Protocol of the Session on April 2, 2014

Wir haben daher auch kürzlich schon in unserem Antrag „Der Mittelstand - Rückgrat der brandenburgischen Wirtschaft“ einige Problemlagen benannt: die Fragen der Existenzgründungen, die Fachkräftepolitik oder die Energiefrage, die dringend anzugehen ist. Die Energieversorgung ist eine große Chance für die Handwerksbetriebe, vielleicht nicht unbedingt mit einem Klimaschutzgesetz, aber ganz grundsätzlich ist das so, lieber Kollege Vogel.

Dann betrifft es natürlich das Thema Bürokratieabbau und das Thema Infrastruktur, insbesondere die Straßeninfrastruktur. Das sind die großen Probleme, die unser Handwerk belasten.

Weiterhin ist auch das Thema Außenwirtschaft von Belang, wo wir die Erschließung neuer Möglichkeiten im europäischen Raum nach unserer Auffassung nicht so konsequent angehen, wie wir es eigentlich müssten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur ein einziges Zitat aus der Antwort auf unsere Große Anfrage, Seite 26, bringen, auch deshalb, weil wir uns erst kürzlich in diesem Hohen Haus schon einmal mit diesem Thema beschäftigt haben. Auf die Frage der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge hat der Wirtschaftsminister das möchte ich ausdrücklich dazu sagen - wie folgt geantwortet:

„Die zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Änderung des § 23 Abs. 1 SGB IV und die damit eingeführte ‚Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge‘ führt häufig dazu, dass die Gesamtsozialversicherungsbeiträge gegenüber den Krankenkassen doppelt abgerechnet werden müssen, was gerade für Handwerksbetriebe eine überproportionale bürokratische Mehrbelastung bedeutet und gleichzeitig deren zum Teil unzureichende Eigenkapitallage... schwächt.“

Ich freue mich sehr, dass der Wirtschaftsminister das Problem erkannt hat. Ich habe schon in der letzten Plenardebatte die Vermutung geäußert, dass das so ist. Die Äußerung, die wir damals vom Sozialminister dazu erhalten haben, hat leider eine ganz andere Sprache gesprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung, hier haben Sie leider eine große Chance verpasst - ich muss das so sagen -, einen wirklich positiven Beitrag zur Entwicklung des Handwerks zu leisten.

(Beifall FDP)

Daher möchte ich mit drei Werten schließen, die für das Handwerk generell, nicht nur für das brandenburgische, typisch sind: Pünktlichkeit, Genauigkeit, Verlässlichkeit. Wenn die Landesregierung so verlässlich wäre wie das Handwerk, dann wären wir schon einen großen Schritt weiter. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Kosanke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Beyer! Ich muss kurz erklären, dass ich dann gleich noch den Schriftführerdienst antreten muss. So viel Zeit muss jetzt auch noch sein. Ich weiß auch, dass Sie alles sehr genau mitschreiben. Insofern beschränke ich mich jetzt darauf, mich vielem, was Sie eben gesagt haben, anzuschließen.

Sie haben die Rolle des Handwerks, meine ich, ganz richtig beschrieben. Das Handwerk ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in diesem Land. Das Handwerk ist insbesondere ein wichtiger Anker im ländlichen Raum, einem wichtigen Teil unseres Landes. Wir haben im Handwerk viele Probleme, die es in anderen Wirtschaftsbereichen auch gibt, in anderen kleinen Unternehmen, die nicht dem Handwerk zuzurechnen sind. Aber insgesamt ist die Situation so, dass wir sehr viele kleine Unternehmen haben, die vor Herausforderungen stehen und diese nicht in dem gleichen Maße aus eigener Kraft meistern können wie größere Unternehmen.

Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, wie auch die Landesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion zu Recht darauf hingewiesen hat, dass wir es im Handwerk natürlich mit einer Fachkräfteproblematik zu tun haben, dass wir damit zu tun haben, Unternehmensnachfolgen zu sichern, dass wir mehr unternehmerisches Denken in diesem Land dringend brauchen. Das alles kann man unterschreiben; insofern will ich das jetzt gar nicht unnötig verlängern.

