Protocol of the Session on February 27, 2013

(Vogel [B90/GRÜNE]: Man beachte das „leider“! - Schippel [SPD]: Nicht „leider“!)

Es haben sich lediglich 25 168 Menschen für das Thema interessiert. Das muss man schon zur Kenntnis nehmen - auch die politischen Parteien, die sich immer vehement diesen Fragen widmen.

Wenn Sie selbst sagen: „Die werden gleich mit juristischen Bedenken kommen“, so erwidere ich: Das ist richtig. Wahrscheinlich werden Ihnen auch Ihre Juristen der Fraktion schon gesagt haben, dass es für das Instrument der Volksbefragung in keinem Gesetz des Landes Brandenburg eine gesetzliche Grundlage gibt.

Wenn Sie fordern, der Innenausschuss soll es richten und überlegen, wie man so eine Volksbefragung macht, wie man sie auswertet und welche Kriterien zur Anwendung kommen sollen, so sage ich Ihnen: Wir sind zu vielem in der Lage und machen auch viel möglich. Es ist vielleicht charmant, darüber nachzudenken. Auf kommunaler Ebene kann man Bürgerbefra

gungen durchführen. Wenn Sie es aber ernst gemeint hätten, dann hätten Sie es ein bisschen ernsthafter betreiben und den Antrag weit vor der letzten Sitzung dieses Landtages einspeisen sollen. Darüber hätte man nachdenken können. Dieser Antrag wie auch Ihre Anträge im Allgemeinen in den letzten drei Tagen sehen doch sehr nach kurzfristigem Wahlkampfgetöse aus. Deshalb müssen wir den Antrag in der Sache und auch aus voller Überzeugung leider ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Bretz erhält das Wort.

Liebe Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Dem, was Kollege Büttner in Richtung der Linkspartei sagte, habe ich gar nichts mehr hinzuzufügen. Wir alle wissen: Die Linkspartei verkohlt in Brandenburg die Menschen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP - Zuruf des Abgeordneten Vogel [B90/GRÜNE])

Was den Antrag betrifft, möchte ich Folgendes sagen: Lieber Kollege Büttner, ich habe weder den Inhalt des Antrages verstanden noch, dass Sie ihn in der letzten Plenarsitzung dieses Landtages präsentieren. Deshalb in einem Satz: Wir lehnen den Antrag ab. Wir sind gern bereit, uns mit plebiszitären Elementen auseinanderzusetzen, gern auch in einem angemessenen Rahmen, aber nicht in der letzten Plenarsitzung und nicht zu diesem Thema hier und heute.

Als Letztes möchte ich Ihnen sagen: Wir stehen unmittelbar vor einer Volksbefragung, nämlich vor der am 14. September dieses Jahres.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)

Dann können wir alle unseren Beitrag leisten. In diesem Sinne: Glück auf!

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bretz. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg erhält dazu Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Erfindungsreichtum der FDP und ihrer Wandlungsfähigkeit scheinen keine Grenzen mehr gesetzt zu sein.

(Einzelbeifall)

Jetzt geht es um das Thema Braunkohle - wie wir wissen, ein schwieriges und komplexes Thema, das übrigens in den letzten

drei Landtagssitzungen unter mehreren Tagesordnungspunkten im Mittelpunkt stand. Die schöpferische Leistung besteht darin, dass die FDP das Braunkohle-Thema mit einem Anspruch auf Bürgerbeteiligung verbindet. Ich will hier darauf verweisen, dass die Linke entscheidenden Anteil daran hat, dass die Braunkohle im Land Brandenburg zur Brückentechnologie erklärt worden und der Ausstieg aus dieser Energiequelle bis 2040 zum Ziel der Regierungspolitik geworden ist. Das wäre mit Rot-Schwarz nicht denkbar gewesen. Daran können wir gemessen werden, auch vor dem Hintergrund der Kabinettsentscheidung zu Welzow II. Ich bin mir sicher, dass wir dazu auch in Zukunft noch manche Diskussion führen werden, was angesichts der Reichweite und der Emotionalität dieses Themas ganz normal und angemessen ist.

Bisher hat sich die FDP nach meiner Erinnerung mehr als knallharte Wirtschaftspartei zu profilieren versucht, und sie steht auch zur Braunkohle; das haben Sie ja noch einmal betont, Herr Büttner. Dass man jetzt solche wirtschaftlichen Interessen von der Meinung der Bürger abhängig machen will, ist für mich bei der FDP ein neuer Aspekt. Programmatisch passt das auch gar nicht so richtig zur Bundes-FDP. Aber es sollte jedem Lernfähigkeit zugestanden werden - bei uns würden Sie ohnehin offene Türen einrennen. Was Sie jedoch mit Ihrem Antrag hier vorschlagen, ist nicht nur primitiv-populistisch, sondern schlicht und einfach unglaubwürdig.

