Die dritte Priorität ist mindestens genauso wichtig - das ist auch Thema des Nachtragshaushalts insgesamt -: die Unter bringung und Integration der Flüchtlinge. Wir werden den Kommunen im Jahr 2016 mit 360 Millionen Euro unter die Ar me greifen. Das haben die Kommunen auch verdient. In Zu kunft übernimmt das Land zudem die Gesundheitskosten für die Flüchtlinge. Diese Kosten werden also direkt aus dem Lan deshaushalt getragen. Die Ausgaben für die Flüchtlingsunter bringung und -integration belaufen sich insgesamt auf sage und schreibe 650 Millionen Euro. Das ist über eine halbe Milliarde Euro Landesgeld.
Es bedarf aber an dieser Stelle einer korrekten Zahlendarstel lung; Minister Görke ist teilweise schon darauf eingegangen. Die entsprechenden Ausgaben auf Landesebene belaufen sich, wie gesagt, auf 650 Millionen Euro. Im Vergleich dazu erhält das Land vom Bund maximal - maximal! - 230 Millionen Eu
ro. Ganz ehrlich, wir brauchen angesichts eines Haushaltsüber schusses des Bundes von über 12 Milliarden Euro eine klare Kante. Ja, wir schaffen das - aber der Bund muss mitbezahlen.
Unabhängig von der Frage der Kostenverteilung müssen wir natürlich verstärkt über die Voraussetzungen für erfolgreiche Integration der vor Krieg und Terror Flüchtenden miteinander sprechen. Ich will von diesem Mikrofon aus nochmals aus drücklich darauf hinweisen, dass es hier, Kollege Senftleben und Kollege Vogel, eine partei- und fraktionsübergreifende Verständigung in der Sache gibt. Dass zu dieser Aufgabe brei ter Konsens in diesem Haus herrscht, ist Voraussetzung für weitere kluge Entscheidungen.
Meine Damen und Herren, Sicherheit, Bildung und Integration sind die Schwerpunkte des Nachtragshaushalts. Wir investie ren also über eine halbe Milliarde Euro zusätzlich in diese Be reiche. Wir leisten einen Beitrag, damit Brandenburg diese He rausforderungen stabil und geordnet besteht. Wichtig für die Stabilität ist, dass wir diese Ausgaben - das betone ich insbe sondere für meine Fraktion bzw. die rot-rote Koalition - ohne neue Kreditaufnahmen bewältigen. Dies ist ein sehr, sehr wich tiges Element unserer Politik.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch zwei, drei gewichtige Argumente in die Waagschale werfen. In der Tat, wir haben mit 8 % die historisch niedrigste Arbeitslosenquote in Brandenburg erreicht. Im aktuellen Nachtragshaushalt - Kollege Bretz sagte es - haben wir Steuereinnahmen von über 7 Milliarden Euro, auf die wir noch vor fünf Jahren nicht im Traum zu hoffen wagten. Diese zunehmende Stärke Brandenburgs hat verschie dene Gründe. Sie beweist aber auch, dass in Brandenburg in den letzten Jahren und - ich sage auch bewusst - Jahrzehnten politisch die richtigen Prioritäten gesetzt worden sind.
Lassen Sie mich also zum Schluss eine Zusammenfassung und einen kleinen Ausblick geben: Die Bevölkerungsprognose für Brandenburg bzw. die Entwicklung werden uns zu Verwal tungsstrukturreformen zwingen. Wer sich diesem Prozess ver weigert, versündigt sich eigentlich an der Zukunftsgestaltung des Landes Brandenburg.
Wenn im Jahr 2040 40 %, also fast die Hälfte der Einwohne rinnen und Einwohner, auf nur noch 10 % der Landesfläche leben, müssen wir hier zu Entscheidungen kommen. Deshalb freue ich mich auch, dass die größte Oppositionsfraktion nach vier Jahren Debatte einen Vorschlag vorgelegt hat. Ich bin nur etwas überrascht, dass darin eine völlig neue Form der kom munalen Zusammenarbeit auftaucht, die „den freiwilligen Zwang beinhaltet“.
Darüber werden wir noch diskutieren, und ich bin mir sicher, auch hier werden wir zu Reformschritten kommen und die
kommunale Familie so, wie wir es planen, mit 400 Millionen Euro dabei unterstützen. Das Land Brandenburg steht also ins gesamt gut da.
Dennoch ist klar, dass auch unser Land nicht über unerschöpf liche Kräfte verfügt und wir dringend eine europäische Lö sung - auch dies möchte ich klar und deutlich unterstreichen - bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise brauchen. Trotz der hohen Belastungen ist es aber bemerkenswert, dass alle ge planten und notwendigen Investitionen in Brandenburg ge stemmt werden. Deshalb brauchen wir nicht über Handlungs fähigkeit zu sprechen. Wir sind handlungsfähig. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Herr Dr. Gauland für die AfD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, da hielt ich eine Pressemitteilung der Staatskanzlei zum vorliegenden Nachtragshaushalt in den Händen. Darin sagten Sie, Herr Ministerpräsident, der Nachtragshaushalt zei ge vor allem, wie verantwortungsvoll die Landesregierung bei der Umsetzung des Regierungsprogramms vorgehe. Sie sagten, Sie würden damit auf die neuen Herausforderungen reagieren, und Sie sagten - der Kollege Bischoff hat es eben wiederholt -, dieser Haushalt komme ohne neue Kreditaufnahmen aus.
