Protocol of the Session on December 15, 2016

(Wichmann [CDU]: Doch, Sie werden untergehen! - Frau Lieske [SPD]: Schwachsinn!)

sondern wir haben starke Städte und Landkreise, wir haben ef fektiv arbeitende öffentliche Verwaltungen. Und hier wird nie mandem die Heimat genommen!

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Es geht darum, gemeinsam einen Weg zu finden - und zwar nicht für jetzt, sondern ab 2030 -, eine effiziente Verwaltung aufzubauen. Das ist ein schwieriger Weg, das wissen wir. Er wird auch nicht einfacher werden, auch das wissen wir. Aber so zu tun, als gäbe es keine Handlungsnotwendigkeiten, halte ich vor dem Hintergrund, dass die finanzielle Situation einiger kreisfreier Städte so ist, dass sie praktisch handlungsunfähig sind - was nicht nur etwas damit zu tun hat, dass die Finanzen neu geordneten werden müssen, sondern ein strukturelles Pro blem ist -, nicht für verantwortbar.

(Beifall der Abgeordneten Johlige [DIE LINKE])

Drittens: Altanschließer. Herr Senftleben, ich habe hier im Landtag mehrfach gesagt, ich hätte mir eine Entscheidung zu den Altanschließern vor der Sommerpause gewünscht. Da kri tisieren Sie uns zu Recht. Wo Sie uns aber zu Unrecht kritisie ren, ist ein ganz anderer Punkt. Das, was wir jetzt als Paket vorgelegt haben,

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄH LER Gruppe])

sichert allen Verbänden den Zugang, sodass sie in der Lage sind, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, wie weit sie auszahlen wollen. Und das ist mit diesem Paket sichergestellt.

(Gelächter des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

Und hier wird das Land nicht gespalten, sondern wir stehen vor einer ganz anderen Herausforderung: Meine Damen und Her ren, wenn wir auf Dauer Wasserver- und Abwasserentsorgung sicherstellen wollen, werden wir um eine Veränderung von Verbandsstrukturen nicht herumkommen.

Herr Senftleben, Sie wissen das: Insbesondere bei Ihnen im Sü den, aber nicht nur bei Ihnen, sondern auch in anderen Regionen des Landes, werden wir wirtschaftlich tragfähige Verbandsstruk turen aufbauen müssen. Dazu sind auch Gelder zur Unterstüt zung bereitgestellt worden. Wenn wir das jetzt nicht miteinander koppeln, befürchte ich, wird es uns niemals gelingen,

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄH LER Gruppe])

im Wissen darum, dass es kommunale Hoheit ist, im Wissen darum, dass man so etwas nur mit gemeinsamen Gesprächen umsetzen kann. Aber wir müssen uns auch entscheiden, diesen Weg zu gehen.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir als Koalitionsfraktionen keine Änderungsanträge vorgelegt hätten, hätte sich mögli cherweise die Opposition vorn ans Pult gestellt und gesagt: Sie haben keine eigenen Ideen! - Legen wir Änderungsanträge vor, ist es ein „schlampig gemachter Haushalt“.

(Galau [AfD]: Ist ja auch richtig!)

Da sage ich Ihnen: Nein, der Haushaltsentwurf, den die Lan desregierung vorgelegt hat, bildet im Prinzip das Mengenge rüst 2017/18 dieser Koalition ab:

(Galau [AfD]: Der Entwurf kam doch von Ihnen!)

das, was wir als Koalitionsfraktionen in politischer Verantwor tung gemacht haben, das, wo es uns notwendig schien, Akzente auszubauen, bzw. wo wir auch auf neue Entwicklungen reagiert haben. Insofern trifft der Vorwurf schlicht und ergreifend nicht zu, dass dieser Doppelhaushalt einfach nur ein Geldausgeben sei.

Ich glaube, er hat einen Vierklangcharakter. Es ist ein Vier klang, der einmal von Vorsorge gekennzeichnet ist, von Vorsor ge in verschiedensten Bereichen: was den Straßenbau betrifft, was die kommunale Investitionsfähigkeit betrifft, was den erstmaligen Einsatz von Landesmitteln im Bereich ÖPNV betrifft - auch das ist abgebildet -,

(Dr. Redmann [CDU]: Aber nicht bei den Pensionsleis tungen! Wo ist da die Vorsorge?)

was den Kitabereich betrifft, was den Schulbereich betrifft und auch was die Ausbildung von zukünftigen Angestellten hier im Land Brandenburg betrifft - um nur einige Beispiele zu nennen.

