Protocol of the Session on November 19, 2009

Herr Jürgens, Sie erzählen ständig das Märchen, das neue Regierungshandeln sei von einem neuen Umgang miteinander gekennzeichnet, während die vormalige Koalition Ihre Anträge angeblich immer in Bausch und Bogen abgelehnt hätte. Sie sollten sich einmal die Protokolle anschauen und nachzählen, wie viele Ihrer Anträge in die Ausschüsse überwiesen wurden.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Sieben in der ges- amten Legislatur! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE - Holzschuher [SPD]: Mehr können es nicht ge- wesen sein!)

- Sagen Sie es doch einmal so deutlich! Vorhin habe ich gehört, dass nicht ein einziger in irgendeiner Art und Weise behandelt worden sei. Das Gegenteil ist der Fall.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

- Wir haben es gemacht, Herr Schulze, aber scheinbar ohne Auswirkungen.

Fakt ist: Sie können sich nicht hier hinstellen und behaupten, Sie machten eine neue Politik. Wenn Sie hier eine neue Politik verfolgen würden, dann würden Sie unserem Antrag zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU - Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Bischoff spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vermutlich sind schon heute mindestens genauso viele Anträge der Opposition

überwiesen worden wie in der vergangenen Legislaturperiode insgesamt.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ein finanzpolitisches Thema steht zur Debatte. Es ist, ehrlich gesagt, viel zu Ernst für Spaßigkeiten. Wenn man sich den Antragstext durchliest - ich weiß nicht, ob alle Kollegen der Union das getan haben -, findet man darin folgende Behauptung:

„Dies ist auch deshalb erforderlich,...“

- es geht um die Begründung des Antrags

„... weil durch die Pläne der neuen Regierung...“

- das sind wir und Ihr von den Linken

„... die hoheitlichen Kernaufgaben massiv unter Druck geraten sind und damit zentrale öffentliche Güter - wie der Schutz der Bürger durch die Polizei - in Frage gestellt werden.“

Das steht in der Begründung Ihres Antrags. Diese Behauptung muss man von hier vorn einfach zurückweisen. Niemand stellt ein öffentliches Gut, schon gar nicht die Polizei, infrage.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Auch wenn das nur in der Begründung einer Landtagsdrucksache behauptet wird, muss doch so viel Zeit für die Zurückweisung sein.

(Schulze [SPD]: Wie mit den brennenden Autos in Neu- fahrland!)

Frau Kollegin Dr. Ludwig, im Jahre 2007 ist das Haushaltssicherungsgesetz ausgelaufen; wir hatten es gemeinsam initiiert. Es enthielt übrigens viele Maßgaben, zu denen ich heute noch stehe. Aber viele dieser Ziele sind so nicht realisiert worden. Das erkennt man, wenn man genau hinsieht. Wir hatten schon 2004 keine Nettokreditaufnahme mehr vor. Dieses Ziel haben wir revidiert und sind dann, wenn ich mich richtig erinnere, auf das Jahr 2011 gegangen. Dann plötzlich ist das - vorher - eingetreten. Es ging also munter hoch und herunter. Wir wollten jährlich 1,5 % der Betriebsausgaben sparen; das haben wir nicht gemacht.

Wir haben - auch gemeinsam - finanzpolitisch eine Menge erreicht, keine Frage. Aber in den vergangenen zehn Jahren, das heißt unter Schwarz-Rot, sind auch 6 Milliarden Euro Schulden hinzugekommen. Ich finde, Anstand und Ehrlichkeit gebieten es, auf die veränderten Rahmenbedingungen hinzuweisen. Es wundert mich schon, dass über den Antrag heute, nach einer solchen Aktuellen Stunde, debattiert wird. Der Bund versucht, den Ländern und damit auch Brandenburg 300 Millionen Euro zusätzlich aus der Kasse zu greifen. Sie von der CDU aber fordern uns auf, einen Vorschlag zu machen, woher wir die Knete wieder nehmen sollen.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Die Juristen sagen: Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Ich sage: Ein Blick in den Koalitionsvertrag

erleichtert ein Stück weit die politische Standortbestimmung.

