Protocol of the Session on September 1, 2011

In Brandenburg könnte man zusätzliche Bausteine, zum Beispiel aus dem Familienpolitischen Maßnahmenpaket nutzen, beispielsweise kürzt das Land ja selbst beim Familienpass.

Mit der Weiterführung der familienbegleitenden Unterstützung durch die Netzwerke bricht die Hilfe nach Beendigung der Tätigkeit der Hebammen nicht abrupt ab. Gespräche mit Gynäkologen sowie mit freiberuflichen und angestellten Hebammen haben ergeben, dass man den Ausbau der Hebammentätigkeit durchaus für sinnvoll hält.

In unserem Antrag wird auch auf die Elternberatungsstelle in Trägerschaft des Instituts für Fortbildung, Forschung und Entwicklung e. V. an der Fachhochschule Potsdam hingewiesen. Im Ergebnis mehrerer von der Bundesregierung geförderter Projekte hat sich hier ein hohes Know-how der Betreuung ratsuchender Eltern entwickelt. Darüber hinaus wäre die Elternberatungsstelle auch in der Lage, die Weiterbildung der Hebammen vorzunehmen. Mit anderen Worten, wir haben schon einen Bildungsträger, aber uns fehlt noch die Finanzierung.

Der vorliegende Antrag soll eine Ermunterung sein, auszuloten, inwieweit Kreise und Kommunen Interesse an einer besseren Unterstützung der Familien haben und sich eine Beteiligung an der Finanzierung vorstellen können. Letztlich - das darf man nicht aus dem Blick lassen - spart es Kosten, wenn die Eltern den richtigen Umgang mit ihren Kindern erlernen. Dann sind sie auch ein Garant dafür, dass diese Kinder in späteren Jahren nicht durch die Jugendhilfe betreut werden müssen.

(Beifall CDU)

Diejenigen unter Ihnen, die Kommunalpolitiker sind, dürften wissen, wie viel Geld in den jeweiligen Kommunen und Kreisen für die Jugendhilfe ausgegeben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb werbe ich mit Nachdruck um Unterstützung für unseren Antrag, zumal durch das Bundeskinderschutzgesetz eine Anschubfinanzierung zu erwarten ist. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU)

Die Abgeordnete Lieske setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schier, recht herzlichen Dank für die sachliche Darstellung des Anliegens, das Sie mit Ihrem Antrag verfolgen. Dem Anliegen folgen sicherlich alle hier im Saal; den Weg, den Sie vorschlagen, wollen wir allerdings so nicht mitbeschreiten. Ich meine, es gilt noch so einiges abzuwarten.

Frau Schier, Sie haben zu Recht das Bundeskinderschutzgesetz angesprochen und einige Male den Finger in die offene Wunde das ist in diesem Fall die Finanzierungsfrage - gelegt. Wir wissen, was Anschubfinanzierungen bewirken. Wir wissen auch, dass das nicht reicht. Gerade der Kinderschutz verlangt dauerhafte Finanzierungsregelungen.

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Verlässlichkeit!)

Wenn Sie jetzt schon ein ganzes Jahr an Ihrem Antrag gearbeitet haben, lohnt es sich vielleicht, noch ein halbes Jahr dranzuhängen, um ihn zu qualifizieren. In Ihre Überlegungen sollten Sie das Bundeskinderschutzgesetz und den sich daraus im Moment noch ergebenden Diskussionsbedarf einbeziehen. Eine parlamentarische Begleitung ist durchaus notwendig, sollte aber eher auf Bundesebene erfolgen. Die Vehemenz, mit der Sie heute Ihr Anliegen vertreten haben, wünsche ich mir auch, wenn Sie es in die CDU/CSU-Bundestagesfraktion tragen. Dort sollten Sie dafür werben, aus der Anschubfinanzierung eine dauerhafte Finanzierung zu machen. Dazu bedarf es noch vieler Anstrengungen.

In einem unserer heutigen Tagesordnungspunkte ging es schon um unseren Kinderschutzbericht. Darin sind viele Instrumente aufgelistet, die wir in Brandenburg im Sinne des Kinderschutzes zur Anwendung bringen.

Wir konnten einer Pressemitteilung des MBJS entnehmen, dass am 22. September dieses Jahres ein Fachgespräch zu dieser Thematik stattfinden wird, an dem auch der Referent Herr Dr. Wiesner, der das Bundesfamilienministerium vertritt, teilnehmen und wo er das Bundeskinderschutzgesetz in seinen Grundzügen vorstellen wird. Dort gibt es eine weitere Möglichkeit der Debatte. Von der kommunalen Ebene wird man hören, inwieweit sie willig und finanziell in der Lage ist, sich zu beteiligen. Warten wir diesen Prozess ab! Danach können wir sehen, ob Ihr Antrag in der Form, in der er hier eingereicht wurde, ausreichend qualifiziert ist, um dem Thema gerecht zu werden.

