Vielen Dank. - Wir sind bei Frage 955 (Novellierung der Ar- beitszeitrichtlinie und Freiwillige Feuerwehren in Branden- burg). Sie wird gestellt vom Abgeordneten Dr. Scharfenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Presseberichten plant die Europäische Kommission, im Rahmen der Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie der EU Regelungen zu schaffen, die die Arbeit der ehrenamtlichen Feuerwehren erheblich erschweren würden. Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden wären demzufolge nur noch acht Stunden ehrenamtliche Arbeit zulässig. Zudem müssten die beruflich vorgeschriebenen Ruhepausen auf das Ehrenamt übertragen werden. Damit wäre an vielen freien Tagen gar kein ehrenamtlicher Dienst in der Feuerwehr mehr möglich.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Pläne der Europäischen Kommission hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Scharfenberg, es ist richtig: Die Kommission will diese Richtlinie - sie besteht wohl erst seit 2003 - schon seit einigen Jahren verändern. Dazu gibt es auch einen Sozialpartnerdialog. Bei entsprechenden Vorhaben der EU setzen sich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zusammen und überlegen, wie die Arbeitszeitrichtlinie entsprechend angepasst werden kann. Da geht es um die Höchstarbeitsdauer, um Pausen- und um Urlaubsregelungen, also um all das, was in einer solchen Richtlinie zu regeln ist. Die Sozialpartner versuchen, eine Lösung zu finden, wollen diese dann der Kommission vorlegen. Falls das nicht gelingt, wird die Kommission einen eigenen Vorschlag unterbreiten.
Traditionell ist es so - das wurde mir gesagt; ich habe mit keinem derjenigen, die dort verhandeln, gesprochen - , dass die Sozialpartner das Problem der freiwilligen Tätigkeit weniger auf dem Schirm haben. Ich kenne aber ein Schreiben von Sozialkommissar Laszlo Andor, der sehr wohl die Notwendigkeit der Abwägung sieht.
Überrascht hat mich, dass Deutschland in dieser Hinsicht relativ allein dasteht. In vielen EU-Ländern werden freiwillig Tätige in dem Bereich, in dem sie tätig sind, als Arbeitnehmer betrachtet. Normalerweise würde man doch sagen, dass die Arbeitszeitrichtlinie die abhängig beschäftigten Kolleginnen und Kollegen betrifft. Was sie in ihrer Freizeit tun - ob sie sich ins Bett hauen oder sich in der Feuerwehr engagieren -, dürfte eigentlich keine Rolle spielen. Aber es gibt Mitgliedsstaaten, in denen freiwillig Tätige als Arbeitnehmer betrachtet werden. Das war mir neu, spielt aber wohl bei all dem, was die EU sich insoweit überlegt, eine Rolle. Also wird man sich einen Kopf darüber machen müssen, wie man damit umgeht.
Ich weiß noch nicht, wie es am Ende ausgeht. Ich kenne auch die Zahl - acht Stunden -, die Sie gerade nannten, nicht. So weit
ich weiß, haben die Sozialpartner noch keinen Vorschlag vorgelegt. Deshalb gibt es erst recht noch keinen Vorschlag der Kommission.
Wie gesagt, die Kommission hat das Problem auf dem Schirm. Ihr ist bekannt, welche Rolle die Freiwilligen in Deutschland spielen und wie sie hier hinsichtlich der Arbeitszeit betrachtet werden. Wir sind als Politik angehalten, genau hinzuschauen, was insbesondere mit der Feuerwehr passiert.
Auf der anderen Seite muss man zugestehen: Wenn jemand tatsächlich 40 Stunden pro Woche arbeitet und dann noch einen langen Feuerwehreinsatz hat - womöglich sogar zwei in der Woche -, dann ist im Hinblick auf diesen Kollegen der Sicherheitsaspekt zu beachten. Er hat ja nicht nur physische, sondern auch psychische Belastungen auszuhalten. Insoweit zu einer Anpassung zu kommen halte ich nicht für falsch. Gleichwohl ist es richtig, dass man sich überlegen muss, welche Auswirkungen eine solche Richtlinie zum Beispiel auf die Gefahrenabwehr hat. Wenn es tatsächlich so angewendet wird, wie Sie es geschildert haben, Herr Dr. Scharfenberg, dann stellt sich die Frage der Gefahrenabwehr in Deutschland vollkommen neu. Für all das, was bisher die Freiwilligen Feuerwehren, aber auch der Katastrophenschutz und das Technische Hilfswerk wahrgenommen haben, müssten vollkommen neue Strukturen aufgebaut werden.
Oder muss die Frage so gestellt werden, dass wir die freiwillig Tätigen gar nicht betrachten? Das kann ich mir aufgrund der europäischen Rechtssituation nicht vorstellen.
Wir müssen abwarten, was dann tatsächlich vorgelegt wird. Dann können wir uns damit auseinandersetzen, wie wir in Deutschland damit umgehen. Die Variante mit den acht Stunden kenne ich nicht. Ich glaube, bisher liegt nichts vor. - Danke.
