Protocol of the Session on January 20, 2016

Nun hat Minister Baaske erkannt, dass die Reform Mist war und Zentralisierung nicht die Antwort auf die Herausforde rungen in einem Flächenland sein kann. Ich habe durchaus Re spekt davor, dass er diesen Fehler eingesteht und sagt, wir müssten etwas ändern. Trotzdem werden wir dieser Reform - Sie haben es gesagt, Frau Koß - so nicht zustimmen. Zwar ha ben Sie das Problem erkannt, allerdings trägt der vorliegende Gesetzentwurf nicht zu einer nachhaltigen Lösung bei.

Richtig ist, dass wir und viele andere die Zentralisierung im Schulamt nicht wollten, weil wir ein Kompetenzwirrwarr be fürchtet haben, weil wir befürchtet haben, dass es zu weniger Effizienz und mehr Bürokratie führt, wenn wir eine zusätz liche Ebene einführen, und all diese Befürchtungen haben sich bestätigt. Aber ohne ein schlüssiges, nachhaltiges Ge samtkonzept und ohne ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen ist die Abschaffung einfach keine Lösung, sondern Aktionismus.

Das gilt erst recht angesichts des bereits durch die erste Reform ausgelösten Chaos, das man beobachten kann. Man fühlt sich teilweise an den Asterix-Film mit dem Haus, das Verrückte macht, erinnert. Es ist als Amtsstube getarnt, in das man als normaler Mensch hineingeht und als Verrückter wieder heraus kommt. Hier geht es allerdings noch einen Schritt weiter: Hier werden nämlich nicht nur die verrückt, die hineingehen, son dern auch die, die dort arbeiten.

Dass das so ist, hat der Vertreter des Hauptpersonalrates sehr plastisch und eindringlich in der Anhörung im Bildungsaus

schuss geschildert. Er hat berichtet, dass es Wochen dauert, bis Anträge auf das Vertretungsbudget bearbeitet werden. Das Ver tretungsbudget ist gerade dazu da, kurzfristig unbürokratisch zu helfen, um Unterrichtsausfall zu vermeiden. Im Schulamt braucht man Wochen, um die Anträge zu bearbeiten. Einstel lungsverfahren für neue Lehrer dauern Wochen - und das, ob wohl der Bedarf so hoch ist wie nie zuvor. Termine, die Eltern und Schulen versprochen wurden, können oft nicht eingehalten werden. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung haben manche Kollegen, die im November den Schuldienst aufgenommen ha ben, bis zum Jahresende noch kein Gehalt auf Ihrem Konto - und all das in einer Zeit, in der wir so viele Lehrer einstellen müssen wie nie zuvor, und in der wir anderen Ländern Lehrer abwerben müssen.

Ich frage Sie ernsthaft: Was glauben Sie, welcher junge Lehrer bei einer solchen Perspektive aufs Brandenburger Land zieht, wenn er nicht einmal weiß, ob er am Monatsende das Geld für seine geleistete Arbeit auf dem Konto hat? Meine Damen und Herren, diese Schulamtsreform ist ein Standortnachteil für das Land Brandenburg.

Ich will es noch einmal sagen: Ich weine dem Landesschulamt keine Träne nach. Von mir aus können wir es sofort abschaffen - aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten und vor allen Dingen nicht ohne eine Idee, wie es in Zukunft besser gehen soll. Diese Idee bleiben Sie schuldig.

Wir wollen mit unserem vorliegenden Antrag nichts anderes als mehr Zeit für ein ganzheitliches Konzept unter bestimmten Maßgaben. Wir haben einige formuliert. Ich möchte nur die drei wichtigsten Forderungen nennen:

Wir brauchen eine vernünftige Evaluation. Frau Koß, Sie ha ben den Evaluationsbericht aus der letzten Legislaturperiode angesprochen. Mal abgesehen davon, dass der Umgang mit dem Parlament damals eine Farce war, weil dieser Bericht dem Parlament mehr als acht Monate nach Fertigstellung vorenthal ten wurde, haben wir auch in der Anhörung gehört, dass die Evaluation einfach für beendet erklärt wurde. Man hat die Eva luation überhaupt nicht zu Ende geführt, man hat aus den Er gebnissen und aus den aufgelisteten Arbeiten keine Ablei tungen getroffen, wie man die Schulaufsicht künftig organisie ren müsste. Wir wollen, dass das zu Ende geführt wird, und zwar am besten so, wie wir es schon bei den Haushaltsbera tungen eingebracht haben, unter Hinzuziehung externen Sach verstandes. Denn - bei aller Liebe - mir fehlt das Vertrauen, dass ausgerechnet die Leute, die die Reform damals mit Kara cho vor die Wand gefahren haben, jetzt die Reform der Reform fehlerlos und ohne Lackbeschädigungen aus der Sackgasse heraussteuern.

Zweitens, meine Damen und Herren, brauchen wir natürlich auch Personal, das die Aufgaben - Sie haben es gesagt, es sind mehr Aufgaben - bewältigen kann. Wenn wir das Personal, das wir brauchen, zur Verfügung stellen, können wir das fünfte Landesschulamt, auf das der gesamte Nordosten des Landes sehnsüchtig wartet, wieder einrichten.

Drittens bauen wir unser Institut für Lehrerbildung zurück. Ich gönne Herrn Baaske und seinem Staatssekretär durchaus die Freude, das deutschlandweit größte Bildungsministerium zu führen. Aber den 900 Lehramtskandidaten, die Sie dann in Ih rem Haus beschäftigen werden, wird das alles relativ wenig bringen.

Wir wollen mit unserem Änderungsantrag im Prinzip nur Fol gendes: Wir wollen Sie vor Aktionismus bewahren. Wir wol len, dass man erst überlegt und dann handelt, also die alte Fun kerregel „denken, drücken, sprechen“ berücksichtigt - nicht mehr und nicht weniger. Deshalb bitten wir Sie: Folgen Sie der Stimme der Vernunft und stimmen Sie unserem Änderungsan trag zu. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und der Abgeordneten von Halem [B90/ GRÜNE])

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abge ordnete Dannenberg. Bitte.

Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! In dieser Legislaturperiode wurde der Zuschnitt verschiedener Ministerien, vor allem in den Bereichen Ver braucherschutz und Gesundheit, geändert. Der überwiegende Teil der Regelungen behandelt also die Umsetzung bereits ge troffener Entscheidungen bzw. notwendige Folgeregelungen.

In dem Gesetzentwurf wurden verschiedene Änderungsgesetze in insgesamt 45 einzelnen Artikeln zusammengefasst. Das ist sicherlich effektiv, hat aber auch Herausforderungen und Schwierigkeiten mit sich gebracht.

Die Linksfraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

Durchaus heftige Diskussionen mit der vielleicht größten Reich weite haben die Regelungen rund um die Schulaufsicht ausge löst. Mit dem uns vorliegenden Gesetz wird das seit Oktober 2014 bestehende Landesschulamt mit seinen Regionalstellen aufgelöst, und es werden vier Schulämter gegründet. Die Struktur der Schulaufsicht wird damit im Kern wieder die Form annehmen, wie sie vor der vor knapp zwei Jahren be schlossenen Reform bestand.

Ich möchte kurz auf die Vorgeschichte eingehen: Schon länger gab es größere Unzufriedenheit mit der Struktur der Schulauf sicht. 2011 wurde dann vom Ministerium eine Evaluation der staatlichen Schulämter vorgestellt. Es folgte eine Aufgabenkri tik, und entsprechende Handlungsempfehlungen wurden gege ben. Entscheidend war in diesem Bericht: Die damaligen sechs Schulämter hatten eine große Eigenständigkeit bei den Verwal tungsabläufen entwickelt. Von 172 Aufgaben wurden 81 im dezentralen Verwaltungsvollzug unterschiedlich bearbeitet, 24 Aufgaben nahm man sogar abweichend voneinander wahr.