Sie wollen natürlich jetzt noch wissen, was wir mit Ihren Entschließungsanträgen machen. Zu großen Teilen kann man das unterschreiben, was dort gefordert wird. Man könnte sich jetzt darauf beziehen, dass das alles viel zu unkonkret, zu schwammig ist und an anderen Stellen schon bravourös durchgesetzt wird.

Es gibt einen Punkt im Entschließungsantrag der FDP, wo man ganz klar sagen muss: Das können wir allerdings nicht unterschreiben. Hier handelt es sich, glaube ich, um ein Missverständnis, das Sie haben. Wenn es kein Missverständnis ist, dann handelt es sich um einen tatsächlichen Dissens. Es betrifft die Rolle der Kommunen. Sie schreiben in Ihren Antrag mit hinein, dass das Gesetz der Verstärkung der kommunalen Daseinsvorsorge abgeschafft werden soll. Wir als SPD-Fraktion sehen gerade die Kommunen als Partner der kleinen Unternehmen, als Partner auch des Handwerks. Wir denken, dass gerade die Kommunen verlässliche, starke Partner unseres Handwerks sind. Insofern ist das ein Punkt, dem man auf alle Fälle aus Überzeugung nicht zustimmen kann. Damit ist natürlich der gesamte Entschließungsantrag abzulehnen.

Die CDU hat auch einen Antrag gestellt. Auch wir sind dafür, alles dafür zu tun, die Ausbildungsfähigkeit des Handwerks zu stärken. Aber wir werden uns auch im Ausschuss darüber noch einmal unterhalten. Wir glauben, dass die Meistergründungsprämie nicht das allein seligmachende Instrument ist, um dem Handwerk nach vorn zu verhelfen. Insofern werden wir auch diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kosanke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Bommert hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Erstes, Kollege Kosanke, soll ich dir die herzlichen Grüße von den Kammervorständen überbringen und dir ausrichten, dass sich die Kammern mit 40 000 Betrieben und über 150 000 Mitarbeitern, also fast einem Fünftel der Gesamtbeschäftigten im Land Brandenburg, nicht als Randgruppe und nicht als Einzelpolitikgruppe sehen.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Bei über 150 000 Beschäftigten kann man wirklich sagen: Das Handwerk ist die Wirtschaftsmacht von nebenan. Da, glaube ich, waren deine Aussagen - du hast das der FDP vorgeworfen eher schwammig und nicht diszipliniert.

Ich möchte aber auf zwei andere Punkte eingehen, und zwar auf das Gründungsgeschehen im Handwerk. Die Zahlen der Handwerkskammer liegen in der Großen Anfrage mit vor. Von 2005 bis 2012 haben sich die Gründungszahlen fast halbiert. Dafür gibt es sicherlich viele Gründe. Ein Grund ist jedoch die mangelnde finanzielle Ausstattung gerade von jungen Meistern, die bereits Geld für ihren Meisterbrief ausgegeben haben, den Meistertitel zwar in der Tasche haben, aber jetzt ein bisschen feststecken.

Die CDU schlägt deshalb bereits seit einiger Zeit vor, die Neugründung mit einer Meistergründungsprämie zu unterstützen. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zeigt, dass wir damit Recht haben.

(Beifall CDU)

Denn die Antwort führt die bereits genannten Zahlen zum Gründungsgeschehen auf. Sie nennt auch ein weiteres Problem. Es ist die mangelnde Eigenkapitalausstattung, die gerade diese Betriebe haben. Damit setzt sich dann auch die Schwierigkeit bei der Kreditaufnahme fort. Die Eigenkapitalquote hat sich zwar in den letzten Jahren leicht verbessert. Dennoch haben über 41 % der Betriebe im ostdeutschen Handwerk eine mangelhafte Eigenkapitalquote von unter 10 %; des Weiteren sind über 43 % mit einer Eigenkapitalquote von 10 bis 30 % ausgerüstet. Und genau da liegt das Problem. Der Handwerksmeister kommt, hat seinen Titel in der Hand, geht zur Bank, möchte sich selbstständig machen. Er will Verantwortung übernehmen, möchte Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze schaffen und sichern. Er möchte sich eine Existenz aufbauen und will zum Erfolg dieses Landes beitragen. Geht er dann aber zur Bank, bekommt er in vielen Fällen leider keinen Kredit.

