Protocol of the Session on November 18, 2015

Drucksache 6/2556

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht

des Hauptausschusses

Drucksache 6/2897

Es ist vereinbart worden, hierzu keine Debatte zu führen. Des halb kommen wir sofort zur Schlussabstimmung. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Hauptaus schusses in der Drucksache 6/2897 - Gesetz zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag - ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Vorlage mehrheitlich zuge stimmt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3. Wir treten in die Mit tagspause ein und treffen uns um 13 Uhr hier wieder.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.02 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die Sitzung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Wirksame Umsetzung des Asylverfahrensbeschleuni gungsgesetzes - Siebzehn Maßnahmen zur unverzüg lichen Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer

Antrag

der Fraktion der CDU

Drucksache 6/2902

in Verbindung damit:

Spielräume nutzen, Bundesgesetze menschenrechtsorientiert umsetzen!

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/2953

Die Aussprache wird vom Abgeordneten Lakenmacher für die CDU-Fraktion eröffnet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Europäische Union sowie in der Folge auch Deutschland und Brandenburg stehen vor großen Problemen - das ist heute schon debattiert worden. Die Probleme heißen Staatszerfall und verstärkte Destabilisierung im Nahen und Mittleren Osten sowie im Levante.

In diesem Jahr sind allein nach Brandenburg bereits mehr als 34 000 Asylbewerber gekommen. Wenn sich diese Entwick lung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht fortsetzen soll, muss auf allen Ebenen - der Europäischen Union, des Bundes und des Landes Brandenburg - gehandelt werden. Die Europäische Union unter der Führung Deutschlands muss end lich eine einheitliche geopolitische Strategie für die Nachbarre gionen entwerfen, die von den Menschen im Nahen und Mitt leren Osten sowie im Levante unterstützt und akzeptiert wird. Dazu gehören auch ordnungspolitische Maßnahmen, um diese Region zu befrieden. Nur so können wir auf mittel- bis langfristige Sicht eine umfassende Völkerwanderung nach Europa und Deutschland vermeiden.

Fest steht, dass in den nächsten Jahren viele Asylbewerber nach Deutschland und Brandenburg kommen und in unserem Land nach Recht und Gesetz ein Asylverfahren durchlaufen werden. Diejenigen Asylbewerber, deren Asylantrag abschlä gig beschieden wird, sind ausreisepflichtig - das sind dann aus reisepflichtige Ausländer. In unserem Rechtsstaat gilt: Ausrei sepflichtige Ausländer sind verpflichtet, das deutsche Staatsge biet zu verlassen. Wer dem nicht nachkommt, verstößt gegen geltendes Recht und muss abgeschoben werden.

Für die CDU steht fest: Das Land Brandenburg muss selbstver ständlich - auch im Rahmen seiner Bundestreue - dafür einste hen, dass hier in Brandenburg geltendes Recht konsequent und vollständig um- und durchgesetzt wird.

(Beifall CDU und AfD)

Das Land Brandenburg darf die Verantwortung nicht auf die Kommunen abschieben, und es darf sich nicht allein auf frei willige Ausreisen verlassen. Gerade beim Thema Abschiebung lässt das Land jedoch - das müssen wir leider so feststellen - die Ausländerbehörden der Landkreise allein.

In Brandenburg befinden sich derzeit mehr als 4 000 ausreise pflichtige Ausländer, und in vielen Landkreisen und kreisfreien Städten sind es mehrere Hundert. Im Zeitraum von Anfang Ja nuar bis Ende Juli 2015 sind gerade einmal 134 vollzogene Ab schiebungen von den Ausländerbehörden gemeldet worden. Allein diese Zahl macht deutlich, dass im Land Brandenburg erhebliche Vollzugsdefizite bestehen.

Das Land Brandenburg muss seine Verantwortung im Bereich der Rückführung wahrnehmen. Deshalb schlagen wir in un serem Antrag Maßnahmen zur unverzüglichen Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer vor. Dabei handelt es sich zum Teil um organisatorische Maßnahmen zur Beschleunigung die ser Rückführung und zum Teil um Maßnahmen, die die Lan desregierung aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsge setzes des Bundes wirksam umsetzen muss - das betone ich.

Wir als CDU-Fraktion halten es für notwendig, dass ausreise pflichtige Ausländer und Asylbewerber, deren Antrag noch

nicht beschieden wurde, nicht mehr den Kommunen zugeteilt werden, sondern in der Obhut des Landes verbleiben. Die neue Sechsmonatsfrist für Erstaufnahmeeinrichtungen muss ausge schöpft werden. Die Landesregierung ist hier verpflichtet, aus reichende Unterbringungskapazitäten vorzuhalten. Zudem müs sen Ausländer aus sicheren Herkunftsländern nach dem Asyl verfahrensbeschleunigungsgesetz bis zum Vollzug der Rück führung in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung des Landes verbleiben. Deshalb ist es sinnvoll, dass die Landesregierung zur Unterbringung aller ausreisepflichtigen Ausländer eine Ausreiseeinrichtung schafft, wie sie heute schon in Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt existieren.

