Protocol of the Session on September 28, 2011

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nur vermuten, dass mich einige missverstehen wollten. Davon nehme ich Frau Prof. Dr. Heppener ausdrücklich aus.

(Beifall CDU)

Ich habe mit keinem Wort gesagt, die Teilnahme an den UUntersuchungen sei alleiniger Indikator für Kindergesundheit. Ich glaubte aber, dass ich nicht noch einmal den Befund vom September wiederholen müsse, bei dem gesagt wurde, dass 30 % der Einschüler medizinisch relevante Befunde haben. Ich

habe hier keinen Vorschlag gehört, wie man diese Tatsache ändern will. Oder findet man sich damit ab?

(Beifall CDU)

Ich halte es auch nicht für richtig, von Sanktionen zu reden. Eine Sanktion wäre beispielsweise der Entzug von Kindergeld. Das geht nicht. Das wissen wir. Das wollen wir auch nicht. Es geht um freiwillige familienpolitische Leistungen und natürlich nicht, Herr Minister Baaske, um Familienbildung. Die wollen wir verstärken.

(Beifall CDU)

Dazu haben wir auch schon mehrfach Anträge eingereicht.

(Zuruf von Minister Baaske)

Wenn hier gesagt wird, eine gute Kita sei besser als ein Logopäde, frage ich mich: Haben wir wirklich so viele schlechte Kitas? Oder wissen Sie nicht, wie viele Kinder bei der Einschulung Sprachdefizite haben, obwohl 95 % der Kinder Kitas besuchen?

(Beifall CDU)

Der Datenschutz - übrigens damals geprüft im Justizministerium - ist hier nicht betroffen, denn es werden keine Inhalte von Kinderuntersuchungen weitergegeben, sondern nur die Tatsache, ob ein Kind an der Untersuchung teilgenommen hat.

Natürlich würden wir uns wünschen, dass das Land auch Geld in die Hand nimmt wie in Bayern, um die Teilnahme an solchen Untersuchungen finanziell zu belohnen. Das würde ich mir sehr wünschen, aber da höre ich wieder den Aufschrei: Im Haushalt ist kein Geld da! Das, was ich wirklich merkwürdig finde, ist, dass das Modell Finnland immer nur dann herhalten muss, wenn es in die eigenen ideologischen Überzeugungen passt, nicht aber, wenn das Betreuungsgeld an die Teilnahme an der Untersuchung gekoppelt wird. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, damit ist die Rednerliste zum Tagesordnungspunkt 9 erschöpft. Es steht zur Abstimmung der Antrag in Drucksache 5/4047. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Keine Agro-Gentechnik in Brandenbug

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft

Drucksache 5/4055

Dazu liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 5/4089, vor. Wir beginnen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Dombrowski spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Januar ihren Antrag „Keine Agro-Gentechnik in Brandenburg“ in das Plenum eingebracht hatten, wusste noch niemand, dass sich das Gentechnikrecht in Europa und damit auch in der Bundesrepublik verändern wird. Grund dafür sind zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofes: zum einen das sogenannte Honig-Urteil vom 6. September und zum anderen das Monsanto-Urteil, das nur zwei Tage später gefällt wurde. Ohne Experte im Bereich der Gentechnik sein zu müssen, konnte jeder aufmerksame Zeitungsleser erahnen, dass insbesondere das Honig-Urteil zu Neuregelungen in der Anwendung und dem Einsatz von gentechnisch modifizierten Organismen führen wird.

Was war passiert? Ein bayerischer Imker hatte gegen den Freistaat Bayern geklagt, weil in seinen Imkereierzeugnissen Pollen von gentechnisch verändertem Mais MON 810 nachgewiesen wurden. Die Bienenstöcke des Imkers befanden sich im Abstand von rund 500 m zu Flächen des Freistaates Bayern, auf denen Bt-Mais angebaut wird, ein gentechnisch veränderter Mais, der ein Bodenbakterium enthält und die Pflanze damit resistent gegen den sogenannten Maiszünsler, einen Schädling, macht.

Obwohl der Europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass es sich bei dem Pollen nicht um einen gentechnisch veränderten Organismus im Sinne der entsprechenden EU-Richtlinie handelt, ist jedoch der Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen enthält, ein aus gentechnisch veränderten Organismen hergestelltes Lebensmittel. Pollen der transgenen Maissorte MON 810 ist ein in der EU nicht zugelassenes Lebensmittel. Demzufolge ist auch Honig, in dem Spuren nicht zugelassener GVO, also gentechnisch veränderter Organismen, enthalten sind, in der EU kein zugelassenes Lebensmittel und damit nicht vermarktungsfähig.

