Protocol of the Session on December 17, 2009

Sehr geehrte Frau Wanka, Ihre Fraktion beschäftigt sich seit Wochen mit den Biografien der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE und einer eventuellen Verstrickung in IM- und HVAVorgänge.

(Zuruf von der CDU)

Hängen Sie fest in der DDR? Hängen Sie fest im Bürgersturm auf Stasizentralen? Ich frage: Haben die Wähler Sie dafür in die Opposition gewählt?

(Zuruf von der CDU: Wir beschäftigen uns damit! - Wei- terer Zuruf von der CDU: Genau!)

Fakt ist: Die Verfehlungen zweier ehemaliger Mitglieder meiner Fraktion ließen sich zeitlich im Zusammenhang mit dem geltenden Gesetz aufklären. Fakt ist: Deshalb hat sich die Linke am letzten Wochenende erneut - das wissen Sie - sehr offensiv und intensiv mit den Anforderungen der Aufarbeitung und des Umgangs mit Geschichte befasst.

(Zuruf von der CDU: Hinter verschlossenen Türen!)

In einem Beschluss heißt es unter anderem - deshalb sage ich Ihnen das jetzt, Sie sollen gut und gern Anteil an unseren Beschlüssen haben -: Alle zukünftigen Kandidaten für dieses Parlament der Partei DIE LINKE sind hinreichend sensibilisiert für dieses Thema.

Meine Fraktion nimmt zur Kenntnis, dass es gegen einen Fristablauf von 2011 Bedenken gibt.

(Zuruf von der CDU: Wenn sich niemand daran hält!)

- Warum sagen Sie: Wenn sich niemand daran hält? Nun bleiben Sie mal sachlich! Es geht um zwei Personen.

(Zuruf von der CDU: Zwei von 27!)

Ich weiß, dass Ihnen das wehtut und Mengenverhältnisse nicht Ihre Stärke sind.

(Beifall und Lachen bei der SPD - Zuruf von der CDU)

- Erzählen Sie doch nicht solche Märchen! Sie sollen anfangen zu lesen und dann zu urteilen, verdammt noch mal!

(Beifall DIE LINKE)

Ich verstehe Ihre Bedenken durchaus - jetzt hören Sie mir zum Schluss zu -, wegen derer Sie erneut eine Verlängerung wünschen, weil Sie glauben, dass dann, wenn die Unterlagen nicht ins Bundesarchiv überführt werden und ein gleichberechtigter Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zu den Unterlagen möglich ist, eine Aufarbeitung nicht mehr erfolgen kann. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich glaube, Sie irren erheblich.

Gestatten Sie mir abschließend, Folgendes zu sagen: Frau Wanka, Ihre, unsere Bundeskanzlerin ist heute in Kopenhagen und hält eine hoffentlich weitreichende Rede

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Sie hat in Kopenhagen drei Minuten!)

zur Verbesserung des Klimas in der Welt. Sorgen Sie bitte mit dafür, dass das Klima hier in diesem Hause und in Brandenburg wieder vernünftig wird. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Oh! bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mächtig. - Das Wort erhält die Fraktion GRÜNE/B90, für die die Abgeordnete Niels spricht.

Einen wunderschönen guten Tag allen, die ich heute noch nicht begrüßt habe. Von mir werden Sie keine Aufforderung zum Lesen erhalten. Ich möchte mich bezüglich solch pädagogischer Geschichten doch bedeckt halten.

(Beifall CDU und FDP)

Ich habe ein ganz anderes Bild. Ich stelle mir für die Zukunft folgende Schlagzeile vor: „Brandenburg arbeitet in atemberaubendem Tempo auf“. - Das ist ja, was in diesem Haus beschlossen wurde. Insofern sind wir anscheinend alle beieinander, sodass wir sagen: Ja, wir stimmen diesem Antrag inhaltlich zu, die Gültigkeit dieses Gesetzes sollte auf jeden Fall verlängert werden. - Ich habe mitbekommen, dass das im Bund auch unumstritten angestrebt wird.

Es ist allerdings so, dass ich Schwierigkeiten mit einer Bezeichnung am Ende des Antrags habe, die nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen verwendet wurde, und zwar die Bezeichnung „würdig“ bzw. „unwürdig“. Ich möchte sagen, dass wir dem sachlichen Antrag zustimmen und den Wortlaut nicht unbedingt 1 : 1 übernommen hätten. Wir wollten nur nicht unnötigerweise einen Änderungsantrag stellen.

Es ist so, dass sich die Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN im Rahmen der bevorstehenden Evaluation der Kommunalverfassung dafür einsetzen wird, dass es in Brandenburg in Anlehnung an Thüringen ein Modell gibt, nach dem sich alle Kandidaten, die ein Bürgermeisteramt, ein Landratsamt anstreben, vorher schriftlich erklären, ob bzw. welche Verbindungen es zur Staatssicherheit gegeben habe.