Er ist auch davon gekennzeichnet, dass wir Investitionen sicher stellen. Da hätte ich mir gewünscht, dass wir heute vielleicht auch einmal eine Debatte darüber führen, was uns eigentlich ab 2020 erwartet, wenn tatsächlich die Schuldenbremse greift und möglicherweise eine Politik der schwarzen Null weiterhin den Schwerpunkt von Finanzpolitik bildet. Es ist nicht nur bei den Linken, sondern auch in der Wirtschaftswissenschaft und allen Parteien angekommen, dass man trotz Schuldenbremse, trotz der sicherlich richtigen politischen Fokussierung auf einen wei teren Schuldenabbau natürlich auch die Kapitalbilanz eines Landes lesen muss. Sie wissen, dass die Kapitalbilanz der Bun desrepublik Deutschland sozusagen negativ ist. Das weist dar auf hin, dass wir ein Investitionsproblem haben. Ich glaube, niemand in diesem Saal wird bestreiten, dass wir bundesweit einen Investitionsstau zu verzeichnen haben, und zwar in Grö ßenordnungen. Mit diesem Haushalt legen wir auch die Bau steine dafür, im Land Brandenburg verantwortlich mit dieser Situation umzugehen, und das Grundgerüst dafür, dass Investi tionen im Land Brandenburg weiterhin gewährleistet sind und ausgebaut werden können, was ich ausdrücklich begrüße, weil wir anders die Frage der wirtschaftlichen und sozialen Entwick lung des Landes Brandenburg nicht beantworten können.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Und es gibt einen dritten Punkt. Es geht auch um die Stärkung der sozialen Verantwortung des Landes. Da war ich ein biss chen überrascht, was Sie zum Thema Polizei gesagt haben. Mit der neuen Zielzahl von 8 250 erfolgt doch kein weiterer Abbau, sondern wir als Koalition und Landesregierung haben Pläne korrigiert - gerade vor dem Hintergrund, dass der Umgang mit der Frage der inneren Sicherheit natürlich auch durch den Ein satz von Polizei dokumentiert wird. Wir als rot-rote Koalition haben seit unserer ersten gemeinsamen Legislaturperiode dafür gesorgt, dass wieder ausgebildet wird - etwas, was wir im Land Brandenburg jahrelang nicht hatten.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Abgeschafft!)

Und, meine Damen und Herren, wir haben unsere soziale Ver antwortung auch in solchen Bereichen wahrgenommen, bei de nen ich immer sage: Das ist so etwas wie der soziale Kitt dieser Gesellschaft. Wir unterstützen die Altenpflegeausbildung doch nicht nur deshalb, weil wir Fachkräftemangel haben, sondern weil Altenpflege eine gesellschaftliche und soziale Herausfor derung ist, die in den nächsten Jahren nicht ganz unwesentlich über das Zusammenleben von Generationen entscheiden wird.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Oder auch die Frage der weiteren Unterstützung der freien Kulturschaffenden: Wir alle wissen, welche enorm wichtige Rolle dieser Bereich spielt, damit sich eine Gesellschaft mit sich selbst identifiziert, damit sie Ziele definieren kann, damit ein regionaler und sozialer Zusammenhalt geschaffen wird. Auch in diesem Bereich gehen wir verantwortlich mit der Her ausforderung um und sorgen für ein soziales Brandenburg.

Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle noch ein mal deutlich sagen: Natürlich werden wir uns über die Sicher heitsarchitektur des Landes Brandenburg unterhalten müssen. Aber ich sage Ihnen auch: Die Linke wird jede Reduktion der inneren Sicherheit, auch im Bereich Verfassungsschutz, ableh nen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Bei der Sicherheitsarchitektur von der Polizei über Staats schutz, Verfassungsschutz, Bildung bis zum Toleranten Bran denburg - all das, worauf wir uns stützen - muss gemeinsam ein Weg gefunden werden, um innere und soziale Sicherheit tatsächlich gestalten zu können. Diese Herausforderung neh men wir an.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, bei allem - aus meiner Sicht - berechtigten Stolz auf den vorgelegten Haushaltsent wurf und die weiteren Beratungen sollten wir nicht so tun, als wüssten wir nicht, welche Herausforderungen auf uns warten. Erstens: Wir werden umsetzen müssen, was wir heute und im Laufe der nächsten zwei Tage entscheiden. Und Sie alle wis sen: Der soziale Wohnungsbau, der Straßenbau und, und, und - das sind Fragen, die man nicht mit einem Federstrich klärt, sondern wir brauchen Zeiträume, um das umzusetzen. Dieses Umsetzen ist mindestens genauso schwierig wie das Finden von Sachverhalten im Bereich der Haushaltsberatungen selbst. Insofern wird es ein Schwerpunkt unserer Koalition sein, dafür zu sorgen, dass das, was wir an sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen umsetzen zu müssen meinen, tatsächlich umge setzt wird. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Wir haben eine ganze Reihe von Untersu chungen laufen, die die Entwicklung des Landes perspekti visch bestimmen werden. Da geht es um die Neuordnung des Landesentwicklungsplans, da geht es um die ÖPNV-Entwick lung. All das sind Entscheidungen, die in den nächsten Jahren gefällt werden müssen, weil das Voraussetzungen für die Ent wicklung des Landes insgesamt sind. Wir haben außerdem die Herausforderung der Bund-Länder-Beziehungen und auch die Herausforderung, uns weiterhin gemeinsam mit Berlin auf Schwerpunkte einer gemeinsamen regionalen Entwicklung zu einigen.

