Protocol of the Session on December 16, 2009

Wir beginnen den zweiten Teil der heutigen Sitzung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zur Änderung der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Drucksache 5/79

1. Lesung

Die FDP hat namentliche Abstimmung im Anschluss an die Debatte beantragt. Die Debatte eröffnet der Abgeordnete Goetz, der für die FDP sprechen wird.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Kommunalwahl 2008 trat im Land Brandenburg eine geänderte Kommunalverfassung in Kraft. Mit dieser sollte viel Positives bezweckt werden. Vieles sollte gebündelt und gestrafft und damit bürgerfreundlicher, verständlicher werden. Es sollte einfacher in der Handhabung sein, Entscheidungen sollten besser und schneller fallen können. Es ist tatsächlich so: Manche dieser Ziele wurden mit der neuen Kommunalverfassung nach der Kommunalwahl auch erreicht.

Aber Bestandteil dieser geänderten Kommunalverfassung war auch, dass die Mindeststärke von Fraktionen in Kreistagen und kreisfreien Städten auf vier sowie in größeren kreisangehörigen Städten auf drei oder vier angehoben wurde. Das hatte zur Folge, dass in insgesamt sechs Stadtverordnetenversammlungen und kreisfreien Städten insgesamt 17 Abgeordnete der FDP aus eigener Kraft, aus der eigenen Liste heraus, keine Fraktion bilden konnten. In gleicher Weise betraf dies 16 Abgeordnete der GRÜNEN in sieben Kreistagen und kreisfreien

Städten. Es betraf 33 Abgeordnete von Bürgergruppen, Bürgerinitiativen und Freien Wählern in insgesamt neun Kreistagen und kreisfreien Städten. Es betraf 13 Bauern, Mitglieder des Bauernverbandes, in sechs Kreistagen und kreisfreien Städten, und ja, es betraf auch 21 Abgeordnete der DVU und der NPD in insgesamt neun Kreistagen und kreisfreien Städten.

Gesagt wurde damals als Begründung, dass die Arbeitsfähigkeit der Parlamente - Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte - verbessert werden solle, weil mehrere kleine Fraktionen zu viele Anträge stellen würden, das Ganze zu unübersichtlich und damit konzentriertes, schnelles Arbeiten, eine schnelle, konzentrierte Verabschiedung von Satzungen nicht möglich sei.

Eine empirische Erhebung, die belegt, dass es vor 2008 tatsächlich zu solchen Zerwürfnissen gekommen und die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt worden ist, hat es zu keiner Zeit gegeben. Im Jahr 1994 gab es in Niedersachsen - dort wurde eine Enquetekommission gebildet - eine Evaluierung zur gleichen Frage. Es ist geprüft worden, ob die Arbeit in Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen größerer Städte beeinträchtigt worden sei. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass das nicht der Fall war. In Niedersachsen ist man dabei geblieben, dass zwei Abgeordnete einer Stadtverordnetenversammlung wie auch eines Kreistages eine Fraktion bilden können.

In Brandenburg wurde anders verfahren, und zwar ohne jede empirische Erhebung. Als Begründung ist unter anderem angeführt worden, dass sich mehrere Leute zusammentun und gemeinsam eine kleine Fraktion bilden könnten. Dabei werden verschiedene Punkte außer Acht gelassen. Erstens: Stadtverordnete und Kreistagsabgeordnete der kleineren Fraktionen haben in der Vergangenheit bewusst nicht auf einer gemeinsamen Liste kandidiert, sondern wollten ihre eigenen Positionen bzw. die ihrer Partei, ihres Bürgerbündnisses oder ihrer Bürgervereinigung vertreten und dies dann auch im Kreistag bzw. in der Stadtverordnetenversammlung fortsetzen. Das war jedoch vor dem Hintergrund dieser Regelung nicht möglich, weil sie in Fraktionsgemeinschaften hineingezwungen wurden.

