Protocol of the Session on September 28, 2016

Vielen Dank. - Herr Minister Görke erhält noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die zur 1. und 2. Lesung eines Haushaltsgesetzes eigentlich immer einen sehr fundierten Beitrag leistet und den Haushalt in gewissen Ebenen auch ausgeleuchtet hat. Einige Dinge sind Ihnen, Herr Vogel, zumindest in Ihrem Redebeitrag jedoch unterlaufen. Darauf würde ich gern eingehen; denn so kann man sie nicht stehen lassen.

Zum Thema Rücklagen: Es ist kein Vermögen, sondern eine Ermächtigung, in schwierigen Zeiten davon Gebrauch zu ma chen und zu kreditieren. Sie können sich die Anträge der CDUFraktion aus der letzten Haushaltsdebatte vor Augen führen. Die CDU dachte immer, Rücklagen seien Vermögen und könn ten verausgabt werden. Die Darstellung der 1,1 Milliarden Euro zum 31.12.2015 war korrekt, aber Sie haben leider nicht gesagt, dass wir aufgrund der Herausforderungen 350 Millio nen Euro für den Nachtragshaushalt 2016 entnehmen mussten. Wie sich der Haushaltsabschluss darstellt, werden wir sehen.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Natürlich.

Bitte schön.

Herr Minister Görke, kennen Sie den HalbjahresabflussBericht Ihres Ministeriums, wonach in der Prognose maximal 160 Millionen Euro aus der Rücklage benötigt werden?

Ja, das könnte so sein, aber noch ist das Jahr nicht vorbei, und seit der Prognose mit Datum vom 30.06. hat sich in diesem Land auch einiges verändert. Der August war nicht so gut, wie wir es erwartet haben. Auch der September trübt sich ein. Die Hoffnung, dass wir am Jahresende eine schwarze Null errei chen - vielleicht mit einem kleinen Überschuss -, ist dennoch groß. Wohlgemerkt ist es kein Überschuss in dem Sinne, der Rücklage wird nur weniger Geld entnommen. Insofern gehe ich davon aus, dass wir weiterhin eine Schwankungsrücklage von 750 bis 800 Millionen Euro haben werden. Aber das ist kein Vermögen.

Zum Vermögen: Ja, über Vermögen verfügen wir auch - das haben Sie nur bedingt beleuchtet -, und zwar in Höhe von 800 Millionen Euro im Zusammenhang mit den Pensionsrückla gen. Das ist tatsächliches Vermögen. Insofern haben Sie mich auch richtig zitiert. Nur damals, vor zwei Jahren, waren wir noch nicht in der Situation, Minuszinsen zu verzeichnen. Das ist natürlich ein neuer Gesichtspunkt. Insofern hat sich unsere Einschätzung nicht geändert: Auch für die Jahre 2017 und 2018 ist nicht zu erwarten, dass sich die Zinspolitik der EZB anders entwickelt.

Trotz des sehr konstruktiven Beitrags, den Sie geleistet haben, kann ich Ihre Charakterisierung des Haushalts als „Torso“ nicht unkommentiert lassen. Ich finde das völlig überzogen und auch ein bisschen boshaft, weil Sie genau wissen, dass wir in den zentralen Politikfeldern wie Hochschulfinanzierung, Bildung, Kommunalfinanzen, Investitionen und zukunfts fähiger öffentlicher Dienst deutliche Akzente gesetzt haben. Man kann also nicht von einem Rumpfhaushalt sprechen. Wenn Sie das Thema Teilentschuldung als Beleg anführen, sehr geehrter Herr Vogel, so entgegne ich Ihnen: Das Finanz ministerium braucht eine Veranschlagungsreife, und deshalb ist die Landesregierung dabei, entsprechend dem vom Landtag beschlossenen Leitbild gesetzgeberisch tätig zu werden. Da darf der Finanzminister Ihnen natürlich auch einen Vorschlag unterbreiten. Ich prognostiziere, dass wir insgesamt - mit den kommunalen Mitteln - 400 Millionen Euro in die Hand neh men müssen.

Herr Minister, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

Ich würde gern fortsetzen. Es gibt noch andere Sachverhalte, auf die ich eingehen muss.

Altanschließer, das gleiche Thema. Sie wissen, der Haushalts beschluss des Kabinetts datiert vom Juni; das Gutachten liegt jetzt vor. Deshalb auch die Bitte der Landesregierung an die Koalitionsfraktionen - ich hoffe, dass es auch von den anderen Fraktionen unterstützt wird -, die entsprechenden haushalteri schen Voraussetzungen zu schaffen, damit dieses Thema bear beitet werden kann.

Zur CDU: Sehr geehrter Herr Senftleben, ich muss Sie enttäu schen. Es wird nicht der letzte Doppelhaushalt sein, den ich einbringe, weil ich die Absicht habe, auch den Doppelhaushalt 2019/20 in diesen Landtag einzubringen. Ich habe natürlich die Hoffnung, dass Sie weiterhin - Ihr heutiger Beitrag hat meine Sicht eigentlich bestätigt - der Oppositionsführer sein werden. Ich - oder möglicherweise ein anderer dieser Koalition - werde bzw. wird die Chance haben, dieses Politikfeld weiter zu bear beiten.

