Protocol of the Session on July 8, 2015

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe und B90/GRÜ- NE)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Minister Schröter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Zum vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung sind bereits viele Argumente ausgetauscht worden. Einige von Ihnen können sich vielleicht an die hitzigen Debatten der vergangenen Legislaturperiode erinnern. Letztlich wurde nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März 2010 die Aufsicht über den Datenschutz im privaten Bereich zum 1. Juni 2010 vom Innenministerium auf den Datenschutzbeauftragten oder die Datenschutzbeauftragte verlagert. Damit sollte eine den EU-Vorgaben entsprechende unabhängige Ausübung der Aufsicht auch im Bereich der Wirtschaft gewährleistet werden.

Brandenburg, verehrter Herr Lakenmacher, hat damals als erstes der betroffenen Bundesländer die zur Umsetzung des Urteils erforderlichen Rechtsänderungen vorgenommen. Nach Prüfung aller Gesetze der Länder und des Bundes zur Umsetzung des EuGH-Urteils verlangte die EU-Kommission von Brandenburg allerdings eine Klarstellung. Wir sollten verdeutlichen, dass die Dienstaufsicht durch die Landtagspräsidentin

nicht die Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten einschränkt. Diese Forderung hat die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt. Die Einrichtung des Amtes der Datenschutzbeauftragten als oberster Landesbehörde - wie von ihr im Rahmen ihrer Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren gefordert - sieht der Gesetzentwurf allerdings nicht vor.

Das ist auch nicht erforderlich, um den Forderungen der EUKommission nachzukommen oder die Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht zu gewährleisten. Das hat die Anhörung im Innenausschuss ergeben.

Allerdings hat dort ein Gutachter der EU-Kommission empfohlen, die Rolle der Datenschutzbeauftragten bei Disziplinarverfahren gegenüber den unter ihr beschäftigten Beamten zu stärken. Dieser neuen Anforderung aus der Kommission wird mit dem vorliegenden Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen gefolgt. Dieser Vorschlag wird aufgegriffen.

Um jegliche Risiken in Bezug auf das Vertragsverletzungsverfahren auszuschließen, sollte dem Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrags von SPD und Linken zugestimmt werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Ich rufe zuerst den Änderungsantrag der Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 6/1982 - Änderung Artikel 1 § 22 Abs. 4, § 23 Abs. 4 sowie Einführung eines neuen Artikels 2 -, auf. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktionen SPD und DIE LINKE auf Drucksache 6/1996 zur Beschlussempfehlung des Ausschusses - Neufassung des Artikels 1 - auf. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen.

Ich rufe jetzt die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales, Drucksache 6/1963, zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Fünftes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes - auf. Wer möchte dieser Beschlussempfehlung zustimmen? - Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist diese Beschlussempfehlung unter Berücksichtigung des zuvor angenommenen Änderungsantrags angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Sechstes Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 6/1520

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Drucksache 6/1861

Ich eröffne die Aussprache mit einem Beitrag der SPD-Fraktion. - Frau Abgeordnete Koß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Heute, bei der 2. Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Kita-Gesetzes, möchte ich nicht noch einmal auf grundsätzliche Dinge eingehen. Vielmehr sei mir gestattet, auf inhaltliche Dinge und die Änderungsanträge einzugehen.

Mit der Neufassung des § 16 Abs. 3 KitaG wollen wir zuweilen bestehende Unsicherheiten über die Auslegung beseitigen, auch wenn dies die Vertreter des Städte- und Gemeindebundes in der Anhörung im Bildungsausschuss anders sahen. Es ist zwar absurd, anzunehmen, dass ein freier Träger erst dann Anspruch auf die Restfinanzierung hat, wenn er vor dem Konkurs steht; trotzdem wurde dies hin und wieder so ausgelegt. Eine Einrichtung, die finanziell am Rande der Insolvenz steht, kann - das wissen wir alle - Kindern keine verlässliche Betreuung bieten und könnte vom Ministerium gar nicht erlaubt werden. Einem sparsam wirtschaftenden Träger müssen die notwendigen Kosten ausgeglichen werden, zum Beispiel, wenn er unverschuldet besonders teures Personal hat oder er aufgrund der sozialen Situation der Eltern kaum Elternbeiträge einnimmt. Das war seit dem ersten Kindertagesstättengesetz von 1992 so, und das muss auch so bleiben.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