Ein Beispiel. Bei der letzten Kommunalwahl hat die FDP in der Stadt Potsdam drei Mandate errungen. Das hat nicht zur Bildung einer eigenen Fraktion gereicht, sondern die drei Abgeordneten mussten zusammen mit der Familienpartei eine Fraktion bilden. Der scheinbare Betrug im Zusammenhang mit Spendengeldern ist bekannt; deren Fraktionsräume - und im Ergebnis dieses Verfahrens auch die der FDP - sind durchsucht worden. Wir wollten diese Fraktionsgemeinschaft nicht, mussten sie aber bilden, um an demokratischen Prozessen teilhaben zu können.

Es gibt eine Reihe von Einschränkungen, wenn man als Abgeordneter keiner Fraktion angehört. Viele von uns sind kommunalpolitisch tätig und sich dessen bewusst. Fraktionslose Abgeordnete werden an der Ausschussmitarbeit gehindert, es fehlen Fraktionsgelder, und es können keine Anträge gestellt werden; all dies spielt eine Rolle. Diese Abgeordneten zweiter Klasse sind also theoretisch gehalten, ihre Fragen und Anmerkungen im Plenum des Kreistages bzw. der Stadtverordnetenversammlung vorzutragen. Aber genau das ist nicht gewollt, denn es ist eigentlich Gegenstand der Ausschussarbeit. Eine umfassende Diskussion kann in den Sitzungen eines Kreistags oder einer Stadtverordnetenversammlung nicht in dem Maße erfolgen.

Es wird stets das Argument angeführt, dass die Möglichkeit der Bildung kleiner Fraktionen - mindestens zwei Mandatsträger die Präsenz rechtsextremer Parteien erhöhen würde. Das trifft zu, das ist ein gutes Argument und muss durchaus Berücksichtigung finden. Derzeit liegt die Mindeststärke einer Fraktion bei vier Abgeordneten. In mehreren Kreistagen und kreisfreien Städten gibt es bereits heute drei Vertreter rechtsextremer Parteien. Will man nach den nächsten Wahlen die Grenze erhöhen, wenn womöglich vier rechtsextreme Vertreter in ein Parlament eingezogen sind? Wir brauchen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema; es sollte nicht auf dem Wege der Geschäftsordnung versucht werden, einen Fraktionsstatus für Vertreter rechtsextremer Parteien zu verhindern.

Es gibt ein Urteil des Brandenburgischen Verfassungsgerichtes wir hatten Beschwerde eingelegt -, das sich mit diesem Thema befasst. Ich möchte nur darauf verweisen: Dieses Urteil ist aus formalen Gründen ergangen. Vereinfacht ausgedrückt heißt es darin: Kreistagsabgeordnete und Stadtverordnete sind Bestandteil der Verwaltung und können sich daher nicht auf Grundrechte und Grundfreiheiten aus Verfassung und Grundgesetz berufen. - Auch das ist ein gutes Argument. Es ändert jedoch nichts daran, dass es Abgeordnete zweiter Klasse gibt, die sich nicht in dem Maße an Diskussionen beteiligen können, wie es eigentlich der Fall sein sollte.

Im Vorfeld der letzten Landtagswahl gab es eine Reihe von Veranstaltungen mit Vertretern aller Parteien. Ich erinnere mich gut an eine Veranstaltung im Schloss Lindstedt - Herr Jungclaus von den Grünen, Herr Christoffers von den Linken, Herr Dr. Woidke von der SPD, Frau Dr. Ludwig von der CDU und ich von der FDP waren dabei -, wo zur Sprache kam, was Gemeindevertreter bewirken könnten, um die örtliche Wirtschaft zu stärken, wie Fraktionsrechte gestaltet seien und wie Anträge gestellt werden könnten. Herr Christoffers hat geäußert, dass die Linke die Anhebung der Grenze zur Erreichung des Fraktionsstatus auch nicht wolle. Ich habe das mit großer Freude zur Kenntnis genommen und hoffe, dass Sie auch heute noch der Meinung sind, dass es nicht Abgeordnete zweiter Klasse geben darf.

Natürlich müssen es jeweils mindestens zwei Abgeordnete sein, die eine Fraktion bilden; das ist völlig klar. Ein Abgeordneter allein kann keine Fraktion sein. In Frankfurt (Oder) hat die FDP 7,5 % der Stimmen errungen, drei Abgeordnete sind in das Parlament eingezogen. Sie sind frei gewählt und haben die Bürger hinter sich, können jedoch keine Fraktion bilden. Diesbezüglich bedarf es dringend der Nachbesserung.

