Ich greife dem jetzt nicht vor. Wir haben bis zum 31.05. Zeit. Eine Expertenkommission hat das vorgelegt. Ob wir das so durchsetzen werden, wird man sehen. Das werden wir gemeinsam mit Herrn Dr. Woidke im Innenausschuss zu leisten haben.
Sie verhakeln sich in Details und verlieren aus meiner Sicht dabei das große Ganze aus den Augen. Wir hatten hier im Landtag in vielen Entschließungsanträgen als Ergebnis vieler Beratungen miteinander festgelegt, Eckpunkte zu formulieren, nach denen diese Polizeireform ablaufen soll. Wir haben zugesagt, eine handlungsfähige Polizei in allen Teilen des Landes vorzuhalten. Dafür werden wir sorgen. Die Polizei soll genauso schnell zur Stelle sein wie bisher.
Hier noch einmal der Einschub in Richtung CDU: Sie suggerieren, dass allein die Zahl der Wachen und die 24-StundenBesetzung die schnelle Einsetzbarkeit vor Ort ermögliche. Wir haben eine ganz andere Herangehensweise. Die Anzahl der Revierpolizisten und die Anzahl der Funkwagen, die sich im Land bewegen, machen Polizei erlebbar.
Ich kann nur noch einmal sagen: Ich freue mich, dass wir es hinbekommen haben, gemeinsam die Empfehlung zu geben, dieser Volksinitiative hier zu folgen und sie anzunehmen. Wir werden gemeinsam zahlreiche Debatten im Sommer und im Winter führen können. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein gutes Jahr ist es her, dass der damalige Innenminister Speer für das Land Brandenburg kein Polizeistrukturreformkonzept, sondern ein Polizeipersonalabbaukonzept angekündigt hat. Dieses Personalabbaukonzept sah vor, dass von damals - März 2010 8 900 Beamtenstellen bis zum Jahr 2020 1 900 abgebaut werden und noch 7 000 Beamte übrig sein sollen.
Wenn wir die heutigen Zahlen sehen, wissen wir auch, dass es in Richtung auf das Jahr 2019 nicht auf 7 000 Beamte zuläuft, sondern auf eine deutlich geringere Zahl: 6 500, 6 600. Herr Minister Dr. Woidke, wir sind uns einig, dass bis zum Jahre 2019 1 200 neue Beamte benötigt würden, um wenigstens die Zahl 7 000 zu halten. 1 200 neue Beamte bis zum Jahre 2019 heißt, dass diejenigen spätestens 2016 an die Fachhochschule der Polizei gehen müssten, um 2019 ihren Dienst antreten zu können. Nun können wir einfach rechnen: 1 200 Beamte für sechs Jahre - 2011 bis 2016 - macht Jahr für Jahr 200 neue Anwärter an der Fachhochschule der Polizei.
Ich erinnere daran: Zum Haushalt 2011 hatte ich für die FDPFraktion beantragt, genau diese Zahl in den Haushalt aufzunehmen, um wenigstens noch die 7 000 zu halten. Im Haushalt standen 125, Sie haben erhöht auf 150. Herr Minister Dr. Woidke, das ist ein richtiger Schritt, den ich ausdrücklich anerkenne. Es war vielleicht nicht leicht, dorthin zu kommen, aber die Zahl von 150 neuen Anwärtern ist deutlich zu kurz gesprungen. Wenn das so fortgesetzt werden sollte, hieße das: 2019 würden uns 300 bis 500 Beamte an der von Ihnen vorgegebenen Sollstärke fehlen.
Ich werde daraus die Schlussfolgerung ziehen, für den Haushalt 2012 den Ausgleich haben zu wollen: Wir brauchen 2012 dann eben 250 neue Anwärter an der Fachhochschule der Polizei, um wenigstens die Stärke zu erhalten, die Sie angekündigt haben.
Wie soll das nun gehen? Da wird gesagt: weniger Häuptlinge, mehr Indianer. - Ich habe dazu eine Kleine Anfrage gestellt. Im Land Brandenburg gab es im Dezember 2009 insgesamt 149 Häuptlinge: 149 Beamte im höheren Dienst. Für mich ist es ein Rätsel, wie mit 149 Häuptlingen 1 900 Stellen eingespart werden sollen. Man muss dann sicherlich bei den Häuptlingen deutlich weiter nach unten greifen, nach unten sehen, um nachzufragen, wo es denn sein soll.