Wir haben von dem Vorschlag der Union, ein neues Haushaltssicherungsgesetz 2010 aufzulegen, zahlreiche Punkte übernommen. Ich erspare es mir, alles vorzulesen, weil fünf Minuten Redezeit ziemlich kurz sind. Daher nenne ich nur die Zeilennummern; man kann sie mitschreiben. In Zeile 19/85 steht, wie wir mit Mehreinnahmen und mit Mehrausgaben umgehen wollen: kompensieren mit zusätzlichen Einsparungen. In Zeile 19/95 finden sich Ausführungen zu modernen technischen Lösungen und zur Verwaltungsmodernisierung. Darauf wird sogar sehr ausführlich eingegangen. Ich weise auch darauf hin, dass die Anpassung der Personalobergrenzen bis 2019 in dem Vertrag zu finden ist, und zwar ab Zeile 20/30.

In der Debatte ist behauptet worden, die neue Koalition fahre nur auf Sicht und wir könnten nicht eins und eins zusammenzählen, hätten also Schwierigkeiten mit dem Rechnen. Ganz ehrlich: Es ist ziemlich überraschend, wenn gesagt wird, wir hätten keinen Gestaltungswillen. Ich weiß es nicht, aber dann habe ich wohl den falschen Koalitionsvertrag gelesen. In dem unsrigen steht eine ganze Menge Gestaltungswillen. Das gilt übrigens - entgegen allen Unkenrufen - auch für die Finanzpolitik. Das werden wir unter Beweis stellen. Ein Nachtragshaushalt muss aufgestellt werden, wenn er aufgestellt werden muss. Wenn er nicht erforderlich ist, dann muss er auch nicht aufgestellt werden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Abgeordnete Vogdt spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP begrüßt den Antrag der CDU-Fraktion auf verbindliche Konsolidierungsziele für Brandenburg in der 5. Legislaturperiode. Die Staatsverschuldung nimmt künftigen Generationen ihre Freiheit und ihre Chancen. Es darf nicht sein, dass wir die Handlungsspielräume der nachfolgenden Generationen einschränken, indem wir ihnen wie bisher die Schulden der heutigen Generation zur Tilgung weiterreichen. Es muss daher konsequent der Weg verfolgt werden, keine neuen Schulden aufzunehmen.

Das wird Ihnen nicht gelingen. Dazu sind die Versäumnisse der vergangenen Jahre zu groß. Daher dürfen neue Schulden nur in Ausnahmefällen aufgenommen werden. Einen Antrag von uns auf ein Neuverschuldungsverbot kündige ich hier schon einmal an.

Angesichts der Tatsache, dass wir uns in einer schweren Wirtschaftskrise befinden, Steuereinnahmen konjunkturbedingt schwanken und die Mittel aus dem Solidarpakt II in den folgenden Jahren stark sinken werden, ist die Begrenzung der Neuverschuldung geboten. Eine solche Regelung fördert die Selbstbindung des Staates und wirkt langfristig der Einschränkung seiner Handlungsfähigkeit durch steigende Zinsverpflichtungen entgegen.

Die Haushaltsjahre 2007 und 2008 schlossen mit Überschüssen ab. Aber was machte die Regierung? Die Überschüsse wurden nicht zur Schuldentilgung eingesetzt, sodass der Schuldenstand

des Landes in den vergangenen zwei Jahren gleich blieb. Aufgrund des Bevölkerungsrückgangs stieg damit die Verschuldung je Einwohner noch stärker an. Die Zinsausgaben erhöhten sich 2008 um 13 Millionen Euro gegenüber 2007. In den letzten zwei Jahren wurden jeweils 14,5 % der Steuereinnahmen für die Finanzierung der Zinsen benötigt.

Im laufenden Jahr wird der Schuldenstand weiter ansteigen mit der Folge noch höherer Zinsausgaben. Je mehr Steuereinnahmen zur Finanzierung der Zinsausgaben eingesetzt werden, desto größer ist die Einschränkung des haushaltspolitischen Handlungsspielraums.

