Ich frage deshalb die Landesregierung: Inwieweit können wegen der geschilderten Maßnahmen der Kommunalaufsicht die Fördermittel nicht ausgereicht werden?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Vogel, mir liegen solche Hinweise derzeit nicht vor. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass Landräte Kredite versagt hätten, dadurch Fördermittel nicht ausgereicht worden wären und somit die Entwicklung der Regionalen Wachstumskerne behindert worden wäre.
Die grundsätzliche Problemlage ist allerdings bekannt. Sie ist auch in diesem Hohen Haus in verschiedenen Beziehungen intensiv diskutiert worden. Aufgrund der schwierigen Haushaltssituation können einige Gemeinden keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und kein Haushaltssicherungskonzept für den angestrebten Haushaltsausgleich aufstellen. Wenn der kommunale Eigenanteil für Investitionsmaßnahmen nicht aus Einnahmen aus den Schlüsselzuweisungen gedeckt werden kann, sondern durch Kredite finanziert werden muss, bedürfen diese Kreditaufnahmen der Zustimmung der Unteren Kommunalaufsichtsbehörde. In diesen Fällen prüfen die Unteren Kommunalaufsichtsbehörden die Investitionsmaßnahmen sehr genau. Der Spielraum für Kredite richtet sich hier nach der wirtschaftlichen Leistungskraft der Gemeinde.
Es gibt allerdings Besonderheiten, die ich nicht verschweigen möchte. Bei sogenannten rentierlichen Investitionsmaßnahmen, das heißt, wenn die Belastungen geringer ausfallen als die erwarteten Einnahmen bzw. Einsparungen, sieht der Runderlass des Innenministeriums zum Kreditwesen der Kommunen Ermessensspielräume für die Kreditgenehmigung vor. So sind neben den üblichen Prüfungen der kommunalen Leistungsfähigkeit die zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben mit zu berücksichtigen.
Der konkrete Hinweis bezieht sich auf Ausbaumaßnahmen am Binnenhafen Eisenhüttenstadt. Vielleicht können Sie das nachprüfen.
Beim Konjunkturpaket II war es nach meinem Wissen so, dass in solchen Situationen das Land in Vorlage gegangen ist und
die Kommunen den Kredit abstottern können. Die Frage ist, ob nicht, wenn der RWK-Status denn so wichtig ist, bei RWK-Investitionen ähnliche Maßnahmen geplant sind.
Der RWK-Status ist ein Status, der den Kommunen im Interesse des Landes Brandenburg verliehen worden ist. Natürlich wird das Land, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, auch hier prüfen, wie es den Kommunen helfen kann, natürlich vorbehaltlich dessen, dass sich die Kommunen an uns wenden müssen. Damit spreche ich jetzt nicht nur das Innenministerium an.
Was die Frage zum Binnenhafen Eisenhüttenstadt betrifft, so habe ich bisher keine Kenntnis davon, aber wir werden dem nachgehen.
Wir kommen damit zur Frage 509 (Förderung Francotyp-Post- alia GmbH), die der Abgeordnete Baer stellt.
Die Firma Francotyp-Postalia beabsichtigt eine Produktionsverlagerung von Birkenwerder nach Wittenberge, da es nach Angaben der Firmenleitung keine Einigung mit dem Betriebsrat im betreffenden Unternehmen bezüglich der Löhne gab. In der Antwort auf die Kleine Anfrage zum Thema „Öffentliche Förderung der Francotyp-Postalia Vertrieb und Service GmbH“ vom 9. März 2011 informiert die Landesregierung darüber, dass die Francotyp-Postalia GmbH Anfang des Jahres bei der ILB einen Antrag auf Förderung im Rahmen der GRW für die Errichtung einer Betriebsstätte in Wittenberge eingereicht hat. Zeitungsberichten war zu entnehmen, dass dem Unternehmen ebenfalls am 9. März eine „Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ erteilt worden ist.
Die Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ist zum 31. Dezember 2010 ausgelaufen und wird derzeit überarbeitet. Nach Medienberichten sollen zukünftig nur noch Unternehmen eine Förderung erhalten, die ihren Beschäftigten einen Lohn von mindestens 25 000 Euro zahlen.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie vor dem Hintergrund der geplanten Richtlinienüberarbeitung die positive Bewertung des Förderantrags der Francotyp-Postalia GmbH durch die ILB?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Baer, vielen Dank für die Frage. Gestatten Sie mir bitte, auf zwei Momente der Fragestellung vorab einzugehen.
