Protocol of the Session on January 23, 2014

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lehmann. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort, Herr Abgeordneter Büttner.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach der Anhörung im August 2012, als wir uns über die Themen Komplexleistungen und Frühförderung unterhalten haben, gab es eine große Einigkeit unter den Fraktionen. Ich bin sicher, dass es diese Verständigung auch heute noch gibt. Herr Minister Baaske, es gibt wirklich vieles, was uns politisch trennt - das ist auch gut so und kann auch so bleiben -, aber an dieser Stelle will ich Ihnen ausdrücklich sagen, dass wir Sie als Parlament und als FDP-Fraktion eindeutig in Ihren Bemühungen unterstützen, die kommunalen Vertreter und die Vertreter der Krankenkassen an einen Tisch - das ist gelungen -,

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Sehr gut!)

aber auch zu einer Lösung zu bringen; denn am Ende sind die betroffenen Eltern die Leidtragenden und die Kinder mit Behinderung diejenigen, die am Ende in ihrem Lebensweg weiter behindert werden.

(Beifall DIE LINKE - Maresch [DIE LINKE]: Genau! So ist es!)

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wissen Sie, was ein fragiles X-Chromosom ist? Die wenigsten unter Ihnen werden das wissen, die Ärzte werden es

wissen. Ursula, du weißt es: Es ist eine genetische Veränderung, die vererbbar ist. Die Diagnose erfolgt über Frühdiagnostik.

(Zuruf der Abgeordneten Alter [SPD])

Dabei sind bei Vorliegen des Verdachts einer Lern- und geistigen Behinderung interdisziplinäre Untersuchungen notwendig, damit man nämlich in die Therapie einsteigen kann, mit heilpädagogischer Frühförderung, mit Ergotherapie, Logopädie, Krankengymnastik und therapeutischem Reiten. Das kann man erkennen, und man kann es auch behandeln. Man kann ein fragiles X-Chromosom nicht heilen, aber man kann es etwas abmildern. Wenn aber Eltern über ein Jahr auf einen Termin in einem Sozialpädiatrischen Zentrum warten müssen, nachdem sie Ursula, du hast es in einer deiner Reden mal als „kleines persönliches Budget“ bezeichnet - ein Jahr auf das kleine persönliche Budget beim Landkreis gewartet haben, dann stimmt etwas nicht in diesem Land, und das ist nicht akzeptabel.

Frau Blechinger, ich glaube, Sie haben es angesprochen: Drei bis vier Tage sind für Eltern, die ein von Behinderung bedrohtes oder ein behindertes Kind haben, fast schon akzeptabel, da sie nämlich, wenn sie Ergotherapie, Logopädie oder andere heilpädagogische Maßnahmen brauchen, fast an fünf Tagen unterwegs sind und diese Maßnahmen nicht immer auf den Nachmittag oder den Abend legen können. Eigentlich können sie als eines der betroffenen Elternteile aufhören zu arbeiten. Es kann doch nicht wirklich wahr sein, dass wir uns das in diesem Land leisten, nur, weil Vertreter kommunaler Verbände, Kommunen und Krankenkassen nicht in der Lage sind, sich an einen Tisch zu setzen und endlich zu einer vernünftigen Finanzierungsregelung zu kommen. Das kann ich als Abgeordneter dieses Landtages nicht akzeptieren.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Deshalb ist es notwendig, an den Stellen weiterzuarbeiten, wo wir mehr erwartet hätten, wo wir es schneller erwartet hätten und gesagt haben: Über ein Jahr nach dieser Anhörung hätten wir gern erste Ergebnisse. Wir wissen aber, wie kompliziert das ist. Dass wir von diesem Bericht natürlich enttäuscht sind, ist doch klar. Wenn man einen solchen Bericht bekommt - dafür können Sie ja nichts -, ist man enttäuscht und sagt: Ja, gut. Sie haben es zusammengefasst, Frau Blechinger: Toll, dass wir das jetzt alles wissen, was wir vorher auch schon wussten; jetzt weiß es das ganze Plenum auch. - Wir müssen an dieser Stelle wirklich weiterarbeiten und dürfen keine weitere Zeit ins Land gehen lassen. Deshalb ist es notwendig, an dieser Stelle - wir werden heute noch ein Thema haben, das uns trennt - klar zu sagen: Dieses Parlament steht hinter Ihnen, Herr Baaske, zu diesem Thema mit der kommunalen Ebene und den Krankenkassen endlich eine Lösung zu finden. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.

