Protocol of the Session on June 9, 2016

möchte nur kurz darauf hinweisen, wie absurd es volkswirt schaftlich betrachtet wäre, in so massivem Umfang und mit ho hen Subventionen Gaskraftwerke in Deutschland zu bauen und Kohlekraftwerke zu schließen. Das Gas würde typischerweise aus Russland importiert, einer Region, wo es keine Sicherheit gibt, dass wir dauerhaft gute Versorgungsverträge haben wer den, und es würden viele Milliarden in dieses System gesteckt, nur um dann eine immer noch CO2-emittierende Gasstromver sorgung zu schaffen. Das wäre es weiß Gott nicht. Stattdessen wäre es sinnvoller, Geld in die Verbesserung der Verkehrstech nik, der E-Mobilität oder in Wärmedämmung und neue Hei zungsanlagen zu investieren. Damit kann man viel mehr CO2 einsparen. Deswegen sage ich - und ich glaube, da herrscht Konsens hier im Hause -: Der gleichzeitige Ausstieg aus Kern energie und Kohleverstromung ist nicht möglich. Wir werden die Kohle noch über Jahrzehnte hinweg brauchen.

(Beifall des Abgeordneten Jung [AfD])

Zweitens: Die Energiewende ist notwendig. Daran gibt es kei nen Zweifel. Ich zweifle auch nicht daran, dass es den Klima wandel gibt. Selbstverständlich gibt es ihn; die Daten sind ein deutig. Über Jahrzehnte hinweg ist die globale Durchschnitts temperatur gestiegen und in einigen Gebieten wie dem Nord pol steigt sie dramatisch. Das ist Klimawandel. Es gibt jeden Grund, anzunehmen, dass die menschengemachten CO2-Emis sionen zu diesem Anstieg beitragen, auch wenn es dafür keine naturwissenschaftlich exakten Beweise gibt. Es gibt allemal Anlass, jede vernünftige Handlung zu unternehmen, um den Klimawandel zu begrenzen. Das Zwei-Grad-Ziel von Paris ist deswegen durchaus ein sinnvolles, aber auch hehres Ziel.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Lassen Sie mich bitte weiter ausführen. Später vielleicht, jetzt nicht.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Wann denn?)

Die Energiewende ist also notwendig, aber sie droht an Unver nunft und Aktionismus zu scheitern. Unvernunft und Aktionis mus äußern sich darin, dass ständig - man kann es nicht anders sagen -, das heißt wöchentlich, zumindest aber monatlich, neue Ideen zu einer vermeintlichen Beschleunigung der Energie wende in Deutschland auf den Tisch kommen. Von Sachver ständigen, interessierten Gruppierungen, Lobbyisten, aber auch von ganz oben, von der Bundesregierung, kommen gelegent lich kontraproduktive Vorschläge, die wir für aktionistisch hal ten, weil sie nicht zielführend sind. Wenn man einen großen Öltanker stoppen will,

(Zuruf von der CDU: Die SPD!)

braucht es einige Kilometer Bremsweg. Das ist so, daran kann keiner etwas ändern. Auch wenn man Angst hat, dass er ausein anderbrechen und das Meer verseuchen könnte: Man braucht diese Strecke. Die einzige Alternative ist es, den Öltanker auf ein Riff auffahren zu lassen. Da benötigt man keinen Brems weg. - Manchmal habe ich das Gefühl, Vorschläge dieser Art werden von sonst seriösen Gruppierungen auch zur Energie wende gemacht.

Nein, wir wollen nicht, dass die Energiewende auf ein Riff auf läuft und zerschellt, sondern wir wollen, dass sie zum Erfolg geführt wird, gerade weil der Klimawandel aus unserer Sicht real ist.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Deswegen brauchen wir einen langfristigen, verlässlichen Weg und Ruhe in der Debatte. Deswegen muss man sich dazu be kennen, dass der Ausstieg aus der Braunkohle das Ziel bleibt, aber eben ein fernes, das erst in den nächsten Jahrzehnten ir gendwann zu realisieren sein wird. Nur wenn es uns gelingt, diesen ruhigen, sachlichen Weg in der Energiewende zu gehen, wird es uns auch gelingen, Deutschland zum Vorbild in der Energiewende zu machen.

Wir wissen: Deutschland hat einen Anteil von 2 % am globalen CO2-Ausstoß, und der CO2-Ausstoß steigt weiter.

(Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Ja, wegen Braunkohle!)

