Protocol of the Session on June 23, 2011

Das alles zeigt: Wir wollen deutlich mehr, als im Gesetzentwurf der FDP vorgesehen ist. Zu dem, was bis jetzt seitens der Koalitionspartner öffentlich gesagt worden ist, stehen wir. Es besteht nicht die Gefahr, dass wir von diesen klaren Ansagen abrücken werden. Frau Nonnemacher, Sie müssen hier also keine Sorge haben.

Parallel zu dieser Diskussion findet die Diskussion über das Volksabstimmungsgesetz statt. Diesen Gesetzentwurf haben ja die Grünen eingebracht; auch das ist sehr verdienstvoll, und auch das wird Ihnen bleiben. Wir werden uns zu diesem Volksabstimmungsgesetz in der Koalition eine gemeinsame Meinung bilden und dieses Gesetz dann auch angehen.

Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Teuteberg zu?

Aber selbstverständlich.

Herr Kollege Scharfenberg, ich höre mit Interesse, was Sie alles noch mehr wollen. Vielleicht können Sie mir erklären, inwiefern das Ergänzen eines vorliegenden Entwurfs um weitergehende Forderungen förderlich dafür ist, eine möglichst breite Mehrheit bei strittigen Fragen herzustellen. Nach meinem logischen Verständnis erschwert es die Mehrheitsbildung, wenn man die verschiedensten Fragen, zu denen Abgeordnete sehr unterschiedliche Meinungen haben können, verknüpft.

Das möchte ich jetzt fast mit einer Gegenfrage verbinden: Ich weiß nicht, ob das jetzt so etwas wie eine Drohung sein soll, dass die Mehrheiten nicht zustande kommen könnten. Denn ich muss Ihnen sagen: Wenn Sie für das Kommunalwahlalter 16 sind, dann ist diese Position nur glaubwürdig, wenn Sie auch bereit sind, das Wahlalter 16 für die Landtagswahl ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Wie wollen Sie denn da einen strengen Trennstrich ziehen? Aber wir werden diese Diskussion noch weiterführen.

Wir denken jetzt über eine inhaltliche Verknüpfung beider Gesetze, also Volksabstimmungsgesetz und gesetzliche Regelungen zum Wahlalter, nach. Es gibt ja auch Überschneidungen dabei, und ich denke, das ist sinnvoll. Ich habe Verständnis für die Sensibilität der Oppositionsfraktionen; wir haben ja da auch eigene Erfahrungen. Aber ich meine schon, dass es in diesem Landtag eine neue Qualität gibt. Im Mittelpunkt steht, eine inhaltliche Diskussion zu führen, und zwar mit dem Ziel, die beste Lösung zu finden. Dabei muss es einen hohen Anspruch geben, und es muss um Praktikabilität gehen.

Herr Dr. Scharfenberg, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Holzschuher zu?

Herr Kollege Scharfenberg, würden Sie mir Recht geben, dass die Diskussion zwischen Ihnen und Frau Teuteberg deutlich macht, dass es eben sehr wohl noch Diskussionsbedarf gibt und dass dies keinerlei Anhaltspunkt dafür ist, dass hier mit sachfremden Erwägungen etwas verschleppt werden soll?

Da kann ich Ihnen ja nur Recht geben, Herr Holzschuher.

Meine Bitte an die FDP und an Frau Teuteberg ist: Versuchen Sie doch einmal, die Eitelkeiten zurückzustellen, die sich mit dieser Gesetzesinitiative verbinden. Versuchen Sie, das inhaltliche Anliegen in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist unser Anspruch. Wir wollen Ihnen nichts wegnehmen, sondern wir wollen eine tragfähige Lösung haben. Auch das Argument, was hier angeführt wird, dass am 11. September 16-Jährige nicht an den Bürgermeisterwahlen teilnehmen können, trägt nicht.