Jetzt müssen wir wieder ein bisschen herunterfahren.

(Büttner [FDP]: Aber nur ein bisschen! - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Und nur das Pult!)

Verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Der Bericht der Landesregierung schildert uns auf sechs Seiten die organisatorischen Anstrengungen des Ministeriums, den Koordinationsprozess „Frühförderung als Komplexleistung“ mit verschiedenen Akteuren in Brandenburg zu entwickeln. Handfeste Ergebnisse oder Schritte zur Verbesserung der gesundheitlichen und sozialen Versorgung von Kindern, die von Behinderung bedroht sind, fehlen jedoch. Das ist - alle Kolleginnen und Kollegen haben es zum Ausdruck gebracht - bitter enttäuschend, zumal die Landesregierung seit 2012 daran arbeitet und sich in ihrer Rolle als Moderatorin redlich bemüht. Auch von meiner Seite noch einmal herzlichen Dank für diese wirklich nicht vergnügungssteuerpflichtigen Aktivitäten; aber sie sind eben doch wichtig.

Angesichts des diffizilen Prozessverlaufes konnte als minimales Ergebnis nach zwei Sitzungen der Facharbeitsgruppe nur ein Zwischenergebnis präsentiert werden. Über Probleme und Ziele wurde gesprochen und ein Konsens hergestellt, die Bereitschaft samt der Verantwortung wenigstens zu erkennen und konstruktive Voraussetzungen für die Frühförderung als Komplexleistung zu schaffen. Mein Gott! Man kann schon ahnen, dass noch sehr viel Wasser von der Havel in die Elbe fließen muss, bevor hier für unsere Jüngsten etwas getan wird, obwohl die Kinder, die von Behinderung bedroht sind, und auch ihre Eltern unter der Untätigkeit der Träger leiden müssen.

Was macht die Einigung so schwierig? Üblicherweise haben wir es hier immer mit Schnittstellen zwischen Kommunen und Land mit den üblichen Grabenkämpfen entlang der Konnexität zu tun. Das ist hier gar nicht das Problem. Das Problem sind die Schnittstellen zwischen verschiedenen Sozialgesetzen, Sozialgesetzbüchern und die unterschiedliche Haltung der Kommunen und Krankenkassen. Dabei geht es um sehr viel Geld, das hin- und hergeschoben wird. Trotzdem darf es nicht bei diesem Bekenntnis zu einer gemeinsamen Verantwortung bleiben. Es kann nicht sein, dass der einzige Schritt ist, dass man so weit gekommen ist zu sagen: Ja, wir müssen weiterkommen.

Was ist Bestandteil der Komplexleistung? Welche Qualitätsstandards legen wir an? Wer bezahlt was? Wie wird ein möglichst unbürokratischer Verfahrensablauf gestaltet? Diese Kernfragen harren weiter der Beantwortung. Erst wenn sie klar beantwortet sind, wird es möglich sein, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in Brandenburg die Hilfe bekommen, die sie brauchen, und damit gleiche Entwicklungschancen in diesem Lande für alle Betroffenen hergestellt werden. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Das Wort hat noch einmal die Landesregierung, Herr Minister Baaske. - Sie verzichten. Damit sind wir am Ende der Aussprache, und der Bericht der Landesregierung ist zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und eröffne Tagesordnungspunkt 7:

Keine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung!