Es sind Staaten wie China und neuerdings insbesondere Indien, die dazu beitragen. Wir dürfen allerdings nicht so vermessen sein, diesen Ländern Vorwürfe zu machen. Auch die Inder ha ben ein Recht darauf, ihre Gesellschaft zu einer modernen In dustriegesellschaft weiterzuentwickeln, und dafür setzen sie massiv Kohle ein. Die Chinesen setzen weiter auf die Kohle, wenn auch zunehmend massiv auf den Ausbau der Kernener gie. Das ist nicht unser Weg. Aber diesen großen Nationen zu zeigen, dass es auch anders geht, setzt voraus, dass wir die Energiewende nicht nur mit Rücksicht auf das Klima zum Erfolg führen, sondern dass wir ein wirtschaftlich starkes In dustrieland mit einer gesicherten Stromversorgung bleiben. Dafür brauchen wir keinen Aktionismus, der die Energiewende gefährdet. Davon müssen wir dringend wegkommen.

Drittens: Die Kumpel in der Lausitz arbeiten für den Wohl stand in Deutschland. Sehr oft hören wir den Vorwurf: Ihr in Brandenburg kämpft für die Arbeitsplätze - das ist verständ lich -, aber es geht doch um den Klimaschutz! - Das ist eine verkürzte Darstellung. Selbstverständlich wollen wir die Ar beitsplätze in der Lausitz erhalten, weil es gute Arbeitsplätze sind und weil die Menschen, die im Bergbau und anderen Be reichen in der Region tätig sind, gut davon leben können. Aber: Sie arbeiten, weil wir die Kohle als Energieträger in Deutsch land und für eine erfolgreiche Energiewende brauchen. Wir un terstützen die Kumpel in der Lausitz, weil wir sie für unser In dustrieland brauchen.

(Beifall SPD und des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU])

Deswegen ist es eine große Selbstverständlichkeit, dass wir die Menschen in der Lausitz auf diesem schweren Weg unterstüt zen. Deswegen müssen wir sie vor Angriffen in Schutz neh men, wenn sie oder wir mit ihnen zusammen als Klimakiller dargestellt werden. Nein: Sie arbeiten für Deutschland, und dafür haben sie jede Unterstützung verdient.

(Beifall SPD sowie vereinzelt CDU und AfD)

Das Demonstrationsrecht ist geschützt, auch wenn man für „falsche“ Sachen demonstriert. Aber niemals darf das Demons trationsrecht, so wie es zu Pfingsten geschehen ist, dazu füh ren, dass Menschen glauben, sie könnten das Recht in die eige ne Hand nehmen und andere Menschen bzw. eine ganze Re

gion diskreditieren. Dazu wird Sören Kosanke nachher noch Ausführungen machen.

Ich beende meine Ausführungen mit der Hoffnung, dass eines Tages Vernunft in der Debatte einkehrt. Wir brauchen sie. - Vielen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE und AfD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht nun der Abgeordnete Homeyer. Aber halt: Es gab eine Anfrage; hätten wir beinahe unter den Tisch fallen lassen. Herr Abgeord neter, Sie wollten die später beantworten, oder hat sich das jetzt erledigt?

(Holzschuher [SPD]: Wir machen das bilateral!)

- Sie machen das bilateral, sehr schön. - Dann ist jetzt Herr Homeyer für die CDU-Fraktion an der Reihe.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Bundesregierung vor knapp fünf Jahren den Atomausstieg besiegelt und die Energiewende eingeleitet hat, steht Branden burg immer wieder im Fokus der energiepolitischen Debatte in Deutschland. Der Grund dafür liegt auf der Hand: ein Spitzen platz beim Ausbau erneuerbarer Energien einerseits, Verstro mung von Braunkohle andererseits. - Dass das zu Konflikten führt, ist klar.

Seit letztem Jahr erleben wir, wie die Braunkohle in Branden burg verteufelt wird. Ich verwende diesen Ausdruck in voller Absicht. Es hat sich ein regelrechtes Kesseltreiben gegen die Braunkohle entwickelt. Die Gegner lassen nichts aus, um die Braunkohle zu diskreditieren. Wir haben noch nicht vergessen, meine Damen und Herren, wie vor einem Jahr mit dem BaakePapier versucht wurde, durch die kalte Küche die Kohlekraft werke mit einer sogenannten nationalen Klimaschutzabgabe zu bestrafen. Dabei hat man billigend in Kauf genommen, dass 8 000 wertvolle Industriearbeitsplätze verloren gehen und eine ganze Region den Bach runtergeht. Mit großem politischen Kraftaufwand ist dieses Horrorszenario für die Lausitz abge wendet worden.

Meine Damen und Herren, immer wieder werden die Lausitzer zu Schmuddelkindern gemacht, müssen sich für Ihre Arbeit und das, was die Region zusammenhält, nämlich die Förderung und Verstromung der Braunkohle, rechtfertigen, für den Ener gieträger, der seit knapp einem Jahrhundert die Energieversor gung und Tausende Arbeitsplätze in unserem Land sichert, für den Energieträger, ohne den die Energiewende nicht denkbar wäre. Immer wieder aufs Neue muss die Lausitz um ihre Zu kunft bangen. Die Wahrheit ist auch: Es geht hier gar nicht um die Energieversorgung und den Klimaschutz; es geht um die sture Verfolgung grüner Ideologie.