Meine Damen und Herren der CDU! Sie sagten, wir würden uns von Haushalt zu Haushalt hangeln. Ich habe Ihnen die Per sonalbedarfsplanung für die Lehrer mitgebracht. 1 350 zusätz liche Lehrerstellen gibt es nicht nur im Jahr 2018, es gibt wei tere 1 329 Stellen im Jahr 2019 und 1 165 Stellen im Jahr 2020. Dahinter steckt, dass wir den Einstieg in die inklusive Schule kontinuierlich fortschreiben. Insofern ist es kein Stückwerk, wie Sie es hier darzustellen versucht haben.

Ich frage mich natürlich: Wer hat Ihnen beim Zusammenrech nen geholfen, Herr Senftleben? Natürlich kann man alle Zahlen in der Hoffnung aufrechnen, dass man am Ende auf Steuermehr einnahmen spekulieren kann. Wir haben - das hatte ich gesagt - 53 % mehr Steuereinnahmen verzeichnet und unsere Ausgaben demgegenüber nur um 14 % erhöht; das Delta ermöglicht uns die Spielräume. Allerdings sind sie nicht so groß. Im Jahr 2009 hatten wir noch 1,2 Milliarden Euro an Solidarpaktmitteln. Das haben wir alles verdaut. Das werden wir aus eigenen Steuerein nahmen gegenfinanzieren. Oder meinen Sie wirklich, dass die 6 000 Beschäftigten, die jetzt zusätzlich an Bord sind, zum Null tarif zu haben sind? 1,3 Milliarden Euro von 2009 bis 2020 - das ist die Summe, die wir gegenfinanzieren. Ich möchte nicht noch einmal über die flüchtlingsbedingte Herausforderung reden. Dazu habe ich alles gesagt. Ich bitte einfach, die Summanden richtig zu ordnen, um dann zu einer Aussage zu kommen.

Zur Frage, wer uns die Schulen eingebrockt hat, habe ich beim letzten Mal alles gesagt. Hier steht jemand, der das erste Mal Schulden zurückgezahlt hat. Diese Koalition hat es geschafft, Schulden, die Sie aus verschiedensten Gründen mitverursacht haben, zurückzuzahlen.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Gauland, als ich Ihre Rede hörte, hatte ich den Eindruck, Sie reden über ein fremdes Land.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das Land, das Sie hier herbeige predigt haben, gibt es nicht. Dieses sterbende, dahinsiechende

Land gibt es weder hier noch in Hessen, wo Sie als Steuerbür ger veranlagt werden.

(Beifall und Heiterkeit SPD, DIE LINKE und B90/GRÜ NE)

Ich würde mir wünschen, dass Sie einen kleinen Beitrag leisten und hier Ihre Steuern entrichten. Und kommen Sie mir nicht mit dem Länderfinanzausgleich. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Ich frage die Fraktionen, ob sie darauf reagieren möchten. Herr Senftleben? - Herr Bischoff? - Herr Dr. Gau land? - Herr Christoffers? - Herr Vogel? - Herr Vida? - Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Gesetz über die Feststellung des Haus haltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 (Haushaltsgesetz 2017/2018 - HG 2017/2018) - auf Drucksache 6/4810 federführend an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie zur Mitberatung an alle Fachaus schüsse. Wer diesem Überweisungsantrag des Präsidiums folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist diesem Überweisungsantrag ein stimmig gefolgt worden.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Unterrichtung durch die Landesregierung - Finanzplan des Landes Branden burg 2016 bis 2020 - auf Drucksache 6/4811 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend - und zur Mitbera tung an alle Fachausschüsse. Wer diesem Überweisungsantrag des Präsidiums folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist auch diesem Überweisungsantrag einstimmig gefolgt worden.

Wir kommen zur letzten Abstimmung. Das Präsidium emp fiehlt die Überweisung der Unterrichtung auf Drucksache 6/4812 - Personalbedarfsplanung 2020 und ressortübergreifen de Personalentwicklungsplanung für die brandenburgische Landesverwaltung - an den Haushalts- und Finanzausschuss - federführend - und an alle Fachausschüsse - mitberatend -. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um ein Hand zeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist damit einstimmig überwiesen.

Wir sind damit am Ende des ersten Tagesordnungspunktes und unterbrechen die Sitzung für eine zwanzigminütige Mittags pause.

(Unterbrechung der Sitzung: 13.01 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.25 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Sitzung fort, auch wenn der Saal noch recht leer ist. Ich darf den Besuchern versichern, dass dies sonst nicht üblich ist; aber wir hatten heu te eine sehr kurze Pause, sodass die Kollegen noch auf dem Weg sind.

