Protocol of the Session on December 15, 2016

Insgesamt kann dieser Haushaltsentwurf den Anspruch nicht erfüllen. Mit ihm wird weder die Zahl der Altfälle sinken noch der Krankenstand. Es wird weder die Mitarbeiterzufriedenheit steigen noch die Zahl der Nachwuchskräfte. Deswegen können wir nicht zufrieden sein.

Ich hätte an einen Grünen-Haushalt andere Erwartungen und ich weiß schon: Auch wir Grünen können das Geld nicht her beizaubern. Wenn wir aber schon nicht deutlich mehr Geld ha ben, das wir in die Justiz fließen lassen können, dann müssen wir mit dem, was wir haben, besonders sorgsam umgehen: nämlich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz. Ich wage zu behaupten, dass wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN, zum Teil zusammen mit der CDU, im Rechtsausschuss richtig gute Ideen vorgelegt haben, wie man mit wenig Einsatz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel tun kann.

Erstens zum Thema Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvoll zieher: Hierzu haben wir heute schon einiges gehört. Es ist

zwar gut, dass hier erstmals wieder neue ausgebildet werden, aber wir haben erst im letzten bzw. vorletzten Plenum darüber diskutiert: Dieser Beruf ist trotzdem bald Mangelware. Dieser Beruf ist so anspruchsvoll geworden und wird so schlecht be zahlt - das geht so weit auseinander -, dass sich hier ein merkli cher Fachkräftemangel auftut. Unser Vorschlag als BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN war, die Ausbildung zu akademisieren, etwas besser zu bezahlen und schwupps wäre der Fachkräfte mangel ein gutes Stück behoben. Das wurde aber von Ihnen abgelehnt und findet sich deswegen auch nicht im Haushalt.

Zweites Thema Staatsanwaltschaften: Wir haben im Rechts ausschuss gelernt, dass es Amtsanwälte gibt, die viele Aufga ben übernehmen könnten, die bisher von Staatsanwälten wahr genommen werden. Umgekehrt ist es so, dass wir in Brandenburg viele Staatsanwälte haben, die Aufgaben übernehmen, die eigentlich Amtsanwälte erledigen sollten. Die Amtsanwälte sind an vielen Stellen dafür viel besser geeignet und - wir sind ja in einer Haushaltsdebatte - sie sind auch deutlich günstiger. Unser Vorschlag war deswegen - auch er wurde von Ihnen ab gelehnt -, an einigen Stellen Amtsanwälte einzustellen, die die Staatsanwaltschaften mit relativ wenig Einsatz sehr stark ent lasten könnten.

Dritter Punkt - Axel Vogel hat es vorhin schon gesagt -: Die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister sind die Ein zigen, die noch nach A 4 besoldet werden. Die Ansprüche an diesen Beruf haben sich auch deutlich gesteigert. Wenn Sie sich vor Augen führen, dass eine Justizwachtmeisterin am Ge richt Taschen- oder Personenkontrollen durchführen muss, und dann kommt plötzlich so ein Reichsbürger, dann brauchen Sie in diesem Fall ganz andere, ja, interkulturelle Kompetenzen als noch vor vielen Jahren.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und DIE LINKE - Heiterkeit der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Deswegen ist eine Höherbesoldung durchaus angebracht - auch das kostet wirklich nicht viel Geld; auch das könnte mit relativ wenig Einsatz viel bewirken.

Deswegen haben wir diesen Antrag gemeinsam mit der CDU, die sich davon hat überzeugen lassen - herzlichen Dank dafür -, noch einmal zur Abstimmung gestellt, und zwar stellvertretend für unsere Haltung, für die Haltung, mit wenigen, nicht teuren Maßnahmen viel für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz zu tun; denn sie sind das Wichtigste, was wir haben.

Fazit: Wir müssen diesen Justizhaushalt ablehnen, aber wir werben um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Jungclaus fort, der ebenfalls für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordne te! Verehrte Gäste! Auch wir haben uns die Redezeit gemäß der

Ausschussbesetzung aufgeteilt, und aufgrund der Themenzu ordnung geht es nun um Europa und Verbraucherschutz.

