Der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge hat heute in der „taz“ angekündigt, dass er eine Studie veröffentlichen wird, in der beklagt wird, dass 16- oder 17-Jährige in diesen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht worden sind. Die Kinderrechtskonvention regelt in Artikel 22, dass Kinder bis zum 18. Lebensjahr dem Jugendhilfesystem des Staates, in dem sie sich befinden, zuzuführen sind; dessen Möglichkeiten müssen ihnen offenstehen.
Sie haben darauf abgestellt, dass die Bundesgesetze dies für 16- oder 17-Jährige nicht vorsehen, weil sie als volljährig gelten. Die Bundesrepublik hat in diesem Punkt allerdings bereits 2010 ihre Vorbehalte gegen die Kinderrechtskonvention zurückgenommen. Demzufolge müsste Artikel 22 vollständig Anwendung finden. Ich frage Sie vor diesem Hintergrund, ob Sie sich im Rahmen der Landesregierung und Ihres Amtes dafür einsetzen werden, dass den Kindern ihre international verbrieften Rechte auch in Brandenburg zugestanden werden.
Die genannten Rechte haben sie im Land Brandenburg. Ich habe schon gesagt, dass auch in diesen Fällen die Jugendämter selbstverständlich immer eingeschaltet werden. Es stellt sich einzig die Frage, wie die Jugendlichen untergebracht werden. Das ist vom Einzelfall abhängig.
Es ist allerdings so, dass das Bundesrecht diesen 16- und 17-Jährigen eigenständige Verfahrensrechte zubilligt. Das ist etwas Positives, nichts Negatives. Die Jugendlichen bekommen ein Recht, das sie nach anderen Vorschriften eigentlich nur von den Sorgeberechtigten - die nicht da sind - ableiten könnten.
Die Frage der Unterbringung wird durch die Jugendämter generell geprüft. Wenn es Zweifel gibt, dass ein 16- oder ein 17Jähriger in einer Einrichtung - wohlgemerkt: nur einige ausgewählte Einrichtungen sind darauf vorbereitet - richtig untergebracht ist, wird eine andere Unterbringung gesucht.
Ich sehe im Land Brandenburg keinen konkreten Fall, in dem das zu Problemen führt. Falls dem doch so sein sollte, ist das etwas, was man konkret abstellen kann. Aus meiner Sicht gibt es insoweit keinen Handlungsbedarf. Ich sehe auch nicht den zwingenden Bedarf, in diesem Bereich auf bundesrechtlicher Ebene etwas zu ändern.
Noch einmal: Es gilt immer die Maßgabe, dass dort, wo es Zweifel gibt, selbstverständlich überprüft werden muss, ob jemand Jugendlicher oder Erwachsener ist bzw. ob jemand aufgrund seiner persönlichen Situation besonders betreuungsbedürftig ist und in einer speziellen Einrichtung für Kinder und junge Jugendliche untergebracht werden muss.
Vielen Dank, Herr Innenminister. - Ich begrüße inzwischen unsere Gästegruppe: Schülerinnen und Schüler des Katholischen Gymnasiums Bernhardinum Fürstenwalde. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!
Alljährlich am 25. November findet der von den Vereinten Nationen deklarierte Internationale Tag zur Beseitigung jeder Form von Gewalt gegen Frauen statt. Weltweit wird zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Kinder aufgerufen.
Nach wie vor werden Frauen von ihren gegenwärtigen oder ehemaligen Partnern körperlich, seelisch oder sexuell misshandelt. Im Land Brandenburg wurden im Jahr 2012 laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2 570 Frauen Opfer häuslicher Gewalt. Diese Zahlen sind gegenüber dem Vorjahr zwar leicht zurückgegangen, bleiben aber dennoch auf hohem Niveau. Sicherlich auch deshalb suchen viele Frauen Schutz in entsprechenden Einrichtungen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Sieglinde Heppener! Einen schönen guten Morgen!
