Protocol of the Session on April 3, 2014

Zusammenfassung: Die Zusammenarbeit zwischen brandenburgischen Kommunen und Berlin ist auch öffentlich-rechtlich jetzt schon möglich. Die behaupteten steuerlichen Nachteile haben, glaube ich, nichts mit dem Fehlen eines Staatsvertrages zu tun, die sind da, wenn man sich so oder so organisiert. Die Steuerpflicht selbst bei der Zusammenarbeit von Kommunen ist gerade in Klärung, sodass ich sage: Ja, man kann einen Staatsvertrag machen. Ich erkenne im Augenblick aber auch nicht, welche Vorteile sich für unsere Brandenburger Kommunen daraus ergeben würden. Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir ihn deshalb nicht für nötig.

(Vereinzelt Beifall SPD und des Abgeordneten Ludwig [DIE LINKE])

Der Abgeordnete Wichmann spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank an die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wir als CDU-Fraktion unterstützen Ihr Vorhaben und Ihren Antrag. Ich denke, er kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir haben nächste Woche im Innenausschuss die Anhörung zum Gesetz zur Verbesserung der interkommunalen Zusammenarbeit.

Unsere Landesregierung hat in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen - das hatte ich in der 1. Lesung im Plenum begrüßt -, dass wir in Brandenburg zu einer interkommunalen Zusammenarbeit kommen: über Kreisgrenzen hinweg, zwischen Landkreisen und Kommunen. Nun kann mir heute niemand erklären - verzeihen Sie mir, sehr geehrter Kollege Richter -, warum wir mit allen anderen Nachbarländern Brandenburgs seit Jahren funktionierende Staatsverträge haben, die die interkommunale Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg regeln. Da, wo relativ wenig Menschen leben - an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern und zu Sachsen-Anhalt, im Westhavelland, an der Grenze zu Sachsen in Elbe-Elster und im Landkreis Oberspreewald-Lausitz -, gibt es entsprechende Verträge. Aber da, wo die Hälfte der Brandenburger Bevölkerung lebt, im Speckgürtel von Berlin, wo die Verzahnung zwischen Stadt und Umland eigentlich am größten ist, wo es die größten Baustellen gibt und wo man rechtssichere Regelungen braucht, können Sie - so erklären Sie uns heute - die Vorteile und die Notwendigkeit eines solchen Staatsvertrags nicht erkennen.

(Beifall CDU)

Das ist eine erneute Bankrotterklärung der Landespolitik. Wir haben heute hintereinanderweg mehrere erlebt.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Die brauchen bald einen Insol- venzverwalter!)

Man hat manchmal den Eindruck, der Landtag komme nur noch zusammen, um über Vorschläge lang und breit zu diskutieren und am Ende zu sagen: Es wird nicht gebraucht, es geht nicht, und wir können es nicht. - Ich frage mich, wozu wir eine Landesregierung haben, wenn man nicht einmal mehr mit dem Land Berlin einen Staatsvertrag zur interkommunalen Zusammenarbeit aushandeln möchte. Man hat ein wenig den Ein

druck, dass es daran liegen könnte, dass Ministerpräsident Woidke und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit nicht mehr recht miteinander reden können. Vielleicht ist das ja der Grund, warum Sie uns heute hier erklären, dass man einen Staatsvertrag an der Stelle nicht brauche. Mir erschließen sich Ihre Argumente nicht.

Wir werden der Ausschussüberweisung zustimmen. Wir haben nächste Woche die Anhörung im Innenausschuss, und ich hoffe, dass wir die offenen Fragen, was diesen Teil der interkommunalen Zusammenarbeit mit dem Land und der Stadt Berlin Berlin ist ja ein Stadtstaat- angeht, mit den Anzuhörenden klären können. Insofern gibt es aus unserer Sicht durchaus Nachsteuerungs- und Handlungsbedarf.

