Herr Vogel, es gab zur gleichen Zeit eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dombrowski. Lassen Sie sie zu?
Herr Kollege, könnten Sie bitte sagen, mit welchen Beträgen die Braunkohleförderung in Brandenburg gefördert wurde?
Dazu gibt es Aussagen des Umweltbundesamtes, die vom BMU in Auftrag gegeben worden waren. Das bezieht sich nicht speziell auf Brandenburg, aber es soll sich um mehrere Milliarden handeln, die in den letzten 20 Jahren auch in die Braunkohlesubventionierung geflossen sind.
Das hat zum Beispiel etwas damit zu tun, dass die Braunkohlebetreiber für die Folgen der DDR-Braunkohleverstromung nicht haftbar gemacht wurden, sondern sie haben praktisch Betriebe übernommen, die frei von Schulden waren. Sie wissen ja, dass wir inzwischen mehrere Milliarden für die Tagebaurekultivierung aufgebracht haben.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Das Wort erhält die Landesregierung, für die Minister Christoffers spricht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leider kommen die interessanten Themen immer zum späten Abend. Herr Vogel, ich möchte auf zwei Irrtümer in Ihrer Rede - zumindest aus meiner Sicht - aufmerksam machen. Die 20 Milliarden Euro, die Sie angesprochen haben, dienten ausschließlich der Sanierung von Braunkohlentagebaugebieten und erklären sich aus einem einfachen Konstrukt: In der DDR waren nicht die Unternehmen für die Folgen der Braunkohleproduktion haftbar, sondern das war eine staatliche Aufgabe. Laut Einigungsvertrag ist diese staatliche Aufgabe der Bundesrepublik übertragen worden. Ich darf sagen: Das Geld für die Braunkohlesanierung war sehr gut angelegtes Geld. Ich lade Sie alle ein: 2013/14 werden wir, glaube ich, die ersten Ergebnisse, die jetzt schon sichtbar sind, noch ausgeprägter sehen, was die Lausitzer Seenkette betrifft.
Herr Vogel, Sie sagen, Sie unterstützen die Forschung in China und in Australien. Warum denn bitte nicht in Deutschland? Warum soll in Deutschland nicht geforscht werden, wenn in China und in Australien geforscht wird - weil es nicht notwendig ist oder weil wir nur in Deutschland Braunkohle-, Steinkohleverstromung haben? Gucken Sie sich Polen an! Gucken Sie sich Griechenland an! Gucken Sie sich die Industrie und die energiepolitischen Zielstellungen beider Länder an! Deswegen sage ich Ihnen, dass ich diese Auffassung nicht teile, was die Forschung auch bei CO2-Verpressung im Braunkohlebereich betrifft.
Ausdrücklich unterstütze ich Ihre Aussage, dass wir selbstverständlich CO2-Verpressung, CCS-Technologien für andere In
dustriebereiche brauchen. Wenn wir das gemeinsame Ziel, 2 Tonnen pro Kopf, erreichen wollen, werden wir CO2 in allen energieintensiven Industrieprozessen abscheiden müssen. Wer abscheidet, muss auch speichern - das ist eine logische Konsequenz -, und wer forscht, muss zu einem Ergebnis kommen.
Ein Ergebnis heißt an dieser Stelle auch, mit den Konflikten zu leben. Ich mache an einem Beispiel deutlich, wie schnell sich auch eine Statistik verändern kann. Wenn Tegel geschlossen wird, wird plötzlich die CO2-Bilanz des Landes Brandenburg um 1 Million Tonnen anschwellen, weil der CO2-Ausstoß durch Start und Landung der Flugzeuge nicht mehr in Berlin stattfindet, sondern in Brandenburg. Hier müssen wir uns verständigen. Auch hinsichtlich der Klimaschutzziele ist um Brandenburg kein Zaun. Das Mindeste, das wir in dieser Frage erreichen müssen, ist, uns mit Berlin abzustimmen, um eine gemeinsame Position zu finden. Gerade deswegen haben Herr Wolf und wir vereinbart, zu versuchen, unsere Energiestrategie übereinanderzulegen und gemeinsame Handlungsfelder zu identifizieren, die wir auch gemeinsam umsetzen wollen.