Antrag der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Goetz, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Im Jahr 1948 hat George Orwell einen Roman veröffentlicht, den er „1984“ nannte. Der Romantitel kam durch einfaches Drehen der letzten beiden Zahlen der Jahreszahl zustande. Der Roman beschrieb eine düstere Vision einer Zukunft, in der jeder zu jeder Zeit bei seinen Aktivitäten überwacht wird. Das war Orwells Fantasie, seine Voraussicht für das Jahr 1984.

Inzwischen, meine Damen und Herren, sind wir 30 Jahre weiter. Die technischen Möglichkeiten, die heute bestehen, konnte sich George Orwell 1948 nicht vorstellen. Was er sich auch nicht vorstellen konnte, war die Europäische Union mit ihrem Bestreben, umfassende Überwachung einzuführen, im Grunde über jeden und über alles zu jeder Zeit in vollem Umfang Bescheid zu wissen. Daher hat die Europäische Union am 15. März 2006 unter ausdrücklicher Erwähnung einer Erklärung vom März 2004 zum Kampf gegen Terrorismus Vorschläge zur Aufbewahrung von Verkehrsdaten gefordert. Das Ganze stand vor dem Hintergrund der Terroranschläge auf das World Trade Center und insbesondere das Pentagon in den Vereinigten Staaten am 11. September 2001, die dazu führten, dass in aller Welt darüber nachgedacht wurde, wie man sich künftig mit Terrorismus befassen sollte, wie wir unsere innere Sicherheit weiter gewährleisten können.

In Deutschland führte das unmittelbar nach den Anschlägen zu den sogenannten Otto-Katalogen. Ich erinnere daran: Damals war es Otto Schily - daher die Bezeichnung Otto-Katalog - als Innenminister in der rot-grünen Bundesregierung, der seine Argumente und Initiativen vorlegte, wie innere Sicherheit in Deutschland gewährleistet werden solle. Der erste Otto-Katalog - Otto I - brachte nicht so richtig etwas, und statt nun festzustellen, dass diese Maßnahmen, die Beschränkungen der persönlichen Freiheiten mit der Begründung, innere Sicherheit gewährleisten zu wollen, nichts bringen, und das wieder zurückzunehmen, wurde Otto II nachgelegt. Es gab also weitere Eingriffe in die persönlichen Freiheiten - in Grundrechte, in Grundfreiheiten.

Nun soll es also die Vorratsdatenspeicherung richten. Wer sich damit nicht so sehr befasst hat, muss wissen, worum es dort geht. Sie resultiert noch aus der ursprünglichen EU-Richtlinie von 2006. Für jeden von uns soll aufgezeichnet werden, wann er telefoniert, mit wem er telefoniert, wie lange er telefoniert, auch von wo er telefoniert. Bedenken Sie bitte die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Wenn man da mit Rastern hineingeht und feststellt, dass sich bestimmte Mobiltelefone zu verschiedenen Zeiten auf Dauer zusammen in verschiedenen Funkzellen befunden haben, kann man daraus schließen, dass die entsprechenden Besitzer der Mobiltelefone zusammen in

dieser Funkzelle waren und dort gemeinsam - was auch immer getan haben. Aus dieser Vorratsdatenspeicherung ergibt sich also für jeden von uns ein umfassendes Bewegungsprofil. Das kann so nicht für uns gewollt sein.

Natürlich gibt es einige, die immer wieder erklären, wie wichtig die Vorratsdatenspeicherung sei, die sie um jeden Preis haben wollen, und daher kann ich Ihnen eine Sache nicht ersparen - das betrifft Sigmar Gabriel -: Am 27.11.2013 ging es im „ARD-Brennpunkt“ um den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD. Da hat Sigmar Gabriel zur Begründung der Vorratsdatenspeicherung erklärt - Quelle: spd-netzpolitik.de -:

„Und wir haben, wenn Sie an Norwegen denken … Durch die dortige Vorratsdatenspeicherung wusste man sehr schnell, wer in Oslo der Mörder war, ob er Leute dabei hatte. Das hat sehr geholfen.“

Es gibt auch in der Sozialdemokratie eine Reihe von Aufrechten, die sich vehement gegen Vorratsdatenspeicherung einsetzen und das unter anderem für die SPD dokumentiert haben.