Wir haben gerade die Verfassung etwas geändert und ganz oben drübergeschrieben: „Das Land schützt das friedliche Zusammenleben.“ Das passt auch zu dieser Frage. Wir meinen nämlich nicht nur das Zusammenleben derjenigen, die schon immer hier wohnen, mit denjenigen, die zu uns kommen. Wir schützen natürlich auch das Zusammenleben derjenigen, die in einer Familie leben.
An so einem Tag und insbesondere am Montag kommender Woche werde ich mich wieder fremdschämen für meine Geschlechtsgenossen, die es nicht fertigbringen, sich zu zügeln, sondern die nach wie vor zu Hause ihre Frauen oder ihre Kinder verprügeln. Das ist eine Sache, die für mich unaushaltbar ist.
Es ist in Deutschland leider nach wie vor so, dass häusliche Gewalt die häufigste Ursache von Tod und Verletzung von Frauen ist, häufiger als Krebs und Verkehrsunfälle zusammengenommen. Daran wird deutlich, dass wir als Gesellschaft die häusliche Gewalt unbedingt ächten müssen; dafür müssen wir aber die Öffentlichkeit sensibilisieren.
Wir in Brandenburg haben seit vielen Jahren einen Landesaktionsplan. Darin machen wir deutlich, wie wir gegen Gewalt vorgehen wollen. Viele Ministerien, aber auch viele Nichtregierungsorganisationen arbeiten mit und unterstützen uns in unserem Vorhaben. Dabei ist vieles zu beachten. Was steht auf der To-do-Liste ganz oben? Wir wollen ächten. Wir wollen sensibilisieren. Wir wollen Öffentlichkeit erreichen.
Liebe Sieglinde Heppener, Ihre Anfrage zielt auf den kommenden Montag. Dann werden wir uns gemeinsam an den entsprechenden Fahnen versammeln und diese hissen. Wir machen darauf aufmerksam, dass Gewalt geächtet werden soll.
Es gibt viele weitere Aktionen: In Schwedt - ich sehe hier den Abgeordneten aus der Stadt - findet gerade eine Ausstellung zu dem Thema statt. Am kommenden Montag startet die Innung der Bäcker eine Aktion; sie werden ihre Brötchen nicht in die normalen Tüten packen, sondern in solche mit der Aufschrift „Gewalt kommt nicht in die Tüte!“ Das finde ich gut; denn auch damit wird ein klares Signal gesetzt.
In Brandenburg an der Havel gab es vor ein paar Tagen eine Fachtagung für Ärztinnen und Ärzte, um ihnen zu verdeutlichen, wie sie häusliche Gewalt erkennen und wie sie dann vorgehen müssen, das heißt, welche Behörden zu informieren sind. Das ist ebenfalls eine wichtige Maßnahme. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an den Landespräventionsrat, der einen Leitfaden dazu erarbeitet hat, wie Kinderärzte, Gynäkologen, Ärztinnen und Ärzte überhaupt, aber auch andere Menschen Gewalt erkennen können und welche Reaktion dann erforderlich ist.
Ich will ein paar Zahlen nennen: Wir haben im Land Brandenburg 21 Frauenschutzeinrichtungen, gemeinhin als „Frauenhäuser“ bekannt. Diese unterstützen wir jedes Jahr mit 900 000 Euro. Frau Nonnemacher drängt immer darauf, dass es noch mehr wird, insbesondere im Interesse der Kinder und Jugendlichen. Ich verweise dann regelmäßig darauf, dass wir auch noch Jugendämter haben, die dafür zuständig sind und mit diesen Häusern zusammenarbeiten; sie geben auch Geld.
Auch die folgenden Zahlen halte ich für wichtig: Im Jahr 2012 waren es immerhin 632 Frauen und 678 Kinder, die in diesen Häusern Zuflucht fanden. Aus den Häusern heraus fanden 2 784 Beratungen statt; das waren externe Beratungen von Frauen, die sich dorthin gewandt hatten. 674 Beratungen von Angehörigen haben stattgefunden. Auch das ist extrem wichtig, um Nachhaltigkeit zu erzielen. Immerhin 2 018 Behörden und Einrichtungen wurden beraten.