Schlussfolgerung im Bericht war, dass es aufgrund fehlender schulamtsübergreifender Steuerung - das wurde als Hauptpro blem ausgemacht - und fehlender Standardisierungsvorgaben zu unterschiedlichen Arbeitsprozessen und damit auch zu un einheitlichen Arbeitsergebnissen gekommen ist. Ebenso wurde festgestellt, dass kein strukturierter Abgleich von Arbeitspro zessen oder ein Erfahrungsaustausch stattfand. Im Bericht wur de daher eine Zentralisierung empfohlen.

Es gab also durchaus Handlungsbedarf, und für die damalige Ministerin Münch war dies Grundlage für eine Reform zur Er richtung des Landesschulamtes und die Umwandlung der sechs Schulämter in vier Regionalstellen.

Wir müssen aber auch sagen: Seit Bestehen des Landesschul amtes musste es ohne Präsidentin bzw. Präsidenten auskom men, und obwohl die neue Struktur gerade erst ins Laufen ge kommen war, hat sich die Landesregierung im Herbst 2014 für die Auflösung der erst geschaffenen Struktur entschieden. Ob diese sich bewährt hätte, muss also in dieser Debatte definitiv offenbleiben.

Die nun im Gesetzentwurf vorgelegte Organisation der Lan desschulbehörden wird die Linksfraktion mittragen.

Grundlegende Prämisse aus Sicht der Linken ist: Eine Schul amtsstruktur muss so gestaltet sein, dass sie die Steuerung opti miert und die Schaulaufsicht vor allem in ihrer beratenden Funktion neben ihrer Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht für die Schulen stärkt.

Ich gebe zu, eine gewisse Skepsis kann ich mir nicht verknei fen, bestätigt auch durch die Anhörung im Bildungsausschuss. Dazu einige Hinweise unsererseits:

Erstens: Die Ursache für die nicht optimal funktionierende Schulaufsicht liegt nicht nur bei der unteren Schulaufsicht. Zweifelsohne besteht auf allen Ebenen der Schulaufsicht Eva luationsbedarf. Ich gehe davon aus, Herr Minister, dass Sie ge nau diese Herausforderung erkannt haben und auch im eigenen Haus nicht auf Reformvorhaben verzichten werden. Dabei geht es vor allem um Steuerung und Gewährleistung einheitlicher Aufgabenerfüllung. Die Kritik der damaligen Evaluation der Schulämter sollte hier dringend berücksichtigt werden. Das be trifft besonders die Schnittstelle zwischen dem Ministerium und den künftigen Schulämtern.

Zweitens: Eine Behörde ist immer nur so gut wie ihr Personal. Daher danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre gute und engagierte Arbeit in den vergangenen Monaten, die es trotz der etwas unklaren Organisationsstrukturen und der „Re form der Reform“ geschafft haben, für das Schuljahr 2015/2016 über 1 000 Einstellungen von Lehrkräften zu realisieren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD sowie der Abge ordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Ich erinnere aber auch daran, dass es berechtigte Zweifel an ei ner ausreichenden Personalausstattung der Schulaufsicht gibt. Gerade angesichts der vielfältigen aktuellen Aufgaben kommt es immer häufiger zu Überlastungsanzeigen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb wird das Ministerium die Personal struktur und die Personaldecke dringend prüfen und mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen schnellstens regulieren müssen.

Im Nachtragshaushalt erhält das MBJS 156 Millionen Euro mehr, 22 Stellen mehr für die Schulaufsicht. Das ist zumindest ein Anfang.

Drittens: Dass sich das MBJS zahlreiche operative Aufgaben in das eigene Haus holt, ist nicht nur bundesweit gesehen unge wöhnlich, sondern birgt auch Gefahren. Gerade die zweite Phase der Lehrkräfteausbildung nun direkt an das Ministerium anzubinden halten wir für gewagt. Aber wir gehen davon aus, dass der Minister seiner neuen Aufgabe durchaus gerecht wird und für einen reibungslosen Ablauf des Referendariats sorgen wird.

Es stellt sich für uns auch die Frage nach der künftigen Veror tung des Gesundheitsmanagements. Dazu gibt es im Landes schulamt eine eigene Stabsstelle. Angesichts der Notwendig keit entsprechender Maßnahmen gerade bei der Lehrkräftege sundheit sollte diese Stelle entweder dringend erhalten bleiben, oder es muss klar sein, wer dies wie und wo steuern wird.

