Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort; Herr Abgeordneter Goetz hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die 5. Wahlperiode des Brandenburger Landtags geht allmählich in ihr fünftes Jahr. Wenn am Anfang manches noch sehr spannend war, wiederholt sich im fünften Jahr zwangsläufig einiges. Es gibt hin und wieder ein Déjà-vu. Eines hatte ich beim Antrag der CDU, eines bei Ihrer Rede, Frau Kollegin Stark. Und ich bin mir sicher: Auch wenn Kollege Dr. Scharfenberg nachher spricht, könnte ich seine Rede genauso halten - im Zweifel ohne Manuskript, weil relativ klar ist, was er sagen will: „Sie von der CDU haben noch bis 2009 …“ usw.; die Fortsetzung kennen wir. Geben Sie mir zehn Minuten - ich halte seine Rede gern mit.
Das größte Déjà-vu habe ich allerdings mit Blick auf die Landesregierung. Das Wort Déjà-vu ist möglicherweise nicht stark genug. Es ist eher ein Mille-fois-vu. Auch dort tut sich viel zu wenig; es gibt viel zu wenige Reaktionen auf die Kriminalitätsentwicklung.
Ich verkenne nicht, dass Sie Versuche unternehmen, des Problems irgendwie Herr zu werden. Zum Beispiel kündigen Sie an, die Anwärterzahl bei der Polizeifachhochschule auf 240 zu erhöhen.
Ich gehe auch davon aus, dass die erhöhte Anwärterzahl, gemessen am ursprünglichen Ansatz Ihres Vorvorgängers Speer, ein Fortschritt sein könnte - irgendwann in ferner Zukunft, weil die Leute drei Jahre brauchen, bis sie ausgebildet sind. Vorher sind sie nun einmal nicht da. Übrigens ist die Zahl 240 - meinetwegen 245 - exakt die Zahl, die die FDP-Fraktion für den Doppelhaushalt 2013/2014 beantragt hatte. Herzlichen Glückwunsch zu der Erkenntnis! Insofern kritisiere ich das nicht.
Aber wir haben ein strukturelles Problem; Frau Kollegin Stark, Sie sprachen es an. Wenn ich im dritten, demnächst im vierten Jahr mit einer BAO arbeite, so ist das strukturell falsch. Eine BAO ist eine Besondere Aufbauorganisation; sie hat sich besonderer Probleme anzunehmen. Ein typischer Fall ist die BAO „Imker“: Der Täter wurde erfolgreich gefasst; damit ist das Problem gelöst und man kann sich neuen Aufgaben zuwenden.
Die Grenze nach Polen und Osteuropa wird dauerhaft offen bleiben und die Probleme bleiben dauerhaft. Kollege Lakenmacher hat die neuen Zahlen richtigerweise genannt: Es gab eine kleine Delle im Jahr 2012. Wir erleben, dass 2013 die Zahlen
bis auf das Niveau von 2011 ansteigen und dieses toppen; das ist bereits klar absehbar. Das heißt, das Problem wird immer schärfer. Insofern brauchen wir - das habe ich mehrfach gefordert - strukturelle Antworten auf die Kriminalitätsentwicklung bei Kraftfahrzeugdiebstählen im grenznahen Raum, aber auch auf die steigende Eigentumskriminalität im Berliner Umland Eigentumsdelikte, Wohnungseinbrüche, Tageswohnungseinbrüche, Einfamilienhauseinbrüche -; all das steht in gleicher Weise an. Mit einer BAO lösen Sie das Problem nicht.
Auch der angeblich dauerhafte Einsatz dreier Hundertschaften in Grenznähe entblößt den Rest des Landes von den ansonsten von den Hundertschaften zu leistenden Arbeiten. Und er löst das Problem nicht. Wäre er eine Lösung, hätten wir schon Erfolge zu verzeichnen; genau das Gegenteil ist der Fall.
