Protocol of the Session on November 9, 2016

Meine Damen und Herren! Mit solchen Ansätzen haben wir in Brandenburg natürlich auch Erfahrung. Denken wir zum Bei spiel an die Methode „Lesen durch Schreiben“; daran wird sich der eine oder andere erinnern. Die Landesregierung hat sich lange geweigert, dieses Problem zur Kenntnis zu nehmen, ge schweige denn zu handeln. Mittlerweile gab es diesbezüglich eine Anweisung und die Methode gehört der Vergangenheit an. Aber es gibt natürlich auch andere Probleme wie Unterrichts ausfall und Lehrermangel, die uns trotz des guten Ergebnisses erhalten bleiben. Sie versuchen, davon abzulenken, indem Sie bei diesem Thema eine Kitadebatte aufmachen.

(Beifall CDU)

Heute werden Tausende Lehrer in Potsdam gegen miserable Arbeitsbedingungen demonstrieren. Lieber Kollege Bischoff, ich habe den Eindruck, dass Sie hier als „Einbildungspoliti scher Sprecher“ agiert haben. Wenn Sie dahin gehen und sich einbilden, Sie könnten denen einfach Wertschätzung entgegen bringen und damit würden sie zufrieden sein, dann sage ich Ih nen: Da haben Sie sich geschnitten. Was die Lehrer wollen, ist nicht Wertschätzung, sondern sind handfeste Verbesserungen.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt einen Schlusssatz finden.

Die sind dringend notwendig. Der Ländervergleich hat gezeigt, dass unsere Lehrer durchaus leistungsfähig und leistungsbereit sind. Wir müssen dafür sorgen, dass sie es auch in Zukunft sein können. Das ist Ihre Aufgabe, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Große fort; sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Nach dem Feuerwerk von Gordon Hoffmann fällt es jetzt ein bisschen schwer. Eigentlich bin ich noch traumatisiert von dem

Ereignis an einem Tag, der als geschichtsträchtig eingehen wird: das Trump-Wahlergebnis. Das ist der Mann, der Sätze gesagt hat wie: „In New York friert und schneit es. Wir müssen die globale Erderwärmung vorantreiben“, und ähnliche schöne Geschichten. Das hat ja irgendwo auch etwas mit frühkindli cher Bildung zu tun. Ich weiß es nicht.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜ NE)

Es ist jedenfalls erwiesen, dass ein Kind mit anderthalb Jahren ungefähr 50 wortartige Gebilde beherrscht. Mit 6 Jahren sind es schon 24 000 Wörter, die ein Kind verstehen kann, und 5 000 kann es aktiv benutzen. Tagtäglich kommen 14 neue Wörter dazu. Würde das bis ans Ende unseres Lebens so wei tergehen, dann würden wir 90 000 Worte beherrschen. Wir be herrschen aber nur 8 000 - die Männer übrigens weniger als die Frauen.

(Heiterkeit)

Denn ab dem 10. Lebensjahr nimmt die Fähigkeit rapide ab. Übrigens kann man auch Fremdsprachen bis zum 10. Lebens jahr mühelos erwerben - drei nebeneinander sind überhaupt kein Problem. Das spricht alles dafür, Kinder geflüchteter El tern möglichst früh in die Kita zu holen.

Warum dieser kleine Spracherwerbskurs? Es kommt auf den Anfang an! Das wollte ich von dieser Seite her noch einmal beleuchten. Sprache - das wissen wir alle - ist eine Schlüssel kompetenz, die sich bis zu den Schulleistungsvergleichen durchzieht.

Es war deshalb richtig, dass wir in dieser Koalition unter hefti gem Mitwirken der Linken verlässlich das Fachkraft-KindVerhältnis verbessert, viel getan und viel Geld für die Sprach förderung in die Hand genommen sowie qualifizierte Erzieher ins System gebracht haben. Es unterscheidet uns immer noch positiv von den meisten anderen Bundesländern, dass unsere Erzieherinnen gut qualifiziert sind und wir immer noch einen Spitzenplatz bei der Versorgungsquote haben. Trotz einer ange spannten Haushaltssituation und großen Begehrlichkeiten - wie wir alle wissen - haben wir uns vorgenommen, zusätzlich 69 Millionen Euro einzustellen und ein neues Paket zu schnü ren; Herr Bischoff hat darüber gesprochen. Es geht um die von uns allen lange geforderte Leitungsfreistellung mit 0.125 VZE. Auch in unserem Partei- und im Wahlprogramm steht es. Es geht um die Kiez-Kita, wie auch immer wir sie nennen, um ei ne Kindertagesstätte, in der es besondere Herausforderungen gibt, weil dort Kinder mit besonderen Förderbedarfen betreut werden. Das war eine originäre SPD-Idee, die wollen wir euch auch nicht wegnehmen.

