Protocol of the Session on January 20, 2016

Die Konsequenz, dass Zelte aufgestellt werden müssen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen, ist, glaube ich, die falsche Schlussfolgerung, die Sie da ziehen. Wenn sich alle einig wä ren, dass diejenigen abzuschieben sind, die keinen anerkannten Asylstatus, keinen Flüchtlingsstatus haben, dann wäre - wie ich das vorhin in der Rede schon deutlich gemacht habe - eine Menge Platz für die Personen, die aus Bürgerkriegsländern kommen, die den Flüchtlingsstatus haben und die wir hier un terbringen müssen. Ich weiß nicht, wo Sie dann Zelte aufstel len wollen.

(Beifall AfD)

Wir sind damit am Ende der Aussprache und kommen zur Ab stimmung.

Wir stimmen über den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion in Drucksache 6/3295 - es geht um die Änderung des Branden burgischen Schulgesetzes - ab. Wer diesem Gesetzentwurf folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich ab gelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungs punkt 10 auf:

Organstreitverfahren 1. der Mitglieder des Landtages Brandenburg Iris Schülzke, Péter Vida und Christoph Schulze 2. der Parlamentarischen Gruppe im Landtag Bran denburg BVB/FREIE WÄHLER wegen Regelungen des Fraktionsgesetzes und der Ge schäftsordnung des Landtages Brandenburg - VfGBbg 70/15

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 6/3334

Es ist vereinbart worden, hierzu keine Debatte zu führen. Da mit kommen wir zur Abstimmung.

Wir stimmen über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Hauptausschusses in Drucksache 6/3334, Organstreitver

fahren, ab. Wer hier seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dem bei einigen Enthaltungen mehrheitlich gefolgt wor den.

(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Und drei Ge genstimmen! - Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Ich bitte darum, das zu protokollieren, Frau Präsidentin!)

- Bitte schön: Es gibt drei Gegenstimmen. Wenn Sie das wün schen, wird das protokolliert. Das muss nicht sein, aber wenn Sie es wünschen, tun wir das natürlich sehr gerne.

(Zuruf des Abgeordneten Vida [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe])

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungs punkt 11 auf:

Digitalisierung der Wirtschaft - Chancen und Potenzi ale Brandenburgs nutzen

Antrag

der Fraktion der SPD

der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/3104

Ich eröffne die Aussprache. Zu uns spricht der Abgeordnete Barthel für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Werte Gäste! Das Thema Digitalisierung der Wirtschaft wird uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten begleiten. Der Übergang in die Ära der Industrie 4.0 ist in der Tat eine Revolution, ein Quantensprung. Sie erfasst die gesamte deut sche Wirtschaft. Deshalb haben wir uns im Antrag für den Be griff Wirtschaft 4.0 entschieden, um das Phänomen zu be schreiben, spiegelt er doch besser wider, dass nahezu alle Wirt schaftsbereiche und Wirtschaftszweige, Betriebsgrößen, also auch das Handwerk und die Landwirtschaft, davon betroffen sind, wenn auch in unterschiedlichem Umfang.

Waren bislang Kommunikations- und Administrationsprozesse sowie Bereiche der Planung, Konstruktion, des Handels und der Logistik Teil des digitalen Wandels, wachsen jetzt insbe sondere Fertigungs- und Informationsprozesse zusammen, also die Old Economy und die New Economy.

Zahlreiche bisher nicht verbundene Maschinen und Anlagen werden vernetzt, die Komponenten des Fertigungsprozesses und der Produkte werden selbst zu aktiven Informationsträ gern. Daten werden automatisch ausgetauscht - und das in Echtzeit. Entscheidungen für die Fertigung und Wartung kön nen auf dieser Basis in Echtzeit getroffen werden, die Wand lungsfähigkeit der Produktion und damit der Produkte nimmt zu, Effektivität und Flexibilität steigen. Eine höhere Produkti vität schafft neue Marktchancen, erlaubt höhere Margen und somit auch eine bessere Entlohnung - ein Gewinn für Unter nehmer und Beschäftigte. In der Digitalisierung der Wirtschaft liegt also ein großes Potenzial, eine große Chance; die gilt es zu nutzen.

Eine Onlineumfrage des Deutschen Industrie- und Handels kammertages macht das Problem, wo wir tatsächlich stehen, deutlich: Nur etwa ein Drittel der teilnehmenden Unternehmen gab an, dass sich die Digitalisierung positiv auf die Umsatzent wicklung auswirken werde. Während im Bereich der Industrie 50 % der Großunternehmen Umsatzzuwächse erwarten, sind es bei den Mittelständlern lediglich 27 % - 27 % von einem Drit tel, also von 30 %.

