Protocol of the Session on June 6, 2012

Meine Damen und Herren, dieser Staatsvertrag könnte als ein neuer Versuch, das Glücksspielrecht in Einklang mit dem europäischen Recht zu bringen, so unsere Zustimmung zu erfahren. Wir stellen allerdings einen Antrag bezüglich der Verteilung der Mittel aus dem Lottoaufkommen. Die werden bisher in Höhe von 5 Millionen Euro den Ministerien zugewiesen und dann von Ministern und Ministerpräsident ein wenig nach Gutsherrenart verteilt.

Der Landtag ist dabei außen vor. Die Grundlage für die Lottomittelförderung ist ein Beschluss der Landesregierung aus dem Jahr 1991, in dem es heißt: dürfen die Häuser die Mittel für

mildtätige, soziale, kulturelle, sportliche und sonstige im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Zwecke - mit anderen Worten: für alles mögliche - verwandt und verteilt werden.

Wer die vor einigen Monaten ergangene Antwort der Landesregierung auf die Frage, welches Ministerium seine Mittel wie verteilt hat, etwas genauer studiert, wird feststellen, dass das, was ich eben so abstrakt beschrieben habe, der Wirklichkeit entspricht. Ein System, eine gewisse innere Logik, eine gewisse Prioritätensetzung unter dem Gesichtspunkt, was für uns besonders wichtig ist, ist dabei nicht erkennbar. Es gibt ein einziges Ministerium, bei dem bei der Vergabe der Mittel über all die Jahre hinweg eine gewisse Systematik, eine gewisse Stringenz erkennbar ist. Das ist das Justizministerium.

Wir schlagen deshalb zumindest zur Wahrung der demokratischen Legitimation vor, einen Lottomittelbeirat einzurichten, der über die Verwendung der Lottomittel entscheidet. In den Beirat sollen neben der Landesregierung alle Fraktionen des Landtages vertreten sein. Auf diese Weise kann und wird dem Budgetrecht des Landtages Rechnung getragen, das politische Primat des Parlaments gegenüber der Landesregierung gewährleistet. Es gibt einige Länder, die machen das genau so, wie wir das jetzt vorschlagen. Es gibt andere, die machen es so, wie Brandenburg es bisher macht. Es ist wahr, wenn das jemand sagen würde.

Macht verführt und keiner gibt seinen Reptilienfonds gerne auf. Dennoch wagen wir als Opposition den Versuch, den Antrag in der Hoffnung zu stellen, mindestens einen Lernprozess, wenn schon nicht ein entsprechendes Ergebnis in die Wege zu leiten. - Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Geywitz hat das Wort.

Der vorliegende Staatsvertrag ist das Ergebnis eines langwierigen Aushandlungsprozesses. Bis jetzt hatten wir die geübte Praxis, dass man Staatsverträge entweder annimmt oder ablehnt. Wir haben jetzt den Beschluss des Hauptausschusses zum Verfahren mit der Innovation vorliegen, dass empfohlen wird, den Staatsvertrag anzunehmen, gleichwohl zu einer besonders interessierenden Fragen noch eine Anhörung durchzuführen.

Ich beziehe meine kurzen Ausführungen vor allen Dingen auf die Bemerkungen von Herrn Burkardt und den Antrag der drei Oppositionsfraktionen zur Novellierung des Systems der Lottomittelvergabe. Herr Burkardt sprach von Reptilienfonds. Sieht man sich die dicke Liste der tatsächlich finanzierten Projekte an, stellt man fest, es dürfte eher ein Fonds für die Förderung der freiwilligen Feuerwehren und den Erwerb von Zelten für Ferienfahrten und andere kleinteilige Maßnahmen sein.

(Vogel [GRÜNE/B90]: Eben!)

Hier wird sicherlich mit etwas Neid

(Zuruf von der CDU: Überhaupt nicht!)

auf die Möglichkeit der Minister geschaut, durchs Land zu gehen und hier und da im kleinen Bereich einem Wunsch des Volkes auf Förderung nachzukommen, der wegen seiner Kleinteiligkeit in kein übliches Förderprogramm passt. So haben die Minister in der Tat die Möglichkeit - Sie haben es erwähnt -, für die Förderung von sozialen, kulturellen oder sportlichen Belangen Lottomittel zu vergeben.