Vielen Dank. - Es folgt Frage 956 (Klarstellungsantrag der Flughafengesellschaft zur Dimensionierung der Schallschutz- maßnahmen im Tagschutzbereich des Flughafens BER), gestellt vom Abgeordneten Genilke.
Im Zuge der Diskussion um die Dimensionierung des Schallschutzes im Tagschutzbereich des Flughafens Berlin Brandenburg vertritt die Flughafengesellschaft weiterhin die Auffassung, dass der Maximalpegel von 55 dB(A) im Rauminneren täglich bis zu sechs Mal überschritten werden könne. Diesbezüglich hat sie am 19. April 2012 einen Klarstellungsantrag beim Verkehrsministerium als zuständiger Behörde eingereicht.
Meine Frage ist nunmehr an die Landesregierung: Wie und wann hat sich Ministerpräsident Platzeck im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH dazu positioniert?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die Vertreter der Landesregierung im Auf
sichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg - und insbesondere der Ministerpräsident - haben sich immer für unbürokratischen Lärmschutz durch die Flughafengesellschaft eingesetzt.
Im Ergebnis dieser Bemühungen wurden vom Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft am 20. April über 17 Millionen Euro für zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen freigegeben.
- Ich komme dazu, Herr Burkardt. Sie haben die Frage zwar nicht gestellt, können aber gleich gern eine Nachfrage stellen, die über ein „Ha, ha!“ hinausgeht.
Zusätzlich hat sich die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft nunmehr bereiterklärt, die sogenannte Abgeltungsklausel, die aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger missverständlich formuliert war und die im Zweifelsfall zukünftige Kosten bei ihnen belassen hätte, ersatzlos zu streichen.
Herr Bürgermeister Baier hat namens der Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm im Vorfeld der letzten Aufsichtsratssitzung sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrates angeschrieben und sie aufgefordert, der Flughafengesellschaft zu untersagen, einen Änderungsantrag bei der brandenburgischen Planfeststellungsbehörde zu stellen. Das Schreiben bezog sich auf unterschiedliche Interpretationen des Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich des Tagschutzes in Innenräumen. Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg hat dazu keinen Beschluss gefasst. Die Planfeststellungsbehörde interpretiert den Planfeststellungsbeschluss so, dass weniger als ein Schallereignis über 55 db(A) pro Tag in den sechs verkehrsreichsten Monaten auftreten dürfe.
Mit Schreiben vom Dezember 2011 hat sie der Flughafengesellschaft deutlich gemacht, dass der Schallschutz auf der Basis von weniger als ein Mal 55 dB(A) pro Tag umgesetzt werden müsse.
Dies will die Flughafengesellschaft nunmehr überprüft sehen. Sie hat mit Schreiben vom 18. April 2012 einen Änderungsantrag mit dem Ziel gestellt, sechs Schallereignisse über 55 dB(A) pro Tag zuzulassen.
Der Ministerpräsident hat in der Sitzung des Aufsichtsrates deutlich gemacht, dass der Antrag der Flughafengesellschaft von der Planfeststellungsbehörde ohne jede politische Einflussnahme unvoreingenommen geprüft werde. Klar sei aber auch, dass die Flughafengesellschaft gegenwärtig ihre Schallschutzmaßnahmen auf der Basis von weniger als ein Mal 55 dB(A) pro Tag in den sechs verkehrsreichsten Monaten umzusetzen habe. - Vielen Dank.
Herr Gerber, ich will es zuspitzen. Es gibt also - habe ich Sie da richtig verstanden; bitte bestätigen Sie mir das - seitens des Aufsichtsrates keine Behandlung mit diesem Thema, und die Flughafengesellschaft hat mehr oder weniger ohne einen Beschluss oder eine Stellungnahme des Aufsichtsrates diesen Klarstellungsantrag gestellt?
Ich habe gesagt, dass der Aufsichtsrat dazu keinen Beschluss gefasst hat, sondern dass die Flughafengesellschaft diesen Antrag gestellt hat, der sich, wie gesagt, auf die Frage „ein Mal oder sechs Mal“ bezieht, wie es auch bei anderen Flughäfen Praxis ist. Dieser Antrag muss nun von der Planfeststellungsbehörde ordentlich bearbeitet und entschieden werden - so, wie sich das gehört.
Vielen Dank. - Wir kommen zu Frage 957 (Umsetzung der Einrichtungsmitwirkungsverordnung im Land), gestellt von der Abgeordneten Lehmann.
Auf der Grundlage des § 16 Abs. 7 des Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetzes wurde mit Wirkung vom 14. Februar 2012 durch den Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie die Verordnung über die Mitwirkung von Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeeinrichtungen und Wohnstätten der Behindertenhilfe erlassen. Diese Verordnung regelt unter anderem die Wahl der Bewohnerschaftsräte - früher: Heimbeiräte - sowie die Berufung von ehrenamtlichen Ombudspersonen.
