Protocol of the Session on November 9, 2011

Herzlichen Dank an die gastgebenden Verwaltungen, die uns die Möglichkeit einräumen, den direkten Kontakt mit den Petenten zu finden. Die Petenten sind dafür sehr dankbar. Sie werden von uns über Möglichkeiten, die das Petitionsrecht einräumt, informiert und können in allererster Linie den Frust, der mitunter in ihnen schlummert, loswerden. Sie erhalten von uns hilfreiche Informationen, wie man mit dem konkreten Anliegen umgeht.

Man könnte fragen, warum angesichts dieser großen Einmütigkeit eine Debatte im Parlament geführt wird. Nach Berichtsstand gab es 1 500 Petitionen, die wir in 34 Sitzungen bearbeitet haben. Der Bildungsausschuss, von dem behauptet wird, dass er ebenfalls sehr häufig tagt, hat nächste Woche seine 24. Sitzung. Ich will nicht auf die Stundenzahl, die wir benötigen, um über die Petitionen zu entscheiden, verweisen, aber doch sagen: 58 765 Unterschriften unter Petitionen rechtfertigen eine einmalige Debatte im Parlament. Das zeigt uns Politikern den betriebenen behördlichen Aufwand, aber auch den parlamentarischen Aufwand. Die Arbeit des Petitionsausschusses findet oft im stillen Kämmerlein statt, da er in der Regel Stichwort Datenschutz - nichtöffentlich tagt. Es wird aber auch öffentliche Verhandlungen geben. Es geht um die Anliegen der Menschen, die in den Vordergrund zu rücken sind, um das Anliegen jedes einzelnen Petenten, das, glaube ich, sehr gut abgewogen wird.

In der Regel finden die Petitionsverfahren bei allen Beteiligten hohe Akzeptanz. Die Fristen werden eingehalten, und wir erhalten Stellungnahmen, die sachlich und fachlich überaus korrekt sind. Vielen Dank an die Bürgermeister und Landräte, die das zu verantworten haben. Die wenigen Ausnahmen, die es in diesem Verfahren gibt, wird der Petitionsausschuss auch zukünftig nicht dulden; denn es geht immer um das Anliegen jedes einzelnen Petenten. Jeder hat ein Anrecht darauf, in angemessener Frist und Wortwahl - verständlich für den Petenten eine Antwort zu erhalten. Genau das versucht der Petitionsausschuss mit dem dahinterstehenden Team zu erledigen. Dazu tragen auch Vor-Ort-Besichtigungen bei - Herr Wichmann, da gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht -, weil auch das eine Möglichkeit ist, in direkten Kontakt mit den Akteuren zu kommen und gegebenenfalls zu schlichten.

Das ist einfach so; da ist die Bereitschaft, zueinander zu finden, viel leichter, als wenn man alles nur per Papier bewegt.

Insofern möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich bei allen bedanken. Ich möchte Sie anregen, sich diesen Petitionsbericht, der nicht so überaus umfangreich ist, aber eine ganze Menge an Geschehen in Brandenburg widerspiegelt, einmal in ruhiger Minute zu Gemüte zu führen. Sie haben sicherlich manchmal auch in Ihren Wahlkreisbüros mit einzelnen Petenten zu tun, aber hier bekommen Sie den breiten Überblick über alles, was so im Land Brandenburg los ist. - Vielen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt CDU, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Die Abgeordnete Vogdt spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da mein Kollege Raimund Tomczak leider erkrankt ist, hat er mich gebeten, an seiner Stelle hier einige Worte zu sagen.

Er lobt die sachliche, ergebnisorientierte Zusammenarbeit aller Ausschussmitglieder, und er hebt die sorgfältige und umfangreiche Vorbereitung aller Berichterstattungen durch die Mitarbeiter des Referates hervor. Diese Vorbereitung ist die Grundlage für die inhaltliche Diskussion der Ausschussmitglieder, die weitestgehend ohne parteiprogrammatische Bewertung, also wirklich im Interesse der Petenten, erfolgt. Dieses Interesse spiegelt sich auch in den Bürgersprechstunden wider.