Andere Bundesländer haben entsprechende Verträge geschlossen, etwa Niedersachsen, das einen Staatsvertrag mit den benachbarten Stadtstaaten Bremen und der Metropole Hamburg geschlossen hat. Mir erschließt sich nicht, warum Brandenburg mit der Metropole Berlin in seiner Mitte keinen solchen Staatsvertrag brauchen soll. Ich kann nur hoffen, dass Sie im Rahmen der weiteren parlamentarischen Beratung - sofern wir den Antrag heute hoffentlich wenigstens an den Ausschuss überweisen - Ihre Meinung ändern und wir auch den Rat der Sachverständigen hören werden, die wir zur Anhörung in den Innenausschuss eingeladen haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Danke. - Wir setzen mit dem Beitrag des Abgeordneten Ludwig fort; er spricht für Fraktion DIE LINKE.

(Das Redepult quietscht bei der Höhenverstellung.)

Vielleicht sollten wir hier einmal einen Tropfen Öl träufeln; es ist eine interessante Geräuschkulisse.

Habe ich gerade nicht bei mir.

Aber jetzt steht’s im Protokoll. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hängen ein bisschen im Zeitplan; daher will ich mich kurzfassen.

Herr Kollege Wichmann, Herr Richter hat eine Begründung vorgetragen, die die Linke-Fraktion teilt; wir sind uns da einig. Das Thema, das die Grüne-Fraktion heute dankenswerterweise zur Diskussion stellt, drängt sich förmlich auf: Verbesserung der interkommunalen Zusammenarbeit - an dieser Diskussion beteiligt sich die Linke gern - und Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg; auch das ist für unsere Fraktion sehr wichtig. Das Instrument, das Sie vorschlagen, ist von der Landesregierung in dieser Legislaturperiode bereits geprüft worden. Wir haben uns - unabhängig von der Enquetekommission 5/2 - in der Koalition auch für andere Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung, die wir noch in dieser Legislaturperiode umsetzen wollten und umgesetzt ha

ben, ausreichend Zeit genommen. Deswegen ist dieses Instrument vonseiten der Landesregierung bereits geprüft, aber verworfen worden. Eine Reihe von Gründen hat Kollege Richter gerade vorgetragen.

Ich möchte ergänzen, Herr Kollege Wichmann, dass das Grundproblem darin besteht, dass es in Berlin keine echte kommunale Ebene gibt. Das Land Berlin behält sich solche Vertragsschlüsse ausdrücklich selbst vor. Die Bezirke können keine solchen Verträge schließen.

Gerade bei den Themen, die Sie ansprachen - Sie sind gerade verhindert und hören nicht zu; vielleicht können Sie es im Protokoll nachlesen -, hat Berlin nicht die Absicht, mit Brandenburger Umlandkommunen, die nicht annähernd 3,5 Millionen Einwohner haben, solche Verträge einzugehen. In der Regel verweisen sie auf die Berliner Aufgabenträger. Frau Kollegin Nonnemacher sprach es an: Die Berliner Wasserbetriebe sollen zwar rekommunalisiert werden. Aber sie stehen dann nur in öffentlichem Eigentum und sind immer noch in privater Rechtsform organisiert. Das führt dann eben zu den Problemen, die Kollege Richter hier völlig zu Recht ansprach.

Eine gute Nachricht ist, denke ich, dass zu einem Problem, das uns heute hier auch schon sehr wichtig war, nämlich dem KitaBereich, eine staatsvertragliche Regelung getroffen werden konnte, sodass ein problemloser - so hoffe ich jedenfalls - gemeinsamer Kitabesuch von Berliner Kindern in Brandenburg und von Brandenburger Kindern in Berlin möglich sein sollte. Das ist jedenfalls staatsvertraglich geregelt, und für vieles andere müssen wir schwerere Wege gehen, als die GRÜNE-Fraktion es heute vorschlägt. Wir haben es in der Koalition geprüft und können Ihnen leider nur sagen: Es wird nicht funktionieren, und deswegen werden auch wir den Antrag nicht in den Ausschuss überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir kommen zum Beitrag des Abgeordneten Goetz; er spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Im Jahr 1996 haben wir in Berlin und Brandenburg über eine Fusion unserer Bundesländer abgestimmt. Das Ergebnis ist bekannt: Die Brandenburger waren gegen eine solche Fusion. - Ich bekenne mich: Auch ich habe gegen die Fusion gestimmt, ich wollte damals die Berliner Schulden nicht haben.