Herr Bretz, ich fand Ihre Rede richtig schön. Ich habe mich gefragt, warum Sie diesen Antrag eingebracht haben. Es ist heute schon gesagt worden: Ein ähnlicher Antrag, der in der Zielstellung sogar noch weitergehend ist, ist an den Ausschuss überwiesen worden.
Wir haben dazu die erste Beratung gehabt. Ich habe eine Zusage gegeben, was Zeitachsen betrifft, wann wir im Ausschuss etwas vorstellen. Ihre Rede hat mir das aber klargemacht. Ich gebe zu, ich werde immer misstrauisch, wenn die Opposition allzu egoistische Ziele verfolgt. Ich finde es sehr gut, dass Sie uns helfen wollen, zu einer einheitlichen Sprachregelung zu kommen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Grundlage unseres Handelns ist der Koalitionsvertrag.
Dieser Koalitionsvertrag ist von einer großen Mehrheit beider Parteien bestätigt worden. Im Koalitionsvertrag sind die Ziele der zukünftigen Energiepolitik exakt definiert: Vorrang erneuerbarer Energien verbunden im Energiemix mit einer Verstromung von Braunkohle. Das Missverständnis, das Herr Dr. Woidke und ich hatten - davon können Sie ausgehen - haben wir geklärt.
Insofern, meine Damen und Herren, ist Ihre Sorge, dass wir keine einheitliche Sprachregelung haben, völlig unbegründet.
Im Gegenteil: Ich freue mich darauf, Herr Bretz. Ich war im Wahlkampf in Frankfurt (Oder) und war auf Veranstaltungen ziemlich allein, wenn es darum ging, die Auffassungen zur CO2-Verpressung auch politisch zu begründen. Das schließt auch Vertreter Ihrer Partei ein. Insofern, meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Gerade weil es ein gesellschaftliches Konfliktthema ist, sind auch die Meinungen in der Bevölkerung und innerhalb der politischen Parteien sehr verschieden.
Die beiden Koalitionspartner haben in ihrem Koalitionsvertrag für sich eine Entscheidung getroffen, wie Regierungspolitik umzusetzen ist. Deswegen werden wir auch so handeln und dabei die Veränderungen, die sich in dem Bereich ergeben, selbstverständlich einer genauen Prüfung unterziehen und daraufhin auch unsere eigenen Instrumente ausrichten, wie wir diese gemeinsame Zielstellung umsetzen wollen.
Nun zu den einzelnen Punkten Ihres Antrags: Es geht nicht mehr darum, ob wir die Energiestrategie 2020 weiterentwickeln wollen - das haben wir schon im Koalitionsvertrag festgehalten -, sondern es geht nur noch um die Frage: Wie? Insofern hat sich der Punkt Ihres Antrags bereits erledigt, denn er wird durch Regierungshandeln und durch Handeln der Koalition bereits erfüllt.
Ich habe Ihnen zugesagt, dass wir Ihnen Anfang März im Wirtschaftsausschuss die weitere Entwicklung der Energiestrategie vorstellen werden. Dort werden wir Ihnen die ersten Eckpunkte vorstellen können. Wir werden Ihnen vorstellen können, wie wir uns die Organisation zukünftiger Energiepolitik im Land Brandenburg vorstellen, und wir werden Ihnen in dem Bereich auch erste Überlegungen vorstellen können, auf welche Konfliktfelder wir stoßen werden, wenn wir diese Strategien so umsetzen wollen.
Herr Vogel - Sie haben es angesprochen -: Ich teile Ihre Auffassung. Wenn es keinen Netzausbau gibt, werden wir die Potenziale erneuerbarer Energien nicht erschließen können. Wir haben die ersten Abschaltungen gehabt. Wegen Überlastung von Leitungssystemen haben sich Kontrollsysteme eingeschaltet. Einige Teilbereiche wurden auch stillgelegt. Das hat aber eine Konsequenz, Herr Vogel - ich hoffe, dass wir dazu gemeinsam stehen -: Netzausbau ist nie attraktiv. Sie wissen, auf welche Konflikte wir stoßen. Wir sind nun mal in einer Situation, in der wir nicht mehr nur darüber reden, dass erneuerbare Energien gut sind, sondern wir erleben in ihrer Umsetzung gesellschaftliche Konflikte.