Als Opposition kann man neidisch darauf sein, dass die anderen Parteien im Landtag, die die Regierung bzw. die Minister stellen, derart tätig werden. Das kann man nachvollziehen.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Demzufolge bestimmt der Standort von Opposition und Regierung ein wenig darüber, ob man dieses System toll findet. Das wollen Sie aber nicht sagen. Sie kommen mit dem sehr wichtigen Punkt des Haushaltsrechtes, unseres ureigenen Rechtes. Ich bin bei Ihnen, wenn wir als Landtag äußerst sensibel darauf achten, dass dieses Königsrecht des Parlamentes nicht eingeschränkt wird.

Ich habe mir das einmal angesehen. Es geht um 4,9 Millionen Euro, die in ihrer Verwendung relativ präzise umschrieben sind: mildtätig, sozial, kulturell, sportlich. Sie sagen, Sie wollen für die Vergabe dieser 4,9 Millionen Euro ein eigenes Gremium schaffen. Darin sitzen dann Vertreter aller Fraktionen Sie wissen in etwa, welchen Tagessatz wir haben - und entscheiden darüber, ob die Feuerwehr in Klein-hast-du-nicht und die Feuerwehr in Klein-siehst-du-nicht 50 Euro oder einen neuen Feuerwehrschlauch bekommen. So in etwa sieht die Verwendungsliste der Lottomittel aus. Die kriegen mal ein paar neue Spritzen, mal ein neues Zelt für ihren nächsten Wettkampf.

Ich habe einmal in dem Etat von Frau Prof. Kunst geguckt. Prof. Kunst betreibt auch Projektförderung, und zwar nur für Kultur. Der Haushaltsansatz für die Förderung der freien Träger beträgt 8 313 300 Euro. Als Zweckbestimmung, die wir als Parlament Frau Prof. Kunst auf den Weg gegeben haben: Zuweisung an freie Träger. Welcher freie Träger wofür Geld bekommt, wird nicht diskutiert, schon gar nicht in einem hochrangigem Gremium mit Abgeordneten aller Fraktionen. Hier haben wir offensichtlich keinerlei Problem mit dem Budgetrecht.

Das ist auch bei den Lottomitteln nicht problematisch. Wir haben eine Haushaltsstelle mit einer Zweckbestimmung und, was die Transparenz anbelangt, ein Verfahren, dass bei keinem anderen Bereich derartig kleinteilig Rechenschaft ablegt. Wir haben die Übersicht bei der Lottomittel GmbH, und wir bekommen in einer Drucksache einmal im Jahr eine Übersicht über die Verwendung der Mittel. Ich weiß, dass die Journalisten und die Kollegen der Fraktionen diese dicke Liste immer danach durchsehen, ob ein Punkt Anlass zur Sorge gibt.

Ich halte es in keinster Weise für gerechtfertigt, für die Verteilung von 4,9 Millionen Euro für die Förderung von kleinteiligen Maßnahmen einen eigenen Beirat, hochrangig besetzt mit Vertretern der Fraktionen und der Landesregierung, zu bilden.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Mehr wollte ich zu diesem Vorgang nicht sagen. Meine Lampe blinkt auch schon. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Geywitz. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Büttner hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das wichtigste gleich zu Beginn: Die FDPFraktion wird dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung des Glücksspiels in Brandenburg nicht zustimmen. Das mag nur wenige verwundern.

(Görke [DIE LINKE]: Stimmt!)

Wir Liberale haben seit Jahren deutlich gemacht, dass wir nicht die Notwendigkeit sehen, am Lottomonopol festzuhalten, und stattdessen eine Liberalisierung des Glücksspielrechts in Deutschland anstreben. Mir geht auch nicht ein, wieso man das Festhalten am Lottomonopol mit der Suchtgefahr begründet. Es gibt in Deutschland genau 1 000 Lottosüchtige. Es gibt deutlich mehr Schokoladensüchtige. Für mich ist das nicht nachvollziehbar.