Herr Abgeordneter, gestatten sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Dr. Scharfenberg.

Herr Abgeordneter, erstens: Wie bewerten Sie, dass in Potsdam der Status einer Gruppe eingeführt worden ist, die ein Antragsrecht in der Stadtverordnetenversammlung hat?

Zweitens: Wie bewerten Sie, dass durch eine Reduzierung der Ausschussstärke - übrigens mit Zustimmung der FDP - die Situation entstanden ist, dass eine Dreier-Fraktion gar keinen Zugang zu diesen Ausschüssen hätte?

Was den Gruppenstatus angeht, so will ich sagen, dass es im Vorfeld der Änderung der Kommunalverfassung verschiedene Überlegungen gab, wie man damit umgehen kann. Damals ist in den Ausschüssen beraten worden, ob man einen Gruppenstatus einführt. Ursprünglich hieß es, die Fraktionsstärke werde reduziert, gleichzeitig würden Gruppen eingeführt, um dennoch Antragsrechte zu gewähren. Im Ergebnis wurde die Ausschussstärke reduziert, ein Gruppenstatus jedoch nicht eingeführt. Es ist also eine Fehlleistung. Irgendwo auf dem Weg der Gesetzgebung ist verloren gegangen, was ursprünglich gedacht war. Ich halte es für einen Fehler, dass man nicht wenigstens diesen Ausgleich schafft. Es gibt viele andere Möglichkeiten. In einigen Bundesländern wurde die Regelung getroffen, dass es den Vertretungen überlassen ist, selbst festzulegen, ab welcher Stärke ein Fraktionsstatus erreicht werden kann. Das wäre auch für Brandenburg ein gangbarer Weg. Die Vertretungen könnten selbst in Erfahrung bringen, inwiefern ihre Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist, wenn es unter Umständen zu viele Fraktionen würden. Wie gesagt, empirisch belegt ist nichts, was den Gruppenstatus angeht.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ausschüsse so klein zu gestalten, dass Einzelne von der Mitarbeit ausgeschlossen sind, ist verfassungswidrig. Im Kreistag von Dahme-Spreewald - mein Fraktionskollege aus Königs Wusterhausen, Raimund Tomczak, wird es bestätigen können - gab es genau dieses Problem. Es wurde mehrheitlich beschlossen, die Ausschussstärke zu verringern, wodurch die FDP-Fraktion kein Zugangsrecht erhielt. Die FDP hat dagegen geklagt und auf der ganzen Linie Recht bekommen. Von da an war sie an der Ausschussarbeit beteiligt. In anderen Landkreisen verweisen wir darauf und verfahren in gleicher Weise. Selbstverständlich muss eine Fraktion ihre Rechte wahrnehmen und dafür kämpfen, dass diese Rechte, die verfassungsgerichtlich geprüft und beschieden sind, durchgesetzt werden. Wenn es in der Stadtverordnetenversammlung Potsdam eine Fraktion geben sollte, die dieses Recht nicht hat, so kann sie sich gern an mich oder Raimund Tomczak wenden, wir helfen gern weiter. Klar ist: Jede Fraktion muss angemessen an der Ausschussarbeit beteiligt sein und Mitspracherechte haben. Entweder verzichtet eine größere Fraktion zugunsten einer kleinen Fraktion auf einen Sitz im Ausschuss, oder man vergrößert die Ausschussstärke.

Meine Damen und Herren! Ich denke, das Anliegen ist verstanden worden. Der ausführliche Text liegt Ihnen vor. Ich habe auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts, die eben keine Sachentscheidung, sondern eine Entscheidung aus formalen Erwägungen heraus ist, verwiesen. Ich bitte Sie, Grundrechte, Grundfreiheiten im Land Brandenburg stärker zu beachten und auch den Willen von 7,5 % oder 5 % oder 6 % der Wähler in gleichem Maße zu respektieren. Die Stimme aller Brandenburger Wähler ist gleich. Bei gleicher Stimme haben sie auch das gleiche Recht, dass die von ihnen gewählten Vertreter im vollen Umfange am Geschehen in Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen teilnehmen können.