Nun ist klar, dass Brandenburg inzwischen einigermaßen aufgeholt hat. Wir müssen damit leben, dass die Situation so ist, wie sie ist, und Umgangsformen finden, wie wir gerade, was das Berliner Umland angeht, mit den Berlinern zu gemeinsamen Lösungen kommen, um das Leben zu organisieren, das uns ländergrenzenübergreifend in gleicher Weise betrifft.

Es gibt Zigtausende Kinder, die mit ihren Eltern aus Berlin nach Brandenburg gezogen sind und weiterhin eine Berliner Schule besuchen. Ein anderes Beispiel - Ursula Nonnemacher hat es angesprochen - ist die Abwasserentsorgung Berlins in einem großen Klärwerk in Stahnsorf. Die Aufgaben, die wir gemeinsam zu bewältigen haben, sind vielfältig. Die Probleme,

zum Beispiel am Teltowkanal, machen nicht an den Landesgrenzen Halt.

Kollege Richter, wenn man Sie hört, könnte man meinen, dass wir sämtliche Staatsverträge mit Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt kündigen könnten, weil wir sie nicht brauchten. Angeblich geht es ja auch so. Ihr Umgang damit verwundert schon.

Natürlich wurde schon die eine oder andere pragmatische Lösung gefunden, und das Leben mit Berlin funktioniert irgendwie; das ist keine Frage. Die Frage ist aber eben, ob es mit Staatsverträgen nicht leichter gehen könnte. Wenn gesagt wird, Berlin wolle das gar nicht oder das Land Berlin behalte sich den Abschluss von Staatsverträgen selbst vor und übertrage dies nicht den Stadtbezirken, dann wäre genau das ein Punkt, der in Verhandlungen zu einem solchen Staatsvertrag zur Sprache kommen sollte. Bedenken habe ich natürlich, liebe Kollegin Nonnemacher, wenn die Landesregierung beauftragt wird, mit Berlin zu verhandeln.

(Heiterkeit FDP und B90/GRÜNE)

Was dabei herauskommt, wenn diese Landesregierung mit Berlin verhandelt, haben wir gestern wieder gesehen. Insofern verstehe ich, dass die Regierungskoalition den Verhandlungsauftrag nicht annehmen will. Das Ergebnis würde vermutlich ähnlich ausfallen wie das, was wir gestern vernehmen mussten: hartnäckig verhandelt, Ergebnis: nix. - Wir haben schon gehört, dass Berlin sowieso nicht verhandeln will. Das erinnert mich stark an das Nachtflugverbot, über das wir gestern gesprochen haben. So viel zum Thema Verhandlungen zwischen Berlin und Brandenburg.

Natürlich können wir im Innenausschuss gern darüber reden. Deswegen werden wir als FDP-Fraktion der Überweisung selbstverständlich zustimmen. Es wäre sicherlich eine gute Idee, das Thema gleich nächste Woche gemeinsam mit dem Gesetz über Kommunale Gemeinschaftsarbeit zu behandeln. Das bietet sich an bzw. drängt sich geradezu auf. Die Anzuhörenden können sicherlich auch dazu problemlos Aussagen treffen, sodass wir dann auch zügig zu Entscheidungen kommen könnten. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass die Regierungskoalition das nicht will, sich der Arbeit verweigert und im Übrigen wahrscheinlich den nächsten Offenbarungseid im Ergebnis von Verhandlungen mit Berlin fürchtet. Vermutlich ist das der Grund.

(Beifall FDP, B90/GRÜNE und vereinzelt CDU)

Für die Landesregierung spricht Minister Holzschuher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt erinnert mich an einen Spruch, der vor genau 100 Jahren in dieser Region verbreitet wurde: „Gott schütze uns und Kaisers Hand vor Groß-Berlin und Zweckverband.“

(Heiterkeit)

Das passt ganz gut. In den vergangenen 100 Jahren sind wir deutlich weiter gekommen. Groß-Berlin gibt es seit 1920. Es

ließ sich damals also nicht verhindern, was diejenigen, die den Spruch verbreitet haben, bezweckten.