Erstens: Die Medienberichterstattung, dass zukünftig nur noch Unternehmen gefördert werden, die eine Lohnsumme von
25 000 Euro nicht unterschreiten, ist falsch. Diese 25 000 Euro beziehen sich auf die Lohnkostenförderung. Die Lohnkostenförderrichtlinie ist im Dezember 2009 von mir in Kraft gesetzt worden und ist in Abstimmung mit dem Land Berlin, wo der gleiche Wert angesetzt wird, ohne Ausnahmeregelung für den Bereich Lohnkostenförderung gültig. Die Sachkostenförderung unterliegt einem anderen Regelwerk. Deswegen kann diese Grenze dort nicht eingeführt werden.
Zweitens: Es ist gegenwärtig kein Förderantrag bei der ILB bestätigt. Der vorzeitige Maßnahmenbeginn bezieht sich darauf, dass alle Anträge, die grundsätzlich förderfähig sind, mit dem Bescheid versehen sind, dass ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn möglich ist, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass der vorzeitige Maßnahmenbeginn keine Entscheidung über die tatsächliche Förderung ist. Wir haben im Jahr 2010 insgesamt 601 Förderanträge auf diese Art und Weise beschieden. Es laufen also gegenwärtig 601 Maßnahmen mit einem vorzeitigen Maßnahmenbeginn, der sich aus der grundsätzlichen Förderfähigkeit eines Vorhabens ergibt. Noch einmal: Dieser vorzeitige Maßnahmenbeginn heißt nicht, dass zwangsläufig gefördert werden muss. Das ist dann ausdrücklich in dem Bescheid enthalten.
Die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der kommunalen Wirtschaftsstruktur, auf die Sie sich beziehen, ist fördertechnisch ein Sonderfall; der Koordinierungsrahmen des Bundes gibt dieses Verfahren vor.
Zum Problem Francotyp-Postalia selbst: Das Wirtschafts- und Europaministerium hat aus der Presse erfahren, dass die Unternehmensleitung die Entscheidung getroffen hat, den Standort in Birkenwerder zu schließen - ein ganz normales Verfahren. Ähnlich wie bei Campina und bei vielen anderen nicht bekannt gewordenen Vorgängen ist es so, dass dann das Wirtschaftsministerium bzw. die ZukunftsAgentur Brandenburg Gespräche darüber führt, was am Standort noch möglich ist, welche Perspektiven es gibt und ob wir unterstützend wirken können. Das heißt, das MWE hat im Vorfeld keine Kenntnis davon gehabt, dass eine Standortschließung beabsichtigt ist.
Zur Klarstellung: Es wird nicht der gesamte Standort geschlossen. 260 Mitarbeiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung verbleiben am Standort. Das erklärt sich daraus, dass für diesen Standort im Juni 2009 eine Förderung von Forschungs- und Entwicklungsleistungen beantragt und genehmigt worden ist und die Bindungswirkungen noch mehrere Jahre halten. Insofern wird der Standort, was die Forschung und Entwicklung betrifft, mit 260 Mitarbeitern erhalten bleiben.
Es geht bei der Entscheidung der Unternehmensleitung um die Schließung eines Produktionsbereichs mit ca. 120 Mitarbeitern. Bei den Gesprächen stellte sich heraus, dass ein Wegzug bzw. Umzug dieses Teils in der festen Absicht der Unternehmensleitung gelegen hat. Die Konkurrenten bzw. Bewerber waren Singapur, Bulgarien bzw. Thüringen. In diesem Zusammenhang galt und gilt es, eine höchst problematische Abwägung vorzunehmen, die wir auch noch nicht abschließend bewertet haben. Diese problematische Entscheidung lautet, ein Unternehmen aus dem Land ziehen zu lassen oder die Voraussetzungen zu schaffen, dass es zumindest in den strukturschwachen Gebieten des Landes Brandenburg zu einem Kapazitätsaufbau kommen kann.