Die Vertretung der Schwerbehinderten muss in der Übergangs zeit abgesichert sein - davon gehe ich prinzipiell aus -, denn sie vertritt ca. 1 100 schwerbehinderte Lehrkräfte. Die Linksfrakti on hatte sich hier eine gesetzliche Klarstellung gewünscht. Das betrifft ebenso die Lehramtskandidatinnen und -kandidaten, die eine Personalvertretung brauchen. Die bisherige Struktur müsste auch hier überdacht werden.

Was die Diskussion zur Anzahl der entstehenden Schulämter betrifft, sagen wir deutlich - so ist es auch in der Anhörung klargeworden -: Wir brauchen zunächst vier starke, gut funkti onierende, gut ausgestattete Schulämter, um vorhandenes Per sonal wirklich gut bündeln zu können. Alles Weitere liegt in der Ermächtigung und Verantwortung des Ministers und auch in der Diskussion über die auf uns zukommende Verwaltungsstrukturreform.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte kurz zu Ende reden.

Deswegen werden wir den Änderungsantrag der Opposition, den wir nachvollziehen können, auch ablehnen. Es ist besser, diese Entscheidung jetzt zu treffen, die Schulämter arbeitsfähig zu machen, um effektiv arbeiten zu können.

Herr Minister, die Linksfraktion geht davon aus, dass Sie um die Kraft Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen und Sie gemeinsam mit ihnen in einem Prozess des gegenseitigen Nehmens und Gebens die nun anstehenden Veränderungen schnell und konsequent umsetzen. Vertrauen Sie vor allem auf die Kreativität und die noch vorhandene Motivation Ihrer Leu te, denn sie haben es verdient.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Frau Kollegin, kann es losgehen?

Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Kollegin Dannenberg, ich möchte mich zu nächst für diese bemerkenswerte Oppositionsrede bedanken. Sie haben den Finger in sämtliche Wunden gelegt und viele der

kritischen Punkte angesprochen. Von Ihnen war immer zu hö ren, Sie gingen davon aus, dass der Minister dieses und jenes Problem angehen, das heißt lösen werde. Unser Problem ist aber, dass wir all das nicht beschließen. Jetzt frage ich Sie: Was machen wir gemeinsam, wenn all das, von dem Sie ausgehen, dass es passiert, am Ende doch nicht passiert? Wie gehen wir dann vor, um diese Probleme gemeinsam zu lösen?

Prinzipiell gehe ich davon aus, dass das, was wir und der Mini ster hier sagen, wie geplant umgesetzt wird. Ich denke also po sitiv.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Bessin. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich möchte von vornherein direkt und ohne Umschwei fe sagen: Wir von der AfD-Fraktion werden dem Gesetzespa ket nicht zustimmen - nicht nur der Inhalte wegen, sondern auch aufgrund des Ablaufs. Wie der Rednerliste zu entnehmen ist, spricht am Ende nicht Herr Baaske, sondern der Innenmini ster, Herr Schröter, weshalb ich später auch auf diesen Bereich eingehen werde.

Wie wir schon mehrmals gehört haben, sind wir im Bildungs ausschuss mit einer langen Expertenbefragung intensiv in die Themen Schulaufsicht und Lehrerbildung eingestiegen. Es gab sehr interessante Fragen und sehr informative Ausführungen der Experten.

Dann, wenige Tage später, gab es eine schnelle Sondersitzung des Bildungsausschusses, um eine Stellungnahme für den In nenausschuss zu formulieren. Dort zogen SPD und Linke ganz plötzlich einen detaillierten Änderungsantrag zu dem Gesetz entwurf ihrer eigenen Regierung aus der Tasche. Dieser ging - wie erwartet - ohne große Diskussion durch. Zugestimmt ha ben wir nicht.

Die von der CDU beantragte Streichung der Artikel die Schu lämterstruktur und die Lehrerbildung betreffend haben wir un terstützt.