Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Holzschuher, hoffentlich weiß auch Ihr Minister, was Sie eben beantragt haben, damit der Antrag dann auch wirklich die Mehrheit findet. Wir werden sehen, wie es diesmal ausgeht. Es war schon im ersten Anlauf spannend.
Es gab, meine Damen und Herren, im Vorfeld der Landtagswahl eine Reihe von Diskussionsveranstaltungen, von Podiumsdiskussionen bei der Gewerkschaft der Polizei, beim Bund Deutscher Kriminalbeamter. Kollege Holzschuher, Kollege Petke, Kollege Bernig waren dabei, und auch ich war dabei. In vielen Bereichen ist über das Thema Personalpolitik bei der Polizei diskutiert worden, darüber, wie es dort weitergehen soll.
Es muss auch gesagt werden, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen von der CDU: Ihr Antrag ist gut, aber im Ergebnis dieser Diskussion kam in vielen Fällen heraus: Wir bei der Polizei trauen Finanzminister Speer nicht, wir trauen Innenminister Schönbohm nicht. Wir als Polizisten müssen uns jetzt entscheiden: Wählen wir FDP oder Linke? - Das ist mir nach diesen Diskussionen so gesagt worden.
Eine Reihe von Polizeibeamten hat sich offensichtlich für uns entschieden, dadurch sind wir jetzt auch im Landtag. Wir sind gut aufgenommen worden. Jetzt erleben wir, wie sich Positionen verändern. Bei der CDU verändern sie sich; auch das muss gesagt werden. Während es damals hieß, der Personalabbau müsse weitergehen, kommt jetzt zwar ein guter Antrag, der aber eigentlich schon längst hätte vorbereitet werden können. Und die Linke erklärt heute genau das Gegenteil von dem, was sie damals gesagt hat.
Jetzt plötzlich gibt es eine riesige Welle an Abbau, die auf die Polizei im Land in den nächsten Jahren zukommen wird.
Insofern sind die einzigen, die zu dem stehen, was in der Vergangenheit gesagt worden ist, die SPD mit dem Abbau und die FDP mit den Zusagen. Die anderen Positionen haben sich geändert. Auch das gehört zur Wahrheit, die wir heute zu besprechen haben.
Wenn wir die Zustände bei der Polizei kennen, wenn wir wissen, dass der durchschnittliche Polizeibeamte 48 Jahre ist - genauso alt wie ich - und möglicherweise Schwierigkeiten hat, wenn er einem 25-jährigen Straftäter hinterherlaufen soll, wenn wir wissen, dass die Polizisten im Durchschnitt über 30 Tage im Jahr krank sind, wenn wir wissen, dass die Polizei in Branden
burg die bundesweit am zweitschlechtesten bezahlte Polizei ist und es seit Jahren einen Beförderungsrückstand gibt, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Polizei in Brandenburg zunehmend demotiviert ist. Darüber waren wir uns einig und darüber besteht Konsens auch in den Diskussionen mit der Linkspartei. Das ist die gegenwärtige Situation in der Polizei.
Nachdem vorher erklärt worden ist, bis zum Jahr 2012 fallen noch einige Stellen weg, und dann sehen wir weiter, wird ihnen nun gesagt, bis zum Jahr 2019 stehen noch einmal 10 000 Stellen zur Disposition, von denen man nicht genau weiß, wie viel davon die Polizeibeamten treffen werden. Sind es 3 000, 3 500 oder 4 000 Stellen? Das alles ist völlig unklar. Diese Unklarheit wirkt zusätzlich zu dem, was bisher ohnehin bereits bei der Polizei bekannt und an Versäumnissen vorhanden ist, demotivierend.
Die Beamten haben den Polizeiberuf ergriffen, weil sie sich vorgenommen haben, den Menschen zu helfen und für die Menschen einzutreten. Sie wollen unserem Land dienen und das auch gern tun. Das setzt aber voraus, dass sich auch die Politik zu den Polizeibeamten bekennt und es den Polizeibeamten ermöglicht, ihren Auftrag zu wahren und die Motivation, die eigentlich vorhanden ist, im täglichen Dienst umzusetzen.
Die Polizeibeamten haben mehr verdient als ein Dankeschön und mehr, als dass man ihnen sagt, ihr macht das toll, und ihnen ein paar Blümchen überreicht. Sie brauchen auch die Gewissheit darüber, wie viele Stellen es sein werden. Sie brauchen die Gewissheit darüber, dass wieder befördert werden kann. Sie brauchen die Gewissheit darüber, dass Einstellungen vorgenommen werden können und dass nicht nur Polizeibeamte ausscheiden, sondern auch jüngere Beamte in den Polizeidienst nachrücken können.