Deswegen ist es im Ergebnis richtig, diese Strukturen zu hinterfragen. Es ist Ihre Aufgabe als Landesregierung, Antworten zu geben, wie mit den Problemen dauerhaft umgegangen werden soll. Das wissen Sie auch selbst. Ihr Amtsvorgänger, der jetzige Ministerpräsident, hat im Innenausschuss darauf hingewiesen, dass eine BAO zu einer dauerhaften Struktur umgewandelt werden, dass man zu dauerhaften Lösungen kommen muss. Solche sind auch eher geeignet, Probleme zu bewältigen als es gegenwärtig mit einer BAO der Fall ist. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Ich sehe auch, dass es nicht einfach ist, Antworten zu finden das ist ganz klar -, weil sich auch die Gegenseite anpasst und dazulernt. Aber das rechtfertigt es trotzdem nicht, nur zu sagen: 2014 wird die Strukturreform evaluiert. - Bis 2014 werden ungefähr 300, 400 oder 500 weitere Autos geklaut und 1 000 weitere Wohnungen oder Familienhäuser aufgebrochen werden. Dem müssen wir begegnen und deshalb hat das nicht Zeit bis 2014.
Wir brauchen verstetigte Reaktionen und klare Konzepte der Landesregierung, um den dortigen Problemen zu begegnen und den Menschen ein Gefühl der Sicherheit zurückzugeben. Die Polizei des Landes Brandenburg muss in hinreichender Stärke und Schlagkraft vorgehalten werden. Daran fehlt es. An der Polizei liegt es nicht - es ist Aufgabe der Landesregierung und der Mehrheit hier im Landtag. Die FDP-Fraktion wird dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort; Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Und täglich grüßt das Murmeltier. Die CDU-Fraktion ist ausdauernd, das muss man ihr wirklich zugestehen. Sie posieren wieder einmal als Gralshüterin der öffentlichen Sicherheit. Herr Lakenmacher, Sie mussten doch selbst schmunzeln, als Sie sich hier zu diesem Thema wieder vorgestellt haben.
Um das klarzustellen: Die im Antrag beschriebenen Probleme sollen nicht in Abrede gestellt werden. Wir alle sind nicht
glücklich über die Meldung, dass die Anzahl der Autodiebstähle im grenznahen Raum im ersten Halbjahr gestiegen ist. Damit kann keiner zufrieden sein, eine solche Entwicklung kann keiner wollen. Aber wenn die CDU so tut, als ignoriere die Landesregierung diese Situation, so ist das alles andere als ein Beitrag zu einer wirksamen Lösung der Probleme. Aber offensichtlich geht es Ihnen mit dem Antrag auch gar nicht darum, zur Lösung von Problemen beizutragen, sondern Sie wollen Ihren Oppositionsbonus nutzen, um aus den Problemen politischen Profit zu ziehen.
Wir haben schon häufig - eigentlich in jeder Landtagssitzung in verschiedensten Variationen über die Polizeireform und ihre Auswirkung auf die öffentliche Sicherheit im Land gesprochen. Vor diesem Hintergrund ist es schwer, sich nicht zu wiederholen. Die vom Innenminister eingeleiteten Maßnahmen gegen die Grenzkriminalität und den Anstieg der Diebstahlskriminalität mit dem Einsatz der Bereitschaftspolizei, künstlicher DNA usw. - all das ist dargestellt worden.
Fakt ist aber auch, dass ein ständiger Einsatz von Hundertschaften der Bereitschaftspolizei kein Dauerzustand sein kann. Ich denke, das ist klar. Deswegen ist es folgerichtig, dass Innenminister Holzschuher entschieden hat, den geplanten Personalabbau in den Revieren im grenznahen Raum zu stoppen.
Und um das nochmals zu sagen: Ich weiß nicht, woher Sie nehmen, Herr Lakenmacher, dass Reviere geschlossen worden seien. Das hauen Sie einfach so heraus! Welches Revier in diesem Land ist geschlossen worden? Wenn Sie ein bisschen davon verstehen, dann nennen Sie doch das Polizeirevier, das geschlossen worden ist.