Der Punkt ist, meine Damen und Herren: In Norwegen gibt es keine Vorratsdatenspeicherung. Es gibt einen Beschluss des Norwegischen Parlaments, Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Dieser Beschluss ist jedoch bis heute nicht umgesetzt. So schrecklich das Verbrechen von Anders Breivik in Norwegen war, aufgeklärt wurde es durch ganz normale Ermittlungsarbeit von Polizeibeamten, die entsprechend ausgestattet waren und ihre Aufgaben wahrgenommen haben, und die auch zur Anklage und zum Verfahren geführt hat. Vorratsdatenspeicherung war an der Aufklärung dieses Falls überhaupt nicht beteiligt. Das ist wirklich eines der schäbigsten Beispiele zur Begründung der Vorratsdatenspeicherung, das mir in letzter Zeit untergekommen ist.

Wie es tatsächlich um die Vorratsdatenspeicherung bestellt ist, wie weit in Grundrechte eingegriffen wird, hat der Generalanwalt beim EuGH noch einmal deutlich gemacht. Am 12. Dezember 2013 erklärte er, dass die Richtlinie vom 15.03.2006, die ich vorhin erwähnte, in vollem Umfange mit der Charta der EU-Grundrechte unvereinbar sei,

„da die Einschränkungen der Grundrechtsausübung, die sie aufgrund der durch sie auferlegten Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung enthält, nicht mit unabdingbaren Grundsätzen einhergehen, die für die zur Beschränkung des Zugangs zu den Daten und ihrer Auswertung notwendigen Garantien gelten müssen.“

Was Sie sich merken sollten: Die Richtlinie der EU von 2006 widerspricht in vollem Umfange der EU-Grundrechtecharta.

Erfreut war ich, als der jetzige Justizminister Maas dann erklärte, er nehme zur Kenntnis, was der EuGH-Anwalt gebracht hat, und lege die Vorratsdatenspeicherung mal eben auf Eis. Nun soll man den Maas bekanntermaßen nicht vor dem Abend loben - inzwischen ruderte er auch wieder zurück. Wir sehen, was daraus geworden ist: Es gibt eine Vereinbarung mit dem jetzigen Bundesinnenminister, dass zwar erst einmal offiziell nichts gemacht wird und man abwarten will, was der EuGH am Ende bringt, dass aber im Justizministerium trotzdem bereits an der Planung einer Vorratsdatenspeicherung für Deutschland gearbeitet wird. Das heißt, wenn der EuGH entschieden hat

man kann davon ausgehen, dass da irgendetwas kommt, vielleicht kürzere Fristen, vielleicht weniger Eingriffsbefugnisse -, wird die Bundesregierung mit wenigen Federstrichen einen entsprechenden Entwurf vorlegen können. Das ist die gegenwärtige Schlacht.

Was für ein Unterschied zu Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die vier Jahre lang, ohne den EuGH-Anwalt im Rücken zu haben, aus eigener Kraft, weil sie selbst erkannt hat, dass gegen Grundrechte und Grundfreiheiten verstoßen wird, die Vorratsdatenspeicherung gegen viele Widerstände und Bestrebungen innerhalb der damaligen schwarz-gelben Koalition verhindert hat. Das war eine tolle Leistung.

(Beifall FDP sowie von der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Das konnte sie, weil sie auch glaubwürdig ist, weil sie schon einmal vor einiger Zeit ihr Amt aufgegeben hatte, als sie sagte: Da wird zu stark in Grundrechte eingegriffen, und das kann ich nicht mittragen. - Mit solchen Persönlichkeiten kann man Vorratsdatenspeicherung tatsächlich aufhalten; das hat sie gezeigt. Herr Maas hat sich erklärt - auch vor der Koalitionsbildung -, dass er die Vorratsdatenspeicherung eigentlich nicht will. Ich wünsche mit da mehr Rückgrat, dass er das auch durchhält.

