Da reicht es nicht aus, wenn ich eine Prozentzahl ausrechne, die angibt, welchen Teil seiner Einnahmen das Land abgibt, und diese mit anderen vergleiche, wenn ich nicht gleichzeitig vergleiche, welche Aufgaben dieses oder jenes Land den Kommunen übertragen hat. Erst wenn ich dies tue, gewinne ich einen Eindruck davon, ob die Finanzausstattung angemessen und die Symmetrie gewahrt ist oder nicht. Bei diesem Ergebnis kann man sagen: Sie ist nicht gewahrt.
Ich könnte es mir nun einfach machen und die Stellungnahme der vier kreisfreien Städte zu diesem Thema vorlesen. Diese sind in der üblichen Art gehalten: „Grundsätzlich begrüßen wir das Ganze, aber …“ Erstens sagen Sie, die Verbundquote müsse erhöht werden - was das Gutachten von Prof. Junkernheinrich hergegeben hat -, und zweitens wird der sofortige Wegfall des Vorwegabzuges gefordert. Ich könnte auch den Brief des
Städte- und Gemeindebundes vorlesen, den dieser an das Bildungsministerium gerichtet hat und in dem es um die Änderung der Verordnung zur Anpassung der Landeszuschüsse - das heißt, um die Umsetzung des Spruches des Verfassungsgerichtshofes - geht. Hier hat man einmal aufgelistet, was den Städten und Gemeinden noch alles zusteht, um die Pflichten, die ihnen auferlegt worden sind, erfüllen zu können. Wenn Sie das summieren, kommen Sie allein auf 360 Millionen Euro für diese Legislaturperiode, die Folgejahre noch gar nicht eingerechnet - und Sie verteilen 20 Millionen Euro aus dem Vorwegabzug!
Dann entnehmen wir Ihrem Gesetzentwurf eine fundamental neue Erkenntnis. Ich muss sagen, ich habe erst einmal überlegt, ob mich nicht mein Gedächtnis getäuscht hat; ab und an verfolgen wir die politischen Geschehnisse ja durchaus sehr aktiv. Im Gesetzentwurf heißt es, die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund werde zu erheblichen Entlastungen der kommunalen Haushalte führen. Wem haben wir diese nach Ihrem Gesetzentwurf zu verdanken? Der brandenburgischen Landesregierung, denn diese hat sich nachdrücklich dafür eingesetzt. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das brandenburgische Finanzausgleichssystem hat die primäre Aufgabe, einen Ausgleich zwischen Kommunen unterschiedlicher wirtschaftlicher und damit fiskalischer Leistungsfähigkeit herbeizuführen. Für uns stehen dabei Solidarität und Subsidiarität im Vordergrund.
Mit dem nun von Rot-Rot erarbeiteten Gesetzentwurf gehen wir weiter unseren konsequenten Weg: Ausbau der solidarischen Kommunalfinanzierung. Diejenigen Kommunen, die weniger als andere am wirtschaftlichen Erfolg von Brandenburg teilhaben und/oder am stärksten von der demografischen Entwicklung betroffen sind, müssen aus unserer Sicht stärkere Unterstützung genießen als andere.
Einiges ist dabei schon in den letzten Jahren in die Wege geleitet worden. An dieser Stelle möchte ich beispielhaft benennen: die Anhebung des Satzes in der Hauptansatzstaffel für die Finanzbedarfsbemessung der kreisfreien Städte von 145 auf 150 %, die Einführung des Demografiefaktors und die Einführung einer Finanzausgleichsumlage für überproportional finanzkräftige Kommunen zugunsten aller anderen.
Mit dem Gesetzentwurf streben wir die Ausweitung des Demografiefaktors von jetzt drei auf zukünftig fünf Jahre an. Eine Erweiterung von drei auf fünf Jahre würde nicht nur im Jahr 2014, sondern in den Jahren 2014 bis 2016 - in abnehmendem Umfang - eine Abfederung der Auswirkungen von tatsächlichen und nun auch statistischen Einwohnerverlusten bewirken. Die Ergebnisse des Mikrozensus, denke ich, haben wir alle zur Kenntnis genommen.
Durch die Ausweitung des Demografiefaktors auf fünf Jahre haben die betroffenen Kommunen mehr Zeit, sich auf den statistischen und auch tatsächlich eingetretenen Einwohnerverlust einzurichten. Somit wollen wir die fiskalischen Folgen des demografischen Wandels auf der Einnahmenseite abmildern, um so hinreichend Mittel zur Anpassung der Aufgabenerfüllung bereitstellen zu können. Kosten bei der Einwohnerschrumpfung werden so aufgefangen.