Wenn wir nach 20 Jahren hier das Wahlalter 16 einführen, kann man das nicht auf einen Wahltermin fixieren, sondern das ist eine Grundsatzentscheidung, die dann auf lange Sicht gelten soll. Das sollten wir in den Mittelpunkt stellen.

Ich bin mir ganz sicher, dass wir noch in diesem Jahr zu einem Beschluss kommen werden, mit dem hoffentlich sehr viele in diesem Landtag und in diesem Land zufrieden sein werden. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der CDU fort. Der Abgeordnete Petke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es die SPD und die Linke ehrlich meinen würden, dann würden sie heute eine klare Botschaft an die Menschen in Brandenburg senden, wie sie mit dem Gesetzentwurf der FDP umgehen.

Ich verrate ja kein Geheimnis: Die CDU ist nicht der Meinung, dass das Wahlalter bei den Kommunalwahlen und bei den Landtagswahlen auf 16 Jahre abgesenkt werden soll. All die Verheißungen der zumeist älteren Anzuhörenden in der Anhörung des Innenausschusses werden nicht in Erfüllung gehen. Bei ganz nüchterner Betrachtung kann man das in Bremen nachvollziehen. Das ist ein Stadtstaat; das weiß ich. Aber die 16-Jährigen in einem Stadtstaat werden sich, so glaube ich, nicht so signifikant von den 16-Jährigen in einem Flächenland unterscheiden. In Bremen ist die Wahlbeteiligung gesunken,

und zwar auch in dem Bereich, der hier angesprochen worden ist. Die ersten Reaktionen aus der Koalition waren ja durchaus positiv. Vielleicht hat sich das eine oder andere Mädchen bzw. der eine oder andere Junge in Brandenburg gedacht, als er die Reaktionen auf die Pressemitteilung der innenpolitischen Sprecher von SPD und Linken gelesen hat: Da kann ich am 11. September meinen Bürgermeister, meine Bürgermeisterin, meinen Oberbürgermeister mit wählen. - Zeit wäre ja gewesen.

(Frau Stark [SPD]: Sie wissen aber, dass man so etwas gut vorbereiten muss?)

- Das weiß ich, Frau Kollegin Stark.

Herr Abgeordneter Petke, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Krause zu?

Ich mache es einmal wie gestern die Kollegin von der Linken und setze meine Rede fort.

Zeit wäre ja gewesen, das entsprechend umzusetzen. Aber Sie haben es nicht getan.

Jetzt beißt sich doch das Anliegen. Wenn man die 16- bis 18Jährigen gewinnen will, dann wird einem dies durch gute Politik gelingen, zum Beispiel durch gute Bildungspolitik, die dafür sorgt, dass eine Schule keinen Unterrichtsausfall kennt. Das sind die Punkte, die wir hier entscheiden können, die die Regierung zu verantworten hat. Es gibt viele Dinge, die man regeln kann, um 16- bis 18-Jährige auf Politik und vor allen Dingen auf ihr Leben vorzubereiten. Wenn man ihnen aber im Frühjahr sagt, dass sie möglicherweise die Bürgermeister im Land mitwählen können, dies dann aber aufgrund innerfraktionellen oder innerkoalitionären Drucks nicht hinbekommt und uns Kollege Holzschuher auch noch erklären will, dass dies am Beratungsumfang liege, dann führt es genau zu dem, was wir alle immer beklagen: dass wir die Jugend eben nicht oder nur unzureichend für politische Themen und die Mitarbeit in politischen Parteien begeistern können. Die Jugendlichen spüren am ehesten, dass das, was Sie hier heute vorgetragen haben, Kollege Holzschuher, gar nicht der Grund ist, aus dem wir dieses Gesetz nicht behandeln.

(Beifall CDU)

Der Grund ist, dass Sie sich in der Fraktion und in der Koalition uneinig sind.

(Holzschuher [SPD]: Weil wir beraten!)

- Natürlich beraten Sie, aber Sie sind sich uneinig.

(Holzschuher [SPD]: Meinen Sie, die Wende der CDU in der Atompolitik wird die Jugendlichen mehr überzeugen?)