Die Antwort ist: Wachenschließungen. Die Antwort von Herrn Speer war: Es bleiben 15 plus x Wachen übrig. Ihre Antwort heute ist: 15 plus 1, nämlich plus Schönefeld. Das sind die Wachen, die uns irgendwie, wenn auch mit veränderten Namen, irgendwo bleiben sollen.
Was sparen Sie wirklich bei einer Wachenschließung? Sie sparen den Wachenleiter. Sie sparen den Leiter der Geschäftsstelle in der Wache, der dort die Post bearbeitet, und Sie sparen möglicherweise einen Einsatzbearbeiter rund um die Uhr, wenn sie da sind: sechs bis sieben Beamte, sechseinhalb. Das macht neun Beamte pro Wache, die Sie tatsächlich sparen können unter der Voraussetzung, dass der eine verbleibende Einsatzbearbeiter in der einen verbleibenden Wache rund um die Uhr in der Lage ist, sämtliche Aufgaben zu erfüllen, die bisher vier oder fünf Einsatzbearbeiter in verschiedenen Wachen wahrgenommen haben.
Wenn das das Einsparpotenzial ist! Alle anderen - Dienstgruppenleiter, Wachdienstführer - sind ohnehin im Einsatz. Dienstgruppenleiter führen aus dem Einsatz, sie sind draußen unterwegs und sollen auch draußen bleiben. Es ist gesagt worden, es werden nicht weniger. Alle anderen sollen weiterhin bleiben, weil sie Revierpolizisten sind, weil sie im Wach- und Wechseldienst unterwegs sind. Das, was an Einsparungen aus dem Wachdienst übrig bleibt, sind diese neun Leute. Wenn Sie 30 Wachen schließen - es können auch 32, 33 oder 34 sein -, ergibt sich ein Einsparpotenzial von weniger als 300 Beamten, das sich durch diese Wachenschließungen akquirieren lässt. Dann haben wir 189 Leute im höheren Dienst plus diese Beamten: Das sind immer noch unter 500. Es bleiben immer 1 400 Beamte, die irgendwo weggespart werden sollen.
Es stellt sich die Frage, wo das geschieht. Bei den Revierpolizisten nicht, beim Wach- und Wechseldienst nicht - ist jedenfalls gesagt worden. Ich glaube es nicht, aber es ist versprochen worden. Dann bleibt am Ende die Kripo. Also greift man bei der Kripo ein, möglicherweise aus den noch gut 2 000 Stellen, was dazu führen wird, dass das Kriminalitätsaufkom
men nicht mehr zur Aufklärung kommen wird und Straftäter in den Bereichen hier in Brandenburg das Schlaraffenland erleben, wo die Kriminalpolizei aus der Fläche zurückgezogen wird.
Natürlich trägt die Ortskenntnis der Kripo erheblich dazu bei, Straftaten aufzuklären. Es ist besser, dass das nicht irgendwo in einer fernen Direktion oder in einer fernen Inspektion passiert, sondern wirklich dort, wo die Straftaten geschehen. Auch das ist nicht gewährleistet. Es bleiben viele Fragen offen, unter anderem die, wie der Dienstantritt gewährleistet werden soll. Sie sagten jetzt, in den Bereichen, die dann Reviere heißen. Es ist versprochen worden, dass die Reviere am Ende möglicherweise als Standort erhalten bleiben. Was das dann ist, mit welchen Zeiten, ob das dann ein Revierpolizist ist, ist völlig offen.
Die Volksinitiative heißt nicht „Volksinitiative für eine Befassung des Landtages mit dem Personalabbau“,
sondern „Volksinitiative für den Erhalt einer leistungs- und handlungsfähigen sowie wahrnehmbar präsenten Polizei in allen Regionen des Landes Brandenburg“. Genau das ist der Auftrag, den wir bekommen haben. Wir sollen uns nicht damit befassen, wir sollen zu Ergebnissen kommen, die eine leistungsfähige, wahrnehmbare Polizei in Brandenburg gewährleisten.