Ich nutze die Gelegenheit, unsere Gäste zu begrüßen: Teilneh mer am Ökologischen Bundesfreiwilligendienst Internationale Jugendgemeinschaftsdienste. Herzlich willkommen im Land tag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Wachstumschancen für das ganze Land Brandenburg nutzen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/5112

Die Aussprache wird von der SPD-Fraktion eröffnet. Es spricht die Abgeordnete Lieske.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle gen! Werte Gäste! Es ist mir nach unserer heutigen Auftaktde batte zum Haushalt ein Bedürfnis, diesen Antrag hier mit gan zem Herzen zu vertreten, weil einige oder fast alle der Redner zur Haushaltsdebatte mehr oder weniger besondere Steilvorla gen für meinen Redebeitrag zur Verteidigung des Antrags geliefert haben. Dadurch wurde mir Redebedarf deutlich: Ich möchte Ihnen zeigen, dass die Situation hier in Brandenburg nicht so düster, verhangen und schwierig ist, wie sie Herr Gau land vorhin geschildert hat. Ich glaube, er kennt sich in Bran denburg wirklich nicht gut aus.

Ich komme aus dem ländlichen Raum. Ich weiß, dass es dort Bedürfnisse gibt - gar keine Frage -, sie werden von der kom munalen Gemeinschaft auch formuliert. Wir wollen hier auch Abhilfe schaffen, aber wir wollen natürlich zeigen, dass Bran denburg, wenn man es befördern will, auch in seiner Unter schiedlichkeit an jeder Stelle tatsächlich Chancen hat, zu wachsen.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Die Wachstumschancen, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen, sehen wir tatsächlich in jedem Landstrich von Branden burg. In diesem Jahr feiern wir 25 Jahre Städtebausanierung in Brandenburg. Auch können wir 20 Jahre gemeinsame Landes planung von Berlin und Brandenburg feiern. Wie wir auf unse rer letzten Ausschussreise nach Wien erfahren konnten, wird dieses Modell von anderen Bundesländern - ob sie nun zu Deutschland oder anderen europäischen Ländern gehören - mit sehr großem Wohlwollen betrachtet, dass zwei Bundesländer durchaus in der Lage sind, sich in einer gemeinsamen Landes planung abzustimmen und diese Vorzüge in Entwicklung um zusetzen. Genau dort sind wir jetzt.

Wir können natürlich nicht sagen, dass Brandenburg aus allen Nähten platzt - nein, es ist Berlin. Die Bundeshauptstadt in un serer Mitte ist es, die das Wachstumspotenzial generiert, das wir für Brandenburg nutzen können, was wir auch tun. Wir werden es auch weiter nutzen und in die Fläche Brandenburgs tragen. Das ist Sinn und Zweck unseres Antrages.

Dazu brauchen wir - wir haben es heute schon gehört - ein we nig Begleitmusik. Eine solche Begleitmusik besteht aus unse rer Sicht auch in der Kreisgebietsreform, auch wenn ich aus den Oppositionsreihen, insbesondere von der CDU, wieder hö ren werde, dass diese dem genau entgegenwirken werde.

(Dr. Redmann [CDU]: Genau!)

Wir sind der festen Überzeugung, Herr Dr. Redmann, dass die se Reform eine gute Begleitmusik sein wird, deren tatsächliche Umsetzung erforderlich ist.

Der Landesentwicklungsplan - das wissen wir alle - befindet sich derzeit in der Fortschreibung. Er befindet sich im Aufstel lungsbeschluss, und es laufen die Regionalkonferenzen. In die sen Regionalkonferenzen wird sehr viel Positives deutlich. Es kommen aber auch Hinweise, dass wir noch das eine oder an dere umsetzen müssen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es ne ben der Beziehung zur Bundeshauptstadt auch Tangenten in andere Bundesländer gibt, wie beispielsweise nach Mecklen burg-Vorpommern, Sachsen oder Sachsen-Anhalt. Das alles sind Dinge, die wir ein Stück weit berücksichtigen müssen, denn beispielsweise liegt die Region Elbe-Elster nun einmal dichter an Sachsen als an Berlin. Hier gibt es auch traditionell gewachsene Strukturen, Herr Genilke, die man vielleicht ge nauso nutzen sollte und wo man sehen wird, dass die Pendler ströme nicht nur in Richtung Berlin, sondern auch in die ande re Richtung verlaufen. All das haben wir zu berücksichtigen.

Das wichtige Thema Mobilitätsstrategie ist die Verbindung zwischen allem. Sie ist sowohl der Schlüssel, um den länd lichen Raum nicht abzuhängen, sondern ihn weiterhin zu be dienen, als auch der große Schlüssel, wenn es darum geht, den berlinnahen Raum, der expandiert, zu entwickeln. Ja, Herr Kosanke, ich vergesse Sie auf gar keinen Fall, ich vergesse auch nicht, Frau Abgeordnete Fischer mit ihren Wachstums schmerzen zu begleiten und zu sagen: Auch darauf müssen wir Antworten haben.

(Vereinzelt Beifall und Heiterkeit SPD)