Protocol of the Session on January 21, 2010

Der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion ist diesbezüglich eine wesentliche fachliche Bereicherung in der Diskussion, die unsere Unterstützung findet. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Der Abgeordnete Domres setzt die Debatte für die Fraktion DIE LINKE fort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Antrag hat doch sehr überrascht. Vor fünf Monaten hätten Sie, meine Damen und Herren von der CDU, einen solchen Antrag als Schaufensterantrag bezeichnet. Ich möchte diesen Antrag nicht so bezeichnen, weil es ja Ihr gutes Recht und Ihre Pflicht ist, Anträge in den Landtag einzubringen und als Oppositionspartei dieses Land mitzugestalten. So hat es die Linke in den vergangenen Jahren immer gehalten.

Diesem Anspruch, meine Damen und Herren von der CDU, wird der vorgelegte Antrag aber nicht gerecht. Ich möchte Ihnen das auch begründen.

Erstens haben sich die Koalitionspartner eindeutig zu dieser Problematik artikuliert. Für die, die den Koalitionsvertrag immer noch nicht gelesen haben, möchte ich die entsprechende Textpassage zitieren. Im Vertrag heißt es:

„Energiepolitik ist eine zentrale Säule zukunftsfähiger Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik. Das Land Brandenburg ist Vorreiter beim Einsatz erneuerbarer Energien. In der Perspektive gilt es neben der Steigerung der Energieeffizienz und Energieeinsparung den Anteil erneuerbarer Energien weiter auszubauen. Um diese Zielsetzung zu verwirklichen, wird die Landesregierung Regelungen zum

Vorrang und Ausbau erneuerbarer Energien schaffen und die Energiestrategie 2020 des Landes diesbezüglich unter Einbeziehung landesweiter Netzwerke und Institutionen systematisch weiterentwickeln.“

Die Festlegungen zu CCS, CO2 und Braunkohle erspare ich Ihnen und mir; sie sind nachlesbar. Es wäre dem künftigen Diskussionsprozess förderlich, wenn Sie diese endlich zur Kenntnis nehmen würden, Herr Bretz.

Die Koalitionsvereinbarung ist auch im Bereich der Energieund der Klimaschutzpolitik ohne Wenn und Aber Arbeitsgrundlage dieser Koalition.

Meine Damen und Herren der CDU! Der Antrag ist auch deswegen überflüssig, weil in der Energiestrategie selbst eine Evaluierung und Weiterentwicklung vorgesehen ist. Auch hier bin ich der Opposition gern behilflich. Dort heißt es in Kapitel 6.3:

Deshalb wird in regelmäßigen Abständen, erstmals im Jahr 2010, überprüft, ob eine Evaluierung und Weiterentwicklung der Energiestrategie erforderlich ist. In die Arbeiten werden externe Sachverständige sowie die landesweiten Netzwerke und Institutionen einbezogen. Die Ergebnisse werden öffentlich bekannt gemacht.

Die Frage, die Sie aufwerfen, ob eine Evaluierung und Weiterentwicklung der Energiestrategie erforderlich ist, stellt sich also überhaupt nicht.

Ich möchte zwei weitere Gründe nennen, aus denen der Antrag unnötig ist. Zum einen haben wir bereits im Dezember einen ähnlichen Antrag an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Sie kommen mit Ihrem Antrag einfach zu spät.

Zum anderen hat bereits im Wirtschaftsausschuss eine Verständigung zur weiteren Vorgehensweise, auch zur Vorgehensweise in Bezug auf die Energiestrategie stattgefunden. Herr Kollege Bretz, Sie waren körperlich anwesend. Ich habe Sie gesehen. Deshalb, sage ich, ist dieser Antrag völlig unnötig.

Es gibt aber auch methodisch und inhaltlich einen anderen Ansatz, den die Koalition verfolgt. Klimaschutzpolitik ist mehr als die Frage der Weiterentwicklung der Energiestrategie. Wir brauchen eine Bewertung der Ergebnisse und einen Bericht zum Stand der Umsetzung des landespolitischen Maßnahmenkatalogs zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie eine Fortschreibung des Berichts zum integrierten Klimaschutzmanagement in Brandenburg. Vielleicht könnte als Ergebnis eines öffentlichen Dialoges, der für die Linke unabdingbar ist, ein integriertes Klimaschutz- und Energiekonzept stehen.