Wenn lediglich die Anzahl an Beamten nachgerückt wird, die ausscheidet, dann wäre das zwar kein Fortschritt, aber zumindest würde es den Status quo erhalten.
Wenn man sagt, es müssen weniger Polizeibeamte werden, weil die Bevölkerungszahl schrumpft, dann ist das zwar scheinbar richtig, tatsächlich ist es aber falsch. Wenn man überlegt, wer aus Brandenburg wegzieht, dann stellt man fest, dass es junge gut ausgebildete Frauen sind. Es ist doch ein Irrglaube, anzunehmen, dass gerade die jungen gut ausgebildeten Frauen die Straftäter im Land Brandenburg sind. Die Straftäter bleiben hier. Deswegen ist es falsch, die Anzahl der Polizeibeamten abzubauen.
Wer die Fläche des Landes Brandenburgs betrachtet, der möge darüber nachdenken, dass die Fläche des Landes nicht kleiner wird, egal was man tut und egal wie sehr die Bevölkerungszahl schwindet. Wenn man erreichen will, dass Beamte zu einer bestimmen Zeit an einem bestimmten Ort sein können, dass sie eben nicht nur Anrufe entgegennehmen, sondern auch in der Lage sind, den Opfern von Straftaten zu helfen und den Tätern nachzustellen, dann muss man auch dafür Sorge tragen, dass die Alarmierungszeiten eingehalten werden können. Dies bedarf eines gewissen Besatzes an Beamten, um die Fläche des Landes sicherheitstechnisch versorgen zu können.
Wenn im Polizeibereich weiterhin abgebaut wird, dann ergibt sich die Situation - dafür trägt die rot-rote Koalition die Verantwortung -, dass sich diejenigen, die Geld haben, natürlich privat Sicherheit kaufen können - das steht außer Frage -, aber diejenigen, die darauf angewiesen sind, eine schlagkräftige und gute Polizei zu haben, ausgegrenzt werden und ein Pro
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Petke, wenn man Sie hier so sieht, dann denkt man, dass Sie sich zehn Jahre lang darauf gefreut haben, endlich einmal Ihrem Herzen Luft zu machen und als Oppositionspolitiker zu wirken.
Wir hatten - Sie haben darauf ebenfalls Bezug genommen - in den vergangenen Jahren manche Diskussionen über die Personalentwicklung bei der Polizei. Einige dieser Diskussionen bezogen sich auf Anträge, die wir gestellt haben. Zu diesen Anträgen stehen wir auch. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir dabei einmal einer Meinung gewesen wären. Ich denke, Ihre Argumentationskünste hätten selbst bei einer Diskussion um die Uhrzeit dazu geführt, dass Sie einer Übereinstimmung ausgewichen wären.
Insofern hätte ich nie gedacht, dass wir einmal gemeinsam ein Anliegen vertreten könnten. Ich biete Ihnen an, Herr Petke, lassen Sie uns einmal gemeinsam über ein solches Anliegen diskutieren und gemeinsam nach einer funktionierenden Lösung suchen. Das wäre bereits etwas Neues.
Die Konstellation hat sich verändert. Nun wird nicht mehr die Regierungspartei CDU, sondern eine oppositionelle Fraktion tätig. Diese fordert flugs ein Stellenkonzept für die Polizei. Sie wissen wie ich, dass solche Konzepte in den vergangenen zehn Jahren im CDU-geführten Innenministerium entwickelt und ausgestaltet wurden und dass unter genau diesen Vorzeichen ein Personalabbau bis zum Jahr 2012 fesgelegt wurde.
Immerhin 1 766 Stellen sollen im Zeitraum von 2002 bis 2012 im Polizeidienst gestrichen werden. Diese Entscheidung ist nicht mehr rückgängig zu machen; das wissen Sie und das weiß ich. Aber was danach kommt, ist noch offen. Das sollte so vorbereitet und entschieden werden, dass wir auch dazu stehen können. Wir haben nämlich eine gemeinsame Verantwortung.
Wir stimmen sicherlich darin überein, dass die öffentliche Sicherheit insbesondere durch eine handlungsfähige Polizei garantiert werden muss. Die notwendigen Voraussetzungen dafür
sind nicht zuletzt durch eine langfristige Personalentwicklung zu schaffen. Nach unserer Auffassung geht es aber nicht mehr so weiter, dass dabei ausschließlich unter dem Aspekt der Haushaltskonsolidierung vorgegangen wird und aus reinen Einspargründen Polizeistellen gestrichen werden. Das hat nämlich Ihr Innenministerium praktiziert.
