Deshalb ist es wichtig, die Digitalisierung als Chance gerade für den ländlichen Raum zu begreifen und sie zur Lösung von Problemen der Daseinsvorsorge zu nutzen. Es geht nicht darum, den Arztbesuch zu ersetzen oder eine Schule ohne Lehrer zu entwickeln, sondern darum, modern miteinander zu kommunizieren. Die digitale Mobilität eröffnet uns Möglichkeiten in allen Lebensbereichen, bis hinein in den persönlichen Alltag.
Gestern haben wir mit der Beschlussfassung zu dem Antrag „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“ weitere Maßnahmen beschlossen, um die Herausforderung der technischen Entwicklung zu meistern. Weil meine Vorredner ausführlich darauf eingegangen sind, will ich nur Schlagworte ins Plenum werfen: Einstieg in Gigabitnetze, Industrie 4.0, Arbeit 4.0. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass sich auch das Zusammenleben in der Gesellschaft ändern wird. Die zu erarbeitende Strategie wird sich mit Fragen der Digitalisierung in allen Bereichen beschäftigen. Wir als Enquetekommission werden das mit Vorschlägen und Handlungsempfehlungen begleiten.
Meine Damen und Herren, Fakt ist aber auch: Die Schwierigkeiten beim Breitbandausbau sind ein Ergebnis der Marktwirtschaft. Linke Auffassung war und ist es heute noch, dass diese Infrastruktur in die öffentliche Hand gehört.
So aber, wie es in ganz Deutschland gelaufen ist, konnte sich die Wirtschaft aussuchen, wo sie investiert. Angesichts hoher Investitionskosten haben sich die Marktakteure nicht dünn besiedelte Gebiete für den Ausbau ausgesucht, sondern wurden in attraktiveren Ballungsgebieten tätig. Für die weißen Flecken muss jetzt der Staat einspringen. Das Ergebnis: Alte Netze dürfen nicht überbaut werden, geförderte Netze dürfen von anderen Anwendern nicht ohne Weiteres genutzt werden, und viele andere Dinge laufen schief - alles Regelungen, die man hätte vermeiden können.
Ich möchte auf zwei andere Aspekte aufmerksam machen, erstens das Vertrauen in den Umgang mit Daten im Netz. Es ist unsere Pflicht, gemeinsam mit der Wirtschaft sicherzustellen, dass die Menschen, Kommunen, Verwaltungen, die Wirtschaft, Verbände und Organisationen Vertrauen in das digitale Netz haben können. Die Sicherheit der Daten im Netz spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das betrifft auch persönliche Bereiche, denken wir nur an das Onlinebanking oder den Umgang mit gesundheitlichen Daten, an Einkäufe im Internet, sensible Daten aus dem Wirtschaftsbereich oder, was jetzt angedacht ist, Daten in sogenannten Clouds. Wir brauchen einen sicheren Umgang mit Daten und ein begründetes Vertrauen, dass alle Beteiligten in diesem System verantwortungsbewusst danach handeln. Wir sind gefordert, alle Generationen auf diesem Weg mitzunehmen. Das gilt besonders für Menschen im ländlichen Raum.
Auf einen zweiten Aspekt möchte ich aufmerksam machen: Ängste, die Menschen mit dem Umgang mit dem Internet verbinden. Sie sind nicht unbegründet. Denken wir nur an den NSA-Skandal, Betrügereien im Internet oder Mobbing zwischen Jugendlichen, denken wir daran, dass jetzt sogar vorgesehen ist, Software für Wahlkampfzwecke einzusetzen, an Hass, Beschimpfungen und Drohungen in sozialen Netzwerken. Das alles führt nicht zu mehr Vertrauen. Hierfür, meine Damen und Herren, brauchen wir auf Bundesebene Handlungsstrategien. Wir brauchen nicht nur Geld und Projekte, sondern müssen fragen: Wie gehen wir mit digitaler Souveränität um? Was ist mit Rechtssicherheit? Wie organisieren wir Verwaltung neu? Welche Rolle spielen Daten- und Verbraucherschutz? Über diese Fragen müssen wir neu nachdenken und sie in den Mittelpunkt rücken.