Da sind wir eigentlich der Meinung, dass der Antrag gut ist. Wir werden selbstverständlich zustimmen.
Aber ich kann nur anregen - das gilt auch für jeden anderen, der es hier gehört hat -: Bleiben Sie misstrauisch, wenn die Volksinitiative hier angenommen wird. Das heißt noch längst nicht, dass das Anliegen der Volksinitiative hinterher tatsächlich umgesetzt wird und die Polizei im Land Brandenburg präsent bleibt und wahrnehmbar ist. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Volksinitiative zur Polizeireform hat Wirkung gezeigt, und sie wird weiter Wirkung zeigen. Der Innenausschuss und der Hauptausschuss haben empfohlen, diese Initiative anzunehmen. Das ist auch gut so.
Kollege Petke, ich nehme Ihnen das ohne Weiteres ab. Wenn Sie hier noch etwas zu sagen hätten, hätten Sie diese Volksiniti
Respekt für die Initiatoren der Volksinitiative, die innerhalb kurzer Zeit fast 100 000 gültige Unterschriften gesammelt haben. Das unterstreicht das große Interesse an der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit in der Fläche des Landes, und das vor dem Hintergrund der laufenden Polizeireform.
Die Initiative ist im September 2010 ausgelöst worden. Zu diesem Zeitpunkt lag das Konzept der vom Innenminister eingesetzen Expertenkommission vor, mit dem Grundlinien für eine Polizeistrukturreform aufgezeigt wurden. Und es gab den Entwurf des Gesetzes zur Polizeistrukturreform.
In der Diskussion über die Novellierung des Polizeigesetzes spielte die zu diesem Zeitpunkt noch laufende Volksinitiative bereits eine große Rolle. Sichtbar wird das insbesondere in der von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entschließung zur Änderung des Polizeigesetzes mit inhaltlichen Vorgaben für die Umsetzung der Reform. Ich will daran erinnern, dass es eine Anregung der GdP war, eine solche Entschließung zum Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen. Hier sind wesentliche Elemente der Volksinitiative aufgegriffen worden. Ich verweise auf die Erhaltung von Polizeipräsenz an allen jetzigen Polizeistandorten, den Erhalt des Wach- und Wechseldienstes und der Revierpolizisten in der jetzigen Stärke, den Status des LKA als Fachdirektion mit Standort Eberswalde, die Sicherung und Weiterführung der Präventionsarbeit.
Parallel dazu und in der Zwischenzeit hat der Innenminister verschiedene Entscheidungen getroffen, so die Entscheidung zur Beibehaltung der 4. Hundertschaft der LESE bis 2014 oder die Erhöhung der Aufnahmezahl an der Fachhochschule der Polizei für 2012 und 2013.
Bereits jetzt ist nachweisbar, dass sich der Landtag zwischenzeitlich in verschiedenen Formen intensiv und kontrovers - ich muss das nicht weiter beschreiben - mit der Strukturreform auseinandergesetzt und inhaltlich Einfluss genommen hat. Dafür haben sowohl die Koalitionsfraktionen als auch die Opposition gesorgt. Mit dem jetzt vorgelegten Strukturvorschlag des Aufbaustabes geht die Diskussion in die nächste Phase. Jetzt wird es immer konkreter.
Der Aufbaustab hat in der Kürze der Zeit gute Arbeit geleistet. Mit den Empfehlungen wird der Nachweis geführt, dass es grundsätzlich möglich ist, den notwendigen Personalabbau zu vollziehen und trotzdem eine flächendeckende, handlungsfähige Polizeistruktur aufrechtzuerhalten. Jetzt ist zu prüfen, inwiefern dieser Vorschlag dem Inhalt der Volksinitiative und den Vorgaben des Landtags gerecht wird. Das ist die Aufgabe des Innenministers, der dem Landtag bis Ende Mai seinen Vorschlag vorlegen soll. Es ist aber auch unsere Verantwortung, auf diesen Prozess einzuwirken. Das wird sich insbesondere auf die inhaltliche Gestaltung der Polizeireviere und der Revierposten entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und Erfordernissen beziehen. Es zeichnet sich eine enorme Bandbreite in der Personalstärke und im Verantwortungsbereich der Reviere ab. So wird es zwischen dem Revier in Eberswalde oder Hennigsdorf und dem Revier in Lauchhammer oder
Elsterwerda deutliche Unterschiede geben. Schauen Sie sich einmal die geplante Personalausstattung an!