Übrigens auch in der SPD - gleiche Quelle: spd-netzpolitik.de gibt es 70 Verbände, die die Vorratsdatenspeicherung nicht wollen, darunter sieben Landesverbände. Ich weiß nicht, wie sich der Landesverband Brandenburg bisher positioniert hat - das werden wir gleich hören.

Mit der Vorratsdatenspeicherung werden wir alle unter Generalverdacht gestellt. Ein jeder von uns wird als potenzieller Straftäter behandelt. Wenn die NSA auffliegt, weil sie das Handy der Bundeskanzlerin abgehört hat, ist der Aufschrei plötzlich groß. Tatsächlich aber, meine Damen und Herren, sind meine Grundrechte nicht weniger wert als die der Bundeskanzlerin, und auch Ihre Grundrechte, die eines jeden von Ihnen, eines jeden Bürgers in Brandenburg, eines jeden Bürgers in Deutschland, eines jeden, der sich hier aufhält, sind denen der Bundeskanzlerin gleichwertig - auch wir haben Anspruch darauf, dass unsere Daten nicht willkürlich und eines Generalverdachts wegen erfasst oder auf Dauer gespeichert werden - oder jedenfalls auf längere Zeit - und man uns damit letztendlich in unserer Freiheit einschränkt, weil wir uns eben anders verhalten, wenn wir unter Beobachtung stehen. Ich glaube, jeder kann nachvollziehen, dass er unbeobachtet möglicherweise auch einmal etwas legerer umgeht, sich anders verhält als unter ständiger Beobachtung - und genau da sind die Einschränkungen der Freiheit.

Klar ist natürlich, dass es zwischen Freiheit und innerer Sicherheit ein ständiges Spannungsverhältnis gibt, aber klar ist dann bitte auch, dass wir, wenn wir dieses Spannungsverhältnis auflösen wollen, fragen müssen, was prioritär ist. Was dient denn bitte wem? Die Sicherheit, die wir wollen, ist dazu da, unsere Freiheit zu gewährleisten. Deswegen heißt unsere Gesellschaft nach unserem Selbstverständnis eben „freiheitliche demokratische Grundordnung“ und nicht „überwachte demokratische Grundordnung“. Weil wir diese Priorität haben, haben wir diesen Antrag gestellt, mit Beteiligung der Grünen. Herzlichen Dank dafür; in NRW haben die Grünen etwas Vergleichbares abgelehnt - schön, dass ihr das hier anders seht.

Das ist unser Antrag: Möge die Landesregierung für die Grundrechte eines jeden Brandenburgers eintreten, möge sie alles, was ihr möglich ist, zur Grundrechtswahrung tun, an jedem Ort, der dafür infrage kommt, insbesondere natürlich im Bundesrat. Weil es Benjamin Franklin so schön gebracht hat, möchte ich ihn hier noch einmal zitieren - das Lernen liegt auch in der Wiederholung -:

„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir kommen nun zum Beitrag der SPD-Fraktion. Frau Abgeordnete Stark hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht nur der brandenburgische Landtag hat auf Initiative der FDP-Fraktion dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Auch in Thüringen ist fast zeitgleich darüber gesprochen worden, die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu verhindern. Eine Richtlinie der Europäischen Union, die die Vorratsdatenspeicherung regelt, wurde erst im März 2006 erlassen. Kern dieser Regelung ist es, dass die Verbindungsdaten, die bei Telefonaten, beim Surfen im Internet und bei der Übermittlung von Nachrichten per SMS anfallen, von den Providern für einen bestimmten Zeitraum gespeichert werden. Deutschland hat diese Europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung als einziges Land der Europäischen Union bisher nicht umgesetzt, denn das Bundesverfassungsgericht hatte die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland mit seiner Entscheidung vom 20. März 2010 gestoppt, und auch dem Europäischen Gerichtshof liegt eine Klage gegen diese Richtlinie vor. Mit einer Entscheidung dazu wird in diesem Frühjahr gerechnet. Bis dahin wird es - so wie Heiko Maas, den Sie zitiert haben, ausgeführt hat - auch auf Bundesebene keine Entscheidung dazu geben.