Zunächst aber etwas zum Thema Tierschutz: Ich möchte lo bend erwähnen, dass Minister Ludwig in der letzten Aus schusssitzung klargestellt hat, dass er das Volksbegehren gegen Massentierhaltung ernst nimmt. Während sein Amtskollege im Landwirtschaftsministerium erklärtermaßen die Auffassung vertritt, der Tierschutzplan diene vor allem dem Ziel, die Ak zeptanz der Tierhaltung in Brandenburg zu erhöhen, erklärte Minister Ludwig auf entsprechende Nachfrage, dass es sein Ziel sei, das Tierwohl zu verbessern. Vielen Dank für diese kla ren Worte, Herr Minister.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE - Domres [DIE LINKE]: Beides wäre am besten, nicht?)

Noch mehr hätte uns natürlich gefreut, wenn sich dieses Be kenntnis auch in dem Stellenplan für den Tierschutzbeauftrag ten ausgedrückt hätte. Während die Koalition hier durchaus ei ne Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 11 für den Bereich Veterinärwesen oder dort sogar eine E-15-Stelle für Markt überwachung/Chemikaliensicherheit hinzufügt, wurde unser Antrag auf eine zusätzliche E-13-Stelle für den Landestier schutzbeauftragten mit der Begründung abgelehnt, es genüge hier eine Sachbearbeiterstelle. Wie dies angesichts des um fangreichen und anspruchsvollen Aufgabenbereichs des Tier schutzbeauftragten funktionieren soll, konnten Sie nicht darle gen, und ich hoffe, dass hier noch entsprechend nachgesteuert wird. Insofern bin ich der Abgeordneten Fischer dankbar, dass sie darauf hingewiesen hat, dass Gespräche mit uns im Nachhi nein doch wirksam sind. Warten wir einmal ab, was in dem Be reich geschieht.

Im Bereich Europa zunächst einmal das Positive: Für uns be deutet Europa vor allem Frieden, Freiheit, Menschenrechte und demokratische Werte. Wir sind Europäer aus Überzeugung und freuen uns deshalb über Stellenneuzugänge im Europabereich, zum Beispiel bei INTERREG, bei der deutsch-polnischen Zu sammenarbeit oder der Stärkung der Förderung der europäi schen Integration und europapolitischen Kommunikation. Auch den Ausbau der Partnerschaftsbeauftragten in unseren Partnerregionen finden wir dem Grunde nach richtig und wich tig, besonders nach der langen Zitterpartie bezüglich der Fort führung dieses Instruments. Die entsprechende Deckungsquel le findet allerdings definitiv nicht unsere Zustimmung.

Herr Minister Ludwig, bei Ihrer Vorstellung der Haushaltseck punkte im Ausschuss sagten Sie, eine Aufgabenwahrnehmung von gleichbleibender Qualität und Quantität könne unter den Voraussetzungen der hohen Stellenabbauverpflichtungen nur schwer gewährleistet werden. Zwar könne das Ressort mit den Sachmitteln auskömmlich umgehen, eine Herausforderung lie ge jedoch bei der personellen Untersetzung der wahrzuneh menden Aufgaben. - An dieser Stelle muss ich aber feststellen, dass Sie diese Herausforderung nicht gemeistert haben. Es darf nicht sein, dass bei über 1 Milliarde Euro in der Rücklage die Partnerschaftsbeauftragten nur auf Kosten von Aufgaben im Justizbereich finanziert werden können.