Den Vorgriff auf die für nächstes Jahr anstehende Evaluierung der Polizeireform unterstützen wir ausdrücklich; denn der vorgesehene Personalabbau steht unter der Prämisse, dass das Niveau der öffentlichen Sicherheit nicht abgebaut werden darf. Das sind die Vorgabe des Landtags und der Maßstab, mit dem die Reform durchgeführt wird.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um das noch immer ausstehende Polizeiabkommen mit Polen einzufordern. Das ist ein Problem, ein Defizit. Wir brauchen mehr Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit mit der polnischen Polizei, und zwar über die Grenze Polens ins fernere Europa hinaus. In diese Richtung muss etwas getan werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Anstieg der Diebstahlskriminalität, der bundesweit zu verzeichnen ist - auch das können wir den Statistiken entnehmen - und der in Brandenburg insbesondere im Berliner Umland auftritt, verlangt entsprechende Gegenmaßnahmen. Diese vor allem in Eigenheimsiedlungen auftretenden Diebstähle können aber kaum durch ständige und erhöhte Polizeipräsenz bekämpft werden. Wie wollen Sie das denn machen? Wollen Sie in jede Straße einen Streifenwagen stellen? So viel Polizei, wie man dafür brauchte, ist schon aus finanziellen Gründen nicht zu unterhalten, und darüber hinaus ist ein solcher Zustand auch gar nicht wünschenswert.
Wichtig ist verstärkte Prävention, mit der die Eigentümer beim Schutz ihres Eigentums zielgerichtet und qualifiziert beraten werden, um entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Das beginnt bei einer entsprechenden Aufmerksamkeit für die Vorbereitung von Einbrüchen, die ja nicht spontan durchgeführt werden. Ich werbe dafür - und zwar zum wiederholten Male -, die kommunale Kriminalitätsverhütung aufzuwerten und auszubauen. Eine enge und intensive Abstimmung zwischen Kommunalverwaltungen und der Polizei findet zwar vielerorts schon statt, aber hier gibt es noch viele Reserven. Ich empfehle dem Innenminister, durch geeignete Maßnahmen die kommunale Kriminalitätsverhütung intensiver, als es gegenwärtig der Fall ist, zu fördern. So könnten zum Beispiel durch die Einsetzung eines Beauftragten für Kriminalitätsverhütung zusätzliche Impulse ausgelöst werden. Ich glaube, in diese Richtung sollten wir stärker denken und uns auch verwenden. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharfenberg. - Wir kommen nun zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.
Verehrte Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Lakenmacher, hier stehen Sie also wieder und können nicht anders. Wir könnten den aufgerufenen Tagesordnungspunkt unter das Motto stellen: Unseren monatlichen Antrag zur inneren Sicherheit gebt uns heute und erlöset uns von dem Übel der Kriminalität.
Alternativ bietet sich auch die Rubrik „Nach der Wahl ist vor der Wahl“ an. Seit Mai 2013 hat die CDU die innere Sicherheit zu einem Schwerpunktthema für die nächste Brandenburgwahl erkoren, und vier Tage nach der Bundestagswahl ist es hohe Zeit, sich den nächsten Landtagswahlen zu widmen.
Seit der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik am 15. März 2013 wissen wir, dass Diebstahlsdelikte mit 40,9 % unverändert den größten Anteil am Kriminalitätsgeschehen ausmachen. Während die Diebstahlsdelikte insgesamt rückläufig waren, sind Diebstähle aus Wohnungen und Einfamilienhäusern kontinuierlich angestiegen, insbesondere im Berliner Umland. Die Aufklärungsquote liegt bei 36,9 %. Seit mehreren Jahren arbeitet eine gemeinsame Ermittlungsgruppe BerlinBrandenburg an der Bekämpfung der länderübergreifenden Einbruchskriminalität. Am 15. Mai 2013 haben Innenminister Dr. Friedrich und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Boris Pistorius, die Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundes vorgestellt. Diebstahlsdelikte machen mit 39,7 % den größten Teil aus. Jetzt möchte ich gern unseren Bundesinnenminister zitieren:
„Deutschland zählt … zu den sichersten Ländern. Trotzdem sind jede Straftat und jedes Opfer eines zu viel. Daher müssen wir besonders Deliktsfelder aufmerksam verfolgen, wo die Zahl der Taten auffällig zunimmt, wie beim Anstieg der Wohnungseinbrüche (+ 8,7 % … Auf- klärungsquote 15,7 %).“
Unter der Überschrift „Länderinnenminister verstärken den Kampf gegen Einbruchsdiebstahl“ erklärt der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Minister Boris Pistorius aus Niedersachsen, zur Vorstellung der PKS:
„Alleine im vergangenen Jahr hat die Versicherungswirtschaft ihren Schaden durch Wohnungseinbrüche auf 600 Millionen Euro taxiert. Im Bundesdurchschnitt konnte 2012 aber nur jeder sechste Einbruch - das sind gerade einmal 15,7 % aller Fälle - aufgeklärt werden. Das ist zu wenig! Häufig fehlen allerdings konkrete Ermittlungsansätze. Die zuständigen Innenminister und -senatoren der Länder sind entschlossen, dieser Entwicklung konsequent entgegenzutreten. Im Auftrag der Innenministerien analysiert aktuell eine Arbeitsgruppe den Bereich der Wohnungseinbrüche und erarbeitet ergänzende Strategien.“
Es wird auch darauf hingewiesen, dass 2012 annähernd 40 % der Einbrüche im Versuchsstadium stehengeblieben sind, also glücklicherweise rechtzeitig vereitelt werden konnten. Darin sieht der Innenminister einen erfreulichen Beleg für die Wirksamkeit von präventiven Maßnahmen, die allerdings nur als ganzheitlicher Ansatz unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, der Kommunen, der Polizei und Wohnungsbaugesellschaften funktionieren können. Abschließend resümiert Herr Pistorius:
„Der Schutz vor Wohnungseinbrüchen bleibt eine Aufgabe, bei der die gesamte Gesellschaft gefordert ist, aufeinander zu achten und wachsam zu sein!“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Trotzdem wird Herr Lakenmacher vermutlich wieder vor die Presse treten und verkünden, dass gerade in Brandenburg die Bevölkerung schutzlos den Übergriffen von Diebesbanden ausgeliefert sei. Ich fühle mich als Oppositionspolitikerin zwar nicht zur Verteidigerin der Landesregierung berufen, aber redlich finde ich das nicht.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Holzschuher hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lakenmacher, das, was Sie hier vorgetragen haben, war ja doch eher enttäuschend. Warum das so ist, muss ich eigentlich nicht weiter ausführen, denn Frau Stark, Herr Scharfenberg, Frau Nonnemacher haben sehr gut dargestellt, worum es bei der Thematik geht. Enttäuschend war es vor allen Dingen deshalb, weil die Thematik tatsächlich eine sehr ernste ist - eine, der wir uns sehr ernsthaft annehmen müssten, und zwar alle gemeinsam. Wir jedenfalls tun das, ich als Innenminister tue das ganz bestimmt.
In der Tat haben wir bei den Wohnungseinbrüchen eine Zunahme zu verzeichnen. Seit mehreren Jahren ist dies ein bundes
weites Phänomen - Frau Nonnemacher hat auf die Stellungnahme des Bundesinnenministers zu der sehr hohen Zahl an Wohnungseinbrüchen, 144 000 in ganz Deutschland im Jahre 2012, hingewiesen -, und es gibt Anlass zu ernster Sorge, zweifelsohne auch im Land Brandenburg. Bei den Wohnungseinbrüchen verzeichnen wir von 2011 auf 2012 eine Steigerung um etwa 26 %. Die Statistik für dieses Jahr liegt noch nicht vor, aber die Daten von Januar bis August zeigen, dass es eine - wenn auch nicht ganz so deutliche - Steigerung um etwa 2 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres gibt.
Schwerpunkt dieser Delikte ist das Berliner Umland; das wissen wir. Über 50 % der Straftaten im Bereich der Wohnungseinbrüche werden in dieser Region begangen. Auch diesbezüglich haben wir in diesem Jahr eine Steigerung zu verzeichnen, nämlich um 6 % gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Ich bin sehr für offene und klare Worte zu Statistiken, auch wenn sie negativ sein sollten, aber dann bitte ich um eine korrekte Wiedergabe. Wir haben bei den Einbrüchen eine Steigerung um 26 % - nicht um 40 %, wie Herr Lakenmacher sagte und bei den Kfz-Diebstählen haben wir von Januar bis August den Wert des Vergleichszeitraums 2011 erreicht, nicht das Gesamtniveau des Vorjahres.