Ich habe mir den Nachtragshaushalt genauer angeschaut, auf den sich Ihre Pressemitteilung bezog, und bin mir sicher, dass diese Landesregierung nicht nur ein Wahrnehmungsproblem haben muss; sie nimmt es auch mit der Wahrheit nicht so genau.
Lassen Sie mich mit dem sehr fragwürdigen Umgang mit der Wahrheit beginnen. Unter der Überschrift „EU-Kredit für Flüchtlinge“ konnten Sie kürzlich in der „Märkischen Allge meinen“ lesen, dass das Land Brandenburg als erste Region überhaupt ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank zum Bau und Umbau von Flüchtlingsunterkünften erhält. Rund 120 Millionen Euro werden der Investitionsbank des Landes Brandenburg für diesen Zweck als Kredit zur Verfügung ge stellt. Wenn Sie mich fragen, so ist dies ganz klar eine neue Kreditaufnahme. Das wissen Sie auch, Herr Ministerpräsident und Herr Minister Görke. Wenn Sie also behaupten, dieses Land käme bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ohne neue Kreditaufnahme aus, so ist das schlichtweg falsch.
Sie haben sich mit der Investitionsbank eine Möglichkeit ge schaffen, auch außerhalb des Landeshaushaltes Kredite aufzu nehmen. Aber deswegen den Bürgern im Lande vorzugaukeln, Sie würden die Flüchtlingskrise so ganz nebenbei und ohne neue Lasten für zukünftige Generationen bewältigen, ist nichts anderes als eine bewusste Täuschung der Brandenburger.
Ich gebe ja zu, in gewisser Weise befindet sich die Regierung in einem verzwickten Dilemma zwischen Anspruch und Wirk lichkeit. Da sind auf der einen Seite die Bürger, die von Tau senden fremden Menschen überrollt werden.
und da weder bei Rot-Rot hier im Lande noch im Bundeskanz leramt jemand den Mut und den Verstand hat, zu sagen „Es reicht!“, kommen nach wie vor täglich 3 500 Menschen.
Nun, lieber Herr Bretz, will ich ein Wort an Sie richten. Den Ministerpräsidenten dafür verantwortlich zu machen, dass Ihre Bundeskanzlerin die halbe Welt in dieses Land holt, ist pure Heuchelei!
Die CDU ist schuld an dieser Entwicklung und nicht - Ent schuldigung, wenn das ein AfD-Mann sagt - der Ministerpräsi dent dieses Landes.
Auf der anderen Seite muss diese kraftlose Regierung - damit sind wir wieder beim Ministerpräsidenten - auch Lösungen fin den, um die Folgen der gelebten Utopie offener Grenzen be wältigen zu können; und diese Lösungen kosten Geld, sehr viel Geld. Ich glaube kaum, dass die Menschen in diesem Lande ohne Weiteres bereit sind, ihre mühsam erarbeiteten Steuergro schen in ein Fass ohne Boden zu schaufeln. Das glaubt auch die Regierung nicht. Deswegen sieht sie als Ausweg aus diesem Dilemma einzig die Einrichtung eines Schattenhaushalts bei der brandenburgischen Investitionsbank.
(Domres [DIE LINKE]: So ein Unsinn! - Vogel [B90/ GRÜNE]: Dafür müsste man Schmerzensgeld bekom men!)
Mit ehrlicher und bodenständiger Politik hat das überhaupt nichts zu tun. Aber für den Fall, dass dieses Gebaren von den Bürgern und der Opposition in Zweifel gezogen wird, hat die Landesregierung immer die eine Lösung zur Hand: die rechte Keule. Als AfD haben wir diesen Mechanismus ja oft erleben dürfen. Vor mehr als einem Jahr schon forderten wir konse quente Abschiebung. Das machte uns zu Rechtspopulisten.
Wir wiesen nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“ darauf hin, dass der Islamismus auch für Deutschland gefährlich sei. Da waren wir geistige Brandstifter, und heute haben wir es wieder gehört. Angesichts des Massenzustroms von Flüchtlin gen forderten wir die Grenzschließung und fordern sie heute noch. Das machte uns zu Rechtsradikalen.
Aber, meine Damen und Herren, das ist alles ein billiger Trick, eine Politshow, um sich den Bürgern als die vermeintlich mo
Aber, lieber Herr Woidke, wie moralisch überlegen ist ein Mi nisterpräsident, der vor jeder Kamera den Kampf gegen Aus länderfeindlichkeit und Rechtsextremismus beteuert und dann keine müde Mark in die dafür zuständigen Behörden investiert?
Nehmen wir den Landesverfassungsschutz: Von 2009 bis 2015 wurden 20 Stellen im Landesverfassungsschutz gestrichen. Di es allein ist schon nicht nachvollziehbar.
Dass aber angesichts der nie zuvor erlebten Zahlen brennender Gemeinschaftsunterkünfte auch im Nachtragshaushalt kein einziger Cent oder Euro in den Verfassungsschutz investiert wurde, löst bei mir - und wahrscheinlich auch bei vielen Bran denburgern - ein sehr ungutes Gefühl aus, und das, Herr Mini sterpräsident nicht nur mit Blick auf den rechten Extremismus, den Sie immer als besonders gefährlich ansehen, nein, auch mit Blick auf die linken Spinner, die nichts anderes zu tun haben, als Polizisten zu beschimpfen, Steine zu werfen und den Volks tod zu propagieren.