Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin nicht immer in der Lage, tiefschürfende Sätze zu sagen. Deswegen habe ich mich, weil ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe, aber auch in Anbetracht der Debatte darüber, wie wir mit anderen Themen im Land umgehen, mit dem Begriff Verantwortung noch einmal auseinandergesetzt. Da kommt man sehr schnell zu Max Weber. Er setzt ein Mindestmaß an Gesinnung mit dem unabdingbar nötigen Augenmaß ins Verhältnis und sagt, Politiker dürften nicht „steril aufgeregt“ sein. Die Gesinnung müsse authentisch sein.
Ich wehre mich vehement und in viele Richtungen gegen sterile Aufgeregtheiten. Mit sterilen Aufgeregheiten hat man oft zu tun, wenn man sich mit den Themen auseinandersetzt und die Frage stellt: Wie muss unser Land aussehen, damit wir es mit allen Aufgaben, die wir haben, bis 2020 vernünftig verwalten können? Herr Goetz, dazu gehört - wenn man den starken Staat predigt -, dafür zu sorgen, dass der Staat leben kann. Dazu gehören, wie Sie sagen, die Polizei als großer bzw. noch größerer Personalkörper, die Lehrer, die Mitarbeiter der Universitäten und das von Ihnen genannte Justizpersonal. Sie haben die Steuerverwaltung vergessen, weil Sie die wahrscheinlich ganz klein machen wollen, zumindest in Bezug auf die Unternehmen.
Wenn man einen Staat gestalten will, braucht man dafür Geld. Wir haben unter Rot-Grün und auch unter Schwarz-Rot in den letzten Jahren erhebliche Steuersenkungen in diesem Land erreicht, sodass wir zu einer Steuerquote gekommen sind, die in Europa nicht an der Spitze, sondern zum Beispiel deutlich hinter der der skandinavischen Länder - was Bildungssysteme betrifft - liegt. Ich sage das an der Stelle wertfrei.
Dann sagen Sie: Das müssten noch mehr bekommen, Hoteliers und andere. Gleichzeitig sollen wir eine für jeden zugängliche Bildung organisieren, die zu einer hohen Qualifikation führt. Bei der Polizei darf sich auch nichts ändern. Das geht nicht zusammen. Das passt nicht und entspricht nicht der Verantwortung, die wir hier in diesem Hause auch für die Vorprägung dessen, was die nächsten Generationen durch unser Tun erlangen, haben.
Insofern begreife ich meine Aufgabe so, dass wir ohne sterile Aufgeregtheit in der Lage sind, mit klarem Blick zu formulieren, wie viele dieser 40 000 Bediensteten, die wir vor dem Hintergrund einer normalen weiteren Steuerentwicklung in diesem Land als auskömmlich definiert haben, dann letztendlich Polizisten sind. Diese Frage untersuchen wir derzeit intensiv. Wir werden die Antwort darauf Mitte Februar - so ist die Zielsetzung - auch als politische Zahl in die Kommissionsarbeit einspeisen.
Daran muss sich auch die Frage messen: Welche Aufgaben sind in welcher Struktur leistbar? Man kann immer wieder eine grundsätzliche und tiefschürfende Aufgabenkritik fordern. Aber bei der Polizei kommen wir relativ schnell zu dem Ergebnis, dass die wesentlichen Aufgaben nicht zur Disposition stehen. Es ist auch die Auffassung dieser Koalition, dass die wesentlichen Aufgaben der Polizei - Verkehrssicherheit, allgemeine Sicherheit, Verbrechensvorbeugung und -bekämpfung, Kampf gegen organisierte Kriminalität, Kampf gegen Rechtsextremismus - nicht zur Debatte stehen, sondern die Frage ist: Wie organisiert man, dass die Polizei so effizient und gezielt arbeiten kann, dass mehr Zufriedenheit auch mit dem Beruf einkehrt? Es ist eines der wesentlichen Ziele, die ich für meine Arbeit in dieser Legislaturperiode definiert habe, dass die Zufriedenheit, die Motivation bei der Polizei besser wird, und zwar dadurch, dass sie Aufgaben in Strukturen erfüllt, in denen sie sie erfüllen kann. Es darf nicht zu einer Überbeanspruchung kommen, weil man etwa zu wenig Strukturen ändert. Die Strukturen müssen so beschaffen sein, dass in ihnen die notwendigen Arbeiten ausgeführt werden können. Denn es macht keinen Sinn, viele Wachen zu haben, die nur halb besetzt sind. Es macht keinen Sinn, große Schutzbereiche vorzuhalten, die nur unzureichend besetzt sind. Es ist die Hauptaufgabe, die Führungsstrukturen unter die Lupe zu nehmen und das zu erreichen, was dann möglich ist: die Führungsstrukturen so schmal und so flach wie möglich zu gestalten. Das hat noch den Nebeneffekt, dass manche Information besser läuft als derzeit.