Deswegen kann ich nur sagen: Wir werden auch im Parlament darüber zu reden haben, wie wir mit einigen Konfliktsituationen politisch umgehen. Das betrifft nicht nur den Netzausbau. Wir müssen überlegen, was den Personalbedarf in Entscheidungsstellen betrifft - auch auf kommunaler Ebene -, um bestimmte Prozesse zu beschleunigen. Wir werden darüber reden müssen: Wie gehen wir damit um, dass Biomasse im Land Brandenburg mittlerweile dreimal überplant ist? Wie gehen wir damit um, dass wir in Bezug auf bestimmte Ressourcen, unter anderem auch beim Altpapieraufkommen, das wiederum notwendig ist, um Ersatzbrennstoffkraftwerke füttern zu können, im Prinzip an einem Engpass angekommen sind und den Bedarf nicht mehr decken können? Wir werden also hier mit Konfliktbereichen konfrontiert werden. Entweder finden wir eine gemeinsame Strategie, oder aber Politik tut ihrerseits etwas dafür, dass die Konflikte in der Gesellschaft sich weiter anheizen. Das ist de facto das gemeinsame Ziel.
Vorrang erneuerbarer Energien und die Unterschiedlichkeit: Die müssen wir weiterhin haben, um auch im Grundlastbereich mittelfristig die Braunkohleverstromung aufrechterhalten zu können. Ich glaube, das könnten wir uns nicht leisten, und deswegen sollten wir zu einer gemeinsamen Zielstellung kommen.
Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Sie haben viele Fragen aufgeworfen, die auch alle sehr interessant sind. Meine Frage ist: Wann genau geben Sie Antworten?
Wann Sie Antworten auf die vielen Fragen geben, die Sie zu Recht aufgeworfen haben, die wir auch gern miteinander diskutieren? Aber Sie sind die Regierung, und ich möchte von Ihnen wissen - die Fragen sind ja nicht neu -, wann Sie Antworten auf der Grundlage Ihres Koalitionsvertrags oder was auch immer geben? Wann legen Sie uns hier ein Papier vor, Eckpunkte, irgendetwas, mit dem wir als Parlamentarier arbeiten, diskutieren, entscheiden können? Das würde mich interessieren, Herr Minister.
Herr Kollege, ich kann meine Ausführungen, die ich im Wirtschaftsausschuss gemacht habe, nur wiederholen. Ich hatte zugesagt, dem Wirtschaftsausschuss Anfang März diesbezügliche Unterlagen und Papiere zu übergeben. Das wird noch nicht die neue Energiestrategie 2020/2030/2040, wie immer sie auch heißen mag, vollständig beinhalten können. Das geht auch gar nicht, und das wissen Sie auch. Sie wissen es unter anderem auch deswegen, weil wir jetzt erst anfangen, Herr Kollege, eine Konfliktstrategie in Umsetzung der ehemaligen Energiestrategie 2020 überhaupt zu entwickeln. Ich sage Ihnen: Innerhalb von elf Wochen eine komplett überarbeitete Energiestrategie vorzulegen ist eine Forderung, die man stellen kann. Nur, ich muss Ihnen sagen: Die habe ich nicht einmal als Oppositionspolitiker der Regierung gestellt, weil sie schlicht und ergreifend nicht zu erfüllen ist.
Ich gehe von einem Punkt aus: Wenn wir Ihnen etwas vorlegen, dann lasse ich mich gern dafür kritisieren, dass es möglicherweise einigen Persönlichkeiten zu langsam geht. Aber wenn wir etwas vorlegen, dann soll das Hand und Fuß haben, damit wir inhaltlich darüber debattieren können. Das ist in erster Linie keine Frage der Schnelligkeit - ich kann Ihre Ungeduld verstehen, ich habe sie ja selbst -, sondern es geht nach der Solidität der Ergebnisse.
