamer Stammbahn eindeutig abge lehnt!

(Widerspruch des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Das haben wir schriftlich; das steht im Protokoll.

(Holzschuher [SPD]: Das ist doch albern!)

Das Zweite ist: Es geht nicht nur um die Stammbahn. Es geht um mehr als um Infrastruktur. Es geht um ETCS - wir sind nicht für alles zuständig -, es geht um den Ausbau der Heide krautbahn.