Die Meistergründungsprämie würde hier ein Stück weit Abhilfe schaffen; denn sie würde die Eigenkapitalquote etwas verbessern. In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Berlin hat sich dieses vergleichsweise sehr kostengünstige Existenzgründungsprogramm bewährt. So wurden in NRW im Zeitraum von 15 Jahren über 13 000 Existenzgründungen im Handwerk mit jeweils 7 500 Euro unterstützt. Diese schufen beziehungsweise sicherten damit 65 000 Arbeitsplätze. Die Ausfallquote lag bei 1,24 %, und das, meine Damen und Herren, werden Sie nur im Handwerk finden.

Nun haben wir dieses Thema bereits mehrfach in die Diskussion gebracht; denn wir halten dieses Programm weiterhin für richtig und wichtig. Nachdem wir im letzten Jahr einen Antrag

eingebracht haben und die Thematik von der Landesregierung aufgenommen wurde, hat die Landesregierung in Eigeninitiative jetzt quasi unseren Antrag aufgenommen und möchte ein Mikrodarlehensprogramm auflegen. Im November wurden die Eckdaten vorgestellt. Im Januar sollte es eigentlich an den Start gehen. Bis dato haben wir vom Minister leider nichts weiter dazu gehört. Auf die Anfrage lautet die Antwort ganz lapidar: „Im Laufe des Jahres 2014.“ Die Programme sollen dann zu Marktkonditionen unter Voraussetzung einer bestimmten Bonität vergeben werden.

Allein in dieser Aussage zeigt sich aber schon die Crux dieser Geschichte. Wo ist dann der Unterschied zu all den Krediten, die es schon gibt? Und der Hauptnachteil ist, dass es genau nicht das tut, was wir mit der Meistergründungsprämie erreichen wollen, nämlich die Eigenkapitalbasis an dieser Stelle zu stärken.

(Beifall CDU)

Ich möchte noch kurz auf einen anderen Punkt - er wurde von Kollegen Beyer schon angesprochen - eingehen, auf die Ausbildungssituation im Handwerk. Dabei sind die Zahlen in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Fakt ist aber auch, dass dies nicht der Fall ist, weil die Handwerksbetriebe nicht ausbilden wollen, sondern weil es immer weniger ausbildungsreife und auch ausbildungswillige Lehrlinge gibt.

(Beifall CDU)

Wie gesagt, es sind genug Ausbildungsplätze vorhanden, die einfach nicht besetzt werden können. Es sind nicht nur die Defizite im fachlichen Bereich, wie Lesen, Schreiben, Rechnen, sondern es sind auch die mangelnde Leistungsbereitschaft und das Sozialverhalten, die es gerade kleinen und mittleren Handwerksbetrieben schwer machen, weiterhin auszubilden. Hier kommt die Linke mit dem populistischen Ausruf „Ausbildungsplatzabgabe!“, wie im letzten Plenum geschehen. Diese Maßnahme ist aber sehr einfältig, viel zu kurz gegriffen und führt völlig am Ziel vorbei.

(Beifall CDU)

Hier zeigt sich aber ein Unternehmerbild, das in dieser Landesregierung vorherrscht: dass von den Unternehmen dieses Landes, denjenigen, die unseren Wohlstand erwirtschaften, immer nur im Zusammenhang mit Gängelung, Bürokratie und Abgabenerhöhung die Rede ist.

(Beifall CDU)

Wie man diese Unternehmen, gerade auch die Handwerksbetriebe, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen, fördern und befähigen kann, habe ich von dieser Landesregierung noch nicht gehört, und ich habe leider auch die Vermutung, dass ich das nicht mehr erleben werde. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bommert. - Wir kommen zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Das Wort hat Herr Abgeordneter Loehr.

Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der FDP liegt schon eine Weile auf unseren Tischen, und trotzdem ist der Zeitpunkt, an dem wir heute darüber debattieren, glaube ich, der richtige.

„Handwerker auf Erfolgskurs“ - so titelte die „MOZ“ in ihrer Ausgabe vom 17. Februar 2014. Sie schrieb weiter: „Über volle Auftragsbücher können sich derzeit viele Frankfurter Handwerker freuen.“ Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg bescheinigte am 28. März 2014 unserem Land einen stärkeren Anstieg der Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr als im Durchschnitt aller Bundesländer. In Brandenburg setzte sich 2013 mit plus 0,7 % das moderate Wachstum des Jahres 2012 in gleicher Höhe fort. Die Handwerkskammern in Frankfurt (Oder) und Potsdam schätzen die Entwicklung des Handwerks als gut ein. Auch die Herbstumfragen der Kammern haben dies bestätigt.