Herr Homeyer, vielleicht darf ich Sie auf ein Problem, das Sie im Ausschuss bereits angedeutet haben, aufmerksam machen: Wir werden zur Umsetzung der Energiestrategie die Akteure verändern müssen - Sie wissen selbst, wie schwierig es ist, mit
Akteuren eine Veränderung ihrer Struktur hinzubekommen -, damit wir die Energiestrategie gemeinsam noch schlagkräftiger umsetzen können. Die Gründung und Neuorganisation ist aber eine Voraussetzung dafür, dass wir bestimmte Ziele einer überarbeiteten Energiestrategie auch umsetzten können. Insofern wird es tatsächlich noch bis März dauern. Ich habe Ihnen zugesagt, dass wir Ihnen eine Liste vorlegen werden. Dann werden wir auch den weiteren Beratungsbedarf klären und im Ausschuss begleiten.
Nur der guten Ordnung halber, Herr Minister: Würden Sie bestätigen, dass Ulrich Junghanns, unser ehemaliger Wirtschaftsminister, in Sachen CCS in den Sommermonaten des vergangenen Jahres ebenfalls sehr viel unterwegs war und auf großen Foren die Meinung der Landesregierung vertreten hat? Da war niemand von der Linken zu sehen, außer Herr Jürgens, der zeitgleich mit einer Gasmaske in Beeskow herumgelaufen ist.
Ich habe nie bestritten, dass Herr Junghanns in Fragen der CCS-Technologie unterwegs gewesen ist. Ich habe nur gesagt, dass Vertreter aller Parteien dazu offensichtlich verschiedene Auffassungen haben und ich auch Veranstaltungen erlebt habe, auf denen ich relativ allein gewesen bin. Dass Herr Junghanns sich darum gekümmert hat, war nie ein Streitpunkt.
Meine Damen und Herren, ich habe die große Bitte an Sie, uns wirklich zu unterstützen. Wir haben erste Verständigungen auf Bundesebene darüber, was mit dem Forschungsgesetz passiert, das der Bund erlassen muss, damit wir CCS überhaupt anwenden können. Der Zeitverzug ist sehr groß. Sie werden doch akzeptieren, dass wir ohne eine rechtliche Grundlage gar nicht handeln können.
Ich kann Sie einfach nur darum bitten, alle Ihre Möglichkeiten zu nutzen, den Bund dazu zu bewegen, ein derartiges Gesetz zu erlassen. Wir haben sowieso nur noch bis 2011 Zeit, dann müssen wir das EU-Recht umgesetzt haben. Man kann auch nicht über verkürzte Genehmigungsverfahren oder Ähnliches reden, wenn einem die gesetzliche Grundlage fehlt, Herr Homeyer. Deswegen kann ich Ihnen sagen: Ich war mir mit Herrn Junghanns immer einig. Wir beide haben gemeinsam versucht, das gegenüber dem Bund deutlich zu machen. Daher bitte ich um Ihre Unterstützung.
Ich bitte bei einem zweiten Punkt um Ihre Unterstützung, meine Damen und Herren. Heute Morgen gab es eine Telefonkonferenz der Wirtschaftsminister der neuen Bundesländer. Wir haben uns verabredet, die Solarbranche kurzfristig nach Berlin einzuladen, um gemeinsam zu beraten, wie wir mit der Tatsa
che umgehen, dass genau zu dem Zeitpunkt, zu dem die Produktion von Solarzellen eine derartige gesellschaftliche Akzeptanz erreicht hat, wir mit ihrem Einsatz mittlerweile eine kritische Masse erreicht haben, sodass es sich wirklich lohnt, hier weiterzumachen, vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise zusätzlich zu der 9%igen Kürzung der Einspeisevergütung, die bereits seit 01.01.2010 in Kraft ist, noch einmal eine 15%ige Kürzung beschlossen wird.
Ich kann Ihnen nur sagen: Wer das jetzt macht, der verhindert, dass sich ein Markt weiterentwickeln kann und wir beim Einsatz erneuerbarer Energien einen großen Schritt weiterkommen.