(Beifall CDU, vereinzelt AfD sowie des Abgeordneten Folgart [SPD])

Meine Damen und Herren, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Exempel statuiert werden soll: Ausstieg

aus der Braunkohle, egal was es kostet. Was dem Lausitzer Kohlerevier zu Pfingsten zugemutet wurde, spiegelt die Um setzung dieses Exempels wider.

Die Menschen in der Lausitz sind aufgrund der Geschehnisse der letzten Jahre tief verunsichert. Sie wissen angesichts des noch nicht abgeschlossenen Verkaufs der Tagebaue und Kraft werke von Vattenfall an EPH nicht, wie es nun weitergehen wird. Und da stoßen die Aktivisten von „Ende Gelände“ mit geplantem Kalkül genau in diese Schwäche, um die Region noch mehr aufzuwühlen und zu destabilisieren. Das haben die Lausitzer nicht verdient, das ist anmaßend!

(Beifall CDU sowie vereinzelt SPD, AfD und des frak- tionslosen Abgeordneten Hein)

Die Lausitzer Kohlekumpel sind es, die dafür sorgen, dass Unternehmen und Haushalte in Deutschland zu jeder - ich be tone: jeder! - Tages- und Nachtzeit mit günstiger Energie ver sorgt werden, dass Unternehmen produzieren können, dass Menschen Licht in ihrem Zuhause haben. Sie haben einen entscheidenden Anteil an unserem Wohlstand, und wir wer den nicht tatenlos dabei zusehen, wie Rechtsbrecher und Ideologen die Lebensleistung der Lausitzer in den Dreck tre ten.

(Beifall CDU, AfD sowie vereinzelt SPD und des frak- tionslosen Abgeordneten Hein)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie es mich einmal so sagen: Man sollte nicht in den Brunnen spucken, aus dem man noch Jahre trinken wird.

Niemand stellt die im Grundgesetz garantierte Demonstrationsfreiheit infrage. Aber auch dieses Grundrecht hat Schranken. Die Aktivisten und Klimatouristen haben Ängste und Hass ge schürt. Sie haben billigend in Kauf genommen, dass Menschen in Gefahr geraten, und man muss ganz klar sagen, meine Da men und Herren: Es sind Straftaten begangen worden, und die gehören jetzt geahndet.

(Beifall CDU sowie vereinzelt SPD und AfD - Zuruf: Richtig!)

Da man Ursache und Wirkung nicht verwechseln sollte, möch te ich mich hier ausdrücklich bei den Polizeibeamtinnen und beamten bedanken, die vor Ort ihre Frau und ihren Mann ge standen und mit kühlem Kopf dafür gesorgt haben, dass nichts Schlimmeres geschehen ist. Das gilt auch für die Mitarbeiterin nen und Mitarbeiter von Vattenfall.

(Beifall CDU sowie vereinzelt SPD, AfD sowie des frak tionslosen Abgeordneten Hein - Beifall und Zuruf des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Lieber Herr Vogel, da hilft es auch nicht, dass selbsternannte Parlamentarische Beobachter sozusagen aus der „Vogelpers pektive“

(Lachen - Vereinzelt Beifall CDU und AfD)

unter dem Deckmantel des Klimaschutzes ohne Einladung und Genehmigung des Unternehmens fremden Boden betreten. Meine Damen und Herren von den Grünen, ich habe den Ein

druck, dass in Ihrem ideologischen Kampf gegen die Braun kohle auch Kollateralschäden eingeplant sind.

(Vereinzelt Beifall CDU und AfD)

Sprachlos macht mich auch das Verhalten der Linken, die ver zweifelt versucht haben, einen Spagat zwischen Regierung und Opposition zu schaffen, und daher ihre Bundestagsabgeordne ten, zum Beispiel Frau Wöllert, nach vorn geschickt und akti viert haben. Man spürt geradezu Ihre Schmerzen, dass Sie nicht selbst dabei sein konnten.

(Beifall CDU und AfD - Domres [DIE LINKE]: Ihre Ge fühle möchte ich haben!)

Aber meine Damen und Herren von den Linken, der Kleister macht es halt stärker. Glauben Sie nicht, dass man Ihnen diese Janusköpfigkeit in der Region durchgehen lässt. Selbst die Kli maideologen von den Grünen wissen ganz genau, dass die Energiewende in Brandenburg ohne Braunkohle nicht zu schaffen ist.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Oh je!)

Noch einmal zur Erinnerung: Der Braunkohleanteil am Strom mix in Deutschland liegt aktuell bei 24 % - das ist knapp ein Viertel. Es ist die Braunkohle, die als heimischer Energieträger eine stabile und bezahlbare Energieversorgung sichert, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. So ist es nun einmal. Auch Sie können die Physik nicht außer Kraft setzen!