Protocol of the Session on March 21, 2013

(Bischoff [SPD]: Das ist ein Redebeitrag! - Senftleben [CDU]: Herr Bischoff, Zurückhaltung!)

Ich muss Ihnen sagen: Es ist schon auch Ihre Aufgabe als Innenminister, die Kriminalitätsstatistik mit ein bisschen kritischer Distanz zu reflektieren.

(Zuruf von der SPD: Das ausgerechnet von Ihnen!)

Sie wissen auch: In die Gesamtzahl der registrierten Straftaten fließt der Raub oder die schwere Erpressung - Herr Woidke! -,

(Lachen bei der SPD)

die zum Beispiel im Rahmen von Rockerkriminalität und organisierten Strukturen begangen wird, genauso ein wie der einfache Ladendiebstahl. Das soll nun der Gradmesser tatsächlicher Kriminalitätsbelastung sein?

Sie wissen das, und Sie stellen das hier anders dar. Das finde ich gegenüber den Menschen nicht ehrlich.

Wenn Sie hier etwas von Sachsen erzählen, dann möchte ich Sie daran erinnern: Wir sind hier in Potsdam, im Land Brandenburg. Sie sind Innenminister des Landes Brandenburg!

(Minister Dr. Woidke: Ach so!)

Brandenburg hat - anders als Sachsen - Berlin in der Mitte. Brandenburg gehört zu den Ländern mit der größten Kriminalitätsbelastung; das haben Sie dargestellt. Und Brandenburg hat 250 km Ostgrenze mit den spezifischen Problemen. Diese Probleme müssen Sie lösen und dürfen hier nicht ablenken. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Nun darf der Minister reagieren.

Herr Lakenmacher, Sie müssen sich schon entscheiden. Punkt 1: Kriminalitätsstatistik ist eine bundesweite Angelegenheit. Da werden die Daten von allen Ländern gleich erhoben, und man hat eine Vergleichbarkeit; das wissen Sie sehr genau. Also tun Sie nicht so, als hätten wir hier eine Brandenburger Kriminalitätsstatistik.

Punkt 2: Sie beklagen, dass die Polizeireviere über Nacht besetzt sind. Das, was Sie hier gesagt haben, werde ich mir sehr genau merken und dann auch mitnehmen in Bürgerforen, morgen zum Beispiel in Frankfurt (Oder).

Natürlich haben wir in der Nacht eine Besetzung und wir werden sie dort, wo es nötig ist, auch weiter haben. Aber das, was vorher passiert ist, vor der Strukturreform, wissen Sie auch: Die Streifenwagen waren nicht mehr unterwegs, dafür saßen drei leitende Polizeibeamte in der Polizeiwache. Das haben wir geändert, und das war richtig so. - Danke.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Nun aber Frau Stark für die SPD-Fraktion.

(Frau Stark [SPD]: Zweieinhalb Minuten sind nicht toll!)

Herr Kollege Lakenmacher, ich möchte mich gern noch einmal mit Ihnen auseinandersetzen. Es ist ja schön, dass Sie sich so differenziert mit meinen Pressemitteilungen beschäftigen. Aber wenn Sie über die Überschrift hinausgekommen wären, dann hätten Sie gesehen, dass darin zwar die Eckpunkte genannt werden - auch wenn Sie es nicht aushalten: Aufklärungsquote gestiegen, Kriminalität insgesamt gesunken -, dass die Betrachtung aber durchaus differenziert ist, weil wir in einigen Kriminalitätsfeldern - die sind eben genannt worden - eine steigende Tendenz verzeichnen, die wir auch gemeinsam zu kritisieren haben.