Dies und die strukturellen Probleme des Haushalts unterstreichen die Notwendigkeit von verbindlichen Konsolidierungszielen. Prinzipiell sind Konsolidierungsmaßnahmen sowohl auf der Ausgabenseite als auch auf der Einnahmenseite möglich. Schwerpunkt müssen natürlich die Ausgaben sein, aber ich möchte mich nicht wiederholen.

Eine qualitativ ausgerichtete Finanzpolitik zielt darauf ab, die Einnahmen des Staates so zu gestalten, dass sie Wachstum nicht behindern und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Ausgaben Wachstum fördern. Als Beispiel für wachstumsfördernde Ausgaben ist vor allem auf die Ausgaben für die Bereiche Bildung sowie Forschung und Entwicklung hinzuweisen. Staatliche Investitionen in Aus- und Weiterbildung gewinnen einen immer höheren Stellenwert für Produktivität und Wachstum; nicht gleich heute, aber morgen.

Gerade in Ländern mit absehbaren demografischen Problemen und wachsender Knappheit an Fachkräften ist es notwendiger denn je, alle Talente zu fördern und die öffentlichen Bildungsausgaben und -systeme entsprechend auszurichten. Diese können auch dazu beitragen, lebenslanges Lernen zu stärken und so die Beschäftigungsfähigkeit langfristig zu sichern. Meine Damen und Herren, so muss jede Ausgabe jedes einzelnen Ressorts im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit überprüft werden. Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Für die Linksfraktion spricht der Abgeordnete Krause.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, insbesondere die Kollegen von CDU und FDP! Ihre Parteikollegen haben auf Bundesebene im Koalitionsvertrag gerade erst für 2011 die Reform der Einkommensteuer vereinbart. Auf den Bund sowie die Länder und Kommunen kommen damit Einnahmeausfälle in Höhe von 30 Milliarden Euro jährlich zu. Bereits im kommenden Jahr wird der Staat insgesamt ungefähr 21 Milliarden Euro weniger einnehmen. Dass das nicht ohne Folgen auch für unser Land Brandenburg bleiben wird, ist klar. Wir gehen im Moment von ungefähr 300 Millionen Euro Mindereinnahmen aus.

Mit dem geplanten sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz werden Brandenburg im kommenden Jahr Steuereinnahmen in Höhe von 550 Millionen Euro und im Folgejahr, also 2011, in Höhe von ca. 81 Millionen Euro fehlen. Diese Vorschläge kommen von Ihnen, obwohl Sie die Mit- und Hauptin

itiatoren der Schuldenbremse waren. Das erschließt sich für unsere Fraktion an dieser Stelle nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben mit der SPD vereinbart, dass der Konsolidierungskurs zur Sicherung der Handlungsfähigkeit unseres Landes nachhaltig fortgesetzt werden muss. Wie schwer das unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen ist, kann sich jeder selbst ausmalen.

Wir hätten von Ihnen erwartet, dass Sie sich bei Ihrer Bundespartei für die Stärkung der Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden einsetzen würden. Doch Fehlanzeige. Noch haben Sie allerdings die Chance, dort zu intervenieren, Einfluss zu nehmen und sich für unser Land Brandenburg stark zu machen.

(Beifall DIE LINKE)

Es soll, wenn es dabei bleibt, wieder einmal nur auf der Ausgabenseite eingespart werden. Nichts anderes beinhalten Ihre Eckpunkte eines Haushaltssicherungsgesetzes.

(Zurufe von der CDU)

Nachdem Sie in der letzten Woche eine Haushaltssperre und einen Nachtragshaushalt forderten, soll nun die Landesregierung ein Haushaltssicherungsgesetz vorlegen. Offensichtlich so stellt sich das mir zumindest dar - kompensieren Sie Ihren Verlust an Regierungsverantwortung mit Aktionismus und treiben eine haushaltspolitische Sau nach der anderen durchs Dorf.