(Heiterkeit - Krause [DIE LINKE]: Mehr Schokolade!)

- Zu welcher Kategorie ich gehöre, ist hinlänglich bekannt.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, warum glauben wir, dass eine Liberalisierung des Glücksspiels eine bessere Lösung darstellt? Wir sind der Auffassung, dass der vorliegende Änderungsstaatsvertrag keine rechtliche und praktisch handhabbare Lösung für die Zukunft des Glücksspielrechts in Deutschland schafft. Herr Staatssekretär Gerber, es besteht ein Dissens darüber, ob eine abschließend positive Stellungnahme der EU-Kommission vorliegt und somit die Notifizierung durch die EU-Kommission beendet ist.

Die Beschränkung der Konzessionen für die Veranstaltung von Sportwetten auf 20 ist völlig willkürlich gewählt. Auch ist nicht damit zu rechnen, dass durch die Anhebung der Zahl von ursprünglich 7 auf nun 20 Konzessionen der Graumarkt verhindert werden kann, da nicht davon auszugehen ist, dass alle Unternehmen, die sich um eine solche Konzession bemühen, auch eine erhalten werden.

Meine Damen und Herren, die bis vor kurzem im Amt befindliche Landesregierung Schleswig-Holsteins hat es vorgemacht: Die CDU/FDP-Koalition in Schleswig-Holstein hat ein Glücksspielgesetz verabschiedet, das vorbehaltlos von der EU-Kommission notifiziert worden ist und auf der anderen Seite durch strenge Regeln zum Spielerschutz sicherstellt, dass den unbestreitbaren Suchtgefahren Rechnung getragen wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich wieder einmal ein

paar Worte zum parlamentarischen Verfahren hier in diesem Hohen Haus verlieren. Es ist mir völlig schleierhaft, wie ein rechtlich und politisch so umstrittener Gesetzentwurf, der sowohl Zustimmungsgesetz, Ausführungsgesetz für Brandenburg wie auch ein neues Spielhallengesetz und Anpassung im Spielbankgesetz beinhaltet, nach einer kurzen Beratung im Ausschuss und ohne jegliche inhaltliche Befassung, geschweige denn eine Anhörung verabschiedet wird. Man kann ja zu der Frage Glücksspiel stehen, wie man will, aber hier sollte sich das Parlament wirklich etwas ernster nehmen. Wir sind der Gesetzgeber und nicht die Exekutive.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren, auch die Tatsache, dass spätestens am 31. Juni 2012 mindestens 13 Ratifikationsurkunden bei der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt hinterlegt worden sein müssen, damit der Staatsvertrag in Kraft treten kann, ändert hieran nichts. Im Ausschuss wurde durch den Vorsitzenden Holzschuher vorgetragen, dass es keine Anhörung geben könne, weil eine Ratifikation in NRW und Schleswig-Holstein wegen der gerade erfolgten Wahlen nicht durchgeführt werden könne und auch Mecklenburg-Vorpommern nicht fristgemäß ratifizieren werde.

Am 15. Dezember 2011 ist der Änderungsstaatsvertrag von den Ministerpräsidenten unterzeichnet worden. Es gab also für die Landesregierung ausreichend Zeit, das Ausführungsgesetz und somit notwendige Folgeänderungen auf den Weg zu bringen und dem Landtag zuzuleiten. Insofern bin ich noch froh, dass auf unsere Initiative hin, auf Initiative der FDP-Fraktion und ich bin irritiert darüber, dass laut Beschlussempfehlung, die uns vorliegt, die Koalitionsfraktionen die treibende Kraft gewesen sein sollen; ich habe hinsichtlich des Sitzungsverlaufs eine gänzlich andere Erinnerung, vielleicht waren Sie auch in einer anderen Veranstaltung - zumindest das Spielhallengesetz Brandenburgs aus dem Gesetzentwurf herausgelöst wurde und so zumindest eine Anhörung im Landtag stattfinden wird. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Görke von der Fraktion DIE LINKE fort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der erste Glücksspielstaatsvertrag enthält insbesondere drei wesentliche Änderungen für das Deutsche Glücksspielrecht: die Ablösung des Staatsmonopols im Sportwettenbereich durch ein Konzessionsmodell bei Beibehaltung des prinzipiellen Lotteriemonopols beim Staat, die teilweise Lockerung des Internetverbots und drittens die Aufnahme von Spielhallen und Pferdewetten in den Glücksspielstaatsvertrag.