Ich fasse zusammen: Wir sind in der Sache bei Ihnen, würden aber gern einen anderen Weg beschreiten. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es herrscht sicherlich Einigkeit hinsichtlich der wichtigen Funktionen, die

Hebammen während der Schwangerschaft, der Geburt und in den ersten acht Wochen nach der Geburt ausüben.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Da sprechen Sie jetzt aus ei- gener Erfahrung, ja?)

- Nein, Frau Kollegin Kaiser. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich bei jeder Geburt zu spät gekommen bin. Ich habe da absolut keine Erfahrung.

Die von Ihnen angebotenen Beratungs-, Betreuungs- und Hilfeleistungen sind für viele Familien mit erhöhtem Bedarf zu einer wichtigen emotionalen Stütze geworden. Neben der sozialen und medizinischen Begleitung in der Schwangerschaft und während der ersten Lebenswochen des Kindes beraten Familienhebammen in Erziehungsfragen. Sie wirken unterstützend an der Stärkung der Mutter-Kind-Bindung mit, geben aber auch Hilfe in Alltagssituationen, etwa beim Umgang mit Behörden, Ämtern und anderen Einrichtungen. Insofern teilen wir das Anliegen der CDU-Fraktion, eine Ausweitung der Hebammentätigkeit und der finanziellen Auswirkungen prüfen zu lassen.

Die Realität zeigt, dass vor allem selbstständige Hebammen von ihrer Arbeit oft nicht leben können und deshalb ergänzend zu ihrer freien Tätigkeit auch in Krankenhäusern angestellt sind. Mit Blick auf die Verantwortung, die mit dem Beruf der Hebammen verbunden ist, sollte die Politik ausloten, wie es auch in Zeiten rückläufiger Geburtenraten gelingen kann, die finanziellen Grundlagen der Arbeit der Hebammen abzusichern.

An dieser Stelle müssen wir auch auf die Frage nach der Verlängerung des Behandlungszeitraums zu sprechen kommen, natürlich in Verbindung mit einem entsprechenden Finanzierungskonzept.

Zudem werden wir über die Höhe der von den Krankenkassen erstatteten Vergütungssätze reden müssen, die auch dafür verantwortlich sind, dass immer mehr Freiberuflerinnen keine Geburtshilfe mehr anbieten, sondern sich zunehmend auf Vorsorge und Nachsorge konzentrieren.

Viele Hebammen haben in den vergangenen Jahren die Einführung eines steuerfinanzierten Fonds gefordert, um die ihnen durch die steigenden Haftpflichtbeiträge entstehenden Mehrbelastungen zu dämpfen. Ein solcher Fonds wäre eine interessante Idee, wenn die Zuständigkeit zwischen Land und Bund zügig geklärt werden könnte, und sollte Eingang in das von der CDU-Fraktion geforderte Prüfverfahren finden.

Insofern werden wir diesen Antrag unterstützen.

Liebe Frau Kollegin Kaiser, da meine Frau nach jeder Geburt gesagt hat: „Gott sei Dank, du hättest eh nur herumgestanden!“, hoffe ich, dass Sie das dennoch als qualifizierten Beitrag betrachten. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Wöllert spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Kinderschutz stand heute schon auf unserer Tagesordnung.

Kinderschutz und Gesundheitsleistungen gehören zusammen. Der Referentenentwurf zum Bundeskinderschutzgesetz ist vom Bundeskabinett beschlossen worden. Der Bundesrat hat mit großer Mehrheit den § 3 des Entwurfs der Bundesregierung, in dem unter anderem von den Familienhebammen und der Anschubfinanzierung die Rede ist, abgelehnt, und zwar aus gutem Grund.

Uns eint die Auffassung, dass die wichtige Tätigkeit der Hebammen länger andauern sollte. Es gibt durchaus eine Alternative, der wir uns auch anschließen. Diese ist effizient, kostengünstig und verfolgt den Ansatz, allen jungen Familien, in denen ein Kind geboren wird, Hilfe anzubieten, nicht aber nur ausgewählten Familien. Durch eine Änderung des SGB V könnte die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass der Zeitraum, in dem Hebammen abrechnungsfähige Leistungen erbringen dürfen, von acht Wochen nach der Geburt auf sechs Monate nach der Geburt verlängert werden kann. Bisher sind in den ersten Tagen nach der Geburt maximal 20 Leistungen abrechnungsfähig; zwischen dem elften Tag und dem Ablauf von acht Wochen können insgesamt weitere 16 Leistungen erbracht werden. Oftmals werden die Leistungen in diesem zu kurzen Zeitraum gar nicht angeboten. Die Ausdehnung ist jedenfalls sinnvoll. Wir hätten zudem sofort eine Regelfinanzierung. Die Zusammenarbeit mit den Anbietern der Frühen Hilfen könnte auch hier greifen. Es gibt diese enge Zusammenarbeit schon im Rahmen der Netzwerke. Das ist eine vernünftige Regelung.