Ihre Zeitvorstellungen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, haben mit einer verantwortungsvollen und fundierten Arbeit nicht viel zu tun. Um es ganz klar zu sagen: Die Diskussion und dementsprechend auch die Entscheidungen dürfen nicht auf den Sanktnimmerleinstag verschoben werden. Das hat auch niemand vor. Wir sollten aber der Landesregierung - hier ist nicht nur das Wirtschaftsministerium gefragt - und dem öffentlichen Dialog entsprechend Zeit geben. Dieser Prozess wird sowieso nie abgeschlossen sein. Selbstverständlich wird sich der Wirtschaftsausschuss aktiv in die Diskussion einbringen. Deshalb hoffe ich, dass auch Sie sich im Rahmen der Ausschusssitzung einbringen werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, alle seriös arbeitenden Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass die CCS-Technologie, wenn überhaupt, frühestens ab dem Jahr 2020 serienreif anwendbar sein wird. Es gibt mehr Fragen als Antworten. Auf all die ungeklärten Fragen und öffentlichen Bedenken, die hinsichtlich der Speicherung von Kohlendioxid existieren, sind beschleunigte Genehmigungsverfahren die falsche Antwort. Die Problematik Asse, Herr Kollege Bretz, lässt grüßen. Auch deshalb muss ich meiner Fraktion die Ablehnung Ihres Antrags empfehlen.

Der designierte EU-Energiekommissar und scheidende badenwürttembergische Ministerpräsident Günther Oettinger überraschte bei seiner Anhörung im Europaparlament mit einem klaren Bekenntnis zu einer kohlendioxidfreien Zukunft. Ich würde mir wünschen, dass Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sich seinem Bekenntnis anschließen würden. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Der Abgeordnete Vogel setzt für die Fraktion GRÜNE/B90 fort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen, Herr Bretz und der CDU-Fraktion, zunächst dafür, dass wieder einmal die Möglichkeit gegeben wird, zur Klimapolitik des Landes Brandenburg zu sprechen.

Eine Korrektur, Frau Hackenschmidt: Die Energiestrategie 2010 wurde nicht deswegen überarbeitet, weil die Ziele übertroffen worden wären, sondern, weil die Zielverfehlung für jeden offenkundig war. Deswegen wurden die ursprünglichen Ziele, die für 2010 avisiert waren, auf das Jahr 2020 verschoben. Das ist die Grundlage der Energiestrategie 2020.

Ich möchte mich mit einem Thema auseinandersetzen, das es uns leider unmöglich macht, dem CDU-Antrag zuzustimmen ich halte ihn an vielen anderen Stellen für gut und sehe ihn als ein Zeichen dafür, dass wir uns in diesem Landtag auf einen Konsens zubewegen -, und zwar betrifft es das Vertrauen in die Braunkohle und CCS.

Am Sonntag, dem 10. Januar - noch gar nicht so lange her -, hatten wir das Sturmtief „Daisy“. Um 6 Uhr morgens an diesem Tag wurden an der Strombörse in Leipzig 1 000 Kilowattstunden mit minus 9,90 Euro gehandelt. Das heißt: Die Stromkonzerne haben noch Geld dafür draufgelegt, dass ihr Braunkohlestrom und ihr Atomstrom abgenommen wurden. Grund dafür war, dass große Mengen an Windenergie in das Stromnetz eingespeist und dadurch alle anderen Stromversorger aus den Markt gedrängt wurden. Für die Energiekonzerne ist es in einem solchen Fall günstiger, den überschüssigen Strom zu verschenken, als ihre Atom- oder Kohlekraftwerke zu drosseln.

Das, was hier zum Ausdruck kommt und was in Zukunft häufiger stattfinden wird - möglicherweise an ganzen Wochenenden, wenn erst einmal all die Offshore-Windenergieanlagen stehen werden - ist, dass es einen antagonistischen Widerspruch zwischen erneuerbaren Energien und Grundlastkraftwerken gibt. Alle ML-Geschulten wissen natürlich, dass ein antagonisti

scher Widerspruch oder ein Systemkonflikt nur durch eine revolutionäre Umgestaltung gelöst werden kann. Diese revolutionäre Umgestaltung muss in unserem Stromsystem durchgeführt werden.

(Zuruf von der Fraktion GRÜNE/B90: Genau!)

In wenigen Jahren wird es für jeden erkennbar sein, dass diese Revolution erforderlich ist. Aber wir müssen jetzt schon die ersten Schritte dafür tun. Das heißt, wir müssen zukünftig unser gesamtes Energieversorgungssystem an den Ansprüchen der erneuerbaren Energien und insbesondere der Windenergie ausrichten, das heißt, Netze und Netzkapazitäten, Speicherkapazitäten, Steuerungssysteme, aber auch den Kraftwerkspark entsprechend zu gestalten. Kraftwerkspark heißt in dem Fall: Wir können Windenergieanlagen mit schnell anspringenden Gaskraftwerken kombinieren. Wir können es auch teilweise mit Steinkohlekraftwerken kombinieren. Wir werden es aber nicht mit Atomenergie und mit Braunkohle kombinieren können.