Meine Fraktion hat einige Bedenken bezüglich dieses Glücksspielstaatsvertrags, wird diesem aber zustimmen. Anderenfalls droht eine Regelung des Glücksspielrechts durch den Bundesgesetzgeber, und bei den dortigen Mehrheitsverhältnissen - Sie

konnten sich eben von dem überzeugen, was dann möglicherweise geboren wird

(Heiterkeit bei der FDP)

- wüsste man nicht, was man da bekommt. So habe ich mit Schaudern, Herr Kollege Büttner, im Sächsischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag gesehen, dass da nach der Abstandsregelung die Spielhallen einen Steinwurf weit voneinander entfernt sein müssen. Die FDP macht's möglich und insofern ist es gut, dass Sie hier keine Verantwortung haben. In Brandenburg sind nach den jetzigen Plänen Abstände von 300 m Luftlinie in den Städten und bei Kommunen mit über 50 000 Einwohnern sogar 500 m vorgesehen, und das begrüßen wir außerordentlich.

Zur Erinnerung: Ziel des Glücksspielstaatsvertrages ist, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Diesem Ziel muss der Landesgesetzgeber Rechnung tragen, und das werden wir heute auch tun.

Die EU-Kommission hat im März in einem Brief an die Ministerpräsidenten darauf hingewiesen, dass der vorliegende Entwurf einige unpräzise Formulierungen enthält. Beanstandet wird insbesondere, dass das Pokerspiel im Gegensatz zu den Sportwetten nach wie vor illegalisiert wird, was wir übrigens begrüßen. Die Kommission fragt nach Beweisen dafür, dass in diesen Bereichen ein besonders hohes Suchtpotenzial liege, verweist aber am Ende ihres Schreibens darauf, dass man diese Sache nach einer zweijährigen Evaluierung noch einmal überprüfen könne. Genau deshalb ist die vorgesehene Evaluierung, die wir als Linksfraktion begrüßen, Anlass dafür, dass wir diesem Staatsvertrag in Gänze zustimmen können.

Lassen Sie mich noch zu dem Änderungsantrag, den die CDU bisher verbal eingebracht hat, der nun vorliegt, Stellung nehmen. Herr Kollege Burkardt, Sie haben versucht, dem interessierten Publikum hier indirekt zu verkaufen, dass das Budgetrecht des Landtags mit der Regelung, wie sie jetzt ist, unterlaufen wird. Ich möchte Sie an die Landeshaushaltsordnung § 17 Abs. 1 Satz 2 erinnern, wo auch Erläuterungen diesbezüglich als verbindlich anerkannt werden. Dies wird im Kapitel 20, wo die Einnahmen aus der Glücksspielabgabe der Lotterien und Sportwetten verbucht sind, auch untersetzt.

Die Bewirtschaftung des Landeshaushalts ist nicht Aufgabe des Parlaments, sondern Aufgabe der Landesregierung. Über die Verwendung der Einnahmen legt das Ministerium der Finanzen gegenüber dem Landtag Rechnung. Der Landtag entscheidet dann, nach Prüffeststellungen des Landesrechnungshofes, über die Entlastung der Landesregierung nach Artikel 106 Abs. 1 der Landesverfassung.

Nach diesem haushaltsrechtlichen Exkurs komme ich noch zur Praxisprüfung Ihres Antrags: Der von Ihnen geforderte Beirat müsste zur Vorprüfung von Anträgen auf Lottomittel eine eigene Geschäftsstelle einrichten, die die Anträge selbst prüft und votiert, vorher die Voten der Ressorts einholt und für den Beirat aufarbeitet. Zudem müsste die Geschäftsstelle, Herr Kollege Burkardt, die Mittelvergabe durch die Bescheide vorbereiten und umsetzen, eine Verwendungsnachweisprüfung durch