Konkretisiert werden müssen die Ausstattung und die Arbeitsweise der Revierposten. Es ist ja bis jetzt noch gar nicht klar, wie sie aussehen werden. Natürlich muss darüber geredet werden, wie man den besonderen Herausforderungen im Grenzbereich gerecht wird. Hier ist noch großer Abstimmungsbedarf mit der kommunalen Ebene zu bewältigen.
Das zeigt, die Annahme dieser Volksinitiative ist kein einfaches Ritual, sondern eine echte Herausforderung für Parlament und Regierung. Damit verpflichten wir uns, die Umsetzung der Polizeireform aktiv zu begleiten. Dass das kein leichter Weg sein wird, das muss ich hier nicht näher untersetzen.
Abschließend noch eine Bemerkung in Richtung CDU: Ich weiß ja, dass von Ihrer Seite eine objektive und faire Betrachtung der konkreten Umsetzung der Reform nicht zu erwarten ist. Sie nutzen die Reform lediglich als Vehikel für Ihre politische Meinungsmache. Herr Petke arbeitet gezielt mit Falschinformationen und Halbwahrheiten und versucht dann auch noch, positive Entwicklungen für sich zu vereinnahmen - siehe die Entscheidung für eine Inspektion in Schönefeld, wo nach Aussage von Herrn Petke nur ein Revier vorgesehen war. Aber vor dem Hintergrund der Polizeireform 2002, für die ein CDUMinister zuständig war, ist ihr Agieren unglaubwürdig und unverschämt.
Ich erinnere daran, dass Herr Schönbohm den Landtag über seine Entscheidungen lediglich nachträglich informiert hat. Deshalb ist diese umfangreiche parlamentarische Befassung, wie wir sie jetzt praktizieren, ein großer demokratischer Schritt nach vorn. Dazu trägt die Volksinitiative bei. - Vielen Dank für Ihr Verständnis, Herr Präsident.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste von der Volksinitiative! Als vom 4. September bis zum 14. Dezember 2010 in Rekordzeit nahezu 100 000 Menschen die Volksinitiative unterzeichneten, da hatten sie sicherlich unterschiedliche Motive. Die meisten Menschen dürften aber aus Sorge vor den angekündigten gewaltigen Personalkürzungen bei der Polizei und aus Sorge um den Erhalt der Polizeiwache in ihrer Stadt oder ihrer Region unterschrieben haben. Sie wollten damit dokumentieren, dass sie mit dieser Reform oder zumindest mit dem Umfang der Kürzungen nicht einverstanden sind. Sie haben sicher nicht unterschrieben, um abstrakt die Debattenkultur des Landtages zu befördern, sondern weil sie etwas erreichen wollten. Jetzt bewertet der Landtag die Volksinitiati
ve als reine Befassungsinitiative, die damit erfüllt wird, wenn er eine weitere Aussprache zu dem Thema anberaumt.
Dass die Initiatoren der Volksinitiative sich veranlasst sahen, den Text so dehnbar und allgemein zu formulieren, ist den restriktiven Regelungen in Brandenburg zur Volksgesetzgebung geschuldet. Sobald eine Volksinitiative direkt oder indirekt Auswirkungen auf den Haushalt hat - welches relevante Thema hätte keine Haushaltsauswirkungen? -, riskiert sie, wegen Haushaltsrelevanz für unzulässig erklärt zu werden. Dieses Risiko wollten die Initiatoren nicht eingehen. So sind Forderungen zum Stellenabbau und zu Polizeiwachen vermieden worden. Die Gewerkschaftsvertreter und die kommunalen Verantwortungsvertreter haben zwar immer die Definitionen mitgeliefert, welche Kriterien sie an eine leistungs- und handlungsfähige sowie wahrnehmbare Polizei in allen Regionen anlegen, aber formulieren durften sie das nicht. Die Bürger haben diese mitgelieferten Interpretationen auch immer im Kopf gehabt, als sie unterschrieben. Aber dokumentiert werden konnte das nicht.