Protocol of the Session on May 18, 2017

(Vereinzelt Beifall SPD)

Fußball ist Sport. Und Sport ist etwas, was vereint, was integ riert: Menschen unterschiedlichster Herkunft, unterschiedlichs ter Glaubensrichtungen und Hautfarben. Sport ist die Klam mer. Für mich gibt es kein besseres Integrationsprojekt als den Sport, der völkerverbindend ist. Wer sich in Sportveranstaltun

gen rumprügelt, ist ein Feind des Sports, weil er die Werte des Sports

(Beifall der Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄH LER Gruppe], Domres [DIE LINKE] und Stohn [SPD])

nicht anerkennt.

Aber ich werde Ihnen die Antwort nachreichen können. Wir wissen natürlich, wer sich unter dem Deckmantel „Fan eines Vereins“ als Krimineller betätigt.

Es gab - die Antwort bin ich noch schuldig geblieben - auch Gespräche mit dem Fußballverband. Ich kann Ihnen aber aus der Bewegung nicht sagen, welche Inhalte dort eine Rolle spielten und wann in diesen Gesprächen welche Festlegungen getroffen worden sind. Das werde ich genauso nachreichen wie die Ergebnisse der Evaluierung von Fanprojekten; da bin ich leider auch nicht aussagefähig.

Worauf ich antworten kann, ist die Frage, wie viele Strafver fahren nach dem Energiespiel bei Babelsberg 03 eingeleitet worden sind. Wir haben 19 Anzeigen, 14 davon richten sich gegen Fans des FC Energie Cottbus, 5 gegen Fans von Babels berg 03. Ich glaube, die Bezeichnung „Fan“ ist da auch wieder falsch gewählt; es handelt sich um Personen, die so tun, als wä ren sie Fans. Zwei Anzeigen richten sich gegen das Skandieren des Hitlergrußes, was aber nicht heißt, dass es zwei Personen waren. Da ist die Anzahl der Anzeigen nicht deckungsgleich mit der Anzahl der Personen. Hier, denke ich, werden wir die Personen auch ermitteln können, weil es gute Fotos und Video aufnahmen gibt, und ich gehe davon aus, dass sie auch zeitnah einer Bestrafung zugeführt werden.

Meine Damen und Herren, das mit dem Erscheinungsverbot ist, so meine ich, eine Aufgabe, die jede Heimmannschaft oder jeder, der das Hausrecht ausübt, für sich entscheiden muss. Die Polizei berät aber vor jedem Risikospiel oder vor jedem Spiel, bezüglich dessen es Erkenntnisse gibt, dass es ein Risikospiel werden könnte, immer auch die Heimverantwortlichen Wenn zum Beispiel eine Mannschaft einen solchen Pseudofanteil hat, der gewaltbereit oder in einem Verband organisiert ist, wird na türlich vorab darauf hingewiesen, und dann werden vorab auch geeignete Maßnahmen festgelegt, um ein Betreten in solchem Aufzug zu verhindern oder zumindest zu erschweren.

Allerdings meine ich - das wird aber auch noch einmal ge prüft -, dass der Heimverein sein Heimrecht, sein Stadionrecht auch entsprechend geltend machen muss.

Haben wir es?

Wir haben es. Ich danke Ihnen für die Ausdauer. - Wir sind da mit am Ende der Fragestunde. Ich unterbreche die Sitzung bis 13 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.00 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.00 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Sitzung fort. Der Saal füllt sich langsam, die Besuchertribüne auch. Dort

nehmen gerade Mitglieder des DRK Kreisverbandes Ucker mark West/Oberbarnim e. V. Platz. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Stärkung und bessere Nutzung der Potenziale der In dustriekultur in Brandenburg

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/6531 (2. Neudruck)

Die Aussprache wird vom Abgeordneten Barthel für die SPDFraktion eröffnet.

Herr Präsident! Mein Geschäftsführer hat mir gesagt, er setzt den Antrag als prioritären Tagesordnungspunkt nach der Mit tagspause; er hat mir nicht verraten, dass wir damit eine einge schränkte Öffentlichkeit haben. Aber das Thema ist so wichtig, dass ich glaube, dass jeder, der sich dafür interessiert, jetzt auch hier im Saal sitzt.

(Vereinzelt Beifall SPD sowie der Abgeordneten Schwar zenberg [DIE LINKE])

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Nähert man sich dem Thema Industriekultur, stellt man mit Verwunderung fest, dass sich dabei viele gesellschaftliche Pro zesse und Zusammenhänge kreuzen und wie in einem Brenn glas fokussiert werden - zumal diese Vielfalt auf den ersten Blick nicht zu erwarten ist.