Die Befürchtungen sind nicht eingetreten, denn wir sind heute, was die Zusammenarbeit mit dem großen Berlin inmitten unseres Landes angeht, wesentlich weiter. Die kommunale Zusammenarbeit mit Berlin funktioniert durchaus auf vielen verschiedenen Ebenen. Das haben die Vorredner Manfred Richter und Stefan Ludwig schon ausgeführt. Schon im Rahmen des geltenden Rechts, also heute, ist viel mehr möglich. Das Land Berlin kann an Zweckverbänden im Land Brandenburg beteiligt sein, und Kommunen unseres Landes können nicht nur privatrechtliche, sondern auch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen mit Berlin schließen.

Es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zu den an Brandenburg angrenzenden Flächenländern, mit denen wir Staatsverträge geschlossen haben - auch darauf ist hingewiesen worden -: Diese Flächenländer haben ihrerseits eine kommunale Struktur. Wenn Kommunen des Landes Brandenburg beispielsweise mit Kommunen Mecklenburg-Vorpommerns einen Zweckverband bilden wollen, bedarf es eines gemeinsamen rechtlichen Rahmens, weil das - höherrangige - Landesrecht zu beachten ist. Da zwei Länder zusammenwirken wollen, brauchen wir einen Staatsvertrag.

Das, was wir gemeinsam mit Berlin erreichen wollen, können wir in unserem Gesetz regeln. Die Berliner sind ihrerseits gehalten, das zu tun. Das ist in der Tat eine Frage der Verhandlungen - aber nicht des Landes, sondern der Kommunen oder der Zweckverbände im Berliner Umland, die gemeinsam mit Berlin etwas planen. Das alles ist möglich.

Sollte es erforderlich sein, den rechtlichen Rahmen im Land Brandenburg zu verbessern, kann das möglicherweise im Rahmen der Gesetzgebung erreicht werden. Das entsprechende Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit ist ja gerade in der Diskussion und kann möglicherweise an dieser Stelle ergänzt werden. Ich bin davon überzeugt: Wir brauchen, was die rechtlichen Voraussetzungen angeht, keinen Staatsvertrag, um das zu erreichen, was gewollt wird.

Frau Nonnemacher, Sie haben vorhin gesagt, die Landesregierung delegiere immer wieder Verantwortung auf den Bund oder die Kommunen. In diesem Falle delegieren wir tatsächlich Verantwortung - an Sie, das Parlament des Landes Brandenburg. Ich sage es bewusst: Sie haben die Kompetenz, eine Regelung zu treffen, wenn etwas ergänzungsbedürftig ist. Warten Sie die Anhörung ab! Wenn im Ausschuss etwas gesagt wird, was Ihr Anliegen voranbringt, und wenn die Mehrheiten da sind, dann mag man das einführen. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Unser Gesetzentwurf ist „rund“ und bedarf keiner Ergänzung.

Ich wiederhole: Es ist Sache dieses Parlaments, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens entsprechend zu entscheiden. Einen Staatsvertrag brauchen wir an dieser Stelle nicht. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das Schlusswort hat Frau Nonnemacher.

Danke schön, Herr Präsident. - Ich finde die Signale, die hier ausgesendet werden, ausgesprochen widersprüchlich.

Herr Richter sagte, wir hätten schon viele Staatsverträge mit Berlin, zum Beispiel über die Notfallrettung; in dem Bereich brauchten wir jedenfalls keinen mehr. Seiner Meinung nach ist ein Staatsvertrag weder nötig noch möglich.

Herr Ludwig teilte uns dann mit, dass die Thematik schon einmal ausgiebig geprüft worden sei. Warum weiß Herr Richter denn nicht, dass das angeblich schon ausgiebig geprüft worden ist?