Er hat mich gebeten, seinen Dank für die problemlose Zusammenarbeit an Herrn Korte, Frau Will-Lau, Frau Lange und Frau Dr. Platter weiterzugeben. Auch geht sein Dank an die Mitglieder des Petitionsausschusses für das sympathische Arbeitsklima. Ich wünsche Raimund Tomczak von hier aus gute Besserung und danke Ihnen!

(Beifall FDP sowie vereinzelt SPD)

Die Abgeordnete Fortunato spricht für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Kersten Steinke, Fraktion DIE LINKE, Vorsitzende des Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, bezeichnete unlängst den Petitionsausschuss als „Seismografen des Parlaments“. Wie sich Gesetze oder Verordnungen sowie Verwaltungshandeln auf die Bürger auswirken, erfährt der Petitionsausschuss aus erster Hand, denn Bitten und Beschwerden landen zuerst bei ihm. Damit ist der der Seismograf, der die Stimmung der Bevölkerung aufzeichnet. Ob die Gesetze das beabsichtigte Ziel erreichen oder zu neuen Problemen führen und daher noch einmal kritisch überprüft werden sollten oder ob Bundestag und Landtag in einem bestimmten Anliegen aktiv werden sollten, wissen die Mitglieder des Petitionsausschusses meist zuallererst.

Das Petitionsgrundrecht im Petitionsgesetz gibt jedem, der in Brandenburg lebt, das Recht, sich mit seinen Sorgen, Angelegenheiten oder seiner Kritik an die zuständigen Stellen zu wenden. Der Petitionsausschuss ist durch diese Verfassung und das Petitionsgesetz mit umfangreichen Rechten ausgestattet, den Anliegen der Petenten auf den Grund zu gehen und eventuell bei den zuständigen Stellen oder Volksvertretern Entscheidungsprozesse neu anzuregen.

Wenn es aber bei der Ausübung dieser ureigensten Aufgabe des Ausschusses dazu kommt, dass einem Petenten konkret angedroht wird, ihn mit einem Gerichtsverfahren zu überziehen, dann haben die verantwortlichen Kommunalvertreter oder Ämter den Sinn des Petitionsgesetzes offenbar nicht verstanden. Damit ist nach meiner Auffassung eine Grenze überschritten worden, weil die Menschen befürchten müssen, dass die aus ihrer Sicht wichtigen Sorgen nicht vertraulich an uns weitergegeben werden können.

In meinem Bereich der Petitionen, dem SGB-II-Bereich, begegnen mir manchmal Fälle, wo die Bitten um Stellungnahme seitens des zuständigen Ministeriums in den Ämtern und Kreisbehörden dazu geführt haben, dass Vorgänge und Entscheidungen noch einmal überdacht wurden. Das geschah unter anderem bei der Übernahme von finanzieller Unterstützung für eine Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt, was uns natürlich immer freut, sowie vor allen Dingen bei der Bewilligung von Kosten der Unterkunft. Oft fühlen sich die Bürger, die aus finanziellen Gründen die Unterstützung in Form von Grundsicherung brauchen, durch lange Bearbeitungszeiträume im Stich gelassen, wenn sie über Monate warten müssen, bis ein Bescheid erstellt wird. Sie fühlen sich daher gezwungen, sich bei uns zu melden.

Es gibt Menschen, die allen Mut zusammennehmen müssen, um den Schritt einer Petition zu gehen, und es gibt Menschen, die eine Petition schreiben, bevor sie nochmals das Gespräch mit den zuständigen Stellen gesucht haben. In zahlreichen Fällen nehmen die Ämter aktuelle Petitionen zum Anlass, Personal umzusetzen oder Abläufe zu verändern, sodass es nicht nur dem einzelnen Petenten nutzt, sondern im Anschluss auch anderen damit geholfen ist.