Das Land gibt weit mehr als 60 000 Euro Haushalts- und Lottomittel dafür aus, dass viele Projekte, die sich gegen häusliche Gewalt wenden, in unserem Land stattfinden können. Ich habe einige von ihnen besucht und muss sagen: Das machen die wirklich mit viel Verve, Engagement und Kreativität, auch um Öffentlichkeit zu erreichen.
Wir wissen, dass wir häusliche Gewalt kaum ganz beseitigen können. Aber wir können helfen und sensibilisieren. Gewalt gegen Schwächere ist immer auch Ausdruck eigener Schwäche. Meine große Bitte ist, dass Sie nicht nur am Montag, sondern das ganze liebe lange Jahr über und in jedem Jahr eigene Stärke zeigen, Gewalt gegen Frauen und Kinder ächten und genau dort tätig werden, wo Sie diese erleben oder auch nur vermuten. - Vielen Dank.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass es auch Männer gibt, die unter häuslicher Gewalt leiden und die sich noch seltener trauen, Hilfe zu holen, weil sie sich deswegen schämen? Ist Ihnen ferner bekannt, dass in der Familie ausgeübte Gewalt ihre Wurzel häufig in eigenen Gewalterfahrungen hat und dass deshalb der präventiven Arbeit viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, wir also das Recht von Kindern auf gewaltfreies Aufwachsen viel stärker beachten müssen, und zwar in allen Facetten?
Das war eine klare Antwort. - Wir sind damit bei Frage 1455 (Messeinrichtung für Rüdersdorf?) , gestellt von der Abgeordneten Kaiser. Wir haben diese Frage von der gestrigen auf die heutige Sitzung verschoben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Firma Vattenfall hatte in diesem Sommer für die Müllverbrennung im Industriekraftwerk Rüdersdorf einen Änderungsantrag eingereicht, der auf Erweiterung - bezüglich der Müllmengen, Müllarten und Emissionen - setzt. Die Gemeindevertretung des Ortes und mehrere Bürgerinitiativen sehen dies äußerst kritisch. Der im gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren anvisierte Erörterungstermin - 29. Oktober - ist vorläufig verschoben worden. Die breite öffentliche Debatte in der Gemeinde sorgte für eine große Zahl von Einwendungen gegen die Pläne des Betriebes. Eine der Forderungen lautet, in der Gemeinde Rüdersdorf wieder eine Messeinrichtung zu errichten, welche in der Lage ist, die Gesamtbelastung des Ortes zu messen und aktuell transparent zu gestalten.
Ich frage die Landesregierung: Welche Auffassung vertritt sie zur Errichtung einer solchen Messeinrichtung?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kerstin Kaiser, es ist genau so: Es gibt große Besorgnis vor Ort - in Rüdersdorf und den umliegenden Gemeinden. Es gibt bisher 2 336 Einwendungen gegen das beabsichtigte Genehmigungsverfahren für ein Industriekraftwerk, für die Erweiterung der Kapazität von Vattenfall. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich habe durchaus Verständnis, dass diese Besorgnis bei der Bevölkerung herrscht. Gemeindevertreter, Bürgermeister, Bürgerinitiativen und Bürgerinnen und Bürger haben sich artikuliert und fordern eine stationäre Messstation in Form eines Messcontainers im Ort bzw. in Ortsnähe.
Ich will in dem Zusammenhang noch einmal deutlich klarstellen, dass gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz generell
durch das Betreiben von Anlagen keine Gefahren auftreten dürfen, die erhebliche Nachteile oder gar Belästigungen für die Bevölkerung hervorrufen, also eine Belastung darstellen. Der Betrieb hat Vorsorge zu treffen, das ist Bestandteil des Genehmigungsverfahrens. Ohnehin wird nur eine Genehmigung für diesen Betrieb erteilt, wenn er dem modernsten Stand der Technik entspricht. Für genau diese Aussage wird gerade ein Gutachten vom TÜV erstellt.