Ein weiteres Beispiel für die unterschiedliche Bewertung von Wertigkeiten der im Ausschuss beantragten Stellen findet sich bei der Verbraucherzentrale. Vier von fünf Wahlberechtigten in Deutschland würden sich laut einer Umfrage der Verbraucher zentralen eine Verbesserung des Verbraucherschutzes wün

schen. Dabei leisten Verbraucherzentralen einen elementaren Beitrag zur Stärkung des Verbraucherschutzes. Aber auch hier ist es der Koalition nicht gelungen, über ihren Schatten zu springen und unseren Änderungsantrag zum Stellenplan im Sinne der Brandenburger Verbraucherzentrale zu unterstützen, obwohl diese Anpassung nach dem vorgelegten Finanzplan der Verbraucherzentrale völlig kostenneutral gewesen wäre. Nein, Sie bringen natürlich Ihre eigenen Änderungsanträge ein, mit denen Sie der Verbraucherzentrale in Brandenburg aber keine zusätzliche Stelle mit Leitungsfunktion zubilligen.

Herr Minister, wir nehmen Ihnen ab, dass Sie bei der personel len Untersetzung der wahrzunehmenden Aufgaben vor einer großen Herausforderung stehen, und wir erkennen an, dass Sie mit diesem Haushalt teilweise spürbare Ansatzerhöhungen für die wichtigen Themen in den Bereichen Europa und Verbrau cherschutz möglich gemacht haben. Es ist aber auch deutlich geworden, dass die Koalitionsfraktionen unterschiedliche und für uns nicht nachvollziehbare Maßstäbe und Wertigkeiten im Personalbereich ansetzen. Insofern kann ich dem Kollegen Raschke nur beipflichten, dass dieser Haushalt von uns nicht unterstützt werden kann.

Noch ein kleiner Hinweis in Richtung SPD und Linke: Es wür de Ihre Glaubwürdigkeit, gerade in den Ausschussberatungen, ungemein erhöhen, wenn Sie in den dortigen Debatten Ihre ei genen Änderungsanträge nicht nur von der Regierungsbank er läutern ließen, sondern Sie uns Abgeordnete ein klein wenig ernster nähmen und sich bemühten, diese zukünftig selbst zu erläutern. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir danken Ihnen. - Wir setzen die Aussprache mit dem Bei trag des Abgeordneten Claus fort. Er spricht für die AfD-Frak tion. - Jung, nicht Claus.

(Heiterkeit AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das war sehr nett, vielen Dank. - Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Das Aufstellen eines Budgets für den Landeshaushalt ist die Kunst, Enttäuschungen gleichmäßig zu verteilen.

(Zurufe der Abgeordneten Domres und Mächtig [DIE LINKE])

Wie dem auch sei: Dass das etwas mit Kunst zu tun hat, möch ten wir bei diesem Landeshaushalt bezweifeln. Es hat eher et was mit Abenteuer zu tun.

Lassen Sie mich zunächst auf eine Zweckbestimmung im Ein zelplan 04 zu sprechen kommen. „Unterstützung und Förderung von Maßnahmen im Bereich der internationalen Beziehungen“, heißt es hier. Unsere Fraktion hat einen Änderungsantrag ausge arbeitet und eingebracht, in dem wir uns in erster Linie auf ein Gutachten von Oktober 2014 beziehen. Dieses wurde im Auf trag des damaligen Ministeriums für Wirtschaft und Europaan gelegenheiten in Brandenburg erstellt. Darin heißt es:

„Aus Effektivitäts- und Effizienzgründen sollte das Inst rument der brandenburgischen Partnerschaftsbeauftrag ten nicht weitergeführt werden. Der Verwaltungsaufwand aufseiten der Landesregierung, aber auch bei den Partner schaftsbeauftragten ist unangemessen hoch und steht in keinem Verhältnis zu den Ergebnissen. Es stößt teilweise an seine Grenzen und sollte nicht weitergeführt werden.“

So lautet die klare und unmissverständliche Äußerung in dem Gutachten - „unangemessen“ und „steht in keinem Verhältnis“. Eigentlich ist das eine ganz klare Sache.