Daran muss sich nicht zuletzt im Interesse einer hohen Arbeitsfähigkeit der Polizei etwas ändern. Deshalb setzen wir uns dafür ein - ich denke, dabei werden wir Übereinstimmung erzielen -, dass die Entscheidungen über die weitere Personalentwicklung auf eine fundierte Aufgabenkritik aufzubauen sind, und zwar unter der Einbeziehung der Gewerkschaften. Das ist nämlich bisher überhaupt nicht geschehen. Es wäre ganz gut, wenn Sie, Herr Petke, einmal zuhören würden, dann könnten Sie vielleicht noch etwas lernen.
Es kann nicht so weitergehen, dass mit weniger Personal - bis zum Jahr 2012 wird es nach den Festlegungen der bisherigen Koalition etwa ein Fünftel an Polizisten weniger als zu Beginn der Polizeistrukturrefom im Jahr 2002 geben - die gleichen Aufgaben wahrzunehmen sind. Da alle einen Anspruch darauf haben, ist eindeutig zu bestimmen, worin landesweit in allen Regionen das Niveau der öffentlichen Sicherheit bestehen soll, auch um zu verhindern - darin haben Sie Recht, Herr Goetz -, dass es zu einer schleichenden Privatisierung der Sicherheit kommt.
Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung bei der brandenburgischen Polizei sind ein Ausdruck für eine schwierige Situation in den Schutzbereichen und in den Polizeiwachen. Die Ergebnisse liegen bereits längere Zeit vor, sind aber von der bisherigen Führung des Ministeriums unter Verschluss gehalten worden. Ich finde es gut, dass sich Minister Speer schnell und gemeinsam mit den Gewerkschaften dieser Situation stellen will. Ein solch offener Dialog kann eine tragfähige Grundlage für das weitere Vorgehen sein.
Die Bürger und die Mitarbeiter der Polizei wollen klare Prämissen für die Entwicklung in den nächsten Jahren, damit endlich wieder eine konstruktive Atmosphäre geschaffen werden kann. Diese Atmosphäre ist gegenwärtig nicht vorhanden.
Meine Damen und Herren! Die natürliche Fluktuation beim Personal im Landesdienst und damit auch beim zweitgrößten Personalkörper, der Polizei, ermöglicht den Verzicht auf Kündigungen. Die in der Koalitionsvereinbarung erfassten Daten liegen über diesem natürlichen Rückgang. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Ich will klar sagen: Die entscheidende Komponente ist die Sicherung der Arbeitsfähigleit des öffentlichen Dienstes einschließlich der Polizei durch Neueinstellungen und durch den notwendigen Vorlauf im Rahmen der Ausbildung.
Es wird noch manche Diskussion zu führen sein, an welcher Stelle dabei die Schwerpunkte zu setzen sind. Wir müssen uns vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltssituation darüber verständigen - das müssen wir wieder gemeinsam tun -, wie der Ausbildungs- und Einstellungskorridor bei der Polizei mit Blick auf das Jahr 2013 und folgende ausgestaltet werden muss. Mit dem Haushalt des nächsten Jahres muss die Ent
scheidung über die Anzahl der Neueinstellungen im Jahr 2013 getroffen werden. Das ist nicht leicht und wird mit mancher Auseinandersetzung verbunden sein. Aber wir wollen uns dem stellen, ohne dabei unsere Prinzipien über Bord zu werfen und ohne einfach nur einen Rollentausch vorzunehmen.
Herr Petke, versuchen wir es doch einmal so herum, dass wir nicht einfach nur die Rollen tauschen, sondern gemeinsam über diese Frage reden. Dafür dient die Überweisung an den Ausschuss. Wir können dann in öffentlicher Ausschusssitzung darüber diskutieren. Sie haben bisher verhindert, dass auch das möglich war. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sieht so aus, als ob ich wieder den Schwarzen Peter hätte, als letzte Abgeordnete zum letzten Tagesordnungspunkt zu sprechen. Ich hoffe, den Schwarzen Peter werde ich im Laufe der nächsten fünf Jahre loswerden.
Ich möchte mich an dieser Stelle für den Antrag der CDUFraktion zum Stellen- und Personalkonzept für die Polizei im Land Brandenburg aussprechen, dem unsere Fraktion gern direkt zugestimmt hätte. So werden wir für die Überweisung an den Innenausschuss stimmen und dort die muntere Diskussion hoffentlich fortsetzen.