Es ist schon eine grandiose Idee - Frau Stark hat es hier schon angesprochen -, weniger als drei Monate vor der Landtagswahl die Form der Volksbefragung im Land Brandenburg zu erfinden und sie, obwohl es keinerlei rechtliche Voraussetzungen dafür gibt, am 14. September anwenden zu wollen. Ihnen müsste doch eigentlich bekannt sein, dass die Einführung von Volksbefragungen in der Verfassung zu regeln wäre, wenn Sie es denn ernst und nicht die ohnehin regelmäßig stattfindenden repräsentativen Befragungen meinen. Dass man für eine solche Verfassungsänderung mehr Zeit braucht, als wir bis zum 14. September noch haben, muss ich hier nicht betonen. Zudem erwecken Sie noch den Eindruck, als ob eine solche Befragung, die es - wie gesagt - jetzt noch gar nicht gibt, die verbindliche Wirkung eines Volksentscheides haben könnte. So sprechen Sie mehrfach von einer Abstimmung - das haben Sie bei der Einbringung auch wieder gesagt -, obwohl es sich hierbei nur um eine konsultative Form handelt und eben nicht um ein Plebiszit.

Außerdem scheinen Sie es gar nicht so ernst zu meinen, denn die Einführung von Volksbefragungen kann ich im Entwurf Ihres Wahlprogramms nicht finden. Was treiben Sie hier eigentlich für ein Spiel mit den Wünschen, Hoffnungen und Sorgen der Menschen in der Lausitz? Ich bin mir sicher, Sie wissen ganz genau, dass eine Volksbefragung - übrigens die erste in der Geschichte des Landes Brandenburg - selbst beim besten Willen schon aufgrund der zeitlichen Abläufe nicht umsetzbar wäre.

Irgendwie erinnert mich das an das Agieren des FDP-Abgeordneten Goetz, der im Zusammenhang mit der Problematik der Altanschließer eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht erfunden hat, die angeblich von einem Fünftel der Abgeordneten unseres Landtages eingereicht werden könne. Das hat sich auf den hochemotionalen Protestveranstaltungen von Altanschließern sehr gut gemacht, die das natürlich sehr gern gehört haben und nicht hören wollten, dass es eine solche Normenkontrollklage gar nicht gibt.

Auch wenn man Verständnis dafür haben kann, dass Sie mit hohem Einsatz um Ihr politisches Überleben kämpfen - nicht jedes Mittel kann dafür recht sein, und auch Sie müssen sich an Ihrer Glaubwürdigkeit messen lassen.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Also noch einmal ganz klar: Die Linke ist für den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2040, die Linke ist für eine lebendige und starke Bürgerbeteiligung, aber wir springen nicht über das dünne Stöckchen, das Sie uns hier hinhalten. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg. - Sie haben Herrn Abgeordneten Goetz von der FDP-Fraktion den Impuls zu einer Kurzintervention gegeben. Hierzu erhält er jetzt Gelegenheit.

Sehr geehrter Kollege Scharfenberg, selbstverständlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, Verfassungsgerichte anzurufen. Wir als Landtag können das Landesverfassungsgericht des Landes Brandenburg anrufen; das dürfte bekannt sein. Auch das Bundesverfassungsgericht kann angerufen werden, wenn gegen Grundrechte und gegen Grundfreiheiten verstoßen wird. Diese Möglichkeit hat zum einen der Bundestag. Diese Möglichkeit hat aber auch die Landesregierung des Landes Brandenburg; auch das ist möglich. Insofern wäre die Voraussetzung, dass sich dieser Landtag entschließen würde, die Landesregierung zu beauftragen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, um dort über eine Anfrage Klarheit zu erlangen, inwieweit das brandenburgische Kommunalabgabenrecht mit Bundesrecht, insbesondere mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, vereinbar ist.

So einfach ist es und so einfach geht es - man muss es nur wollen. Die Mehrheit dieses Landtages wollte es nicht, weil sie Angst vor dem eigenen Gesetz und vor der eigenen Rechtswidrigkeit hatte, die in das Gesetz hineingeschrieben worden ist. Genau das war der Grund, und genau deswegen haben wir uns damit zu befassen gehabt. - Vielen Dank.

(Beifall FDP sowie vereinzelt CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Herr Abgeordneter Scharfenberg hat die Möglichkeit, darauf zu reagieren, und er macht davon Gebrauch.

Herr Goetz, so wie Sie es hier gesagt haben, ist es ja richtig. Aber warum haben Sie es den Bürgerinnen und Bürger nicht so gesagt? Denen haben Sie ein X für ein U vorgemacht!

(Beifall DIE LINKE)

Das ist in Zeitungen nachzulesen, und ich bin dabei gewesen. Das ist eine Vorgehensweise, die ich ablehne. Denn hier werden falsche Hoffnungen geweckt. Sie haben versucht, politi

sches Kapital aus Umständen zu schlagen, die es gar nicht gegeben hat. Dazu müssen Sie auch stehen! Das haben Sie hier nicht ausräumen können. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Goetz [FDP]: Das Pro- blem ist, dass Sie das Bundesverfassungsgericht nicht an- rufen wollten!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharfenberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir Grünen heute die Initiative der FDP ablehnen, dann geschieht das aus Gründen, die weit über den Anlass hinausreichen. Wir finden es bedauerlich, dass hier aus tagespolitischer Effekthascherei das ernste Anliegen einer Verhinderung weiterer Tagebaue mit der Einführung eines ungeeigneten Instruments verbunden werden soll.