Es kann also nicht alles falsch sein, Herr Bommert, was die Wirtschaftsförderung der rot-roten Landesregierung betrifft. Offensichtlich leisten Herr Minister Christoffers und sein Wirtschaftsministerium gute Arbeit für Brandenburg.

(Beifall DIE LINKE)

Festzuhalten ist auch: Die Gesamtzahl der Handwerksbetriebe hat sich von gut 36 000 im Jahr 2005 auf knapp 40 000 im Juni 2013 erhöht. Daher können die Rolle und die Bedeutung des brandenburgischen Handwerks nicht genug betont werden. Handwerker als typische Familienunternehmer stehen persönlich für den Unternehmenserfolg. Sie tragen Verantwortung für ihre Mitarbeiter und sind in der Region verwurzelt.

An dieser Stelle möchte ich mich auch bei den Handwerkskammern für ihre Mitwirkung bei der Beantwortung der Großen Anfrage bedanken. Der FDP sage ich: Mangelnde Qualität kann nicht durch Quantität kompensiert werden. Die Anzahl Ihrer Fragen hätte problemlos auf die Hälfte reduziert werden können. Nun gut, bekanntlich ist die Wiederholung die Mutter der Pädagogik.

Dies betrifft im Übrigen auch Ihren heutigen Entschließungsantrag. Sogar die Überschrift der Entschließung ist nahezu wortgleich mit dem Antrag vom Januar zur hier debattierten Großen Anfrage zum Mittelstand. Lediglich das Wort „Mittelstand“ wurde durch „Handwerk“ ersetzt. Das ist kreativ und innovativ, wie man die FDP mitunter kennt! An unserer Ablehnung Ihrer Vorschläge hat sich im Übrigen nichts geändert.

Trotz des beträchtlichen Gesamtumfangs beschäftigt sich jedoch die Große Anfrage der FDP in ihren 109 Einzelfragen bei keiner einzigen mit der sozialen Lage der Kleinst- und Kleinunternehmen sowie der Solo-Selbstständigen. Kein Gedanke zur prekären Einkommenssituation vieler Selbstständiger. Fragen zum sozialen Schutz für Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler findet man ebenso wenig wie das Thematisieren der Scheinselbstständigkeit. Somit ist es mehr als fraglich, ob Ihre Fraktion, Herr Büttner, Herr Beyer, überhaupt die Interessen der genannten Personengruppen vertritt.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Linksfraktion nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass immer weniger Handwerksbetriebe in Brandenburg ausbilden. Waren es im Jahr 2003 noch 5 300 Betriebe, so sank ihre Zahl bis 2012 auf rund 3 300. Der Rückgang hat nur in Teilen etwas mit demografischen Veränderungen zu tun, denn der Anteil an Auszubildenden des Handwerks an der Gesamtzahl der Auszubildenden ging von 43,2 % im Jahr 1996 auf 24,7 % im Jahr 2012 zurück.

Zunehmend wird als Grund für die Nichtbesetzung das Problem der mangelnden Ausbildungsreife der Schulabgänger genannt; mein Vorredner sprach gerade davon. Handwerksbetriebe müssen jedoch umdenken und sowohl älteren Bewerbern als auch solchen mit schwächeren Schulnoten eine Chance geben. Und: Wir bleiben bei unserer Forderung: Unternehmen, die ausbildungsfähig, aber nicht ausbildungswillig sind, müssen dafür eine gesonderte Ausbildungsplatzabgabe entrichten.

Es gibt heute schon eine Vielzahl von Möglichkeiten, dass Unternehmen und Auszubildende zueinander finden, auch wenn ein Bewerber noch Nachholbedarf hat. So gibt es die Unterstützungsmöglichkeiten von Arbeitsagentur und Kammern, wenn es um Nachhilfeunterricht für Lehrlinge geht. Wichtig ist, jungen Leuten überhaupt eine Chance, eine Einstiegsmöglichkeit zu geben.