Frau Kaiser hat darauf hingewiesen, dass bereits vor Inbetriebnahme und während des Betriebs des Industriekraftwerks in Rüdersdorf - veranlasst durch unser Landesamt -, nämlich von 2007 bis 2010 ein stationäres Messfahrzeug vor Ort - im Ortsteil Herzfelde - war, um Zusatzbelastungen, Grenzüberschreitungen zu messen. Das Ergebnis war die Feststellung: In diesem Zeitraum sind keine eingetreten, die zu messenden Werte waren gleichbleibend.
Um den Besorgnissen der Anwohnerschaft aber letztendlich Rechnung zu tragen - ich habe schon gesagt, ich verstehe, dass die Menschen diesbezüglich Angst haben -, suchen wir in meinem Verantwortungsbereich gegenwärtig nach Möglichkeiten, um eine fachlich vernünftige und auch finanziell angemessene Lösung zu finden.
Es gibt drei Varianten, die man zur Anwendung bringen kann. Die erste ist eine stationäre Messeinrichtung, zumeist in Form eines Containers. Mit dieser kann prinzipiell das gleiche Messprogramm, das es schon in den Jahren 2007 bis 2010 vor Ort gab, durchgeführt werden. Diese Messungen erlauben aber keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Emissionen aus dem Industriekraftwerk, da alle Immissionen - angefangen von denen des Hausbrandes bis zu denen aus dem Verkehrsbereich und anderen Anlagen - gemessen werden. Diese Messstation ist ziemlich kostenintensiv.
Die zweite Möglichkeit ist, dass man Messungen durch Dritte durchführen lässt. Bei dieser Variante wird eine zugelassene Messstelle beauftragt, in einem bestimmten Zeitraum diskontinuierlich an verschiedenen Standorten zu messen. Derartige Messungen sind flexibel und kostengünstiger als die bereits in Rüdersdorf schon einmal durchgeführte Variante und ermöglichen Aussagen zur Belastungssituation in der Fläche generell.
Es gibt eine dritte Möglichkeit: Anzeigen der Emissionsdaten. Das ist möglicherweise die, die uns am meisten entgegenkommt, um Einschätzungen treffen zu können. Um die vom Industriekraftwerk unmittelbar verursachten Emissionen darzustellen, bietet es sich an, die Messwerte in Echtzeit dauerhaft - sowohl im Internet als auch in geeigneter Art und Weise im öffentlichen Raum der Gemeinde Rüdersdorf - aufzuzeigen. Diese Werte besitzen unserer Meinung nach höchste Aussagekraft, was die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen betrifft. Damit wäre dem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung getragen. Dazu kommt noch etwas nicht ganz Unwichtiges: Es wäre eine sehr kostengünstige Variante.
Wir sind gegenwärtig noch im Gespräch, die Entscheidung steht noch aus, aber ganz sicher ist, dass eine Messstation zur Anwendung kommen wird. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre Antwort. Ich gehe davon aus, dass die von Ihnen benannte erste Variante beabsichtigt ist, weil Rüdersdorf als Industriestandort wirklich verschiedene Emissionen hat und die Summe der Immissionen beunruhigt. Ich habe aber noch zwei Nachfragen. Werden die vorliegenden und öffentlich zugänglichen sehr kritischen Gutachten durch die Behörde in die Prüfung einbezogen?
Zu Ihrer zweiten Frage: Ich kann noch keinen Termin nennen, der steht noch nicht fest. Er ist ja aufgrund der vielen Einwendungen und Zusatzuntersuchungen verschoben worden.
Zur ersten Frage: Ihre Feststellung, dass höchstwahrscheinlich Variante eins zum Tragen kommt, teile ich so nicht. Deshalb habe ich noch einmal alle drei Varianten aufgeführt und gesagt: Die Entscheidung steht noch aus.