Ein Beispiel aus Sachsen will ich noch einmal bringen: Kampf gegen Rechts. Es ist von einigen Rednern schon gesagt worden, dass die Gewaltkriminalität - auch die politisch motivierte

Gewaltkriminalität - angestiegen ist. Es gibt mehr rechte Gewalttaten. Da müssen wir gemeinsam, im Schulterschluss etwas machen. Vor kurzem war zu hören, dass in Hoyerswerda in Sachsen tragen übrigens CDU und FDP gemeinsam politische Verantwortung - Opfern von politisch motivierter Gewaltkriminalität, Opfern, die dort rechtsextremistische Gewalt erleben mussten, von der sächsischen Innenpolitik empfohlen worden sei, doch aus Hoyerswerda wegzuziehen. Na, wo sind wir denn da gelandet! Da bin ich froh, dass wir das in Brandenburg anders handhaben.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Da kann man also sehen, wie die CDU und die FDP, wenn sie in innenpolitischer Verantwortung stehen - siehe Sachsen -, ihre Arbeit wahrnehmen. - Danke schön.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Herr Lakenmacher, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie Ihre verbliebenen zehn Sekunden nach der Kurzintervention nicht in Anspruch nehmen? - Das ist sehr nett von Ihnen.

Wir sind dann beim Abgeordneten Scharfenberg, der noch eineinviertel Minuten hat.

Ich möchte doch die Gelegenheit nutzen, mich über die mangelnden geografischen Kenntnisse von Herrn Lakenmacher zu wundern, der anhand von Sachsen feststellt, dass es sich dadurch von Brandenburg unterscheide, dass es keine Ostgrenze zu Polen habe. Vielleicht sollten Sie einmal in den Atlas gucken.

(Lachen und Beifall SPD und DIE LINKE - Laken- macher [CDU]: Das habe ich gar nicht gesagt!)

- Natürlich haben Sie das gesagt.

Die Widersprüchlichkeit Ihrer Aussagen kennzeichnet, dass Sie nicht an einer sachlichen Diskussion interessiert sind. Ich will hier noch einmal einen Gesichtspunkt einführen, über den wir vielleicht gemeinsam sachlich weiterdiskutieren könnten. Ich denke, dass der Innenminister auch bereit ist, darüber zu reden.

Der Vorsitzende des Landesverbandes Brandenburg des BDK hat ein interdisziplinäres Expertengremium zur fundierten und kontinuierlichen Beurteilung der Sicherheitslage in Brandenburg angeregt. Ich finde, das ist ein interessanter Gedanke, über den wir einmal reden sollten. Die PKS ist etwas, was zur Grundausstattung gehört, was in allen Ländern angefertigt wird. Aber es gibt ja Ansatzpunkte, was zum Beispiel die rechtsextremistischen Straftaten angeht, bei denen der Innenminister schon in Aussicht gestellt hat, dass man das genauer untersucht, um die Gegensätze, die es insoweit in der Darstellung gibt, genauer aufzuklären. Das wäre eine Möglichkeit, in Bezug auf die PKS zu einer differenzierten Beurteilung zu kommen. Lassen Sie uns darüber reden! - Danke.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Für das Schlusswort erhält das Rederecht noch einmal der Abgeordnete Goetz von der FDP-Fraktion - für zweieinhalb Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Dienstag bin ich auf der Pressekonferenz von einem Vertreter der Presse gefragt worden, ob nicht auch die Autohersteller mehr gegen Autoklau tun müssten. Selbstverständlich müssen die das. Auch der Bund ist gefordert - das müssen wir uns auf die eigene Agenda schreiben -, im Bereich der Bundespolizei mehr zu tun. Auch unsere polnischen Nachbarn sind gefordert, mehr zu tun, als sie gegenwärtig tun. Aber für uns hier in Potsdam, in Brandenburg lautet doch die Frage, was wir selbst tun müssen, was unsere eigene Aufgabe ist und wie wir mit diesen Problemen umzugehen haben, anstatt in erster Linie auf andere zu verweisen und zu sagen, was die tun sollen.

Herr Innenminister, Sie haben darauf hingewiesen, dass innere Sicherheit ein Grundrecht ist. Das sehe ich auch so. Die Leute haben einen Anspruch darauf, dass ihr Staat ihnen innere Sicherheit gewährleistet. Richtig ist auch: Polizei funktioniert am Ende immer irgendwie. Die schütteln sich schon zu Recht, egal, welche Strukturen es sind. Das sagt Ihnen auch jeder Beamte. Das wissen Sie auch. Egal, welche Strukturen Sie schaffen - am Ende versuchen die Beamten, ihren Job zu machen, und sie schaffen das auch irgendwie. Die Frage ist eben nur, in welcher Qualität.

