Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache und rufe den An trag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE - Tou ristische Infrastruktur in Brandenburg sichern und weiter quali fizieren - auf Drucksache 6/6069 zur Abstimmung auf. Wer möchte dem Antrag zustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen.
Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN eröffnet. Herr Abgeordneter Jungclaus, bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Ein mal angenommen, ich hätte bei der Landtagswahl den Gegen kandidaten der SPD meines Wahlkreises zum Kaffeetrinken treffen wollen - also nur angenommen! -,
wäre ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln von meinem Wohn ort Neuenhagen sage und schreibe über eine Stunde unterwegs gewesen, um den lieben Jörg Vogelsänger in seinem Zuhause in Erkner zu besuchen,
obwohl Neuenhagen und Erkner in einem Wahlkreis und nicht einmal 14 Kilometer voneinander entfernt liegen.
Woran aber liegt es, dass die ÖPNV-Verbindung dermaßen schlecht ist und die Wahl so fast zwangsläufig auf das Auto fällt, vorausgesetzt, man hat eines? Meist liegt es daran, dass
die nach Berlin führenden Verbindungen vom Schienennetz recht gut abgedeckt sind, will man aber mit dem ÖPNV zwi schen diesen Radialen unterwegs sein, wird es schwierig, vor allem, wenn diese Orte - wie Neuenhagen und Erkner - in ver schiedenen Landkreisen liegen.
Wie Sie vermutlich auch, erreichen uns immer wieder Berichte über Busverbindungen, die völlig an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeigeplant worden sind. Nicht zuletzt wegen solcher Berichte setzen wir uns für eine verlässliche Verkehrs anbindung auch abseits der Schiene ein. Sicher, Kreisgrenzen sind nicht das einzige Problem des Busverkehrs, aber ein ent scheidendes. Busse enden vorwiegend an den Landkreisgren zen. Zuständig für die Bestellung sind nun einmal die Kreise, und diese haben in der Regel wenig Motivation, sich über Lini enführungen außerhalb ihrer Grenzen Gedanken zu machen. Der Busverkehr krankt am Klein-Klein der regionalen Zustän digkeiten. Seien wir ehrlich! Busse in Brandenburg - da haben die meisten nur den Schülertransport vor Augen, und davon müssen wir weg, meine Damen und Herren.
Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele aus RheinlandPfalz, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland. Diese Länder för dern Verbindungen, die als bedeutsam für das Land eingestuft werden, wenn sie in einem guten Takt fahren und der Übergang zur Schiene gewährleistet ist. Der VBB ist bereits einen ersten Schritt in diese Richtung gegangen und bietet gemeinsam mit den Landkreisen den PlusBus an. Sicher, der PlusBus ist ein gutes Projekt, wir brauchen aber mehr davon. Und vor allem wollen wir, dass das Verkehrsangebot über Kreisgrenzen hin weg erfolgt, denn bisher verkehren auch die PlusBusse nur landkreisintern, sieht man von den Linien ab, die die kreisfrei en Städte Brandenburg und Potsdam bedienen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Initiative für ein Netz landesbedeutsamer Buslinien ändert nichts an unserer Grund haltung, dass der Bahnverkehr das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs sein muss. Busse sollen Bahnlinien nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen. Nur so bekommen wir mehr Menschen in den ÖPNV.
Ich bin fest davon überzeugt: In einem attraktiven auch land kreisübergreifenden Busverkehrsnetz liegen große ungenutzte Potenziale. Deshalb fordern wir in unserem Antrag erstens, ein Zielnetz zu erstellen. Die Landesregierung muss also erstens diejenigen Linien definieren, auf denen der Einsatz landesbe deutsamer Buslinien in Brandenburg sinnvoll ist. Wo in Bran denburg können solche Busse Lücken in der Mobilität schlie ßen? Das Gutachten, das wir vor ca. zwei Wochen vorgestellt haben, zeigt schon einige Beispielstrecken und Potenzialanaly sen und bildet deshalb hier eine sehr gute Grundlage. Sie müs sen also nicht bei null anfangen.
Zweitens sind finanzielle Anreize zu schaffen. Landesbedeut same Buslinien werden kein Vermögen kosten, weil ja vor al lem bestehende Verbindungen besser miteinander vernetzt werden. Die Finanzierung zusätzlicher Streckenkilometer für Lückenschlüsse sollte dann aber aus Landesmitteln möglich sein. Momentan bezuschusst das Land die Kreise mit ca. 85 Millionen Euro für den Busverkehr ausschließlich aus Regionalisierungsmitteln des Bundes. Zu den Landesförderun gen sollten aber auch Kriterien und Qualitätsstandards entwi
ckelt werden, auf deren Grundlage dann die Landesförderung erfolgen kann, zum Beispiel Fahrradmitnahme, Niederflurein stieg, WLAN etc., in erster Linie aber ein dichtes Fahrplanan gebot und ein guter Übergang zur Schiene.