(Einzelbeifall)

Das sind übrigens Tagebaue, Herr Dr. Scharfenberg, die in der Summe bis 2067 die Braunkohleverstromung in der Lausitz absichern würden und nicht nur bis 2040, wie Sie das gerade als Position der Linken dargestellt haben.

Es handelt sich um ein Instrument, das zwar im Titel direktdemokratisch klingt, aber so wie hier vorgeschlagen eher dem Bereich der gelenkten Demokratie zugeordnet werden muss. Da können wir nicht mitgehen. Die Brandenburger Verfassung - das ist angesprochen worden - sieht Volksbefragungen nicht vor, und zwar weder konsultative noch affirmative. Ich denke, unsere Verfassung tut dies aus gutem Grunde. Denn wenn das Volk an die Urnen gerufen wird, dann soll es auch entscheiden und nicht nur seine Meinung kundtun. Die FDP will ja das Volk eigentlich nicht entscheiden lassen, sondern es soll nur die Landesregierung aufgefordert werden - ich zitiere -,„den Ausgang der Volksbefragung zur Grundlage ihres politischen Handelns zu machen.“ Das ist zu kurz gesprungen und - mit Verlaub - nicht gerade eine qualitative Ausweitung der direkten Demokratie.

(Beifall B90/GRÜNE)

Volksbefragungen sind zunächst einmal ein Instrument einer Politik von oben; das wurde angesprochen. Sie sind ein Topdown-Ansatz. Über Abstimmungsgegenstand und Abstimmungsfrage entscheidet nicht das Volk, sondern die Regierungsmehrheit. Daher sollte man sich schon mehr Zeit nehmen, wenn man ein solches Instrument einführen will, wie man das tatsächlich ordnungsgemäß geregelt bekommt. Diesen in der Natur der Sache liegenden Problemen entkommt auch die FDP nicht. Die Abstimmungsfrage soll die Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem federführenden Ausschuss des Landtages formulieren.

Nun ist ja nicht unbekannt, wer hierzulande die Regierung sowie die Mehrheit im Landtag und in den Ausschüssen stellt und welche Zielsetzungen die Landesregierung unter Führung der

SPD bei der Braunkohle verfolgt. Diese Zielsetzung beißt sich - das haben wir gerade gehört - nicht mit den Vorstellungen der FDP, jedenfalls nicht an dieser Stelle. Mit den auf eine Absicherung der Landespolitik bzw. der Landesregierung abzielenden Fragen hätten Sie natürlich auch keine Probleme; aber wir haben damit Probleme.

Ich möchte noch einmal Folgendes herausstellen - es ist ja auch angesprochen worden -: Es gibt in der Brandenburger Verfassung einen gesicherten dreistufigen Weg, nämlich Volksinitiative - Volksbegehren - Volksentscheid. Wir können natürlich auch über weitergehende Möglichkeiten reden. Wir könnten auch, wie es in der Schweiz und in Hamburg üblich ist, ein fakultatives Referendum einführen. Das fände ich hochspannend. Damit kann innerhalb einer bestimmten Frist, wenn der Landtag ein Gesetz verabschiedet und genügend Unterschriften gesammelt werden - in der Schweiz sind es 50 000, in Hamburg 32 000 -, dieses Gesetz noch einmal der Bevölkerung vorgelegt werden, zur Bestätigung oder zur Verwerfung.

Das ist, so denke ich, ein interessanter Ansatz; darüber kann man in der nächsten Legislaturperiode reden. Zugegebenermaßen erfordert aber ein solcher Schritt zu einer bedingten Selbstentmachtung des Landtages Mut. Wenn wir aber über eine Ausweitung direktdemokratischer Möglichkeiten nicht nur diskutieren wollen, kommen wir eben um die Abgabe politischer Macht nicht herum - wir Grünen sind dazu bereit.

Das konkrete Beispiel, welches Sie angeführt haben, gibt dafür aber wenig Anlass. Herr Büttner, Sie selbst haben angeführt, dass nicht der Landtag, sondern die Landesregierung den Braunkohleplan verabschiedet hat. Wollte man die Entscheidung wirkungsvoll in die Hände des Wahlvolkes legen, müsste als allererster Schritt der Landtag für den Braunkohleplan selbst zuständig werden.

(Vereinzelt Beifall B90/GRÜNE)

Interessanterweise hat sich aber der Landtag in früheren Jahren selbst entmündigt und die Verantwortung - wie angesprochen vollständig an die Regierung übertragen. Wir müssen also zunächst einmal dafür sorgen, dass das Aufstellungsverfahren für einen Braunkohleplan in ein Gesetzgebungsverfahren umgewandelt wird. Nur zu! Darüber steht aber im famosen FDPAntrag nichts.