Ich frage die Landesregierung: Wie gestaltet sich die bisherige konkrete Umsetzung der Mitwirkungsverordnung in Einrichtungen und Kommunen im Land?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lehmann, mit dieser Verordnung wird in der Tat der letzte Schritt dahin gehend vollzogen, dass wir das, was im Bundesrecht zum Heimrecht vereinbart worden ist, in Landesrecht überführt haben. Wir haben von der Verordnung, die uns unser Brandenburgisches Pflege- und Betreuungswohngesetz gibt, Gebrauch gemacht. Wir haben damit neue Bewohnerschaftsräte und nicht mehr, wie im alten Gesetz, Heimbeiräte. Dennoch haben wir gesagt - und das steht auch so in der Verordnung -: Wenn es nach wie vor Heimbeiräte gibt, sollen sie als Heimbeiräte noch so lange wirken, bis eine Neuwahl ansteht. Danach sind es Bewohnerschaftsräte. Diese Bewohnerschaftsräte unterscheiden sich im Endeffekt wahrscheinlich nicht so sehr von den Heimbeiräten.
Es wird jetzt aber zwingend so sein, dass auch Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen - was vorher nicht der Fall war, da konnten nur Externe im Heimbeirat vertreten sein - diesem Bewohnerschaftsrat angehören. Ich glaube - die Ansicht werden Sie sicherlich teilen -, dass es jedem möglich ist, egal wie behindert er ist und welche Krankheit er hat, sich darüber zu artikulieren, welche Freizeitgestaltung möglich sein muss, welche Baumaßnahmen in welchem Sinne erforderlich sind, wie das Essen ist, ob es gut ist, ob es geschmeckt hat, ob man mehr Fleisch oder mehr Suppe haben möchte. All das wird jeder - in welcher Form auch immer - kundtun können.
Das bedarf mitunter einer sozialpädagogischen Betreuung. Wir haben über das LASV inzwischen ca. 17 Vereinbarungen mit Trägern, die gesagt haben: Wir haben eine schwierige Klientel, beispielsweise viele geistig Behinderte. Wir haben aber über die sozialpädagogische Schiene einen Weg gefunden, dass sie sich über die Bedingungen im Hause äußern können, sodass der neuen Verordnung nachgekommen wird.
Wir habe die Ombudspersonen neu geschaffen, die es inzwischen in einigen Städten schon gibt. Sie sollen ein Bindeglied zwischen der Einrichtung und der Gemeinde sein. Oftmals übernehmen die Seniorenbeiräte, der Vorsitzende des Seniorenbeirates oder ein anderes Mitglied diese Funktion. Es läuft ganz gut an, und ich denke, dass das Schule machen wird und alle Gemeinden und alle Einrichtungen im Laufe der nächsten ein oder zwei Jahre Ombudsleute haben werden.
Wir haben im Gesetz verankert, Ende des Jahres zu evaluieren. Ihre Frage zielt darauf ab, genauer wissen zu wollen, wie viele Einrichtungen Bewohnerschaftsräte haben. Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Mit der Evaluation am Ende des Jahres erhalten wir von unserer Aufsichtsbehörde für betreute Wohnformen die entsprechenden Zahlen, sodass wir im Sozialausschuss sehr dezidiert darlegen können, wie weit die Umwandlung von Heimbeiräten zu Bewohnerschaftsräten gelungen ist. Danke schön.
Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 958 (Realisierung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz), gestellt von der Abgeordneten Große.
In Brandenburg besucht gegenwärtig fast die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren eine Kita. Das ist ein gutes Ergebnis. Ab 2013 haben alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Zur Realisierung dieses Ziels gibt es im Rahmen eines bundespolitischen Programms finanzielle Unterstützung für die Kommunen. Das ist das sogenannte U3-Programm.
Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt sie den aktuellen Stand der Vorbereitung zur Umsetzung dieses Rechtsanspruchs für unter Dreijährige in den Kommunen ein?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Große, Sie wissen, dass wir im Land Brandenburg eine Spitzenposition, was die Betreuung der Kinder unter drei Jahren angeht, belegen. Mit einem Betreuungsgrad von jetzt schon 52,7 % liegen wir weit über dem Bundesdurchschnitt von 35 % bzw. 39 %, die als erforderlich gelten, um den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu erfüllen. Insofern haben wir überhaupt keine vergleichbaren Sorgen wie die westlichen Bundesländer.
Die Inanspruchnahme der Kita-Plätze in den Landkreisen und kreisfreien Städten ist nach wie vor sehr unterschiedlich. Zwischen dem höchsten Betreuungsgrad in Brandenburg (Havel) von 57,3 % aller Kinder unter drei Jahren und der Uckermark mit 47,2 % liegt eine Differenz von mehr als 10 Prozentpunkten vor. Wir gehen davon aus, dass der Betreuungsgrad seit dem letzten Stichtag weiter gestiegen ist. Die Daten werden wir zeitnah im Internet auf der Homepage des MBJS veröffentlichen, damit Sie alle immer auf dem aktuellen Stand sind.
Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Landesregierung, insbesondere die Kommunen, investieren trotzdem erhebliche Mittel, damit zum 01.08.2013 alle ein- und zweijährigen Kinder, wenn die Eltern es wünschen, in einer Kita betreut werden können. Wir gehen davon aus, dass die konkreten Bedarfe auch zukünftig regional höchst unterschiedlich sein werden und der Bedarf in den Kommunen unterschiedlich ist.