Wir sehen, es gibt noch viel zu tun. Denken wir jedoch bei all dem daran, dass nichts ein persönliches Gespräch ersetzen kann! Wenn wir in Zukunft noch friedlich miteinander zusammenleben wollen, müssen wir dieses persönliche Gespräch noch führen können.
Da kann eine Stadtgemeinschaft viel von einer Dorfgemeinschaft lernen. Da, denke ich, ist es einmal umgekehrt.
Nutzen wir also die Chancen, kümmern wir uns gleichzeitig um die Risiken im Netz. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall DIE LINKE, SPD, vereinzelt B90/GRÜNE so- wie der Abgeordneten Schülzke [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Verehrte Gäste auf der Tribüne! Konfuzius sagte einmal: Kein Amt zu haben ist nicht schlimm, aber schlimm ist es, keine Fähigkeiten für ein Amt zu haben, das man innehat.
- Nicht zu früh lachen! - Vor allem im Hinblick auf die metropolenfernen Räume Brandenburgs zeigt sich die Wahrheit dieses Zitats. Während die ländliche Bevölkerung - im Wortsinn - den Anschluss zu verlieren droht, wird sie von der Landesregierung mit leerer Rhetorik abgespeist. Die rot-rote Landespolitik zeigt sich blind für die Bedarfslücken des ländlichen Raums oder ist aufgrund ihrer unglaublichen Provinzialität unfähig, sie zu beheben.
Dabei, meine Damen und Herren, bildet digitale Infrastruktur unbestritten die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft und einer bedarfsgerechten Daseinsvorsorge im 21. Jahrhundert.
Die vielbeschworene Digitalisierung aller Lebensbereiche, der Wirtschaft und der Verwaltung steht in den Handlungsprioritäten vieler Regierungen ganz oben. Die Digitalisierung ist in der Regel Chefsache. Unsere Landesregierung in Brandenburg sieht das jedoch völlig anders. Auf eine Kleine Anfrage zur Netzabdeckung mit Mobilfunk im Lande hat die AfD folgende Antwort erhalten:
„Die Bereitstellung von Mobilfunkverbindungen fällt nicht unter den Begriff Universaldienste (d. h. unter die staatlich gesicherte Grundversorgung u. a. mit Telekom- munikation).“
Mit anderen Worten: Die Landesregierung sagt selbst, dass sie bzw. das MWE für die Mobilfunkversorgung nicht zuständig sei und sie das nichts angehe. - In der Mobilitätsstrategie 2030 des Landes Brandenburg lesen wir, dass die Strategie der Landesregierung bis 2030 für die Dateninfrastruktur schon 2020
Meine Damen und Herren, das Glasfasernetz soll bis zum Jahr 2020 nur 60 % der Haushalte an das 50-MBit-Netz anbinden. Welche Zielstellung für die Wirtschaft bis 2020 erreicht werden soll, ist nicht vermerkt. Das strategische Konzept für den Aufbau der Dateninfrastruktur zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes Brandenburg ist der Landesregierung insgesamt 15 Zeilen wert. Die gesamte Mobilitätsstrategie 2030 hat ja auch nur 25 Seiten Text. Ich frage mich, ob das den Kompetenznachweis der Landesregierung darstellt.
Auf wiederholte Nachfragen der Opposition wird auf die Strategie der Bundesregierung verwiesen. Andere sollen es also richten - und das, obwohl in vielen Planungen und Projekten der Landesregierung wie der bereits genannten Mobilitätsstrategie 2030, der Verwaltungsstrukturreform, der Kreisgebietsreform und dem Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion auf die Zukunft digitaler Angebote und deren Wichtigkeit hingewiesen wird. Wie fern diese Zukunft jedoch liegt, lässt sich anhand der zögerlichen Strategie bereits jetzt abschätzen.