Dies ist ein deutliches Signal. Wir stehen zwar erst am Anfang des Wandels. Aber die mentale Bereitschaft der Verantwor tungsträger entscheidet über das Tempo, letztlich auch über den Erfolg. Besonders beim Mittelstand vollzieht sich dieser Mentalitätswechsel zurzeit sehr langsam.

Die Herausforderung potenziert sich für Brandenburg noch einmal, weil unsere Wirtschaft durch kleinteilige Betriebs strukturen gekennzeichnet ist. 2014 waren 78,1 % der branden burgischen Beschäftigten in kleinen und mittelständischen Unternehmen tätig. In den neuen Bundesländern sind es etwa 74 %, in Gesamtdeutschland 68 %.

Mit dem vorliegenden Antrag sollen die notwendigen Rahmen bedingungen fortgeschrieben und soll den speziellen Branden burger Bedingungen zur Meisterung des digitalen Wandels Rechnung getragen werden.

Ich will im Folgenden auf einige grundlegende Aspekte einge hen.

Stichwort Zeichen der Zeit erkennen, Hilfe zur Selbsthilfe or ganisieren: Mit der Organisation und Durchführung der Indus triekonferenz im Sommer letzten Jahres in Cottbus haben das Wirtschaftsministerium und die ZAB gezeigt, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben. Mit der Eröffnung des Innovati onszentrums Moderne Industrie an der BTU - kurz IMI - wurde eine neue Anlauf- und Beratungsstelle für Unternehmen ge schaffen, die sich den Herausforderungen der zunehmenden Vernetzung von Produktion und Informationstechnologie stel len wollen. Mit dem Hauptprodukt Innovations-CheckUp für Unternehmen erhalten insbesondere die KMU die Möglichkeit, sich für den digitalen Wandel fit zu machen. Die Praxis zeigt aber, dass ein sehr gutes Angebot allein noch nicht ausreicht, damit es auch tatsächlich genutzt wird. Gezielte Akquise, also Klinkenputzen - um es salopp auszudrücken -, ist angesagt. Das gilt für das Innovationszentrum genauso wie für die ZAB als auch für die Selbstverwaltungsorganisation der Industrie und des Handwerks. Unternehmen und Unternehmer müssen den Mehrwert der Innovationschecks erkennen und vor allen Dingen erleben. Dann sind sie mit Sicherheit auch bereit, in neue Technologien und Märkte zu investieren. Gute Beispiele gibt es in allen Regionen. Sie detailliert zu beschreiben würde den Rahmen dieses Redebeitrags sprengen.

Stichwort Forschung und Entwicklung: Einer der gravierenden Wettbewerbsnachteile der kleinen und mittelständischen Un ternehmen in Ostdeutschland liegt in den fehlenden Mitteln und Kapazitäten für Forschung und Entwicklung, also für In novation. Dies hat das DIW in seiner Studie im Juni 2015 noch einmal belegt.

Der Ihnen vorliegende Antrag definiert Maßnahmen, mit denen diese Schwäche kompensiert, Wissen aus Universitäten, Hoch- und Fachschulen bzw. außeruniversitären Einrichtungen schnel

ler in wirtschaftlich verwertbare Verfahren und Produkte um gesetzt werden kann. An diesen Grenzflächen entstehen neue Geschäftsfelder für Start-ups, die maßgeschneiderte Lösungen für Softwaretechnologien, aber auch für andere Fragen entwi ckeln und vermarkten. Auch hier gilt das Prinzip „Stärken stär ken“.

Mit der geplanten Profilierung von wertschöpfungsorientierten Innovationsstandorten in räumlicher Nähe zu Hochschulen, zum Beispiel Potsdam-Golm - wir haben hier darüber gespro chen -, Cottbus, Wildau und Brandenburg an der Havel, wer den mit Unterstützung aus Mitteln der Wirtschafts-, Technolo gie-, Infrastruktur- und Forschungsförderung exzellente Rah menbedingungen dafür geschaffen.

Zum Schluss meines Beitrages noch drei Stichworte:

Stichwort Netzwerke: Wir brauchen, um den digitalen Wandel zu meistern, nicht nur eine leistungsfähige Breitbandinfra struktur, sondern aus meiner Sicht auch eine neue Netzwerk kultur zwischen den Akteuren. Politik, Wirtschaftsförderung und Wissenschaft müssen vor Ort neue Verknüpfungen auch über die Grenzen von Regionen und Branchen hinaus organi sieren und ermöglichen.

Stichwort Smart Factories: Wir haben in Brandenburg noch keine Fabrik, die diesem Zielbild entspricht. Es gibt mit Si cherheit auch nur sehr wenige auf dem Gesamtgebiet der Bun desrepublik. Aber wir wissen, dass große Investitionsentschei dungen sowohl auf der Unternehmensseite als auch auf der Seite der Raumordnung Zeit brauchen. Deswegen sind die Ausweisung und die dezidierte Entwicklung von Industrieflä chen - wie in Ludwigsfelde - zukunftsentscheidend.