Investitionen sind auch eine gute Idee, zumal wir sehr viele Ki tas neu bauen müssen. Aber wir müssen auch schauen, dass die Bundesmittel für das Ausbauprogramm U3 abfließen. Das läuft derzeit noch nicht sehr gut. Wir brauchen kein neues Landes programm aufzulegen, wenn die vorhandenen Mittel nicht aus reichend abfließen. Da muss man noch einmal hinschauen.

Wir wollen die Beitragsfreiheit. Da sind wir sehr bei dem, was der Finanzminister - der Linken - schon im Juli 2015 gesagt hat. Wir haben dazu auch einen Parteitagsbeschluss. Die Linke will das, denn sie hat zugehört, was Eltern zu sagen haben.

Letztens hat mich der Fall erreicht, dass eine Mutter von Dril lingen und einem weiteren Kind im Kitaalter im Spree-NeißeKreis exorbitante Beiträge zahlen muss, weil es keine soziale Staffelung gibt. All dies gibt es, und wir kommen aus dieser Nummer nur heraus, wenn wir die Eltern beitragsfrei stellen. In kleinen Schritten, da gebe ich Mike Bischoff natürlich Recht. Wir bräuchten dazu keine Arbeitsgemeinschaft. Wir wissen, dass wir die Kita ab dem zweiten Kind beitragsfrei gestalten wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Aber nehmen wir uns die Zeit und sehen, was die vernünftigs te, die für Eltern wirksamste Variante ist. Es geht vor allem um die Kinder, um ihr Recht auf Bildung. Darum muss es uns ge hen, und das sollte unabhängig vom Einkommen der Eltern sein. Es sind noch nicht alle Sozialdemokraten von der Idee vollkommen überzeugt. Auch Ministerpräsident Woidke hat sich neulich im Rahmen eines Bürgermeisterwahlkampfes ge gen die Elternbeitragsfreiheit ausgesprochen. Das bedaure ich sehr. Wir sollten Qualität - gleich Personalschlüssel usw. - nicht gegen die Elternbeiträge ausspielen.

(Beifall DIE LINKE)

Denn Eltern tun auch Vernünftiges für Bildung - Gordon Hoff mann, Sie hatten es angemahnt - und werden das Geld nicht verzocken, verrauchen und vertrinken, sondern Reisen unter nehmen, in Museen gehen und das Kind zu frühkindlichem Musikunterricht in einer Musikschule anmelden.

Das alles müssen wir anfassen. Wir sind hier verlässlich ge blieben und bringen das jetzt zum Glück auf den Weg.

Zum Thema Schule: Ich bin überzeugt davon, dass wir bis heu te - beginnend dort, Herr Hoffmann, wo ihr mitregiert habt; ihr habt übrigens 17 Schulgesetznovellen auf den Weg gebracht, wir noch keine,

(Beifall DIE LINKE)

ihr habt 17 Mal das System geändert - an den Folgen dieser Geschichte zu knabbern haben. Wir müssen zusehen, dass wir das System nicht mit einer noch weiter ausufernden Schulge setzänderung belasten. Da bin ich bei Ihnen.

Wir haben wichtige Dinge zur Sprachförderung, zu GOrBiKs, dem Übergang Kita-Schule, unternommen. Wir haben die Le sekompetenz gefördert und die Fortbildung der Lehrkräfte ge stärkt. Das hat sich positiv ausgewirkt. Darüber können wir uns doch nun wirklich einmal freuen. Das Ziel wird sein, dass wir nach einem Schulleistungsvergleich des IQB oder nach einem anderen Vergleich nie mehr wieder in Sack und Asche gehen müssen.