Meine Damen und Herren! Allein dieser Fall ist beispielhaft dafür, dass die grüne Gentechnik und ihre Anwendung in der Landwirtschaft noch immer viele offene Fragen aufwirft. Landwirte, die sich diesem Risiko nicht aussetzen wollen, haben sich bereits seit dem Jahr 2003 freiwillig dazu entschieden, auf den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen zu verzichten, und sich in sogenannten gentechnikfreien Regionen zusammengeschlossen. Mitglieder dieser gentechnikfreien Regionen sind sowohl bäuerliche Familienbetriebe oder Nebenerwerbslandwirte als auch juristische Personen, also alle Betriebsformen in der Landwirtschaft, die wir - manchmal auch ein wenig strittig - hier behandeln. Darin sind sich jedenfalls fast alle einig.

Es handelt sich dabei sowohl um Mitgliedsbetriebe des Bauernbundes Brandenburg als auch des Landesbauernverbandes Brandenburg, die sich in den gentechnikfreien Regionen engagieren. Dieses Bekenntnis müssen die Landesregierung und wir alle zur Kenntnis nehmen und gentechnikfreie Regionen in Zukunft stärker organisatorisch unterstützen, insbesondere, solange auf europäischer Ebene - und damit in den einzelnen Re

gionen keine Entscheidung zur Einschränkung des Anbaus gentechnisch modifizierter Organismen durch die Mitgliedsstaaten vorliegt.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion spricht sich auch dafür aus, dass die Landesregierung prüft, inwieweit der Anbau eiweißhaltiger Futtermittel in Brandenburg gestärkt werden kann. Hierbei geht es darum, den Import von Soja als Futtermittel, welches zu einem überwiegenden Teil aus Übersee importiert wird, teilweise durch eine höhere Eigenversorgung mit Eiweißfuttermitteln zu ersetzen. Das sind Rapsextraktionsschrot, Leguminosen und eigentlich auch, auch wenn es etwas kritisch diskutiert wird, Tiermehl. Andere Bundesländer, zum Beispiel Bayern, verstärken ihren Einsatz und weiten ihre Anbauversuche aus. Auch das, sehr geehrter Herr Minister Vogelsänger - er ist nicht da, aber irgendeiner wird es hören -, ist ein weiterer Grund, das landwirtschaftliche Versuchswesen in Brandenburg zu erhalten.

Ich könnte nun die Forderung der CDU-Fraktion, die wir mit unserem Änderungsantrag in die Diskussion im Fachausschuss eingebracht haben, fortführen. Viele unserer Forderungen sind auch im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen enthalten. Dennoch gibt es zwei grundsätzliche Unterschiede. Die CDUFraktion spricht sich - im Gegensatz zu den Kollegen von SPD und DIE LINKE - gegen Patente auf Nutztiere und Nutzpflanzen aus. Die Patentierung von Lebewesen führt zu gravierenden Abhängigkeiten.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Vogel GRÜNE/B90 - Vogel [GRÜNE/B90]: Hört, hört!)

Die Landwirte wären nicht mehr Eigentümer der von ihnen angebauten Nutzpflanzen bzw. gehaltenen Nutztiere, sondern lediglich Hersteller und müssten Nutzungsgebühren entrichten. Dies ist unserer Ansicht nach ein massiver Eingriff in die unternehmerische Freiheit zulasten der Landwirte und zugunsten weniger Großunternehmen, welche die Patente halten.

Des Weiteren - das ist der letzte Punkt - ist das Haftungsrisiko von den Landwirten auf die Lizenzinhaber zu übertragen. Derjenige, der sich für die absichtliche Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen entscheidet, hat auch die vollumfängliche Haftung zu übernehmen. Vielmehr müssen unserer Meinung nach die Landwirte, die konventionelles Saatgut verwenden, auch die Sicherheit haben, dass es sich dabei nicht um gentechnisch modifiziertes Saatgut handelt. - Zwei Sätze noch. - Genau sie sind es, die vor wirtschaftlichen Schäden und Haftungsansprüchen besser geschützt werden müssen. Deshalb lehnen wir diese beiden Anträge ab. Meine Damen und Herren, um noch einmal die Haftungsfrage deutlich zu machen: Wenn ich mir ein Auto kaufe, einen Audi...

(Der Präsident schaltet das Mikrofon des Redners ab.)

Herr Abgeordneter, Ihre zwei Sätze sind längst um, und Ihr Auto hat nichts mit dem Thema zu tun. Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag.