Rein von der Fördertechnik her ist das Unternehmen „förderwürdig“, wie der Fachbegriff dazu lautet, weil die Bindungswirkung aus der Umzugsförderung der 90er Jahre von Westberlin nach Birkenwerder abgelaufen ist. Das heißt, es gibt auch kein Instrument des MWE, über eine Bindungswirkung aufgrund einer Förderung eine Veränderung der Unternehmensentscheidung hinsichtlich des Produktionsbereichs zu erwirken. Entsprechend der Richtlinie können wir bestimmte, von uns auch gewünschte qualitative Maßstäbe in der Förderung noch nicht umsetzen. Wir sind an den Bundesrahmen der GRW gebunden. Dass mit der Unternehmensführung weitere Gespräche stattgefunden haben und auch Konditionen genannt worden sind, ist öffentlich geworden. Wir haben die Absprache getroffen, diese Konditionen nicht zu veröffentlichen. Ich darf Ihnen nur sagen: Sollte es zu einer Förderung kommen, werden wir keinen tariflosen Zustand fördern - um die Konditionen ein Stück weit zu erläutern.
Meine Damen und Herren, in dem Bewusstsein, dass es eine sehr lebhafte Debatte über diesen Fall auch in der Öffentlichkeit gegeben hat, sind wir in intensiven Gesprächen. Gestern fand ein Gespräch mit dem Betriebsrat von Francotyp-Postalia statt. Es gab Gespräche mit der Gewerkschaft, und selbstverständlich sind wir auch mit der Unternehmensleitung weiter im Gespräch. Eine endgültige Entscheidung über eine Förderung ist noch nicht gefallen. Vorzeitiger Maßnahmenbeginn heißt nicht, dass hier eine Förderung zwangsläufig einsetzen muss.
Ich kann nur dafür werben, in der politischen Betrachtung dieses Falles neben der Problematik, die auf den Standort Birkenwerder zukommt, auch die Situation am Standort Wittenberge nicht vollständig aus den Augen zu verlieren. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Minister, ich war gestern bei Francotyp-Postalia. Zunächst einmal bin ich froh, dass noch nicht gefördert worden ist. Es findet aber in gewisser Weise ein Ausspielen des Standortes Wittenberge gegen den Standort Birkenwerder statt. Das wollen wir aber nicht. Es werden Kündigungen ausgesprochen. Francotyp-Postalia ist aber kein inhabergeführtes Unternehmen mehr, sondern gehört einem Hedgefonds. Es wird zum Beispiel angeführt, die Mietpreise in Birkenwerder seien zu hoch. Es ist aber so, dass durch die Teilung der Firma die eine GmbH der anderen die Hallen und alles Weitere vermietet. Das, was dort betrieben wird, ist aus meiner Sicht rein spekulativ.
Wie bewerten Sie den Vorgang moralisch, wenn der Standort Birkenwerder aufgegeben und ein neuer in Wittenberge eröffnet und dann noch eine Förderung gewährt wird? Wie soll weiter verfahren werden - bei mehreren Firmen laufen jetzt die Bindefristen aus -, wenn ein Unternehmen seinen Standort im RWK Oberhavel schließt, in den RKW Schwedt verlagert und dort eine Förderung beantragt? Wie will sich das Wirtschaftsministerium verhalten, wenn ähnliche Fälle auftreten?
Meine moralische Bewertung habe ich bereits deutlich zu machen versucht: Ich halte von solchen Vorgängen nichts.
Es ist auch in der Vergangenheit öfter, als Sie es wahrscheinlich vermuten, vorgekommen, dass Unternehmen innerhalb des Landes Brandenburg umgezogen sind. Das kann viele Gründe haben - Kapazitätsgründe, logistische Problemlagen - und ist grundsätzlich auch nicht zu kritisieren.
Wir haben folgende Rechtssituation: Die Bindungswirkung nach der Vergabe von Fördermitteln auf der Grundlage der GRW beträgt fünf Jahre. Nach diesem Zeitraum kann jedes Unternehmen zwar jeden beliebigen Antrag stellen, es gibt aber keine Rechtsverpflichtung zu fördern. Selbstverständlich bewerten wir derartige Anträge auch im Hinblick auf die von Ihnen genannten Problemstellungen im Einzelfall.