Ein Beispiel: Ein Petent, ein sogenannter „Aufstocker“, konnte sich die ihm von dem zuständigen Amt überwiesenen Summen nicht erklären und wandte sich an den Petitionsausschuss, weil er Willkür vermutete. Die Nachfrage durch das zuständige Ministerium wurde zum Anlass genommen, dass dem Jobcenter neue Dienstanweisungen vorgelegt werden, die Entscheidungen für den Betroffenen nachvollziehbarer machen. Manchmal gelingt es uns auch, notwendige Gesprächsangebote zwischen Petenten und Jobcenter oder Kreisverwaltung zu initiieren. Das ist manchmal für den Betroffenen wichtiger als der Geldwert, um den es in der Petition ging.

Für mich ist es wichtig, dass wir bei Antworten auf Petitionen, wenn wir im konkreten Fall nicht helfen können, nicht nur den Vorgang erklären, sondern dem Petenten auch weiterhin die Möglichkeiten aufzeigen, die sich ihm bieten, um tatsächliche Unterstützung zu erhalten. Deshalb möchte ich allen, die daran mitwirken, noch einmal danken.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Die Abgeordnete Nonnemacher spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Werte und Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Sicher kennen die meisten von Ihnen den Spielfilm „Good Bye, Lenin!“, in dem die Hauptdarstellerin in jeder Lebenslage für Mitbewohner oder Kollegen Eingaben an die Parteileitung verfasst. Ungeachtet politischer Systemwechsel ist der Zuspruch der Brandenburgerinnen und Brandenburger, Petitionen zu verfassen, ungebrochen. Wir konnten in der Statistik des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages unseren - einwohnerbezogenen - ersten Platz trotz leichter Rückläufigkeit locker verteidigen. Die ersten sechs Plätze werden weiterhin von den fünf neuen Ländern und Berlin eingenom

men; das bestehende Ost-West-Gefälle schwächt sich aber etwas ab.

Will man historische Betrachtungen zum Petitionsrecht anstellen, so muss wesentlich weiter zurückgegangen werden. Der Bundestag hat unter der Überschrift „Von der Untertanenbitte zum politischen Bürgerrecht“ eine interessante Betrachtung dazu veröffentlicht. Heutzutage ist das Petitionsrecht keine Untertanenbitte, sondern ein verfassungsrechtlich verankertes Grundrecht nach Artikel 17 des Grundgesetzes und Artikel 24 unserer Landesverfassung. Es muss noch einmal betont werden: Das Petitionsrecht ist ein Jedermannsrecht und nicht an Staatsbürgerschaft, Volljährigkeit oder Geschäftsfähigkeit gebunden.

In Zusammenhang mit diesem Grundrecht, eine Petition zu verfassen, möchte ich einen im Bericht näher dargestellten Fall aufgreifen - Frau Fortunato hat ihn am Rande schon gestreift -, aber nicht deswegen, weil dieser Fall exemplarisch für andere steht, sondern weil er glücklicherweise bisher einmalig ist und zu Recht hohe Wellen geschlagen hat: Ein Petent beklagte sich über die seiner Meinung nach behindertenfeindliche Gestaltung des Ortskerns seiner Stadt, die Benutzer von Rollstühlen und Rollatoren daran hindere, Gehwege zu benutzen. Durch die erzwungene Benutzung der Straße sei ein Rollstuhlfahrer im Straßenverkehr zu Tode gekommen, was sich nicht wiederholen dürfe.

Der zuständige Amtsdirektor wurde, wie üblich, um Stellungnahme gebeten. Am Petitionsausschuss vorbei erhielt der Petent daraufhin auf Initiative des Amtsdirektors und der eigentlich nicht zuständigen Gemeindevertretung ein anwaltliches Schreiben. Darin wurde ihm wegen seiner Petition üble Nachrede vorgeworfen, und er wurde mit Fristsetzung aufgefordert, eine Unterlassungserklärung mit Kostenanerkennung eines Streitwertes von 5 000 Euro zu unterzeichnen.

Einen derart krassen Fall, dass ein Petent wegen seiner Petition von offizieller Seite derart massiv unter Druck gesetzt wurde, hat es in der Geschichte des Petitionsausschusses noch nicht gegeben. Wie oft sich Personen wegen Einreichens einer Petition unbeliebt machen oder subtilere Formen von Ablehnung erfahren, ist natürlich nicht aufzuschlüsseln. Da diejenigen, über die Beschwerde geführt wird, oft diejenigen sind, die die Stellungnahmen verfassen, ist hier viel Aufmerksamkeit geboten.