Ich will im Folgenden versuchen, einige dieser Zusammenhän ge herauszuarbeiten, und dabei deutlich machen, warum dieser Antrag gerade jetzt notwendig ist. Wir reden heute von der In dustrie 4.0, von Arbeit 4.0, von Wirtschaft 4.0. Um zu verste hen, was sich dahinter verbirgt, welche Wurzeln diese Bezeich nungen haben, welche Dimensionen gesellschaftlicher Verän derung dahinter zu finden sind, sollte man wissen und verste hen, was Industrie 1.0 bis 3.0 ist, und man sollte wissen, war um das so ist und woher wir kommen.

Die neuere Geschichte Europas ist von Industrialisierung ge prägt. Europa ist die Wiege der Industrialisierung, und diese hat Europa mächtig und reich gemacht. Sie startete gewisser maßen per Dampfmaschine und mechanischem Webstuhl und bahnte sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts den Weg nach Deutschland. Auch der Raum Berlin-Brandenburg, das damalige Preußen, erfuhr dabei eine grundlegende Wand lung vom Agrarstaat zum Industriestaat. Es entstanden neue Fabriken - hier seien die Namen Borsig und Siemens genannt -, neue Verkehrswege - im Rahmen der Diskussion bin ich über die Historie des Finowkanals aufgeklärt worden - und neue Ar beiterwohnsiedlungen.

Neben Berlin sind Orte wie Brandenburg an der Havel, Hen nigsdorf, Wildau, Luckenwalde, Ludwigsfelde oder auch Or

trand Orte, deren Gesicht durch Industrie geprägt wurde. Viele dieser Orte waren wegen ihrer industriellen Bedeutung Ziel von Luftangriffen während des Zweiten Weltkrieges. Auch das verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen industrieller und gesellschaftlicher Entwicklung.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hat Industrie das Gesicht unseres Landes geprägt. Zeugnisse dessen sind unter anderem Schwedt, Premnitz und Eisenhüttenstadt. Am deutlichsten sichtbar ist der enge Zusammenhang zwischen industrieller Entwicklung und gesellschaftlichem Wandel in der Braunkoh le- und Energieregion Lausitz. Deshalb ist es sicher auch nicht verwunderlich, dass hier die Beschäftigung mit Industriekultur als touristisches Potenzial zuerst erkannt und mit der ENER GIERoute das am weitesten entwickelte touristische Konzept gemeinsam mit der TMB und dem MWE erarbeitet und umge setzt wurde.

Wir haben für die Weiterentwicklung der Industrieroute und die Adaption durch andere Regionen deshalb im Doppelhaus halt 2017/2018 300 000 Euro zur Verfügung gestellt.

(Vereinzelt Beifall SPD sowie der Abgeordneten Loehr und Schwarzenberg [DIE LINKE])

Die Industriekultur ist aber nicht allein ein touristisches The ma. Sie spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle als Teil der eigenen Vergangenheit und der städtischen bzw. regionalen Identität. Deshalb sind weiterhin umsetzbare Lösungen zur so zialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Inwert setzung industrieller Hinterlassenschaften sowie industriell ge prägter Städte und Regionen gefragt. Der Landtag versteht Or te der Industriekultur als wertvolle, nachhaltige und zukunfts fähige Ressourcen, die es verstärkt zu nutzen gilt.

(Vereinzelt Beifall SPD sowie der Abgeordneten Loehr, Schwarzenberg [DIE LINKE] und Schinowsky [B90/ GRÜNE])

Eben weil Industrie das Bild unserer Städte geprägt hat und noch heute prägt, halten wir es für wichtig, bauliche Maßnah men zur Instandsetzung und Umgestaltung von Industriedenk mälern aus dem Programm der Städtebauförderung mitzufi nanzieren - natürlich auf der Basis städtebaulicher Gesamtkon zepte. Und bei Antragstellungen und Stellungnahmen zum Bundesprogramm „National wertvolle Kulturdenkmäler“ und zum Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes müssen Brandenburgs Städte der Industriekultur stärker Berücksichti gung finden. Das unterstützen wir ausdrücklich.

Bauten sind wichtige, aber eben nur stumme Zeugen industri eller Entwicklung. Geprägt wurde und wird wirtschaftliche Entwicklung von Menschen. Deshalb war es mir persönlich wichtig, dass es im Antrag auch eine Aussage zum Bildungspo tenzial der Industriekultur gibt. Industriekultur legt Zeugnis von Erfindergeist, Unternehmertum und gesellschaftlichem Engagement von Unternehmen und Arbeitnehmern. Es gibt viele positive Beispiele für dieses Engagement, aber eben auch Verstrickung in Unrecht. Auch darüber muss gesprochen wer den.