Auf eine Kleine Anfrage zur Zuständigkeit der Landesregierung für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum und den Aufbau der digitalen Infrastruktur antwortet das Ministerium für Wirtschaft und Energie, dass diese Aufgabe im Referat „Industrie und Digitalisierung“ verortet sei. Daraus schließe ich, dass ein Referent bzw. eine Referentin - oder sind es sogar zwei? - die Verantwortung für den Aufbau der digitalen Infrastruktur im ganzen Land tragen soll - ein hervorragender Personaleinsatz, um die Digitalisierung in den nächsten 200 Jahren zu bewältigen, nicht aber in den dringend erforderlichen zwei bis fünf Jahren!
Den Landkreisen und dem Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur überlässt das Land Brandenburg also die Aufgabe, die wichtigste Infrastruktur für die Zukunft des Landes Brandenburg auf- und auszubauen. Es ist jedoch eine trügerische Hoffnung, zu glauben, dass durch die spärliche Verknüpfung von Datenstraßen in den Landkreisen eine ganze Datenautobahn für das Land Brandenburg entstehen kann. Die Datenlage zur Beantragung von Fördermitteln beim Bund durch die Landkreise und Kommunen lässt da eher ein löchriges Netz von Datenwegen erwarten.
Wie wollen Sie, Herr Ministerpräsident, vor diesem Hintergrund Ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen im ländlichen Raum gerecht werden? Wie wollen Sie die Bedarfslücken füllen? Herr Ministerpräsident, finden Sie endlich eine geeignete Strategie für Brandenburg und erklären Sie die Digitalisierung zur Chefsache! Andernfalls, meine Damen und Herren, sehe ich große Schwierigkeiten bei der Erhaltung und weiteren Entwicklung des ländlichen Raums in unserem Land. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Angaben der Bundesnetzagentur haben die Deutschen im letzten Jahr insgesamt deutlich über 100 Milliarden Minuten mobil telefoniert - eine Last, mit der die Netzbetreiber umzugehen wissen. Zumindest bestätigen dies die Ergebnisse der Stiftung Warentest. Sowohl inner- als auch außerhalb von Städten waren die Netze stabil. Die Stiftung Warentest verteilte an alle Testkandidaten die Note „gut“.
Ist also alles prima? Wie meine Vorrednerinnen und Vorredner betont haben, gibt es in Brandenburg noch weiße Flecken, meist in abgelegenen, weniger besiedelten Gebieten. Es sind zwar nicht mehr viele, aber es gibt sie zum Beispiel auch an Autobahnen oder in Cottbus. Ein flächendeckendes Mobilfunknetz ist für die Wirtschaft wichtig, aber auch - Stichwort Notrufnetze - mit Blick auf medizinische Fragen. Ob für Wanderer im Wald oder Autofahrer auf wenig befahrenen Straßen - bei Rettungsmaßnahmen kommt es mitunter auf jede Minute an.
Wir unterstützen die Idee, mit allen Betroffenen und Beteiligten zeitnah einen Konsens zur Schließung der in Brandenburg noch vorhandenen Lücken im Mobilfunknetz zu finden. Sollte das nicht möglich sein, sollte die Landesregierung ein neues Förderprogramm auflegen, das die Wirtschaftlichkeitslücke - auch darauf wurde schon hingewiesen - beim Ausbau und Betrieb einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung beseitigt.
Beim Ausbau der leitungsgebundenen Versorgung mit schnellem Internet fällt auf, dass Brandenburg deutlich hinter vielen anderen Bundesländern zurückgeblieben ist. Auch darauf wurde schon hingewiesen. Den Vorsprung von Mecklenburg-Vorpommern an Frau Merkel festzumachen, halte ich für eine „Trumpisierung“ der Politik: Wenn man es oft genug wiederholt, wird es geglaubt. - Aber damit muss man vorsichtig sein.