(Beifall CDU und AfD)

Es ist selbstverständlich, dass die Einrichtung den humanitären Standards genügen und auch die getrennte Unterbringung von alleinreisenden Frauen und von Familien gewährleisten muss. Der Standort dieser Einrichtung soll möglichst berlinnah gele gen und mit guter Verkehrsanbindung ausgestattet sein. Zudem soll sich in räumlicher Nähe zur Ausreiseeinrichtung die Aus länderbehörde des Landes befinden, die die Rückführungs maßnahmen betreibt. Mit einer solchen zentralen Einrichtung kann auch die Erreichbarkeit dieser Ausländer für die Behör den und Gerichte erleichtert und damit die Rückführung gesi chert und beschleunigt werden.

Meine Damen und Herren, damit ausreisepflichtige Ausländer unverzüglich unser Land verlassen, ist es notwendig, auch die Verweilanreize zu reduzieren. Die neuen gesetzlichen Rege lungen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes müssen auch hier in Brandenburg wirksam umgesetzt werden. In der Ausreiseeinrichtung soll es grundsätzlich nur Sachleistungen geben, und Ausländer mit einem festen Ausreisetermin und ei ner Ausreisemöglichkeit sollen nur noch Leistungen zur De ckung ihres Bedarfs an Nahrung, Unterkunft und Gesundheits pflege erhalten. Darüber hinaus muss die Ausländerbehörde schnell und konsequent abschieben. Der Termin der Abschie bung muss nicht mehr angekündigt werden - dieses Instrument gilt es zu nutzen.

Ein weiteres Problem ist die Beschaffung von Pass- und Passersatzdokumenten. Der Ausreisepflichtige hat hier Mitwir kungspflichten, an deren Verletzung auch spürbare Konse quenzen, zum Beispiel Reduzierung der Leistungen, geknüpft werden müssen. Die potenziellen Herkunftsstaaten sind völ kerrechtlich dazu verpflichtet, bei den Maßnahmen zur Fest stellung der Identität, zum Beispiel durch das Erscheinen einer ausländischen Delegation, zu kooperieren. Hier sollte das Land Brandenburg seine Möglichkeiten ausschöpfen, zumal die in ternationalen Vertretungen der Herkunftsstaaten in unmittel barer Nähe, nämlich in Berlin, zu finden sind.

Als letztes und schwerstes Mittel muss bei Gefahr der Abschie bungsvereitelung konsequent die Sicherungshaft angewendet werden. Hier ist es notwendig, die Haftdauer von den in Bran denburg bisher geltenden 14 Tagen auf bis zu drei Monate und bei Verletzung der Mitwirkungspflichten sogar auf zwölf Mo nate zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, so weit der Umriss der von uns vor geschlagenen Maßnahmen. Warum? Wir benötigen die durch ausreisepflichtige Ausländer gebundenen Ressourcen dringend für Menschen mit Bleibeperspektive, also für diejenigen, die

ein Recht auf Asyl in Deutschland haben. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und AfD)

Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, begrüßen wir auf der Besuchertribüne Mitglieder der Gewerkschaft Verdi aus Bad Belzig. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht als Nächste die Kollegin Nonnemacher.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auf der Tribüne! Am 3. Oktober 2015 fei erte Deutschland 25 Jahre Deutsche Einheit. Es wurde viel über diese große Leistung, die wir damals erbracht haben und bis in die Gegenwart noch erbringen, geredet. Aber es wurde auch gesagt: Eine vergleichbar große Aufgabe, eine vielleicht noch größere Aufgabe erwartet uns jetzt, Bundespräsident Gauck sprach sie in seiner Rede beim zentralen Festakt in der Alten Oper in Frankfurt am Main an: die Integration der Flüchtlinge.

Ja, die Herausforderung ist groß. Umso wichtiger ist, dass wir diese Aufgabe gemeinsam meistern und nicht gegeneinander kämpfen.

Zahlreiche Gipfeltreffen finden zurzeit auf europäischer Ebe ne, auf Bundes- und Landesebene in der Hoffnung statt, die Asylverfahren beschleunigen zu können und den Menschen in Not so schnell wie möglich zu helfen. Uns Grünen geht es da bei nicht darum, uns abzuschotten und die Menschen zu ver graulen. Wir wollen die Asylverfahren optimieren und dafür sorgen, dass sich Geflüchtete in Deutschland geborgen fühlen, integrieren können.

Joachim Gauck sagte am Donnerstag vergangener Woche noch etwas, als er Flüchtlinge und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in Bergisch Gladbach traf. Er sagte:

„Es werden Horrorszenarien für die Zukunft entwickelt.“

Diese seien gefährlich, weil sie eine Angstkultur und Ohn machtsgefühle förderten.

Auch ich will keine Stimmungsmache zulasten von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten oder Geduldeten, keine Aufteilung von Flüchtlingen in gute und böse. Wir Grü nen zeigen uns kompromissbereit und erkennen die großen An strengungen auf allen Ebenen an. Aber eine Politik, die Men schen schikaniert und auf Ausgrenzung, Abschreckung und Abschiebung setzt, halten wir für brandgefährlich.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE)

Den Antrag der CDU-Fraktion „Wirksame Umsetzung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes - Siebzehn Maßnah men zur unverzüglichen Rückführung ausreisepflichtiger Aus länder“ lehnen wir ab.