- Wissen Sie, was die Landesregierung und die Koalition im Brandenburger Landtag von der Koalition auf Bundesebene unterscheidet? Die Koalition in Berlin - dazu kann man stehen, wie man will - war in der Lage, eine Entscheidung zu ändern, und sie setzte in kürzeste Zeit eine neue Entscheidung um.

(Bischoff [SPD]: Ja, Wendehälse!)

Sie sagt den Menschen, was möglicherweise hätte besser laufen müssen. Kollege Holzschuher, was Sie uns hier als Vorsitzender des Hauptausschusses - ich war in der Sitzung anwesend geboten haben, ist genau das Gegenteil: Sie beraten nicht, Sie sind sich uneinig. Ihre Argumente, die immer wieder vorgebracht werden - ich habe darauf einzugehen versucht -, greifen nicht; Ihre Verheißungen werden sich nicht bewahrheiten. Sie haben keine Lösung für dieses rot-rote Projekt, jedenfalls keine, die die 16- bis 18-Jährigen irgendwie begeistern würde.

Schauen Sie doch einmal an die Schranke des Landtages. Es gibt kaum eine Landtagssitzung, am Rande derer nicht Menschen für oder gegen eine bestimmte Politik der Landesregierung demonstrieren. Es hat in den vergangenen 20 Monaten noch niemand für das Wahlalter 16 demonstriert; das sollte Ihnen zu denken geben. Der Städte- und Gemeindebund sagt klar: Wir haben mehr Fragen als Antworten.

(Görke [DIE LINKE]: Die haben Sie!)

Wenn es darum geht, das passive Wahlrecht für diese Altersgruppe einzuführen, wodurch dann auch Spitzenposition angestrebt werden können, wie es hier angeklungen ist, dann wird Sie das vor verfassungsrechtliche Schwierigkeiten stellen, die aus unserer Sicht kaum zu lösen sind.

Weil die Redezeit zu Ende ist, darf ich zusammenfassen: Aus Koalitionssicht wäre es ehrlicher zu sagen: Wir können uns darauf nicht verständigen. In dieser Wahlperiode wird es keine Absenkung des Wahlalters auf 16 geben. - Es wäre vor allem...

Herr Abgeordneter Petke, es ist nicht möglich, nach dem Aufleuchten der roten Lampe mit einer Zusammenfassung zu beginnen. Ich bitte Sie, Ihre Redezeit zu beachten.

Frau Präsidentin, danke für diesen Hinweis.

(Beifall CDU - Görke [DIE LINKE]: Heiße Luft lässt sich ja auch gar nicht zusammenfassen!)

Von der Landesregierung ist Verzicht angekündigt worden. Damit beende ich die Aussprache. Der Zwischenbericht des Hauptausschusses in der Drucksache 5/3393 ist damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Annahmestopp für Neuanträge zur Umstellung auf Ökolandbau zurücknehmen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/3371

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Abgeordnete Niels hat das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! In Brandenburg gibt es viel Sand. Auch unter diesem Gesichtspunkt schreibt der ökologische Landbau definitiv eine der großen Erfolgsgeschichten in Brandenburg. Nirgendwo sonst in der Republik werden anteilig so viele landwirtschaftliche Flächen ökologisch bewirtschaftet. Mehr als jeder zehnte Acker wird bei uns mittlerweile nach ökologischen Kriterien bestellt. Die Branche wächst und wächst, und auch die Nachfrage nach biologischen Produkten steigt in Brandenburg und vor allem auch in Berlin.

Die Landesregierung schmückt sich zu Recht mit diesen Federn und hat auch die weitere Unterstützung des Ökolandbaus in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Umso unverständlicher und für alle Akteure überhaupt nicht nachvollziehbar ist der nun verhängte Annahmestopp für Anträge auf eine Prämie für die Umstellung auf ökologischen Landbau.

(Beifall GRÜNE/B90)