Das, was wir jetzt erleben, ist doch, dass sich der Abschied von der Braunkohle ankündigt bzw. vorbereitet wird und letztlich auch die Regierung von CDU und FDP in Berlin ihren Beitrag dazu leistet. Wir haben übergangsweise noch einen Konflikt zwischen Atomenergie und Braunkohle um die benötigte Grundlast. Aber spätestens in 15 oder 20 Jahren, wenn wir die Atomenergienutzung beendet haben werden und die Braunkohle, wie ich denke, auch der Geschichte angehören wird, wird es zu einem völlig neuen Stromsystem kommen.

Die vorhandenen Großkraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe werden in diesen Konflikt zwischen Atomenergie und Braunkohle durch einen funktionierenden Emissionshandel aus dem Markt gedrängt werden. Insofern sind CCS und CO2-Versenkung lediglich ein Rettungskonzept zur Aufrechterhaltung der Braunkohlekraftwerke. Wir sind der Auffassung: Hier werden Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro für Jänschwalde verschwendet, nicht nur weil Vattenfall in der Lage wäre, das allein aus seinen Gewinnen zu bezahlen, sondern weil wir es wirklich nicht brauchen. Wir brauchen keine neuen Braunkohlekraftwerke.

(Beifall GRÜNE/B90)

Nun wird seitens der Landesregierung immer gern hervorgehoben, dass wir das für die Chinesen machten. Aber ich empfehle, einmal die Anzeigen des Deutschen Braunkohlen-IndustrieVereins zu lesen, der sehr deutlich fragt: „Müssen uns erst die Chinesen zeigen, wie umweltverträglich sich Kohle nutzen lässt?“ Das Spannende ist:

„China hat die Forschung in der noch sehr teuren CCSTechnologie inzwischen stark intensiviert, wie jüngste Fachpublikationen zeigen, freilich ohne das außenpolitisch groß zu kommunizieren.“

Die Forschung hat sich sowieso schon nach China -

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Australien!)

- und übrigens auch nach Australien - verlagert. Wir brauchen es jedenfalls nicht, um es den Chinesen beizubringen. Ich sage auch: Wir brauchen es nicht, um es nach China zu exportieren, weil ganz im Gegenteil inzwischen der Großteil der deutschen

Kohlekraftwerkskessel aus China importiert und nicht dorthin exportiert wird.

(Beifall GRÜNE/B90)

Zum Schluss noch ein Wort an die CDU-Fraktion: Der Abschied von der deutschen Steinkohleförderung steht bevor. Seit 1990 wurden hier 80 Milliarden Euro in den Zechen des Saarlandes und Nordrhein-Westfalens versenkt.

Herr Abgeordneter Vogel, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Domres zu?

Herr Domres, darf ich mich gerade noch an die CDU-Fraktion wenden? Dann lasse ich Ihre Zwischenfrage gern zu.

Sie dürfen gern. Bitte.

Dass wir jetzt aus der Steinkohleförderung aussteigen, verdanken wir im Wesentlichen den Ministerpräsidenten Müller und Rüttgers. Ich möchte sagen: Die CDU ist im Rest von Deutschland keine Kohlepartei. Es gibt kein quasi erotisches Verhältnis zu Kohlebriketts.

(Heiterkeit bei der Fraktion GRÜNE/B90)

Es gibt auf Ihren Parteitagen nicht die Knappenkapellen, die „Glück auf, der Steiger kommt“ singen. Ich hoffe, dass es in der brandenburgischen CDU auch zu einer Abnabelung von der früheren Treue zur SPD-Kohlepolitik kommt. Dann können wir Ihren Anträgen auch zustimmen. Bei dem heutigen Antrag geht das leider nicht. - Jetzt aber gern zu Herrn Domres.

Herr Vogel, Sie haben sehr bestimmt gesagt, dass die CCSTechnologie generell nicht gebraucht werde.

(Vogel [GRÜNE/B90]: Ja!)

Nur wird CCS bezüglich der Energiefrage sehr kritisch gesehen. Die Frage ist: Können Sie sich vorstellen, dass CCS in anderen Wirtschaftszweigen gebraucht wird, zum Beispiel in der Metallindustrie, um dort CO2-Reduzierungen vorzunehmen?

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich weiß auch, dass in Eisenhüttenstadt ein Pilotprojekt laufen soll. Ich unterstütze die Forschung in dem Bereich ausdrücklich. Ich unterstütze sie nur nicht in Bezug auf Braunkohlekraftwerke.

Herr Vogel, es gab zur gleichen Zeit eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dombrowski. Lassen Sie sie zu?