Die Linke ist dennoch überzeugt, dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Wir wollen gern, dass das Einschulungsalter wieder ein Stück weit hochgeschraubt wird und 6-jährige Kinder einge schult werden, weil das aus unserer Sicht vernünftiger ist.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Die Linke möchte natürlich auch hin zu längerem gemeinsa mem Lernen - freiwillig, Gordon Hoffmann, ohne Brachialge

walt. Ihre Beispiele von Baden-Württemberg stimmen hinten und vorne nicht. Aber darüber können wir noch einmal geson dert reden. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Wir erzählen die Geschichte einer sozial gerechteren Bildungs politik im Land Brandenburg weiter - mit einem guten Sockel. Wir sind auf einem vernünftigen Weg und wissen natürlich, dass es noch eine Menge zu tun gibt. - Danke.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner ans Pult bitte, möchte ich eine sehr große Delegation aus Oberösterreich bei uns im Plenarsaal herzlich willkommen heißen.

(Allgemeiner Beifall)

Es handelt sich um die Mitglieder des Unterausschusses „Än derung der Landesverfassung des Landtages Oberösterreich“ unter der Leitung des Landtagspräsidenten, Herrn Kommerzi alrat Viktor Sigl. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Königer für die AfD- Fraktion.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeord netenkollegen! Sehr geehrte Zuschauer! Als Erstes möchte ich, weil das auch für mich mit dem Thema Bildung zu tun hat, auf politische Bildung hinaus und unseren amerikanischen Freun den zu ihrer demokratischen Entscheidung gratulieren.

(Beifall AfD - Oh! bei der SPD)

Sie haben jetzt einen neuen Präsidenten.

Liebe Kinder und sehr geehrte Jugendliche, das ist Demokra tie! Und ich denke, in diesem Sinne sollte es für alle Fraktio nen ein Grund sein, sich über die Entscheidung in den Verei nigten Staaten zu freuen.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen der Sozialdemokratischen Partei Deutsch lands! Ihr Antrag hat uns anfänglich sehr amüsiert. Sie ahnen ja nicht, wie viele Lehrer in Brandenburg mit der Alternative für Deutschland sympathisieren oder sogar bei uns eintreten. Ihr Antrag lässt erahnen, warum das so ist. Sie feiern sich, weil Brandenburg in einer Studie mal nicht auf den letzten Plätzen zu finden ist.

In Ihrem Antrag sprechen Sie von einem leistungsstarken bran denburgischen Bildungssystem. Unsere Kleine Anfrage, die sich einmal darauf kapriziert hat, wo Brandenburgs Stärken und Schwächen liegen, ist für mich ein weiterer Anhaltspunkt, darüber nachzudenken, warum Sie einen Bereich, in dem Sie hinten liegen, ganz gern vorn sehen wollen.

(Frau Lieske [SPD]: Wozu denn?)

Auch die heute stattfindende Demonstration spricht eine voll kommen andere Sprache. Woran messen Sie denn diese Leis tungsstärke? An dieser einen Studie, die Sie da zitieren? Diese Studie hat einen so engen Zielkorridor, dass man die Ergebnis se nun wirklich nicht auf das gesamte brandenburgische Bil dungssystem projizieren kann. Um mal eine Phrase zu dre schen: Eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer.

(Beifall AfD)

Aber der nächste Sommer ist mindestens so weit entfernt wie ihr Selbstlob vom eigentlichen Ziel des Antrags. Sie wollen über weitere Schritte zur Stärkung der frühkindlichen Bildung debattieren. Frühkindliche Bildung, also der Zeitraum von der Geburt bis zur Einschulung, legt den Grundstein für das späte re erfolgreiche Lernen in der Schule. Sie bejubeln stattdessen eine Studie, die sich mit dem Leseverständnis von 14- bis 15-jährigen Jugendlichen befasst. Das passt irgendwie nicht zusammen. Ich habe die Vermutung, Ihr Antrag soll Ihnen die Möglichkeit geben, Ihr Hochglanzpapier „Kitabetreuung in Brandenburg - Unser Vier-Punkte-Plan für Eltern und Kinder“ zu bewerben.