Um den Bogen zum Anfang meines Redebeitrages zu spannen: Nur wer weiß, welche Rolle Industrie für unsere gesellschaftli che Entwicklung und unseren jetzigen Wohlstand gespielt hat

und noch heute spielt, und das auch erlebt, der wird sich für einen Industriearbeitsplatz entscheiden - ich denke an die Dis kussion heute Morgen - und auch verstehen, dass Industrie 4.0 eine Herausforderung ist und zugleich Chancen birgt. Der neue Rahmenlehrplan, der im September in Kraft tritt, bietet den Bildungseinrichtungen viele Möglichkeiten, auf diese Themen einzugehen. Ich wünsche mir, dass das auch konsequent ge nutzt wird.

Noch einen Aspekt in Sachen Industriekultur möchte ich er wähnen: die Nutzung von Produkten industrieller Massenferti gung, um einen Industriestandort erlebbar und bekannt zu ma chen. Und jetzt folgt der Werbeblock für meinen Wahlkreis: In Ludwigsfelde wurden in den 50er- und 60er-Jahren Motorrol ler gebaut: der Pitty, der Troll, nicht zu vergessen der BerlinRoller - einige kennen sie vielleicht. Das Industriemuseum der Stadt und der Freundeskreis organisieren seit Jahren regelmä ßig Rollertreffen in Ludwigsfelde. Inzwischen gibt es eine rie sige Zahl von Teilnehmern dieser Treffen, und auch ich und mein Kollege Eichelbaum sind dort gern gesehene Gäste. Die Teilnehmer kommen aus fast allen Bundesländern und sogar aus dem europäischen Ausland - und zwar per Roller -, bei spielsweise aus Norwegen und der Schweiz. Die Stadt lebt die ses Rollertreffen.

Einladen möchte ich Sie allerdings nicht zum Rollertreffen, sondern zu einem anderen, nämlich dem Nutzfahrzeugtreffen, das in Ludwigsfelde vom 25. bis 28. Mai stattfindet. Hier geht es um ein weiteres Produkt, das in Ludwigsfelde hergestellt wurde: der W50 bzw. der L60. Ludwigsfelde war bekanntlich der einzige Lkw-Produktionsstandort in der DDR. Und weil in Ludwigsfelde inzwischen Sprinter von Mercedes-Benz produ ziert werden, sieht sich die Stadt zu Recht als Autostadt. Das ist gelebte Industriekultur. Sicher gibt es sie in ähnlicher Weise auch in anderen Orten unseres Landes. Den dort engagierten Menschen möchten wir ausdrücklich danken.

(Vereinzelt Beifall SPD, der Abgeordneten Loehr und Schwarzenberg [DIE LINKE] sowie der Abgeordneten Wichmann und Senftleben [CDU])

Damit möchte ich meinen Redebeitrag schließen und Sie bit ten, diesen Antrag zu unterstützen. Denn er bietet wesentliche Potenziale, die Industriekultur in unserem Land noch stärker zu nutzen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE sowie der Abgeordneten Schinowsky [B90/GRÜNE])

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Si cherlich ist Industriekultur in Brandenburg ein wichtiges The ma. Ich habe mich nur gefragt, verehrte Kolleginnen und Kol legen, warum die Koalitionsfraktionen sich bei der Möglich keit, ein prioritäres Thema zu bestimmen, dieses Thema ausge sucht und zum Beispiel nicht ein Thema gewählt haben, das ich für wichtiger erachtet hätte, wenn es um wirtschaftspoliti sche Kompetenz geht. Zum Beispiel hätte man zu dieser wich

tigen Tageszeit einen Antrag „Bessere Nutzung der Potenziale der industriellen Kerne zur Stärkung ihrer Wachstumskräfte unter Einsatz aller Ressourcen der Landesregierung“ einbrin gen können.

(Beifall CDU und AfD)

Ich möchte nicht, lieber Kollege Helmut Barthel, dass Sie böse sind. Aber: Wir sind Wirtschaftspolitiker, und es ist unsere Aufgabe, die Wirtschaft und die Industrie im Land Branden burg zu stärken. Dazu gehört sicherlich auch die Industriekul tur. Ich will das Thema gar nicht schlechtreden. Ich habe mich nur gewundert, dass Sie es als prioritäres Thema auf die Tages ordnung setzen und danach ein meiner Ansicht nach unglaub lich wichtiges Thema an die zweite Stelle setzen - nämlich die Behandlung der Volksinitiative zur Kreisgebietsreform. Ein Schelm, wer Böses vermutet.

(Beifall CDU und AfD)

Sie haben das eben sehr anschaulich geschildert, ich bin da auch ganz bei Ihnen: Es ist sicherlich spannend und interes sant, wie wir die Potenziale der Industriekultur im Land Bran denburg besser nutzen können. Wir alle begegnen der Frage auch in unseren Wahlkreisen und sind da alle aktiv. Aber wenn ich mir den Antrag anschaue, Kollege Barthel, fällt mir ein wunderbarer deutscher Spruch ein: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein.

(Vereinzelt Heiterkeit CDU)