In § 23 Abs. 1 KitaG wird durch die Anfügung der Nummer 8 deutlich gemacht, dass eine Verordnung zur Einberufung, Zusammensetzung sowie zur Arbeitsweise der örtlichen Elternräte und des Landeselternrates durch das Ministerium erarbeitet werden kann. Damit soll die praktische Umsetzung des § 6a erleichtert werden. In der Anhörung haben wir alle gehört, dass das ein Knackpunkt sein könnte. Wir wollen das so ändern, weil die Einrichtung örtlicher Elternbeiräte und eines Landeselternbeirates immer auch eine positive Institutionalisierung der Interessen der Eltern, deren Kinder eine Kita besuchen, bedeutet und daher dem demokratischen Willen vieler Eltern entspricht. Diesen Willen setzen wir um und manifestieren ihn mit einer entsprechenden Verordnung.

Der Änderungsantrag der Grünen zur Essenversorgung ist zwar eine gute Idee, aber so nicht umsetzbar. Zum einen gibt es Kitas, die die DGE-Standards umsetzen, und zum anderen entscheiden sich manche Eltern ganz bewusst dagegen. Auch diesen Elternwillen sollten wir akzeptieren. Wir sollten sie nicht zu etwas zwingen, was sie nicht möchten.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir Dinge angepackt, die die Kitas im Sinne unserer Kinder weiterbringen

werden. Ich bitte Sie daher im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir danken Ihnen. - Zu uns spricht nun für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Hoffmann.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Nett!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dannenberg, ich kann Sie beruhigen: Ich kann gar nicht anders als nett sein.

(Lachen DIE LINKE - Domres [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Heute fällt mir das sogar relativ leicht; denn auf den heutigen Tag haben viele Erzieherinnen und Erzieher, aber auch viele Eltern im Land lange gewartet. Wir werden gleich ein Gesetz beschließen, mit dem der Personalschlüssel verbessert und die Einstellung von zunächst 400 und dann noch einmal 500 Erzieherinnen und Erziehern ermöglicht wird. Ich sage dazu: Dies geschieht nach langem Warten und - auch das sage ich - auf massiven Druck der Opposition.

(Ness [SPD]: Ja, ja, ja!)

Wir wurden nicht müde, das immer wieder hier zu fordern. Sie wurden zunächst nicht müde, immer wieder zu erklären, warum das nicht geht, was Sie jetzt doch machen. Gut ist das!

Die Vertreter der Wohlfahrtsverbände haben uns im Ausschuss eindrucksvoll vorgerechnet, dass diese 900 zusätzlichen Stellen vor Ort sehr willkommen sind, dass sie allerdings nicht ausreichen werden, weil diese Aufstockung noch lange nicht überall zu kleineren Gruppen führen wird. Mit anderen Worten: Wir sind damit noch lange nicht am Ende des Weges angekommen. Das sollten wir nicht vergessen.

Ein weiterer Punkt neben den zusätzlichen Stellen ist die Möglichkeit, Kitabeiräte einzurichten. Wir begrüßen das ausdrücklich, weil das Engagement der aktiven Kitainitiative zeigt, wie viele Eltern bereit und willens sind, sich zu engagieren, sich einzubringen. Sie sind bereit, Energie zu investieren. Ich finde es gut, dass wir Ihnen dies künftig mehr ermöglichen werden.

Die Grünen haben darüber hinaus gefordert, bei der Essensversorgung die DGE-Standards einzuhalten. Frau Koß, ich kann nicht verstehen, dass Sie sagen: Das lehnen wir ab, weil es schon Kitas gibt, die diese Standards berücksichtigen. Ich finde, gerade das müsste für uns ein Beleg dafür sein, dass es möglich ist, diese Standards zu berücksichtigen. Das sollte für uns Ansporn sein, dafür zu sorgen, dass diese Standards in allen Kitas angewendet werden. Wir finden das richtig. Deshalb werden wir zustimmen.