Drittens ist die Integration in Mobilitätsstrategie und Nahver kehrsplan erforderlich. Die Erarbeitung des Landesnahver kehrsplans 2018 - 2020 ist gerade angelaufen. Demnach ist jetzt genau die richtige Zeit, die landesbedeutsamen Buslinien darin zu verankern. Dabei ist es natürlich von Vorteil, sich mit den Bundesländern auszutauschen, die solche Linien bereits eingeführt haben oder dabei sind. Ziel sollte es sein, hier nicht nur über das Fahrplanangebot zu sprechen, sondern beispiels weise auch darüber, wie man ein attraktives Marketing für die Busse entwickelt oder wie die Kooperation mit dem Touris mussektor auch als Nutznießer und Kommunikator funktionie ren kann, denn auch Touristen nutzen ja Busse; das kam in der Debatte zum vorigen Tagesordnungspunkt ein Stück zu kurz.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen Menschen in Brandenburg nicht aufteilen in solche, die das Glück haben, in der Nähe eines Bahnhaltepunktes zu wohnen, und jene, de ren Haus fernab davon steht. Deshalb brauchen wir in Bran denburg ein gut funktionierendes Busnetz, auch über Kreis grenzen hinaus.
Um unsere Vorschläge aus dem vorliegenden Antrag im Fach ausschuss gemeinsam zu diskutieren, haben wir Überweisung beantragt. Ich bitte um Zustimmung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lie be Gäste! Grundsätzlich ist der Ansatz in Ihrem Antrag, liebe Abgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Bahn- und Busangebote besser miteinander zu verzahnen, richtig, denn die Zahl der Buspendler steigt seit 2005 stetig. Nach An gaben vom November vergangenen Jahres sind wir das Bun desland mit der höchsten Auspendlerquote. Fast jeder dritte Beschäftigte pendelt über die Landesgrenzen nach Berlin oder an einen anderen Ort, und rund 80 000 Menschen fahren von Berlin nach Brandenburg zur Arbeit.
Je besser Pendler mit dem ÖPNV zu ihren Arbeitsorten, zum Beispiel nach Berlin, kommen, desto eher sind sie geneigt, an ihrem Wohnort in Brandenburg zu bleiben. Ein leistungsfähi ger ÖPNV ist somit eine Chance für das gesamte Land. Und es ist richtig: Zu einem leistungsfähigen ÖPNV gehören auch Busverbindungen, die optimal an den Schienenverkehr ange bunden sind. Es müssen Busverbindungen sein, die nicht vor Landesgrenzen halt machen - da haben Sie völlig Recht -, son dern sich nach der Nachfrage richten. Aber die ganz simple Frage ist doch, ob das Land Brandenburg überhaupt in der Ver antwortung steht, diesen von Ihnen formulierten Ansatz prak tisch umzusetzen. Anders formuliert: Gehört dieses Verzah nen - wie Sie es nennen - zu den originären Aufgaben des Lan
des? Wir meinen nein. Ich will auch sagen, warum. Es gibt eine funktionelle Aufgabenteilung zwischen dem Land, den Land kreisen und den kreisfreien Städten. Dabei übernimmt das Land den SPNV und die Anderen übernehmen den sogenann ten übrigen öffentlichen Personennahverkehr. Für diesen stellt das Land Brandenburg den Aufgabenträgern in den Landkrei sen über das ÖPNV-Gesetz finanzielle Mittel zur Verfügung. Um Pendelverkehre zu vermeiden und somit darüber hinaus klare Verantwortlichkeiten für die sogenannten SPNV-ÖPNVVerknüpfungspunkte zu definieren, gibt es klare und eindeutig festgelegte Verfahren; das können Sie im Landesnahverkehrs plan 2013 bis 2017 nachlesen. Für den übrigen ÖPNV sind die Landkreise und die kreisfreien Städte zuständig. Ich kann kei ne Gründe erkennen, warum sich diese nicht auf überregionale Verbindungen verständigen können sollten.
Dass diese Verständigungen funktionieren, hat zum Beispiel die Verkehrsgesellschaft Belzig im Jahr 2014 gezeigt, als das Pilot projekt PlusBus - das haben Sie auch genannt - den Betrieb auf nahm. In der Pressemitteilung hieß es - damit komme ich auf Ihren Antrag zurück -: „Busse und Bahnen besser verzahnen“.