Selbst wenn Brandenburg am Ende das Ziel der Bundesregierung von flächendeckend 50 Mbit/s im Download bis 2018 erreichen sollte, ist das wohl zu kurz gegriffen. Es deutet sich schon jetzt an, dass die Bedarfe an größeren Bandbreiten in naher Zukunft stark steigen werden. Aktuell wird aus unserer Sicht zu wenig in zukunftsfeste Technologien wie Vectoring investiert, wobei auf der letzten Meile in absehbarer Zeit weiter alte Kupferkabel verwendet werden. Damit würden bald erneut hohe Ausgaben drohen, um die dann notwendigen höheren Bandbreiten zu erreichen und Brandenburg auch in den Gigabit-Bereich zu bringen. Zumindest in den dichter besiedelten Gebieten muss daher schon jetzt auf die Glasfasertechnologie gesetzt werden.
Der gestern mit breiter Mehrheit angenommene Antrag „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“ zeigt, dass die Relevanz dieses Themas längst im Landtag angekommen ist, und das ist auch gut so. Ich möchte hier aber vor allem noch einmal auf die Herausforderungen für die Unternehmen in Brandenburg hinweisen. Der anstehende Umbruch hin zur digitalen Wirtschaft wird derzeit noch von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern unterschätzt. Auch hier sind wir gefordert.
Die Technologisierung sollte auch nicht nur den Technologen überlassen werden. Die Debatten müssen viel weiter gefasst werden. Wenn Maschinen lernen können, welches Material und welche Art von Energie sie während ihres Betriebs verwenden, können sie auch lernen, dabei wählerisch zu sein. Der Mensch könnte ihnen beibringen, keine gesundheitsschädlichen, schwer recycelbaren Stoffe zu verwenden und auf die Nutzung erneuerbarer Energien zu bestehen. Dazu müssten die Maschinen nicht nur entsprechend programmiert werden, sondern es müssten auch entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht werden. Dazu bräuchten wir eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Debatte, die weit über den Kreis der Technikwissenschaften und der Forschung hinausgeht.
Derzeit dreht sich die Debatte über Industrie 4.0 darum, was technisch machbar ist und was wirtschaftlich erfolgreich sein könnte, denn wie immer bei technologischen Entwicklungssprüngen diskutieren nur die Techniker, Softwarespezialisten und Ingenieure miteinander. Wir müssen aber auch ethische und gesellschaftliche Fragen behandeln, damit wir die Menschen bei diesen Technologiesprüngen nicht verlieren. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Gerber. Zwischenzeitlich sind auch die Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums Potsdam eingetroffen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Über das Thema Breitband haben wir bereits gestern gesprochen, heute führen wir eine vertiefte Debatte dazu.
Meine Damen und Herren, gut ausgebaute Breitbandnetze sind für uns alle elementar. Sie sind elementar für eine funktionierende Infrastruktur und eine funktionierende Wirtschaft. Gut ausgebaute Breitbandnetze sind die Blutbahnen des technologischen Fortschritts. Daran besteht kein Zweifel.
Auch unser alltägliches Miteinander, der Austausch mit Familie und Freunden ist sehr viel digitaler geworden. Die Landesregierung bekennt sich nicht nur zum Breitbandausbau, sondern seit 2012 haben wir ihn auch gezielt vorangetrieben. Damit haben wir früher begonnen als andere Länder. Vor allem haben wir für unser Konzept „Glasfaser 2020“ viel Geld in die Hand genommen - 57 Millionen Euro. Allein durch diese Förderung konnten rund 2 000 Kabelverzweiger - das sind die grauen Kästen, die Sie an den Bürgersteigen sehen - aufgerüstet und breitbandfähig gemacht werden.
Rund 3 000 km Glasfasertrassen sind verlegt worden; das entspricht der Entfernung zwischen Potsdam und Aserbaidschan, um mal einen Vergleich zu haben. Insgesamt wurden mit diesem Programm 110 Millionen Euro in den Ausbau investiert. Im Ergebnis ist es so, dass rund 57 % der märkischen Haushal
te, also deutlich mehr als die Hälfte, Zugang zu schnellem Internet haben. Damit, meine Damen und Herren, sind wir Spitzenreiter unter den ostdeutschen Bundesländern. Ich komme nachher noch auf die Herausforderungen zurück, denn 57 % heißt, dass über 40 % noch nicht davon profitieren.