In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung. Ich hoffe, dass sich die Linke an das hält, was Kollege Christoffers im Wahl

kampf avisiert hatte. Dann ist mir um die Zustimmung nicht bange. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion setzt der Abgeordnete Richter fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag ist vorgestellt worden. Es wird begehrt, die alte Regel wieder einzuführen. Die geänderte Kommunalverfassung ist, glaube ich, im September des vorigen Jahres in Kraft getreten und damit etwas älter als ein Jahr. Sie ist nach einer mehr als zweijährigen Diskussion und - wenn ich mich recht entsinne, ich war damals kommunaler Vertreter - in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie letzten Endes durch Beschlussfassung im Landtag in Kraft getreten. Das heißt, es hat eine breite Mitwirkung zu allen Details, auch zu diesem Detail der Kommunalverfassung stattgefunden.

Die Gründe, die damals für eine Änderung gesprochen haben, wurden hier schon kurz genannt: Die immer stärkere Differenzierung in der politischen Landschaft wird dazu führen - sie führt jetzt schon dazu -, dass sie sich auch in den kommunalen Vertretungen widerspiegelt. Ich will das gar nicht bewerten; das ist richtig und in Ordnung so. Darauf wollte man auch mit der Veränderung der Stärke von Fraktionen reagieren.

Es klang eben so, als könnten fraktionslose Abgeordnete am politischen Leben überhaupt nicht teilnehmen. Ich habe das 19 Jahre lang ganz anders erlebt, war 19 Jahre Bürgermeister in Rheinsberg. Natürlich hat jeder Abgeordnete das Recht, seine Meinung in der Stadtverordnetenversammlung oder im Kreistag zu formulieren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Goetz?

Aber bitte.

Bitte, Herr Goetz.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass die kommunalen Spitzenverbände ihre Zustimmung zur Einschränkung der Fraktionsstärke auf vier damit verbunden haben, dass ein Gruppenstatus eingerichtet werden sollte und das eben nicht passiert ist?

Ich komme gleich noch darauf, wie wir mit einer solchen Situation umgehen können und sollen. Oder ich kann es auch vorwegnehmen: Ich bin nicht der Meinung, dass ein Werk wie die Kommunalverfassung, immer wenn sich ein Einzelproblem

zeigt, sofort wieder geändert werden soll. Wir tragen damit nicht zur Rechtssicherheit in den Kommunen bei. Es wird noch 20 andere Fälle geben; der jetzt geschilderte ist nur einer. Es ist nicht vernünftig, bei einem so umfassenden Werk wie der Kommunalverfassung bei einem Einzelproblem sofort zu sagen: Das wollen wir jetzt ändern. - Das halte ich auch vom Verfahren her für nicht vernünftig.

Ich glaube, die politische Mitwirkung von Abgeordneten, die nicht in einer Fraktion sind, ist selbstverständlich gegeben. Selbstverständlich können sie an jeder Ausschusssitzung teilnehmen - das tun sie sicherlich auch. Selbstverständlich können sie dort auch ihre Meinung sagen - sie haben in sämtlichen Ausschüssen Rederecht. Natürlich können sich Abgeordnete unterschiedlicher Coleur auch zu einer Fraktion zusammenschließen. Auch das ist gängige kommunale Praxis. Ich habe das über viele Jahre erlebt; auch in der letzten Stadtverordnetenversammlung war das so. Die Situation, dass man eine gewisse Grundeinigkeit über politische Fragen erzielt, um dann in einer kommunalen Vertretung Gewicht zu haben und sich dort zu artikulieren, ist doch nicht so falsch.

Man kann auch ganz anderer Meinung sein; ich will das nicht abstreiten. Ich will nur sagen: Auch bei dieser Lesart der letzten Kommunalverfassung hatte man durchaus inhaltliche Gründe zu sagen: Das können wir so machen, das halten wir für besser.