In diesem Sinne hoffe ich auch in Richtung der Opposition auf Unterstützung bei diesem Weg. Wir werden Mitte des Jahres Ergebnisse der Kommission haben, die nicht unabhängig ist, Herr Petke, sondern natürlich den Verantwortungsbereich der Polizei in diesem Land ausmacht, und die die Unterstützung der Gewerkschaften und der Staatsanwaltschaft hat. Der letztgenannte Punkt ist wesentlich, da die Polizei als Arm der Staatsanwaltschaft bei der Verbrechensaufklärung und der Beweiserhebung tätig ist.
Wir werden in einem halben Jahr die Debatte darüber führen, welche Änderungen aus meiner Sicht im gesetzgeberischen Bereich notwendig sind, um dies umzusetzen. Wir haben bis dahin noch viel Zeit, die dann eventuell anstehenden Änderungen intensiv zu diskutieren. Ich bitte auch darum, Hinweise, wenn Sie welche haben, in geeigneter Form in die Arbeit der Kommission einzubringen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne in Kürze auf die Anmerkungen meiner Vorredner reagieren.
Herr Petke, Sie haben in den Mittelpunkt Ihrer Ausführungen gestellt, dass diese Kommission nach Ihrer Einschätzung nicht unabhängig genug sei. Hier geht es um eine Expertenkommission. Ich glaube, wenn man Prioritäten setzt, dann ist nicht die Unabhängigkeit die erste Priorität, sondern der Sachverstand. Diesen kann man den elf Personen, glaube ich, nicht absprechen.
Von den Grünen ist kritisiert worden, dass die Meinung derjenigen mit unteren und mittleren Dienstgraden zu wenig einfließe. Ich war damals drei Jahre als Mitarbeiterin bei der Polizei tätig und habe die erste Polizeireform miterlebt. Da gab es das polizeiliche Intranet - so nannte sich das - und für die Bediensteten der Polizei die Möglichkeit, sich in diesen Prozess aktiv einzubringen. Das hat zunächst den Eindruck vermittelt: Jawohl, jeder Beamte wird gefragt. Seine Meinung wird erbeten. Irgendwie wird sie schon in den Prozess einfließen.
Da gab es Defizite. Ich glaube, der Innenminister wird sich etwas überlegen, wie er die Mitarbeiterschaft einbezieht. Er hat signalisiert, der Hauptpersonalrat und die Gewerkschaften würden mitwirken. Das sind ja die Vertreter der Mitarbeiter; die werden das schon gut machen. Aber ob man noch einmal den Eindruck vermitteln sollte, dass alle Bediensteten der Polizei mitreden können, ist zu überlegen. Ich glaube, das war mehr Schein als Sein. Vielleicht gibt es Möglichkeiten, das zu verbessern.
Herr Goetz von der FDP hat gesagt, wir hätten es hier mit einer Oppositionsvorlage zu tun. Herr Kollege, wir sind durchaus kritisch und auch selbstkritisch. Wir als SPD haben in den vergangenen Jahren in der Regierungskoalition mit der CDU auch immer zum Ausdruck gebracht, dass wir punktuell anderer Meinung sind. Das können wir jetzt mit dem neuen Koalitionspartner noch besser umsetzen. Deshalb muss einfach auch Selbstkritik möglich sein. Ich freue mich allerdings, dass Sie in den Mittelpunkt Ihrer Ausführungen auch gestellt haben, dass Sie den Bereich der Aufgabenkritik als besonders wichtig und als Grundlage für die zukünftigen Entscheidungen ansehen. Da sind wir sozusagen ein Stück einer Meinung.
Wir halten uns also an das, was der Innenminister gesagt hat ich denke, das gilt für alle Redner, die hier gesprochen haben -: Wesentliche Aufgaben der Polizei sind nicht infrage zu stellen, Prävention nicht, Kriminalitätsbekämpfung nicht, Strafverfolgung nicht. Wir müssen Schwerpunkte setzen. Das werden wir bei der kritischen Begleitung im Innenausschuss auch miteinander hinbekommen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierung hat die Chance vertan, Klarheit zu schaffen, Klarheit über die Information. Es geht um 2 550 Stellen, die gestrichen werden, sechs bis sieben Direktionen statt 15 Schutzbereiche, 20 Hauptwachen, verschiedene Tageswachen und Gruppenposten sowie ein Polizeipräsidium. Diese Chance ist vertan worden, obwohl die Koalition dieses Thema selbst auf die Tagesordnung gesetzt hat.