Ich betone: Wir wollen das Gleiche - das eint uns -, aber auf verschiedenen Wegen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Abgeordnete Nonnemacher spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Familienhebammen sind staatlich examinierte Hebammen mit einer Zusatzqualifikation. Sie begleiten werdende und junge Eltern, deren Lebenssituation durch gesundheitliche oder soziale Belastungen gekennzeichnet ist.

Familienhebammen sind in ein interdisziplinäres Netzwerk der Frühen Hilfen eingebunden. Die Familienhebammen können die Schnittstelle zwischen Sozial- und Gesundheitswesen sehr gut besetzen. Sie erfreuen sich auch in Problemfamilien hoher Akzeptanz und können deshalb leichter als andere Akteure weitere Angebote der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens vermitteln.

Die Arbeit der Familienhebammen wurde schon im Rahmen des Aktionsprogrammes „Frühe Hilfen“ des Bundesministeriums untersucht. Dabei wurden positive präventive Wirkungen in Risikofamilien festgestellt. Dies muss deutlich hervorgehoben werden, gerade weil wir durch den Bericht der Landesregierung zu den Instrumenten der Kindergesundheit und zum Kinderschutz gelernt haben, wie schwierig wissenschaftliche Evaluationen in diesem Bereich sind. Familienhebammen wirken!

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt CDU)

Inzwischen ist nach langen Vorarbeiten das Bundeskinderschutzgesetz im Verfahren. Es sieht unter anderem den verstärkten Einsatz von Familienhebammen vor. Dafür werden in einem Modellprojekt von 2012 bis 2015 jährlich 30 Millionen Euro bereitgestellt. Die Finanzierung der Familienhebammen ist inzwischen zu einem Hauptstreitpunkt des Gesetzes geworden. Die Kritik, dass ein langfristiges Finanzierungskonzept dringend erforderlich ist, ist sicherlich richtig. Auch die allzu vornehme Zurückhaltung des Bundesministeriums für Gesundheit beim Bundeskinderschutzgesetz ist zu kritisieren. Kritikwürdig finde ich aber ebenso die Haltung der Bundesländer inklusive Brandenburg. Der Bundesrat begrüßt zwar die Verlängerung des Hebammeneinsatzes,

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

möchte aber die normale Hebammenleistung für alle Familien auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung von zwei auf sechs Monate verlängern.

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Wöllert! Da ist wieder das typische Gießkannenprinzip zur Abwälzung von Kosten. Sicher ist es für junge Familien schön, wenn die Hebamme auch nach einem halben Jahr noch einmal vorbeischaut. Diese Leistung würde sicher auch von akademischen Müttern voll ausgeschöpft werden. Wir brauchen aber die spezialisierte Familienhebamme gezielt in den 5 bis 7 % Risikofamilien, und zwar für ein ganzes Jahr. Dort leistet sie einen Beitrag zum Kinderschutz, und da können sich auch die Träger der Kinderund Jugendhilfe nicht mit dem Fingerzeig auf die GKV vom Acker machen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Am 26.09.2011 findet im Bundestag die Anhörung zum Kinderschutzgesetz statt. Wir sind gespannt, wie der Finanzierungskonflikt gelöst werden wird. Wie auch immer, das Bundeskinderschutzgesetz und die Familienhebammen werden glücklicherweise kommen. Das Gesetz soll am 01.01.2012 in Kraft treten. Deshalb macht es Sinn, wenn sich Brandenburg jetzt schon auf den Weg macht, um über die Ausgestaltung hier im Lande nachzudenken. Wir unterstützen den vorliegenden Antrag ganz ausdrücklich.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Insbesondere die Einbeziehung der Familienhebammen in bereits bestehende Strukturen der Frühen Hilfen und der Verweis auf die wertvolle Arbeit des Instituts für Fortbildung, Forschung und Entwicklung e. V. mit seinem Familienzentrum an der Fachhochschule Potsdam begrüßen wir sehr. Dort wurden über Jahre wichtige Beratungs- und Fortbildungsarbeit geleistet und Therapien vermittelt. Kinderschutz lebt von der Prävention von Anfang an. Deshalb können die Aussagen der Landesregierung im Bericht zum Kinderschutz, für ein Landeskinderschutzgesetz mit konnexitätsrelevanten Verpflichtungen sei kein Geld vorhanden, auch nicht befriedigen, denn wir alle wissen: Auf den Anfang kommt es an.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt CDU)

Für die Landesregierung spricht Staatssekretär Jungkamp.