Sie haben in Ihrer Begründung auch geschrieben, die 10%Hürde, um Anträge zu stellen - ich sage das mal vorsichtig halten Sie für schlecht. Ich will es aus meiner Sicht als Bürgermeister sagen: Wenn nicht einmal 10 % der Abgeordneten der Meinung sind, eine Frage sei wichtig, dann muss man darüber nachdenken;

(Vereinzelt Zustimmung SPD)

dann muss man auch einmal sagen: Dann suche ich mir Mitstreiter, ich überzeuge die anderen, und dann habe ich die 10 %. Man muss für seine Meinung also auch reden und kämpfen und nicht auf Automatismen bauen. Wenn 10 % der Abgeordneten der Meinung sind, das lohne die Behandlung in einer Stadtverordnetenversammlung oder in einem Kreistag, kann man das durchaus akzeptieren.

Ich sehe es wie Sie: Die Rechtsprechung in anderen Bundesländern steht der Brandenburger Lösung zumindest nicht entgegen. Ich habe jedenfalls nichts gefunden, was dem widerspricht. Insofern plädiere ich dafür zu sagen: Da besteht eine andere Auffassung, lasst uns diese Auffassung erst einmal ein paar Jahre beobachten wie andere auch. - Auch ich als Bürgermeister war von manchen Regeln der Kommunalverfassung nicht begeistert, aber ich kann nicht jede Regel gleich wieder angreifen; das führt zu nichts. Irgendwann wird es, wie es auch dieses Mal war, eine Ansammlung von Problemen geben, die zu beraten sind und die dann in eine spätere Überarbeitung einfließen können, auch, wenn nicht zwingend die bessere Lösung daraus resultiert. Aber das muss man tatsächlich einmal erheben und prüfen, wie es läuft usw.

Aus den eben genannten Gründen plädieren wir dafür, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall SPD)

Der Abgeordnete Goetz hat eine Kurzintervention zu diesem Redebeitrag angemeldet. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege, Sie sprachen davon, es sei ein Einzelfall, und nicht jeder Einzelfall könne zu einer Änderung führen. Ich habe es einmal addiert. Die einzelnen Stadtverordneten, die einzelnen Gemeindevertreter, die zu zweit oder zu dritt über eine Liste hineingekommen sind und keine Fraktion bilden können, sind in der Summe genau 100 im gesamten Land Brandenburg. Es sind also 100 Einzelfälle, über die wir hier reden; es ist nicht ein Einzelfall.

Was das Rederecht angeht, gibt es durchaus unterschiedliche Handhabungen. Es ist ein Beispiel aus Potsdam gebracht worden, bei dem Rederecht auch von Gruppen oder Antragsrechte ausgebremst wurden. Es gibt auch die Konstellation - das ist mir bekannt geworden -, dass einzelne Gemeindevertreter, Stadtverordnete ihr Rederecht in der Stadtverordnetenversammlung wahrnehmen wollten, dann jedoch gesagt worden ist: Es wird ein Geschäftsordnungsantrag gestellt - Ende der Debatte und Abstimmung! - Dann konnten die Fraktionen, die Rederecht hatten, noch reden, aber der Einzelne konnte es eben nicht mehr. Er hatte nicht einmal die Chance, in der Stadtverordnetenversammlung wenigstens sein Rederecht wahrzunehmen, seine Meinung zu sagen. Selbst das ist an dieser Stelle ausgebremst worden.

Was die 10%-Regelung angeht, so ist sie schon in Ordnung. Aber eigentlich haben auch Fraktionen dieses Antragsrecht, und das können sehr viel weniger Abgeordete sein als 10 %. Insofern ist es für diejenigen dann schwerer. Eine Fraktion, die mit 7 % irgendwo in einer Stadtverordnetenversammlung sitzt, hat dieses Recht, und auch hier sind diese Abgeordneten dann Abgeordnete zweiter Klasse, weil sie nicht ihre Fraktion haben, sie müssen nicht nur 7 % oder 6 % bringen, sondern 10 %. Sie brauchen ein größeres Quorum als andere, um einen Antrag einzubringen. Das ist eine Ungleichbehandlung, die nicht gerechtfertigt ist. Es hat vor dieser Änderung keine Erhebung, keine Statistiken, keine Datensammlungen gegeben, die belegt hätten, dass es notwendig gewesen wäre, diesen Schritt zu gehen. Deswegen bleiben wir bei unserem Antrag.