Der Petitionsausschuss hat sich, nachdem er von dem verunsicherten und verärgerten Petenten informiert wurde, unverzüglich eingeschaltet und mitgeteilt, dass er dieses Vorgehen als rechtswidrig erachtet. Der Vorfall ist inzwischen bereinigt. Er möge allen als Erinnerung dienen, dass das Petitionsrecht ein hohes Gut ist, mit dem sorgsam umzugehen ist.

(Beifall GRÜNE/B90 und SPD)

Der Ausschuss selbst beachtet dies peinlich, selbst wenn die Schreiben manchmal gewöhnungsbedürftig - sowohl von der Form als auch vom Inhalt her - sind, wenn sie sehr unhöflich oder wirr abgefasst worden sind, immer wieder Bekanntes aufgreifen oder schon ins Paranoide abzugleiten drohen. Wir prüfen immer sorgsam, ob sich nicht doch ein berechtigtes Anliegen dahinter verbirgt, dem wir dann auch nachgehen.

Schwierig ist es, dass sich der Petitionsausschuss häufig mit überbordenden Erwartungen konfrontiert sieht. Teilweise wer

den völlig unrealistische Ansprüche an uns herangetragen. Wir können nicht in laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eingreifen. Wir können auch keine missliebigen Gerichtsurteile kassieren. Wir können nicht die kommunale Selbstverwaltung außer Kraft setzen, und politische Großkonflikte lösen können wir auch nicht.

Im Gegensatz zum Bund steigt das Petitionsaufkommen bei uns in Brandenburg weiter an. Erwartungsgemäß hat durch die elektronische Verbreitung von Petitionstexten das Aufkommen von Sammel- und Massenpetitionen zugenommen. Unsere Dauerbrenner wie die sogenannte Altanschließerproblematik oder die Weihnachtsgeldregelung für Beamte erläutern wir ausführlich auf unserer Internetseite.

Die Redezeit ist zu Ende. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall GRÜNE/B90, SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Rednerliste angelangt, auch wenn ich weiß, dass das Leben so bunt und vielfältig ist, dass wir noch stundenlang darüber reden könnten. Sie haben den Bericht des Petitionsausschusses damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Petition 382/5

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses

Drucksache 5/4159

Des Weiteren liegt ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 5/4244, vor.

An dieser Stelle muss ich noch einmal ganz ausdrücklich für das Protokoll auf den § 5 der Datenschutzordnung des Landtages hinweisen, der unter anderem Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten in öffentlichen Sitzungen des Landtages trifft.

Wir eröffnen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Wichmann von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Petition von Herrn Dr. Niedner - Ihnen allen ist, glaube ich, der Hintergrund dieser Petition und der Rechtsstreit...

Darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir hier nicht mit Namen operieren; ich habe es gerade gesagt.

Doch. Dazu muss ich jetzt etwas sagen: Das Schreiben liegt

uns im Petitionsreferat vor; Herr Dr. Niedner kann sehr wohl heute hier in dieser Debatte benannt werden. Ich darf ihn auch sehr herzlich begrüßen. Er sitzt mit seinem Sohn und seinem Rechtsanwalt hinten auf der Besucherbank.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Herr Görke, den Telefonhörer können Sie gleich wieder auflegen. Ich war gestern noch einmal bei Herrn Korte. Herr Dr. Niedner hat schriftlich eingewilligt, dass alle seine personenbezogenen Daten selbstverständlich in dieser öffentlichen Debatte hier verwendet werden dürfen,

(Görke [DIE LINKE]: Sie haben doch Verfolgungswahn! Es interessiert mich nicht, was Sie dort erzählen!)

weil er - im Gegenteil - nichts zu verlieren und nichts zu befürchten hat, erst recht nicht, nachdem heute hier der Änderungsantrag vorgelegt wurde.