Insofern ist mit diesem Doppelhaushalt, den wir heute und in den nächsten beiden Tagen beraten, nicht eine Entwicklung ab geschlossen, sondern dieser Doppelhaushalt ist die Brücke zu weiteren und neuen Entscheidungen; aber diese Brücke ist fest und sichert uns einen Weg, die wirtschaftliche und soziale Ent wicklung im Land Brandenburg auch umzusetzen.

Insofern freue ich mich auf die weitere Debatte und möchte noch auf einen Punkt aufmerksam machen: Wir haben in den Ausschüssen insgesamt 305 Anträge beraten. Dazu zählten 22 Anträge, die die Koalition mit der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der CDU-Fraktion eingebracht hat. Es gab noch nie eine Haushaltsberatung mit 22 gemeinsamen Anträ gen von Opposition und Koalition.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Zweite ist: In der Vorbereitung auf die heutige Sitzung musste ich feststellen, dass die AfD-Fraktion mit ihren Ände rungsanträgen, die sie in das Plenum und in den Haushaltsaus schuss eingebracht hat - in den Fachausschüssen hatte sie keine gestellt -, den gravierenden politischen Unterschied zwischen uns deutlich gemacht hat. Die AfD hat beantragt, alles, was mit Integration, dem Konzept Tolerantes Brandenburg sowie Gen dermaßnahmen zusammenhängt, zu streichen.

(Beifall der Abgeordneten Galau und Schröder [AfD])

Hier ist einfach ein fundamentaler politischer Unterschied deutlich geworden, und das ist gut so,

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

denn so kann man eine Diskussion darüber führen. Wer in der gegenwärtigen Situation die Integrationsleistungen kürzen will, der zündelt am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Inso fern weisen wir diese politische Intention auf das Schärfste zu rück.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir werden uns nicht der Instrumente berauben, die notwendig sind, um Integration im Land Brandenburg umzusetzen. Das hat nichts mit Gutmenschentum oder dem Tragen einer rosaro ten Brille zu tun, sondern damit, dass wir den politischen An spruch haben, dass jeder Mensch in diesem Land eine Chance hat; dafür wollen wir die Voraussetzungen schaffen. Daran werden wir festhalten und uns damit im Kontext der Bundes tagswahl sicherlich noch verstärkt auseinandersetzen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Jung.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Christoffers, ich werde auf das Tolerante Brandenburg einge hen. Ich habe dazu, wie gesagt, eine völlig andere Haltung. Da zu werde ich nachher ausführen.

Der Versuch der SPD in den letzten und den kommenden zwei Jahren, in der Staatskanzlei immer mehr Referenten einzustel len und hohe Beamtenstellen samt Fahrdienst zu schaffen, kommt schon einer besonderen Finesse gleich; das muss man sagen. Das Aufblähen der Staatskanzlei kostet Sie von Rot-Rot ein Lächeln. Den brandenburgischen Steuerzahler hingegen kostet es immer wieder viel Geld. Das ist das Signum der rotroten Landesregierung: Steigen die Einnahmen, dann ist Geld ausgeben natürlich umso lockerer. Nur, die rund 18 Milliarden Euro Schulden dieses Landes werden davon nicht weniger. Til gung gleich Null. Eine rote Null - und zwar ohne Tilgungsplan. Und dann kritisieren die roten Nullen aus Brandenburg die schwarzen Nullen auf Bundesebene.

(Domres [DIE LINKE]: Wie witzig!)

Dort versucht man durch Steuerreförmchen wenigstens den An schein zu erwecken, als würde man die kalte Progression bei der Einkommensteuer, die die Mittelschicht und den Mittel stand besonders trifft, wegzaubern. Sie in Brandenburg erhöhen die Grunderwerbsteuer und schaden insofern auch wieder der Mittelschicht und dem Mittelstand, und zwar enorm.