Dies geht mit der Gewährleistung der Daseinsvorsorgeleistungen sowie des sozialen und technischen Infrastrukturnetzes einher. Darüber hinaus zeichnen sich schon jetzt - insbesondere in unseren ländlichen Räumen - Nachfrageveränderungen ab. Mit zunehmendem Alter ändern sich die Anforderungen an die Infrastruktur. Gesundheits- und Pflegeinrichtungen werden stärker in Anspruch genommen, während Sportstätten sowie Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen weniger nachgefragt werden. Auch hier lässt sich ein deutliches Gefälle zwischen dem Verflechtungsraum mit Berlin und dem äußeren Entwicklungsraum identifizieren. Dieses Gefälle ist so stark, dass es pauschale Lösungen aus meiner Sicht nicht geben kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch in Brandenburg sind in den letzten Jahren die von den Kommunen zu tragenden Sozial- und Jugendhilfelasten extrem angestiegen. Zunehmend verdrängen sie andere kommunale Ausgaben und schränken die kommunale Selbstverwaltung ein.
Richtigerweise verweist Prof. Junkernheinrich in seinem Gutachten darauf, dass der Bund in den meisten Fällen Urheber der einschlägigen Leistungsgesetze ist und damit sowohl den Zugang zur als auch den Umfang der zu leistenden Hilfe detailliert vorgibt. So, sehr geehrter Herr Kollege Burkardt, ist es nur folgerichtig, dass sich nach dem starken Einsatz von Brandenburg der Bund entschlossen hat, die Grundsicherung im Alter zu übernehmen. Dieses Geld steht den Brandenburger Kommunen zu. Weiter führt Herr Prof. Junkernheinrich aus, dass das Land trotzdem seiner grundsätzlichen allgemeinen Verantwortung für die Finanzsituation seiner Kommunen nachkommen muss. Dem wollen wir, dem will Rot-Rot mit dem Gesetzentwurf weiterhin entsprechen.
Erstmals soll zusätzlich zu dem bestehenden Soziallastenausgleich ein interkommunaler Jugendhilfekostenausgleich eingerichtet werden. Dabei stützen wir uns auf entsprechende Vorarbeiten aus dem FAG-Beirat. In diesem hatte man sich darauf verständigt, dass ein zusätzlicher Sonderlastenausgleich zugunsten der Landkreise und kreisfreien Städte eingeführt werden soll. Das ist nicht eine Idee dieser Koalition, sondern wir setzen auf die Vorarbeit der Ministerien und der kommunalen Spitzenverbände, liebe Kollegen der CDU.
Die Aufteilung soll finanzkraftunabhängig erfolgen. Damit keine kommunale Gebietskörperschaft schlechter gestellt wird als heute, haben wir uns nun entschlossen, die geplante schrittweise Rückführung des sogenannten Vorwegabzugs für 2014 und 2015 in Höhe von jeweils 10 Millionen Euro für einen Jugendhilfekostenausgleich einzusetzen. Damit wird keiner kommunalen Gebietskörperschaft eine ihr heute zustehende Geldleistung entzogen.
Deshalb freue ich mich auf die Anhörung zum FAG und hoffe, dass wir uns mit den Vertretern der kommunalen Gebietskör
perschaften zu unserem vorgeschlagenen und vom FAG-Beirat geforderten zusätzlichen Sonderlastenausgleich verständigen können, um diesen solidarisch und gerecht zu modifizieren und auszugestalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, diese Koalition bleibt verlässlicher Partner der Kommunen. Lassen Sie uns ein weiteres Stück Verteilungsgerechtigkeit für die kommunale Familie in das Gesetz hineinschreiben. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum Finanzausgleichsgesetz komme, habe ich eine Bitte an den Präsidenten: Setzen Sie sich doch bitte mit dem Katastrophenstab in Verbindung und fragen Sie nach, ob wir bei der Hochwasserabwehr helfen können. Ich könnte mir vorstellen, dass morgen ein Großteil durchaus bereit wäre, koordiniert in Mühlberg zu helfen.
Jetzt zum Thema: Der uns heute vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes ist mit zwei Worten beschrieben: Murks, großer Murks. Es zeigt sich wiederholt der mangelnde Gestaltungswille dieser rot-roten Landesregierung. Anscheinend wollen Sie aus den Fehlern der Vergangenheit nicht lernen, sonst würden Sie uns nicht ein solches Gesetz vorlegen.