(Beifall)

Die Abgeordnete Gregor-Ness setzt die Debatte fort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gentechnik ist ein hoch emotionales, hoch sensibles und hoch kontroverses Thema, allerdings offensichtlich stärker im Bereich der grünen Gentechnik als in anderen Bereichen, in denen wir das gern in Kauf nehmen: die Erforschung des menschlichen Genoms - unumstritten, die Forschung für medizinische Zwecke - unumstritten. Selbst die Untersuchung im pränatalen Bereich der Erbmasse hat sich durchgesetzt, und ich frage mich: Warum ist das alles so einfach durchsetzbar? Da habe ich viel mehr Sorgen.

Im Bereich der grünen Gentechnik stehen wir am Anfang. Wir wissen um die Sensibilität des Themas, wir wissen um Ängste und Befürchtungen und wir wissen auch, dass der Konsument letztendlich Gentechnik im Bereich der Nahrungsgüter ablehnt.

In unserer Anhörung und in den Diskussionen im Ausschuss haben wir uns sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt und einen ordentlichen Antrag auf den Weg gebracht. Zum Antrag der CDU: Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Dombrowski nur noch einmal den Teil Patente zur Abstimmung gestellt hätte. Dann hätte man sich sicherlich darauf einigen können, und das würde sofort unsere Zustimmung finden.

Wir haben eine starke Konfrontation im Bereich der grünen Gentechnik gerade in Europa und explizit in Deutschland. Wir haben dabei die Konzentration bis hin zu bestimmten Straftatbeständen gerichtet, die in Feldvernichtung gipfelten. Ich denke, wir müssen auch einen Blick über den Tellerrand hinaus wagen. In dieser Woche gibt es im „Focus“ einen interessanten Beitrag. Herr Bio und Frau Gen, ein Ehepaar, das aus einem Biobauern und einer Genforscherin besteht und für das sich plötzlich völlig neue Horizonte eröffnet haben, leben nebeneinander in den USA, forschen und entwickeln nebeneinander, und der Biobauer hat inzwischen erkannt, dass man mit durchaus vernünftigen Instrumenten schneller zu Züchtungserfolgen kommt, als man das über herkömmliche Züchtung erzielen kann. Ich denke also, eine Versachlichung der Debatte und vor allem eine weniger ideologisch überfrachtete Debatte tut uns allen gut. Wenn ich transGEN glauben darf, dann sind bereits jetzt über 70 % aller Lebensmittel, die im Regal stehen, in ihrer Entstehung mit gentechnisch veränderten Prozessen erzeugt worden. Sie werden nur nicht gekennzeichnet und ausgewiesen. Wir haben nur 0,3 % Produkte, die als ohne Gentechnik etikettiert im Regal vorzufinden sind. Das sind die Realitäten, das ist das gelebte Leben, und das können wir in unserer Debatte nicht aussparen.

Die langen Diskussionen im Ausschuss haben schlussendlich dazu geführt, dass wir uns fraktionsübergreifend darauf verständigt haben - das wurde auch von allen so getragen -: Wir wollen die gentechnikfreien Regionen verstärkt unterstützen. Wir wollen die Haftungsrisiken neu definieren. Wir wollen eine Prozesskennzeichnung der Lebensmittel. Wir haben uns innerhalb der Koalition darauf verständigt, dass wir uns bei der Verpachtung und Bewirtschaftung von landeseigenen Flächen klar dazu positionieren, dass dies ohne Gentechnik zu erfolgen hat.

Leider haben wir keine weitergehende Mehrheit herstellen können. Herr Dombrowski hat schon darauf hingewiesen, dass er die Haftung nicht vom Landwirt in Richtung des Lizenzge

bers übertragen haben will. Über den anderen Punkt hätte man meiner Meinung nach getrennt abstimmen können; er wäre zustimmungsfähig gewesen. Die Grünen haben an dieser Stelle eine völlig konträre Position und lehnen grüne Gentechnik rundweg ab. Da war natürlich kein Konsens herzustellen.

Ich bitte Sie, dem weiterreichenden Antrag mit der größten Schnittmenge, nämlich den Ausschussempfehlungen, zuzustimmen, und bedanke mich für die Diskussion.

(Beifall SPD)

Während der Abgeordnete Beyer für die FDP an das Rednerpult tritt, begrüße ich unsere Gäste, Mitglieder des Landesverbandes BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben genau den richtigen Tagesordnungspunkt erwischt. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da komme ich ja genau richtig zu diesem Tagesordnungspunkt.

(Zuruf GRÜNE/B90)

- Ja, natürlich, klar.

(Frau Gregor-Ness [SPD]: Wo war er denn so lange?)