Stichwort Arbeit: Auch wenn wir vom „Internet der Dinge“ re den, geht es im Endeffekt immer um den Menschen. Mit der veränderten Organisation von Fertigungsprozessen kommen auch auf die Tarif- und Sozialpartner neue Herausforderungen zu. Der Antrag „Gute Arbeit für Brandenburg“ wird dieses Thema vertiefen. Einer der Schlüssel zu guter Arbeit ist Bil dung. Dazu gehört sowohl die Ausbildung als auch die lebens lange Weiterbildung.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Das Thema ist sehr vielschichtig. Ich konnte nur einige Aspekte anreißen. Der vorliegende Antrag ist eine gute politische Weichenstel lung. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem An trag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir danken Ihnen und setzen die Aussprache fort. - Zu uns spricht der Abgeordnete Homeyer für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Digitalisierung der Wirtschaft - Sie sagten es, Kollege Barthel - steht für einen Paradigmenwechsel. Ja, es ist ein Paradigmen wechsel. Aber dieser hat nicht gerade erst begonnen, sondern ist bereits in vollem Gange. Die digitalen Technologien haben bereits heute bestehende Geschäftsmodelle erheblich verän

dert. Wertschöpfungsketten verändern sich. Grenzen zwischen Produkten und Dienstleistungen verschwinden. Das betrifft kreative und internetbasierte Geschäftszweige genauso wie etablierte Industrien.

Dabei sind es nicht nur die Produkte der Informations- und Kommunikationstechnik im eigentlichen Sinne, bei denen di gitale Technologien die Wertschöpfung maßgeblich beeinflus sen. Durch die Umverteilung von Investitionen werden Poten ziale frei, die Raum schaffen für Kreativität, Produktivität und Ressourceneffizienz. Dabei konkurrieren wir in Brandenburg, in Deutschland und auch in Europa mit Unternehmen weltweit. Diese neue Flexibilität und Vernetzung der globalen Wirtschaft schafft Möglichkeiten gerade auch für unsere kleinen und mitt leren Unternehmen. Aber hinter dieser neuen industriellen Re volution verbergen sich auch große Risiken. Die Digitalisie rung der Wirtschaft wird nämlich auch als „vierte industrielle Revolution“ bezeichnet - eine Revolution, bei der Brandenburg im Moment nicht gerade an vorderster Front mitkämpft.

Die Plattform „Industrie 4.0“ des Bundeswirtschaftsministeri ums verzeichnet auf einer Landkarte 207 Praxisbeispiele, wo „Industrie 4.0“ heute schon in Deutschland gelebt wird. Ledig lich fünf dieser Beispiele kommen aus Brandenburg. Bemer kenswert ist: Keines dieser Unternehmen ist ein KMU.

Das zeigt exemplarisch, welchen Handlungsbedarf wir haben. Deswegen ist der Antrag, den SPD und Linke eingebracht ha ben - übrigens auf der Grundlage unseres Antrags, den Sie im letzten Jahr ablehnten -, richtig.

(Beifall CDU)

Breitband - Sie haben es gesagt, Kollege Barthel - ist eine not wendige Voraussetzung. Ohne Breitband - und zwar ein hoch leistungsfähiges! - geht gar nichts in Brandenburg. Ich will aber nicht näher darauf eingehen. Wir haben dazu einen Antrag eingebracht. Demnächst, Anfang März, findet eine Anhö rung im Wirtschaftsausschuss statt. Dann sind wir hoffentlich ein Stück weiter.

Eine wichtige weitere Voraussetzung ist die engere Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft, die exemplarisch schon am Innovationszentrum „Moderne Industrie Brandenburg“ an der BTU Cottbus-Senftenberg stattfindet. Dort finden gerade klei ne und mittlere Unternehmen die notwendigen Rahmenbedin gungen vor, um sich zu informieren und in der Modellfabrik möglichst Arbeitsabläufe und Vernetzungsoptionen zu simulie ren. Ich finde, das ist ein guter Anfang.

Auch der in Ihrem Antrag enthaltene Hinweis auf den Rechts rahmen im Bereich des Datenschutzes ist natürlich richtig. Ei ne Umfrage aus August 2015 zeigt, dass Unternehmen bei der Durchsetzung der digitalen Agenda um nichts mehr fürchten als um die Sicherheit ihrer Daten. Vernetzung von Wissen schaft und Wirtschaft, Datensicherheit - das sind zwei wichtige Punkte, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen.

Dennoch, meine Damen und Herren von SPD und Linken, er scheinen mir die meisten Ihrer 13 Forderungen doch reichlich unkonkret und zögerlich. Sie unterschätzen meiner Ansicht nach die Herausforderungen, die mit diesen disruptiven Verän derungen auf unsere KMUs in Brandenburg zukommen wer den. Wenn Sie zum Beispiel sagen: „Die Technologien und