(Beifall CDU sowie vereinzelt B90/GRÜNE)

Meine Damen und Herren, die Beratungen im Ausschuss haben noch ein anderes altes Thema auf die Tagesordnung gebracht. Ausnahmslos alle Anzuhörenden waren sich einig, dass wir bei der Kitafinanzierung in unserem Land immer stärker in eine Sackgasse geraten. Das haben die Vertreter der Wohlfahrtsverbände bzw. der beteiligten Kanzlei und - wenn auch unter anderen Vorzeichen - die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände gesagt. Tatsächlich nimmt sich der Gesetzentwurf Teile der Kitafinanzierung vor.

Die Bilanz fällt meiner Meinung nach gemischt aus: Der neu gefasste § 16 Abs. 3 Kindertagesstättengesetz stellt jetzt klar, dass die Fehlbedarfsfinanzierung dann greift, wenn eine Kita nicht dem Gesetz entsprechend betrieben werden kann. Man sollte eigentlich denken, dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Zum Teil wurde erklärt, dass bereits die jetzige Auslegung so zu verstehen ist. Trotzdem, wenn es den Trägern hilft, hier für Klarheit zu sorgen, dann machen wir da gerne mit.

Gleichzeitig sollten wir, wie ich finde, den Mut haben, über solch kleinteilige Veränderungen bei der Kitafinanzierung hinauszudenken, also über den Tellerrand zu gucken. Ich muss ganz ehrlich sagen: Die derzeitige Kitafinanzierung erweist sich immer wieder als Stolperstein auf dem Weg zu einer guten Kitaqualität.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Da muss man ehrlich sein: Die Konnexitätsregel, wie wir sie in diesem Land haben und verstehen, erweist sich dabei nicht immer als hilfreich.

Ich will das ruhig noch einmal zuspitzen: Wir haben ja über die Einführung der Kitabeiräte diskutiert. Ein Argument, das abzulehnen - auch vonseiten der kommunalen Spitzenverbände war, dass wir das wegen der Konnexität nicht machen können. Wenn wir solche Beiräte nicht einrichten können, weil die Konnexität schließlich dazu führt, dass die Kommunen umständlich beantragen müssen, dass ihnen die Portokosten für das Verschicken der Einladungen erstattet werden, dann geht das zu weit.

(Vereinzelt Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Andere Bundesländer lösen die Konnexitätsfrage konstruktiver. Dort gibt es Konnexitätsausführungsgesetze, -kommissionen oder -prozeduren, die alle Beteiligten an einen Tisch holen. So etwas fehlt uns in Brandenburg. Aber, meine Damen und Herren, wir stehen ja erst am Anfang dieser Legislaturperiode, und ich hoffe, dass Sie sich die kommenden vier Jahre nicht auf dem ausruhen wollen, was wir heute hier gemeinsam beschließen, sondern Sie sich tatsächlich vornehmen, hier den Mut nicht zu verlieren und einen größeren Schritt zu machen. Auch sollten Sie, Herr Baaske, vielleicht noch einmal alle Verantwortlichen an einen Tisch holen und wir versuchen, ein Stück weiter zu denken und dies ein wenig zukunftsfähiger zu machen.

Dazu gehört aber auch, dass wir noch einmal über die Weiterleitung der Bundesmittel bei den Betriebskostenzuschüssen an die Kitas diskutieren, wo der Landeshaushalt noch immer die Weiterleitung von 85 Millionen Euro an die Kommunen schuldig geblieben ist.

Der vorliegende Gesetzentwurf hat in der 1. Lesung ein einstimmiges Ergebnis erzielt. So viel Einmütigkeit erlebt man in diesem Haus relativ selten. Diese Einmütigkeit bietet auch die Chance für eine umfassende Lösung - eine Lösung, die für mehr Klarheit sorgt. Dafür brauchen wir allerdings etwas, wofür Sie bislang noch nicht sonderlich bekannt sind, nämlich den Mut und die Kraft für große Lösungen. Aber wir sind gern bereit, daran mitzuwirken, und bieten Ihnen unsere konstruktive Zusammenarbeit an. - Danke.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)