Wir als FDP-Fraktion kritisieren nach wie vor, dass Sie weder die von den Gutachtern Junkernheinrich und Lenk empfohlene Erhöhung der Verbundquote von derzeit 20 auf 21,4 % noch die Streichung des kompletten Vorwegabzugs in Höhe von 50 Millionen Euro vorsehen. In Ihrem Entschließungsantrag aus dem Dezember 2012 - damals auch durch die Grünen unterstützt; heute scheint es eine andere Haltung zu geben - beschlossen Sie eine weitere Änderung des Gesetzes im Jahr 2013, insbesondere hinsichtlich der Einführung eines Soziallastenausgleichs.
Was ist daraus geworden? Die Einführung eines Soziallastenausgleichs ist grundsätzlich zu begrüßen. Die beiden Gutachter Junkernheinrich und Lenk haben in der Anhörung im Oktober 2012 ganz deutlich auf die problematische Entwicklung der Sozial- und Jugendhilfe aufmerksam gemacht. Aber das, was Sie uns hier vorgelegt haben, geht gar nicht. Anstatt die berechtigten Forderungen nach einer bedarfsgerechten Finanzausstattung zu erfüllen, verfahren Sie nach dem Prinzip „Linke Tasche rechte Tasche“. Nach Ihren Plänen sollen ab 2014 die Mittel aus der schrittweisen Rückführung des Vorwegabzugs 2014 und 2015 in Höhe von je 10 Millionen Euro zur Ausfinanzierung von Sozial- und Jugendhilfelasten herangezogen werden. In der Summe sollen also über die kommenden zwei Jahre 20 Millionen Euro umverteilt werden. Dieses Geld wird an anderer Stelle fehlen. Insofern kann hier nur von einem Tropfen auf den heißen Stein gesprochen werden. Dies ist, wie von Ihnen gewohnt, Augenwischerei.
Die Entwicklung eines besonderen Soziallastenausgleichs, der eine bedarfsgerechte Mittelauskehr vorsieht, gelingt Ihnen mit diesem Gesetzentwurf jedenfalls überhaupt nicht. Auch wird diese Änderung nicht, wie von Ihnen propagiert, der Sicherung der Zukunftsfähigkeit des brandenburgischen Finanzausgleichs bzw. einer Stärkung der Distributionsfunktion dienen.
Meine Damen und Herren, ich sagte es bereits zu Beginn: Dieser Antrag ist Murks. Er folgt politischen Zwängen, aber keinen fachlichen Erwägungen. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf aus den genannten Gründen ab und werden sehen, was wir im Finanzausschuss daraus noch machen können. Das Ergebnis ist aufgrund der rot-roten Beratungsresistenz leider heute schon vorhersehbar. - Ich danke Ihnen.
Ich begrüße unsere neuen Gäste, die ebenfalls vom Seniorenbeirat Neuzelle kommen. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Mit der Vorlage des Vierten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes wird ein Entschließungsantrag umgesetzt, den meine Fraktion gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen eingebracht hat und der am 13. Dezember vergangenen Jahres hier im Plenum beschlossen worden ist. Meine Fraktion steht zu den Zielen dieses Entschließungsantrages.
Besonders die Einführung eines Soziallastenausgleichs halten wir für richtig und notwendig. Gerade die überdurchschnittlich wachsenden Sozialausgaben sind das große Problem der Kreise und der kreisfreien Städte. Für diese besonders belasteten Mitglieder der kommunalen Familie ist die Einführung eines Sozial- und Jugendhilfeausgleichs also sicher ein Gewinn.
Wir dürfen uns aber keine allzu großen Illusionen machen. Hier wird kein zusätzliches Geld vom Landeshaushalt in die Kommunen gegeben, sondern durch das Abschmelzen des Vorwegabzuges - beschlossen mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des FAG - ein Teil des Geldes zielgerichtet umgeleitet, das seit 2006 aus der Verbundmasse herausgenommen wurde. Die zum 01.01.2013 abgeschmolzenen 20 Millionen Euro wurden noch nach dem herkömmlichen Schlüssel verteilt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen ab dem 1. Januar nächsten Jahres die 2014 und 2015 jeweils abgeschmolzenen 10 Millionen Euro, insgesamt also 30 Millionen, gezielt zur Ausfinanzierung von Sozial- und Jugendhilfelasten eingesetzt werden. Die horizontale Mittelverteilung auf der kommunalen Ebene wird verändert.