Dieser Gedanke war für uns ausschlaggebend, das Konzept infrage zu stellen und eine Streichung der Zweckbestimmungen aus den Einnahmen im Einzelplan 04 zu beantragen. 210 000 Euro, unter anderem für ein unwirksames Projekt, sind gerade einmal 210 000 Euro zu viel.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Büchel [DIE LINKE]: Nein! Bloß nicht! - Jungclaus [B90/GRÜNE]: Er spricht ja zu den Bürgern!)

Darüber hinaus findet sich eine Zweckbestimmung zur Pflicht in Bezug auf internationale Beziehungen bereits im Einzel plan 02. Leider haben Sie unseren Antrag auf Streichung abge lehnt.

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Zu Recht! - Büchel [DIE LINKE]: Das war gut so!)

- Finden Sie?

(Büchel [DIE LINKE]: Ja! - Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Wir sehen das anders, Herr Kollege Büchel.

Die Förderung von Nichtregierungsorganisationen im europäi schen Kontext

(Zuruf des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

kann daher auch nicht veranlagt werden. Insgesamt waren das 250 000 Euro, die man hätte einsparen können. Summa sum marum kamen wir beim Einzelplan 04 auf 616 000 Euro, die in keinem Verhältnis stehen und auch nicht hätten ausgegeben werden müssen. Das sehen die rot-roten Koalitionäre natürlich anders, aber wir überlegen uns, was wir mit diesem Geld an deres hätten tun können: Wir hätten die überlangen Verfah rensdauern bei den Gerichten verkürzen können. Man hätte für dieses Geld mehr Richter einstellen können; dann hätten wir uns letztendlich nicht der Entlassung von Sexualstraftä tern wegen überlanger U-Haft aussetzen und auch keine Rü gen des Bundesverfassungsgerichts kassieren müssen. Insge samt ist das, was hier zugemutet wird, ein Armutszeugnis, ein Jammertal.

Man hätte mit diesem Geld Justizbeamten in den unteren Be soldungsgruppen eine Aufstiegsperspektive geben können. Das ist hier schon angesprochen worden. Die Justizwachtmeister arbeiten im einfachen Dienst und sind in einer misslichen Situ ation ohne Aufstiegsmöglichkeit. Das Gehalt bei einer Besol dung im einfachen Dienst ist im Land Brandenburg sehr ge ring; das ist angesichts der Maßnahmen, denen sie bei den Ge richten mittlerweile ausgesetzt sind, nicht mehr zumutbar.

Mit dem Geld hätte man sich auch um das Personal in den Jus tizvollzugsanstalten kümmern können. Die Krankenstände sind exorbitant hoch - eine Ursache dafür ist natürlich bei der rot-roten Regierung zu suchen -, wodurch Überforderung herrscht. Es wäre ein Zeichen der Landesregierung gewesen, wenn sie diesen Mitarbeitern entsprechende Angebote gemacht hätte.

Kommen wir zur Justizvollzugsanstalt Neuruppin-Wulkow. Da stellt sich die Frage, ob die Umwandlung in eine reine U-Haft- und Freigängerjustizvollzugsanstalt funktioniert und effektiv ist. Was man Ihnen zubilligen muss, ist, dass Sie versuchen, mit dem Land Berlin die Auslastung der brandenburgischen Gefängnisse zu erreichen. Da kann man Ihnen nur viel Glück wünschen. Das wäre mit Sicherheit ein guter Ansatz. Ich habe es schon einmal gesagt: Ich vermute, dass das Kammergericht das nicht mitträgt und uns einen Strich durch die Rechnung macht. Aber von meiner Seite wäre es ein gangbarer Weg, wenn man bei den Berlinern ein entsprechendes Bewusstsein schafft.

In diesem Sinne: Wir lehnen den Einzelplan 04 ab.

(Beifall AfD)

Wir kommen zum nächsten Redner. Minister Ludwig spricht für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her ren! Ich schließe mich dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz-, der Europa- und der Verbraucher schutzabteilung ausdrücklich an. Ich bedanke mich für die ho he Wertschätzung, die alle Fraktionen zum Ausdruck gebracht haben, und versichere Ihnen, dass ich dies an die Beschäftigten weiterleiten werde.