Wir gehen davon aus - ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir damit nicht allein sind -, dass die Debatte nicht etwa von der Opposition hier losgetreten worden ist, sondern dass die Öffentlichkeit durch die sogenannte vierte Macht, nämlich

durch die Medien, hergestellt wurde. Auch wir sind den Ereignissen hinterhergelaufen, auch wir hatten immer wieder Tagungen, in denen wir uns noch einmal zu den aktuellen Fällen verständigen sollten. Wir wurden oft aufgefordert zu sagen, was die Konsequenzen sein sollen. Für uns, für BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN ist die Forderung einfach die, die auch im Gesetz angestrebt wird: Öffentlichkeit.

Zur Bildung gehört auch die Beschäftigung mit der Vergangenheit. Wir sagen ganz deutlich: Das heißt nicht, dass wir ständig zurückschauen wollen, sondern uns ist schon klar, dass wir als Abgeordnete das Jetzt im Auge haben, uns um das Jetzt kümmern - nur: Abschütteln lässt sich Vergangenheit nicht. Insofern freuen wir uns auf die konstruktive Aufarbeitung und auf Schlagzeilen wie: „Überholen ohne einzuholen“ - vielleicht, weil wir in der Aufarbeitung an allen anderen ostdeutschen Bundesländern vorbeisprinten.

(Beifall GRÜNE/B90, DIE LINKE sowie vereinzelt CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels.

(Zuruf von der CDU: Wo ist denn der Ministerpräsident?)

Das Wort erhält die Landesregierung, für die Herr Minister Speer spricht.

Die Aufarbeitung der Geschichte der DDR sollte uns weder den Atem noch den Verstand rauben.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Das ist meine Bitte in dem Zusammenhang.

Wir haben in der Vergangenheit, auch in den 90er Jahren, eine sehr intensive Auseinandersetzung über das Thema Stasi, Rolle der Kirche usw. in diesem Haus geführt. Es ist ja nicht so, wie manche uns in den letzten Tagen glauben machen wollen, dass es hier keine Auseinandersetzung gab. Die Frage war: Wie gehen die Fraktionen im Nachhinein mit diesem Thema um, und wie gehen die Einzelnen damit um? Die Hoffnung war, dass man durch die Überprüfung Anfang der 90er Jahre einfach einmal durch war. Viele sind ja in Kreistagen oder sonstwo überprüft worden, ich inzwischen, wie ich glaube, viermal, und mitunter findet sich doch noch etwas.

Wir haben jetzt erfahren, dass es durch weitere Untersuchungen Hinweise gibt, die neue Fragen aufwerfen. Denen muss man sich stellen, ohne dass einem der Atem dabei wegbleibt, sondern mit dem nötigen Respekt vor dem Einzelnen. Der ist zuweilen in den letzten Tagen abhandengekommen. Da ist auch mehr instrumentalisiert worden, als dass - ich unterstelle das wirkliche Aufarbeitungsinteressen hinter einzelnen Vorfällen, die hier diskutiert wurden, stecken.

Wir als Landesregierung haben uns auch erklärt. Auch wir werden noch einmal überprüft; diejenigen, die viermal überprüft worden sind, nun das fünfte Mal. Wir werden uns auch mit den Ergebnissen auseinandersetzen. Aber die Bitte ist, auch in der Aussicht, dass wir heute eine Beauftragte wählen, dass wir uns

ein Stück von diesen Schuldzuweisungen, die dann auch noch parteipolitisch zugeordnet werden, wegbewegen. Der Ministerpräsident ist nicht an allem Schuld, was in der DDR an Missund sonstiger Wirtschaft stattgefunden hat, auch wenn Sie das durch Nachfragen oder sonstwie glauben machen wollen.

(Zuruf von der CDU: Wann denn?)

- Heute Morgen, mit der Frage, was er als Vertreter der Regierung, als Vorsitzender der Regierung, von einzelnen Personalien in diesem Haus halte. Das ist nicht seine Aufgabe.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Das ist nicht seine Aufgabe. Das können Sie sich selbst beantworten

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

und daraus Ihre Schlussfolgerungen ziehen, genauso wie er es als Abgeordneter kann. Sie fragen ihn aber als Ministerpräsidenten, und Sie fragen, wo er jetzt sei. Er ist entschuldigt. Die Vorwürfe, die Sie gezielt in seine Richtung senden, haben nur zum Ziel, Sie in ein besseres Licht zu stellen,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

als Sie sich vielleicht befinden und hingehören. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Frau Dr. Ludwig hat drei Minuten lang die Gelegenheit, zu reagieren.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist wunderbar, dass man daran gleich anknüpfen kann, Herr Minister Speer. Ihr Ministerpräsident hat erst vor ein paar Tagen hier am Pult gesagt, dass er sich auch persönlich eingestehe, dass ein Fehler gemacht wurde, was die Aufarbeitung in den 90er Jahren betrifft.

(Minister Speer: Richtig!)