Herr Minister, auch ich war gestern in Birkenwerder und habe mit dem Betriebsrat gesprochen. Dort wurde gesagt, das Grundstück in Wittenberge sei von der Firma schon gekauft worden. Ich habe bei dem Vorgang einige Bauchschmerzen; das habe ich gestern auch so gesagt. Auf der einen Seite gibt es einen moralischen Aspekt, auf der anderen Seite eine politische Entscheidung. Es ist zwar noch keine Entscheidung getroffen worden, aber die Firma scheint, da sie das Grundstück gekauft hat, fest entschlossen zu sein, auch ohne Fördermittel zu ziehen. Wann ist mit Ihrer Entscheidung, ob sie Fördermittel erhält, zu rechnen?
Frau Kollegin, ein vorfristiger Maßnahmenbeginn liegt gänzlich in der Verantwortung des Unternehmens. Das Unternehmen hat diese Entscheidung auf eigenes Risiko zu treffen, nicht wir.
Ob und wann wir eine Entscheidung herbeiführen, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe berichtet, dass wir mit den beteiligten Akteuren Absprachen getroffen haben. Voraussetzung, um überhaupt eine Entscheidung herbeiführen zu können, ist die Einhaltung dieser Absprachen. Wir haben vereinbart, sie nicht öffentlich zu machen. Daran halte ich mich. Alle Akteure einschließlich der Gewerkschaft und des Betriebsrates wissen über diese Konditionen Bescheid.
Herr Minister, ist es richtig, dass eine Förderung nur deswegen in Betracht kommt, weil ein Umzug an den Standort eines RWKs stattfinden soll?
Oder wäre es auch denkbar, am derzeitigen Standort auf der Grundlage derselben Richtlinie eine Reinvestition zu fördern?
Erstens: Eine Investitionsförderung findet nicht deswegen statt, weil es um den Wechsel in einen RWK geht. Wir haben bei der Überarbeitung der Förderarchitektur bereits dafür Sorge getragen, dass Unternehmensgründungen auch an Standorten außerhalb von RWKs unterstützt werden können.
Zweitens: Was die Förderung von Reinvestitionen angeht, so kommt es auf die Formulierung des Antrags an. Da kein Antrag vorliegt, kann ich Ihnen die Frage nicht beantworten.
Vielen Dank. - Frau Steinmetzer-Mann stellt die Frage 510 (Laufzeit der Atomkraftwerke in Deutschland). Bitte sehr.
Die Atomkraft spielte schon in der heutigen Aktuellen Stunde eine Rolle. - Der Ministerpräsident fordert die komplette Rücknahme der Laufzeitverlängerung. In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Beabsichtigt sie, sich dem Bund gegenüber für eine Rücknahme der Laufzeitverlängerung, für eine sofortige und dauerhafte Abschaltung der ersten acht AKWs und für einen vollständigen Ausstieg aus der Atomenergienutzung in Deutschland deutlich vor dem Jahr 2020 einzusetzen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Steinmetzer-Mann, ich verweise auf die Ausführungen in der Aktuellen Stunde, die heute Vormittag stattgefunden hat. - Auf Ihre Frage antworte ich konkret: Ja, wir werden es tun. Zum einen sind wir schon tätig geworden, und zwar am 18. März im Bundesrat. Dieser Versuch ist leider gescheitert. Zum Zweiten verweise ich auf die Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht. Zum Dritten habe ich angekündigt, dass wir gemeinsam mit den anderen SPD-geführten Bundesländern einen Antrag auf gesetzliche Regelung des Ausstiegs in den Bundesrat einbringen wollen. Zum Vierten will ich feststellen, dass sich auch die Umweltministerkonferenz mit diesem Thema befassen wird. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Damit sind wir bei Frage 511 (Erhöhung der Pflichtstunden für Lehrer), gestellt vom Abgeordneten Hoffmann.
In der Presse und in den Schulen wird über die Erhöhung der Pflichtstunden für Lehrer in Brandenburg spekuliert. Das wurde auch bei dem Protestmarsch thematisiert und sorgt für massive Verunsicherung der Lehrkräfte.
Ich frage die Landesregierung: Ist beabsichtigt, die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte in Brandenburg zu erhöhen?