Der Gesetzentwurf holt das nach, was bei der dritten Änderung des FAG Ende letzten Jahres eigentlich schon gewünscht, aber nicht rechtzeitig geschafft wurde: die Implementierung des neuen Sozialausgleichs und die Verlängerung des Demografie
faktors, mit dem auch auf Verwerfungen aus dem Zensus 2011 reagiert werden soll und dessen Folgen abgemildert werden sollen. Sie alle haben das mitbekommen - wir sind etwas weniger, als wir dachten.
In Anbetracht der bestehenden Problemlagen und der Höhe der Kassenkredite in den meisten kreisfreien Städten sind die hier umverteilten Summen natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die von uns im letzten Dezember geforderte sofortige Abschaffung des Vorwegabzuges von 50 Millionen Euro hätte deutlich mehr Mittel für den Sozial- und Jugendhilfeausgleich zur Verfügung gestellt.
Trotzdem - und da seien wir bitte alle ehrlich - ist die massive Belastung der Kommunen durch soziale Kosten nur auf Bundesebene zu lösen. Die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu 100 % durch den Bund ab 2014 wird mehr Entlastung bringen. Trotzdem machen auch diese Kosten der Grundsicherung nur etwa 10 % der Lasten der Sozialleistungen der Kommunen aus.
Wir Grünen fordern deshalb eine stärkere Finanzierung der Kosten der Unterkunft durch den Bund und eine Beteiligung an der Finanzierung der Eingliederungshilfe. Diese muss dringend in einem Bundesteilhabegesetz gestaltet werden.
Auch wenn die Megaprobleme der Sozialkosten auf Bundesebene gelöst werden müssen und wir den vorliegenden Gesetzentwurf der Zielrichtung nach begrüßen: Rot-Rot hat an zahlreichen Baustellen, die die Finanzbeziehungen zu den Kommunen betreffen, zu arbeiten. Da haben wir zum einen die Klatsche durch das Urteil des Landesverfassungsgerichts zu den Kitakosten durch Änderung der Personalschlüssel. Aber auch in der geplanten Änderung des Kommunalabgabengesetzes stecken große Risiken für die Gemeinden.
Die von den Koalitionsfraktionen vorgesehene Verjährungsregelung kann den Zweckverbänden und den ihnen angehörenden Gemeinden nicht nur zahlreiche politische Turbulenzen, sondern auch große finanzielle Risiken einbringen.
Beim Problem der Landesstraßen des „Grünen Netzes“, die eigentlich nur noch Kreis- und Gemeindestraßenfunktion besitzen, sehen wir kaum Ergebnisse. Hier muss mit übernahmewilligen Kommunen finanzielle Klarheit hergestellt werden, bevor die Straßen gänzlich zerschlissen sind.
In der nächsten Legislaturperiode wird es zu einer umfangreichen Funktional- und Gebietsreform kommen müssen, die auch gravierende Auswirkungen auf das FAG hat. Ich hoffe, der Enquetekommission wird es noch gelingen, dazu substanzielle Vorschläge zu unterbreiten. Der momentane Diskussionsstand der Koalitionsfraktionen lässt allerdings das Gegenteil befürchten. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Thematik wird - und das vollkommen zu Recht - immer
angeschnitten, wie das Land Brandenburg seine Kommunen behandelt. Da gibt es immer Kritik von CDU und FDP, dass wir die Kommunen im Stich lassen würden, dass wir dem Problem nicht genügend Aufmerksamkeit widmeten. Ich möchte einmal etwas verlesen - ich tue dies sonst nicht, ich rede sonst frei -, weil das ganz schön ist:
„Wie aus der im Februar 2013 herausgegebenen Übersicht des Bundesfinanzministeriums mit dem Titel ‚Entwicklung der Länderhaushalte bis Dezember 2012‘ (vorläufiges Ergebnis) und zusätzlichen Berechnungen, gestützt auf die Datenerhebungen des Statistischen Bundesamtes, hervorgeht, haben die brandenburgischen Kommunen als ‚Zuweisungen an die Gemeinden‘ im Jahre 2012 3 021,1 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erhalten. Dies entspricht einem Anteil von 29,92 % am Gesamtausgabenvolumen des Landes. Die brandenburgischen Kommunen haben damit - an den vom Bundesfinanzministerium über diese Position erfassten Ausgaben - den im Ländervergleich höchsten Anteil am jeweiligen Landeshaushalt.“