PlusBus in Brandenburg bedeutet Stundentakt von 6 bis nach 20 Uhr, kurze Übergangszeiten zwischen Bahn und Bus und Fahrten am Wochenende. Zum ersten Mal wurde dabei ein Li nienbuskonzept mit einheitlichen Qualitätskriterien umgesetzt. Qualitätsstandards für landesbedeutende Buslinien gibt es also schon, sie müssen nicht erst entwickelt werden, wie im Punkt 2 Ihres Antrags gefordert.
Sicher können sich die einzelnen Aufgabenträger noch besser verständigen - das geht immer -, wenn die vielfältigen Anfor derungen des Berufs- und Freizeitverkehrs befriedigt werden sollen. Wenn sie das bisher noch nicht ausreichend getan ha ben, erwarten wir, dass sie ihrer Verantwortung künftig besser nachkommen.
Dass der PlusBus ein Instrument in den ländlichen Räumen Brandenburgs ist, das angenommen und immer stärker genutzt wird, beweist die Tatsache, dass es inzwischen sechs PlusBusLinien in unserem Land gibt. Der PlusBus erfüllt genau die Anforderungen, die in Ihrem Antrag, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, an landesbe deutsame Buslinien gestellt werden. Es gibt immer mehr Busli nien in Brandenburg, aber nicht etwa deshalb, weil sie vom Land finanziert werden. Es gibt sie, weil sie attraktiv sind. Auch der Dialog und der Austausch mit den Bundesländern, die bereits landesbedeutsame Buslinien haben, finden seit län gerem statt, womit sich eigentlich auch Ihr Punkt 4 erledigt hat. Auf jeden Fall - das darf ich Ihnen zum Schluss versichern - ist das Thema uns so wichtig, dass es Eingang in den Landesnah verkehrsplan finden wird. Ihren Antrag und auch die Überwei sung lehnen wir deshalb ab. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es vorab zu sagen: Ich halte die Ablehnung des Antrages als
Ihre Herangehensweise - das wird an den nächsten Plenartagen nochmals eine Rolle spielen -, die Mobilitätsstrategie des Lan des mit Inhalten zu füllen und die Aufgabe zur Erfüllung dieser Mobilitätsstrategie der Landesregierung zuzuspielen, deutet ein Stück weit an, wohin die Reise gehen soll: Alles soll so bleiben, wie es ist, keiner soll sich Gedanken machen, Sie in der Koalition schon gar nicht, sondern die Landesregierung soll mal sehen, dass sie irgendwas zurechtbastelt.
Jetzt hat eine Fraktion eine Idee, hat Visionen, wie Mobilität 2030 im Land Brandenburg funktionieren könnte. Dann kom men Sie daher und erklären uns: Das Land Brandenburg hat hier gar keine Verantwortung. - Natürlich hat das Land Brandenburg für die Mobilität seiner Menschen eine Verantwortung -
Sie sagen, das Land ist für den SPNV zuständig. Dazu haben wir vom Kollegen Jungclaus gerade gehört: Ja, für die Organi sation schon, für die Bezahlung verlassen wir uns auf den Bund, und das machen wir bei Bussen auch. Die Zukunft des Busverkehrs kann doch nicht davon abhängig sein, ob ich in einem Landkreis lebe, der finanziell wie organisatorisch in der Lage ist, diesen PlusBus zu bezahlen. Lebe ich in solch einem Landkreis - die wollen Sie übrigens auch alle abschaffen -, fin det der Busverkehr statt, wenn nicht, habe ich Pech. Das kann doch keine zielorientierte Mobilitätsstrategie 2030 werden!
Ich finde die Konzeption - ich habe sie aufmerksam gelesen - in den Ansätzen bis hin zu den Fallbeispielen, was an Potenzial auf diesen Strecken vorhanden ist, sehr gut. Wenn wir uns dem annähern wollen, was im Landesentwicklungsplan dazu steht, muss ich sagen, dass wir Brandenburg, was Siedlungsstruktu ren und Möglichkeiten der Erholung usw. angeht, ein Stück weit schneller und besser erreichbar machen wollen. Hier geht es - den Eindruck habe ich auch von der Studie - um Ergän zung statt Ersatz. Es kann gar nicht die Rede davon sein, dass es hier eine geteilte Aufgabenwahrnehmung des Landes gibt. Das halte ich für völlig herbeigezogen.
Wir erhielten jetzt übrigens die Broschüre - vielleicht haben Sie sie auch alle - „Das erwartet dich 2017 im #VBBLand“.
Außer, dass ich diesem Schreiben des VBB entnehmen darf, dass in Zukunft Freizeit mit V geschrieben wird,