Wer dem Minister gut zugehört hat, wird festgestellt haben: Entweder weiß er nicht, wohin der Weg bei der inneren Sicherheit geht, oder er will es uns nicht sagen. Damit wird die Regierung Platzeck ihrer Verantwortung für die innere Sicherheit der Menschen in Brandenburg nicht gerecht. Es wäre an der Zeit gewesen, hier und heute dem Parlament und damit der Öffentlichkeit zu sagen, wohin die Reise in Bezug auf die innere Sicherheit geht,
Wir werden die Arbeit entsprechend begleiten. Ich denke, es tut gut, wenn eine starke Opposition die innere Sicherheit in Brandenburg und all das, was die Landesregierung hier vorgelegt hat oder im Geheimen tun will, entsprechend kritisch begleitet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Petke, Sie haben wieder die Zahlenspielereien in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt, aber nicht die Probleme, über die wir zu diskutieren haben.
Ich sage ganz deutlich: Die Kommission ist gerade eingesetzt worden. Sie hat ihre Arbeit noch gar nicht begonnen. Aber Ihr Urteil steht schon fest. Woran machen Sie dieses Voraburteil eigentlich fest? Es gibt ja den Spruch: Sie haben keine Chance, darum nutzen Sie sie. Ich kann, insbesondere in Richtung Oppositionsfraktionen, nur die Aufforderung richten: Geben Sie der neuen Koalition eine Chance! Geben Sie dem neuen Innenminister eine Chance, auch wenn es Ihnen schwerfällt,
und das im Interesse der von uns gemeinsam hier beschriebenen Aufgabe. Ich sage ganz deutlich: Wir brauchen diese Aussage von Ihnen nicht.
Aber es wäre doch der Sache dienlich, wenn Sie im Interesse einer gemeinsamen Verantwortung - da wiederhole ich mich in diese Diskussion hineingingen. - Danke schön.
Gibt es bei der SPD-Fraktion noch Fragebedarf? Es wäre noch ein kleines Stückchen Redezeit übrig. - Ich kann das nicht feststellen. Damit sind wir am Ende der Debatte zur Aktuellen Stunde.
Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage 6 (Lohndumping bei der Bahn), die der Abgeordnete Görke stellt.
Laut Presseberichten beschäftigt die Deutsche Bahn AG auch in unserer Region über eine externe Firma osteuropäische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter anderem zum Schneeräumen an Gleisen und auf Bahnhöfen eingesetzt wurden, zu Dumpinglöhnen. Bei der Beschäftigung der zumeist bulgarischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gab es Verstöße - so Berichte - gegen Sicherheitsvorschriften sowie gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz, das in verschiedenen Bereichen Mindestlöhne festschreibt.
Ich frage daher die Landesregierung: Was unternimmt sie, um gegenüber der Deutschen Bahn AG darauf hinzuwirken, dass der im Bundesbesitz befindliche Verkehrskonzern künftig Verstöße gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz nicht zulässt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Görke, wir danken ausdrücklich für diese Anfrage. Das Land Brandenburg ist Aufgabenträger für den schienengebundenen Personennahverkehr. Im Rahmen dessen bestellen wir Verkehrsleistungen bei Verkehrsunternehmen, auch bei der Deutschen Bahn. Zu den von Ihnen genannten Unternehmen bestehen keine vertraglichen Beziehungen. Das heißt nicht, jeder Verstoß gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz wäre hinzunehmen. Jeder Verstoß ist nicht hinnehmbar. Das habe ich auch gegenüber dem Konzernbeauftragten, Herrn Dr. Trettin, entsprechend deutlich gemacht. Gestern stand in der Presse, dass diese Dinge umgehend abgestellt werden. Das hat mir auch Herr Dr. Trettin zugesagt.
Die Landesregierung wird dieses Thema auch bei dem Spitzengespräch mit Herrn Grube noch einmal aufrufen. Wir gehen
Vielen Dank. - Wir kommen damit zur Frage 62 (Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit) der Abgeordneten Lehmann.
Die bisherige Praxis des Unternehmens Schlecker bei der personellen Bestückung seiner sogenannten XXL-Filialen mit Leiharbeitern aus der Zeitarbeitsfirma Meniar hat eine öffentliche Debatte zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit ausgelöst. Im Fokus steht dabei die deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Leiharbeiter.
In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Welche Änderungen an den gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit hält sie perspektivisch für angeraten?