Da sind wir bei dem Punkt angekommen, dass die Reform, die Sie gemacht haben, nicht insofern infrage gestellt werden muss, als Sie andere Strukturen geschaffen haben. Sie diente aber ausschließlich dazu, Personalabbau zu kaschieren, mit weniger Personal möglichst noch eine gute Performance hinzulegen, was aber eben so nicht mehr geht.

Wenn Sie dann fragen, woher das Geld denn kommen solle, und hinzufügen, dass wir als andere Fraktionen einmal Farbe bekennen müssten, dann ist die Antwort darauf die gleiche wie an vielen anderen Stellen zuvor auch: Die innere Sicherheit ist Kernbereich staatlicher Tätigkeit. Es gibt einige wenige Bereiche, in denen es unverzichtbar ist, dass der Staat die volle Punktzahl, die volle Leistung bringt, weil sonst die Bürger ihr Recht selbst in die Hand nehmen müssten. Genau das können wir nicht wollen. Das wäre der falsche Weg, damit umzugehen. Im Kernbereich staatlicher Tätigkeit gilt: Volle Leistung!

Ich erinnere mich an die Dezember-Tagung, in der es hier im Landtag um 440 Millionen Euro ging; verglichen mit dem ist das, was wir wollen, lächerlich gering. Damals wurde gesagt: 440 Millionen Euro? Na ja, zum Glück können wir uns das ja leisten. - Der, der das gesagt hat, war Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Innenminister. Deswegen bleibt es eben dabei, dass Sie mit dem gegenwärtigen Agieren, mit dem jetzt entsprechend Ihrer Reform beginnenden Personalabbau, die gerade von Ihnen gelobten Strukturen wiederum schwächen.

Wenn Sie sagen, die Strukturen schütteln sich zurecht, es wird besser, die funktionieren jetzt irgendwie, dann nehmen wir das einmal so hin, glauben es einmal. Aber dann werden Sie wieder

genau den Effekt erzielen, der vorher auch eingetreten ist: Wenn Sie jetzt aus den Strukturen das Personal herausziehen, die Strukturen von Personal befreien werden, diese neuen Strukturen, die Sie geschaffen haben - auch dann, wenn sie jetzt in Teilen möglicherweise besser sind -, eben nicht mehr funktionieren.

Genau deswegen sagen wir: Wir brauchen dauerhafte Strukturveränderungen, Strukturanpassungen, um die Grenze zu sichern. Das geht nicht auf Dauer mit der BAO, das geht nicht auf Dauer mit Hundertschaften, und wir wollen das so geregelt haben, dass dadurch das Land im Übrigen nicht entblößt wird. Auch das ist eine Aufgabe, vor der Sie stehen. Dazu hätten wir gern bis zum 30. Juni eine Antwort. Das ist Inhalt unseres Entschließungsantrages. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind damit bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag, Drucksache 5/7041. Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Der Entschließungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 - neu - und entlasse Sie bis 13 Uhr in die Mittagspause.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.10 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.02 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich eröffne den zweiten Teil unserer heutigen Sitzung. Bevor wir mit dem Tagesordnungspunkt 3, der Fragestunde, beginnen, begrüße ich zu diesem Teil Schülerinnen und Schüler des Alexander-von-HumboldtGymnasiums Eberswalde und Schülerinnen und Schüler der Rahn-Schule Fürstenwalde.

(Allgemeiner Beifall)

Seien Sie herzlich willkommen! Sie sehen hier noch relativ wenige Abgeordnete, aber das wird sich hoffentlich gleich, wenn die Parlamentarischen Geschäftsführer noch einmal rufen - ich tue es auch noch einmal -, ändern.

Ich eröffne Tagesordnungspunkt 3:

Fragestunde